Название | Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen |
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Автор произведения | Ernst-Dieter Bösche |
Жанр | Юриспруденция, право |
Серия | |
Издательство | Юриспруденция, право |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783792201596 |
Die beantragte Genehmigung kann somit nicht erteilt werden.
14. Fall: Satzungsrecht, Genehmigung mit einer Maßgabe
Sachverhalt
Die zuständige Genehmigungsbehörde erteilt für eine genehmigungspflichtige Satzung die Genehmigung „mit der Maßgabe, dass in §4 Abs. 1 der Satzung das Wort ,und' durch das Wort ,oder' ersetzt wird".
Aufgabe
1.Wie ist diese Maßgabe verwaltungsrechtlich zu qualifizieren?
2.Was ist zu veranlassen, wenn die Gemeinde möchte, dass die Satzung wirksam wird?
Lösung
1. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung ist ein Verwaltungsakt. Bei der Maßgabe könnte es sich um eine Nebenbestimmung in Form der Bedingung handeln.
Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ist eine Bedingung eine Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt.
Die Genehmigung stellt für die Gemeinde eine Vergünstigung (rechtlicher Vorteil) dar. Diese Genehmigung ist aber noch nicht wirksam. Sie wird erst wirksam, wenn der Rat die aufsichtsbehördliche Maßgabe akzeptiert und einen entsprechenden „Beitrittsbeschluss" fasst. Dieser Beschluss ist das zukünftige Ereignis, von dem die Wirksamkeit der Genehmigung abhängt. Ob der Rat einen solchen Beschluss fasst, ist aber (zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung für die Genehmigungsbehörde) ungewiss. Die Wirksamkeit der Genehmigung (Vergünstigung) hängt also von dem Beitrittsbeschluss des Rates (zukünftiges Ereignis) ab, wobei nicht sicher ist, ob der Rat diesen Beschluss fassen wird (ungewisser Eintritt).
Folglich handelt es sich bei der Maßgabe, um eine (aufschiebende) Bedingung (= Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt).
2. Wenn die Gemeinde möchte, dass die genehmigungspflichtige Satzung wirksam wird, muss sie dafür sorgen, dass die aufschiebende Bedingung eintritt. Dazu ist erforderlich, dass der Rat einen sog. Beitrittsbeschluss fasst, mit dem er der aufsichtsbehördlichen Maßgabe „beitritt" (§ 2 Abs. 1 Satz 3 BekanntmVO). Der Rat braucht sich bei diesem erneuten Beschluss nicht mehr mit der gesamten Satzung zu befassen, sondern muss nur beschließen, dass in § 4 Abs. 1 der Satzung das Wort „und" durch das Wort „oder" ersetzt wird. Ist ein solcher Ratsbeschluss gefasst, kann die Satzung öffentlich bekannt gemacht werden. Eine erneute Vorlage an die Aufsichtsbehörde ist nicht erforderlich.
15. Fall: Satzungsrecht, Übertragung der Satzungsbefugnis
Sachverhalt
Der Rat der Gemeinde G hat beschlossen, die Befugnis zum Erlass, zur Änderung und zur Aufhebung von Abgabensatzungen auf den Finanzausschuss zu übertragen.
Begründet wird dies damit, dass der Rat entlastet werden müsse und im Finanzausschuss ohnehin die spezielle Fachkompetenz vorhanden sei. Außerdem werde die Zuständigkeit im Sinne effizienter Arbeitserledigung lediglich von einem größeren auf ein kleineres demokratisch legitimiertes Gremium übertragen, da dem Finanzausschuss nach § 58 Abs. 3 i. V. m. § 59 GO nur Ratsmitglieder angehören dürfen.
Aufgabe
Der Bürgermeister hat nachträglich Bedenken gegen die Übertragung und beauftragt Sie mit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit.
Lösung
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO ist der Rat grundsätzlich für die Entscheidung aller Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit die GO nichts anderes bestimmt.
§ 41 Abs. 2 GO sieht die Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen u.a. auf Ausschüsse ausdrücklich vor. Allerdings ist die Entscheidungsbefugnis über bestimmte Angelegenheiten nicht übertragbar. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f GO darf der Rat die Entscheidung über den Erlass, die Änderung und die Aufhebung von Satzungen nicht übertragen.
Somit ist der Beschluss, die Befugnis zum Erlass, zur Änderung und zur Aufhebung von Abgabensatzungen auf den Finanzausschuss zu übertragen, rechtswidrig und vom Bürgermeister nach § 54 Abs. 2 Satz 1 GO zu beanstanden.
16. Fall: Satzungsrecht, fehlerhafte Satzung, Fehlerfolgen
Sachverhalt
Die Hundesteuersatzung der Gemeinde G enthält 21 Paragrafen. Die Regelung über die Befreiung von der Hundesteuer (§ 14 der Hundesteuersatzung) ist rechtswidrig, weil die Regelung nicht dem Grundsatz inhaltlich hinreichender Bestimmtheit entspricht.
Aufgabe
1.Sie sind Sachbearbeiter im Steueramt der Gemeinde G und erhalten den Auftrag zu prüfen, welche Auswirkungen die Rechtswidrigkeit des § 14 der Hundesteuersatzung auf die gesamte Satzung hat.
2.Wie wäre die Rechtslage, wenn nicht die Befreiungsvorschriften, sondern die Festsetzung der Hundesteuersätze in der Satzung rechtswidrig wäre?
Lösung
1. Soweit eine Satzung gegen geltendes Recht verstößt, ist sie nichtig. Formelle Fehler führen regelmäßig zur Nichtigkeit der gesamten Satzung. Auch materielle Fehler können diese Folge haben. Ist nur ein Teil der Satzung rechtswidrig, wie hier § 14, so ist zunächst nur die Nichtigkeit dieses Teils, dieser einen Vorschrift, die Folge.
Es ist aber zu prüfen, ob diese Teilnichtigkeit der Satzung zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führt.
Entscheidend ist, wie wesentlich der nichtige Teil der Satzung ist und inwieweit die rechtmäßigen Satzungsteile für sich allein einen Sinn ergeben und anwendungsfähig sind. Im Grundsatz muss davon ausgegangen werden, die gültigen (rechtmäßigen) Satzungsteile zu erhalten.
Trotz der Nichtigkeit des § 14 der Hundesteuersatzung ist die Satzung mit den übrigen Satzungsteilen verständlich und auch anwendbar.
Folglich führt die Nichtigkeit des § 14 (Teilnichtigkeit) nicht zur Gesamtnichtigkeit der Hundesteuersatzung.
2. Eine andere Beurteilung könnte sich ergeben hinsichtlich der Wesentlichkeit des nichtigen Satzungsteils.
Eine Hundesteuersatzung ohne Steuersätze ergäbe keinen Sinn und wäre insbesondere nicht anwendbar. Ein Erlass eines auf die Satzung gestützten Hundesteuerbescheides ohne gültige Regelung der Hundesteuersätze ist nicht möglich.
Folglich würde in diesem Fall Teilnichtigkeit zur Gesamtnichtigkeit der Satzung führen.
17. Fall: Anschluss- und Benutzungszwang, Gasversorgung
Sachverhalt
Die Stadt St beabsichtigt eine Satzung über Anschluss- und Benutzungszwang für die städtische Gasversorgung.
Aufgabe
Sie erhalten den Auftrag zu prüfen, ob Anschluss- und Benutzungszwang für die Gasversorgung zulässig ist.
Lösung
Ob Anschluss- und Benutzungszwang für die Gasversorgung zulässig ist, bestimmt sich nach § 9 GO.
Voraussetzung ist zunächst, dass es sich um eine für Anschluss- und Benutzungszwang zugelassene Einrichtung handelt. Nach § 9 können die Gemeinden durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebietes für Wasserleitung, Kanalisation und ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtungen sowie für Einrichtungen zur Fernwärmeversorgung Anschlusszwang und die Benutzung dieser Einrichtungen und der Schlachthöfe vorschreiben.
Gasversorgung gehört nicht zu den in § 9 GO ausdrücklich aufgeführten zugelassenen Einrichtungen. Es ist allerdings zu prüfen, ob es sich bei der Gasversorgung um eine ähnliche der Volksgesundheit dienende Einrichtung i. S. d. § 9 GO handelt. Dass Gasversorgung eine irgendwie der Volksgesundheit dienende Einrichtung sein kann, mag nicht zu leugnen sein. § 9 GO verlangt aber, dass die nicht ausdrücklich