Der Fluch der goldenen Möwe. Peter Gerdes

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Название Der Fluch der goldenen Möwe
Автор произведения Peter Gerdes
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839265185



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so doof können die gar nicht sein«, widersprach Harm Bengen. »Lassen ihre Ollen für sich schleppen, das ist doch clever.«

      »Und wenn die doch mal mit anpacken sollen, dann können die das nicht, weil sie ja die Hände voll haben. Mit ihren Spieltelefonen«, sagte Klaas Reershemius.

      »Das sind Handys«, korrigierte Ocko Onken.

      »Nee, die heißen i-Pods.« Bodo Schmidt wusste es besser.

      »Ei-Pott? So was gab’s früher schon. Zum Eierkochen. Für sechs Stück. Mann, hab ich mich an so was mal verbrannt, Teufel auch!«, krächzte Harm Bengen.

      »Wieso wollen kleine Jungs denn Eier kochen?«, wunderte sich Klaas Reershemius.

      »Na ja, ist ja nu Ostern, vielleicht deswegen.« Harm Bengen zuckte die Achseln.

      »Als ob kleine Jungs mit ihren Eiern nichts anderes anzufangen wüssten.« Das war natürlich Bodo Schmidt.

      »Ostern.« Aus Ocko Onkens Mund klang das wie ›Themawechsel‹. »Geht ihr denn dieses Jahr auch wieder zum Osterfeuer?«

      »Ach, ich weiß nicht«, quengelte Klaas Reershemius. »Ist ja immer alles voller Touristen. Da kommt unsereiner an die Bierbude ja kaum noch ran.«

      »Du meinst wohl ans Klohäuschen«, stichelte Bodo Schmidt. »Eins trinken, zwei pieseln, so sieht’s doch bei dir aus. Also ich geh auf jeden Fall wieder hin. Notfalls deponiere ich mir vorher mein Bier unter den Bahnschienen.«

      »Trotz all der Touristen?«, wunderte sich Harm Bengen.

      Bodo Schmidt grinste lüstern: »Nicht trotz, sondern wegen! Und zwar wegen der Touristinnen.«

      »Stehst wohl auf Walkühe«, kicherte Klaas Reershemius.

      Ocko Onken machte eine wegwerfende Handbewegung. »Mach dir bloß keine Hoffnungen, dass es was zu sehen gibt. Ist noch viel zu kalt, die Weiber haben einfach viel zu viel an.« Er deutete auf den Bahnhofsvorplatz, wo sich die letzten frisch eingetroffenen Inselgäste verliefen, begleitet vom mehrstimmigen Quietschen der überforderten Rollkofferräder. »Darum haben wir hier ja auch nur den halben Spaß.«

      »Außerdem ist da bestimmt wieder alles voller Kinder«, schob Klaas Reershemius nach. Er hatte sein Hassthema des Tages gefunden; anscheinend ging ihm die Überalterung der Gesellschaft noch viel zu langsam. »Toben da rum und kreischen, oder sie stehen überall im Weg und glotzen auf ihre Spielzeugtelefone, oder von mir aus auf ihre Ei-Pott-Kocher. Und dauernd kriechen sie einem zwischen den Beinen durch und suchen nach ihren Eiern.«

      »Ha! Nach ihren, meinst du? Oder nach deinen?« Auch Bodo Schmidt hatte sein Thema, aber das war längst nichts Neues mehr.

      »Ohne diese Kinder wäre es beim Osterfeuer auf jeden Fall schöner.« Harm Bengen pflichtete Reershemius bei. »Man müsste die irgendwie da weghalten. Kann man Kinder zu Ostern nicht einfach verbieten?«

      Die anderen drei wiegten zweifelnd die Köpfe. »Da hat die Kurverwaltung bestimmt was gegen«, mutmaßte Ocko Onken. »Nee, verbieten geht nicht. Aber weglocken vielleicht.«

      »Wie denn weglocken?«, fragte Harm Bengen hoffnungsvoll.

      »Na, wo stehen die denn drauf?«, fragte Ocko Onken. »Fernsehen. Oder Computer.«

      »Oder dieses Fertigfutter«, mutmaßte Klaas Reershemius. »Diese weichen Brötchen mit Ketchup und so ’ner platten Boulette drauf und geschmolzenem Scheiblettenkäse, wie heißen die noch?«

      »Schiet«, krächzte Harm Bengen. »So wie das klingt, kann das doch nur Schiet sein.«

      »Na und? Computer sind auch Schiet. Und im Fernsehen kommt auch kaum noch was anderes.« Reershemius klang schon wieder beleidigt.

      »Hamburger«, erläuterte Schmidt wichtig. »Du meinst Hamburger.«

      »Hamburger? Nee, das ist ja ’n büschen weit weg«, erwiderte Reershemius. »Von wegen, zum Kinderweglocken.«

      »Blödsinn!« Schmidt lachte, dass sein Speckbauch einen Wellengang entwickelte, der ihn fast von der Bank warf. »Hamburger sind was zum Essen, das weiß doch jedes Kind! Die gibt’s nicht nur in Hamburg, die gibt es überall.«

      »Bei uns aber nicht«, stellte Ocko Onken fest.

      »Und das ist auch gut so«, ergänzte Harm Bengen.

      »Wieso das denn? Für dich und Klaas ist das doch direkt bedauerlich. Weiches Brötchen und dünne Frikadellen sind doch gut, von wegen für ohne Zähne. Die könntet ihr doch lutschen!« Schmidts Bauch kam überhaupt nicht mehr zur Ruhe. Er waberte sogar so stark, dass die Spitze von Klaas Reershemius’ Stock ihn glatt verfehlte, als der Alte wütend zustieß. Schmidt lachte nur noch lauter.

      »Hamburger sind Schiet«, beharrte Harm Bengen. »Alles Fertigfraß, mit Chemie drin und ohne Vitamine. Die Pommes dabei sind schieres Fett. Und was die dazu trinken! Nix als Zucker mit Wasser und Kunststofffarbe. Igitt, kann ich da nur sagen.«

      Ocko Onken staunte: »Seit wann interessierst du dich denn für gutes Essen? Und woher weißt du das alles?«

      »Von Bea.« Seine Augen hinter den flaschenbodendicken Brillengläsern bekamen einen verliebten Ausdruck. »Die Kleine hat doch jetzt dieses Restaurant, wo es so viel Gemüse gibt, bloß dass das anders heißt. Die ist toll, die kennt sich aus.«

      »Bea Wulf?« Bodo Schmidt fiel fast der Unterkiefer weg. »Sag bloß, die Lady ist dein neuer Schwarm! Donnerwetter, hätt ich ja nicht gedacht, dass sich in deinem alten Gerippe noch was regt. Bea Wulf, mein Lieber, na, du traust dich was! Das ist ’ne Frau von Format, ich kann dir sagen, die wär ja eher noch was für mich!«

      Einen Moment lang herrschte Schweigen auf der Bank; Onken und Reershemius schauten Bengen von der Seite an. Erst als der schallend losprustete, lachten sie laut mit. Und Bodo Schmidt guckte verdutzt.

      »Von wegen neuer Schwarm. Bea ist doch seine Enkelin!«, klärte Onken ihn auf.

      »Genau.« Bengen nahm die Brille ab, um sich die Lachtränen wegzuwischen. Seine Augen schienen plötzlich in Faltenfächern verschwunden zu sein. »Bea ist klasse. Die weiß Bescheid. Und darum ist es auch gut, dass es solche Hamburgerschmieden hier auf Langeoog nicht gibt.«

      »Noch«, sagte Bodo Schmidt leise.

      »Weiß gar nicht, warum du die und ihren Laden so toll findest. All das Grünzeug, das die einem vorsetzt, das ist doch mehr was für Hasen!«, stichelte Klaas Reershemius. »Als ob du nicht selber auch lieber zu Renko gehst und dir einen schönen gebratenen Rotbarsch vorsetzen lässt.« Er hielt inne, legte den Kopf schief, schien in sich hineinzuhorchen. »Wieso ›noch‹?‹«, fragte er dann.

      »Ja, genau.« Auch Onken hatte etwas gemerkt. »Wieso ›noch‹?«

      Bengen sagte nichts, obwohl sein Mund offen stand.

      »Keine Zeitung gelesen heute früh?«, fragte Bodo Schmidt zurück, seinen Wissensvorsprung genüsslich auskostend. Die Wal-Witze auf seine Kosten schrien nach Rache.

      »Klar«, gab Reershemius zurück. »Wie jeden Morgen. Aber da stand nichts. Bloß was von Merkel und Bohlen und so ’n Zeug.«

      »Kein Wunder«, sagte Ocko Onken trocken, »du liest ja auch die Bild.«

      »Na und? Die kann man wenigstens lesen!«, schnauzte Reershemius.

      »Jedenfalls die Überschriften«, stimmte Harm Bengen zu. Sein Kopf wackelte bestätigend. »Die sind groß genug.«

      »Ach, ihr guckt euch doch sowieso nur die Bilder an«, lachte Bodo Schmidt und leckte sich die Lippen. »Nackte Weiber zum Frühstück, als ob das bei euch noch was nützen würde!«

      »Jetzt aber raus mit der Sprache!«, fuhr Onken dazwischen. »Von welcher Zeitung redest du? Und was stand da drin?«

      »Vom Inselboten«, rückte Schmidt endlich heraus. »Und da stand drin, dass wir vielleicht bald doch einen McDaisy’s nach Langeoog kriegen.«

      »Einen