Название | Sorgenkind Kita |
---|---|
Автор произведения | Petra Görgen |
Жанр | Секс и семейная психология |
Серия | |
Издательство | Секс и семейная психология |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347099975 |
Studierte Sonderpädagogen am Wickeltisch?
In den meisten deutschen Kindergärten arbeiten KinderpflegerInnen, HeilerziehungspflegerInnen, ErzieherInnen, studierte Sozial- und HeilpädagogInnen, Ergänzungskräfte und Praktikanten in ein und derselben Gruppe. Leider sind bei der Betreuung der Kinder oft „alle gleich“. Die Kinderpflegerin übernimmt manchmal dieselben Aufgaben wie die Erzieherin, bekommt aber deutlich weniger Gehalt und hat, zumindest theoretisch, auch nicht dieselben Rechte. Studierte HeilpädagogInnen stehen genauso oft am Wickeltisch wie alle anderen auch und die Erzieherin leitet spezielle Angebote, die besser von einer höher ausgebildeten Fachkraft abgedeckt würden. Es würde viel mehr Sinn machen, jeden ganz konkret in seinem Bereich einzusetzen. Und das möglichst ausschließlich. Die Heilpädagogin widmet sich mit speziellen Angeboten den Kindern, die besonderer Förderung und Betreuung bedürfen. Die Erzieherin ist zuständig für die Leitung der Gruppe, das Durchführen diverser einfacher Angebote, die Aufsicht der Kinder und für das Dokumentieren und Planen. Die Kinderpflegerinnen hingegen leiten keine Gruppe und keine Praktikanten an. Sie sind im Hygienebereich tätig und arbeiten den Kolleginnen zu. Ihre Ausbildungszeit ist die kürzeste, ihr Gehalt das niedrigste. Die Sozial-, Sonder- und Heilpädagoginnen sollten den Vorschulbereich abdecken (Sprache, Inklusion, Naturwissenschaften etc.) und ggf. zusammen mit der Leitung (nach Absprache mit dem restlichen Personal) spezielle Elterngespräche führen. Den musischen Bereich sollten nur Profis übernehmen, also Musiker und Künstler - im Idealfall Fachkräfte, die eine zusätzliche musikalische oder künstlerische Ausbildung genossen haben.
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es eigentlich nicht sinnvoll ist, alle Fachkräfte in gleicher Weise einzusetzen. Wenn jeder seine festen Aufgaben hat, die seiner Kompetenz entsprechen, sind alle zufriedener und es herrscht zudem mehr Klarheit. Sicher ist es sehr schwierig, das alles in die Tat umzusetzen. Aber wenn jeder alles macht, kann keine Qualität entstehen. Wenn Sie eine neue Hüfte benötigen, lassen Sie ja auch nicht Ihren Dermatologen die OP durchführen, auch, wenn dieser sicher in vielen medizinischen Bereichen grundausgebildet wurde. Spezialist ist der Orthopäde als Facharzt, der in vielen Jahren seine Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat.
Welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte?
Aus Kostengründen wurde in den letzten Jahren der Ausbildungsstandard für Kita-Fachkräfte nach unten korrigiert. Mittlerweile dürfen in vielen Bundesländern Kitamitarbeiter Kindergruppen leiten, denen es vor noch nicht allzu langer Zeit verboten war:
• KinderpflegerInnen
• HeilerziehungspflegehelferInnen
• Kinderkrankenschwestern
• Auszubildende oder FsJ-ler (Freiwilliges soziales Jahr)
• Bufdis (Bundesfreiwilligendienst)
• EhrenamtlerInnen
• Aushilfskräfte
Wir bewegen uns damit in einer juristischen Grauzone, denn diese Personen sind für die Leitung einer Kindergruppe nicht ausgebildet worden und auch nicht vorgesehen. Aus gutem Grund. Es gibt nachweislich große Unterschiede in den einzelnen Qualifikationsbereichen. Genau deshalb unterscheiden sich hier auch die Besoldungsgruppen. Da es aber letztendlich den Kommunen und Trägern vor allem darum geht, Geld einzusparen, um die Menge des Personals hochschrauben zu können, befinden wir uns auf dem Wege der Quantitäts-, aber nicht der Qualitätssicherung! Das hat fatale Folgen, die in diesem Buch noch angesprochen werden.
Im Grunde genommen arbeiten in vielen Kitas und auch anderen Tageseinrichtungen Menschen mit Ihren Kindern, die eigentlich nicht fachlich ausgebildet wurden. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn es um die reine Organisation, Beaufsichtigung und Bespaßung der Kinder ginge. Aber ich spreche vom Bereich der pädagogischen Arbeit, der Förderung und Reifestandfeststellung, dem Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern oder solchen, die eine spezielle Förderung benötigen. Auch geht es um die Gesprächsführung mit Eltern und Behörden, die von immenser Bedeutung ist. Gibt es für all diese Bereiche wirklich genug fachkompetentes Personal?
Was zeichnet eine gute pädagogische Fachkraft eigentlich aus?
Die einen sagen, die Fachkompetenz sei das Wichtigste. Die anderen sind der festen Überzeugung, emotionale und soziale Kompetenz stünden im Vordergrund. Keiner aber wagt es, beides gleichzeitig einzufordern. Denn genau das macht einen wirklich guten Pädagogen aus! Ein Mensch, der liebevoll, aber auch konsequent mit den Kindern umgeht, ist sicher eine sehr beliebte und gute Betreuungsperson. Aber gerade in der heutigen Zeit wird Fachkompetenz immer wichtiger. Natürlich spielt die Berufserfahrung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Keine Frage. Auch Zertifikate über mehrere Fortbildungen sind ein Zeichen von Kompetenzerweiterung. Seminare zu den Themen Inklusion, Kindeswohlgefährdung, Erste-Hilfe-Maßnahmen am Kleinkind, Sprachförderung, Sprachstandsfeststellung (z.B. „BASIK“), Konflikt-management, Umgang mit schwierigen Kindern und Eltern, Gesprächsführung und Hygieneschulung sind da nur ein kleiner Auszug. Und wenn man Kita-Leitung oder stellvertretende Leitung werden möchte, muss man im Personalsführungs- und Verwaltungsbereich ebenfalls Referenzen vorweisen können.
Nun kommt aber der springende Punkt. All diese Kompetenzen nutzen rein gar nichts, wenn diese Person keine Herzensbildung hat. Sie muss dem Kind Vorbild sein in Güte, Aufrichtigkeit, Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und Empathie. Sowohl ein gepflegter Sprachstil als auch der Tonfall, in dem man mit Menschen kommuniziert, sind fast noch wichtiger, als das Beherrschen der deutschen Sprache an sich.
Und jetzt fragen Sie sich einmal ganz kritisch, wie viele Kita-Angestellte sie kennengelernt haben, die diese ganzen Eigenschaften vereint in sich tragen. Ich selber habe in einigen Einrichtungen mit den unterschiedlichsten Personen gearbeitet, habe aber bedauerlicherweise nur ein „Entweder/Oder“ erlebt. Wie können wir erreichen, dass nur die Besten der Besten mit unseren Kindern zusammen sind? Oder gibt es sogar eine Möglichkeit, diese Bereiche aufzuteilen? Angenommen, es würden mehr Gelder in den Bereich Kita fließen, dann sähe meine persönliche Besetzung folgendermaßen aus:
Klares Abstecken der Fachkompetenzbereiche
Vorschule, Naturwissenschaften, Naturerfahrungen, Sprachförderung, Musik, Kunst, Sport, Inklusionsbetreuung bzw. Förderbedarf, Büroarbeiten, Personalführung – all das und viel mehr müsste von speziellen Fachkräften abgedeckt werden, sodass die Erzieherinnen für (An-)Leitung und Führung der Kinder(-gruppen) sowie Organisatorisches da sind, die Heilerziehungspflegerinnen und deren Helferinnen sich hauptsächlich um die Bedürfnisse der inklusiven Kinder und deren Integration in die Gruppe kümmern, die Kinderpflegerinnen für die körperliche/hygienische Seite und das Zuarbeiten, die Hilfskräfte als Ergänzung und die Praktikanten, um zu lernen und ihre Angebote unter Aufsicht durchzuführen. Für alles andere müssten entweder spezielle Kräfte fest angestellt oder von außen regelmäßig dazu geholt werden. Dies wiederum wäre ein idealer Job für Teilzeitkräfte, die ausschließlich für ihren Fachbereich stundenweise in eine oder auch mehrere Einrichtungen kämen. Die Bezahlung liefe über den Träger der Einrichtung (z.B. Übungsleiterpauschale, Honorarbasis oder Mini-/Midijob), sodass es letztendlich keine Rolle spielte, ob diese Fachkraft in einer oder mehreren Einrichtungen arbeitete. Ein Rotieren würde damit ermöglicht und vereinfachte bürokratische Vorgänge. Bei einer solchen Aufteilung fühlte sich keiner über- oder unterfordert, jeder hätte seinen speziell zugewiesenen Bereich und sein Aufgabengebiet. Alle Kinder kämen zu ihrem Recht und die Eltern wären beruhigt, was die Sicherstellung einer adäquaten Betreuung ihres Kindes beträfe. Doch diese Forderungen stehen immer noch im Konjunktiv… Ein weiterer Vorteil des Outsourcings bzw. der Spezialisierung der einzelnen Fachkräfte wäre, dass die Erzieherinnen nicht nur entlastet würden, sondern der Stresspegel sinkt. Es wäre wieder möglich, einfach mal „nur“ zu spielen, zu beobachten, vorzulesen, den Mal- und Basteltisch zu betreuen und nicht ständig alle Bereiche auf einmal abzudecken. Die Beaufsichtigung und Versorgung der Kinder stellt ohnehin schon eine große Herausforderung dar. Sich mit ihnen intensiv zu beschäftigen, ist an manchen Tagen schier unmöglich. Es muss uns doch klar sein, dass es undenkbar ist, alle Bereiche in der Kita