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ich sagen.« Er zuckte erneut die Achseln. »Es war dunkel. Ich habe nicht auf die Uhr gesehen, doch es war schon eine Weile dunkel.«

      Juliette notierte das in ihrem Block und schob ihn zusammen mit dem Stift zurück in ihre Tasche.

      »Vielen Dank«, sagte sie. »Das ist wirklich hilfreich. Der Chef möchte bestimmt, dass Sie diese Aussage noch einmal auf dem Kommissariat zu Protokoll geben. Ist das in Ordnung? Haben Sie … eine Beschäftigung?«

      Nach einer kurzen Pause antwortete Felix: »Nein. Nein, das ist kein Problem. Ich kann mir die Zeit nehmen.«

      Er brachte Juliette zur Tür, und sie trat nachdenklich in den Flur. Auf halbem Treppenabsatz blieb sie stehen und schickte dem Chef per SMS eine kurze Zusammenfassung ihres Gesprächs mit Zoes Vermieter, bevor sie sich auf die Suche nach Überwachungskameras machte.

      O’Malley kehrte ins Kommissariat zurück, bevor Aidan Poole und Zoes Eltern eingetroffen waren, und gab Jonah einen knappen Abriss dessen, was er von Victor Varos und Maeve Silver in dem Café erfahren hatte.

      »Es gibt offenbar starke Gefühle«, fasste er seinen Eindruck zusammen. »Vor allem bei Victor. Ich würde vermuten, dass er sie vergeblich angeschmachtet hat. Ich denke, mit beiden sollten wir uns noch einmal gründlicher unterhalten.«

      Jonah hatte zugestimmt und O’Malley gebeten, sich darum zu kümmern, bevor er sich noch einmal die Abschrift von Aidans erstem Anruf vorgenommen und sie mit der Verbrechensmeldung verglichen hatte, die er am darauffolgenden Vormittag online gemacht hatte. Die schreiend offensichtliche Frage lautete, warum Aidan die Polizei gerufen hatte, statt selbst zu Zoe zu eilen. Zwischen den beiden Meldungen waren zwölf Stunden vergangen, und Aidan Poole hatte danach offenbar nicht mehr über das Wohlbefinden seiner Freundin gewusst als zu Beginn.

      Dafür waren Jonah mehrere mögliche Erklärungen eingefallen. Die erste war, dass Aidan und Zoe wegen irgendetwas gestritten hatten und sie nicht auf seine Anrufe und Besuche reagiert hatte. Ein solcher Streit wäre für Aidan natürlich ein weiterer Grund gewesen, sich Sorgen um sie zu machen. Diese Theorie ging davon aus, dass die vorgebliche Beobachtung eines Mordes reine Fiktion gewesen war, um die Polizei dazu zu zwingen, nach ihr zu sehen.

      Sein zweiter Gedanke war, dass Aidan ganz genau wusste, dass Zoe tot war, weil er sie selbst umgebracht hatte. Weil er geglaubt hatte, verdächtig zu wirken, wenn er derjenige war, der ihre Leiche fand, und um den Verdacht in eine andere Richtung zu lenken, hatte er die Polizei angerufen und gehofft, dass sie unverzüglich anrücken würde. Als nichts passierte, hatte er es noch einmal versucht.

      Was Jonah als Drittes einfiel, war viel unkomplizierter und passte zu der Tatsache, dass Aidan als Tatort »Southampton« angegeben hatte. Die dritte Theorie lautete, dass Aidan nicht selbst vorbeigefahren war, weil er gar nicht wusste, wo Zoe wohnte. Und obwohl das die einfachste Erklärung war, warf sie genauso viele Fragen auf wie die beiden anderen. Wenn Zoe schon seit fünf oder sechs Monaten dort lebte, wie konnte er ihre Adresse nicht gekannt haben?

      Am Ende traf Aidan vor den Eltern ein, worüber Jonah erleichtert war. Es gab eine Menge Fragen, auf die er eine Antwort wollte, ehe er mit Mr and Mrs Swardadine sprach.

      Leibhaftig wirkte Dr. Aidan Poole deutlich weniger weltgewandt als auf seinem Foto, doch Jonah war bereit einzuräumen, dass das den Umständen geschuldet sein konnte. Sein Jackett und die Jeans waren durchaus ordentlich, doch seine Haut glänzte unvorteilhaft, und der eigentlich gesunde Teint wirkte blass und ebenso kränklich wie die glasigen, blutunterlaufenen Augen. Alles Spuren der Trauer, die das perfekte Porträt verschrammt und verschmiert hatten, bis es schäbig und unattraktiv wirkte.

      »Ich hätte meinen Namen angeben sollen, als ich angerufen habe«, erklärte der Dozent, sobald das Aufnahmegerät lief. »Es tut mir furchtbar leid. Hat es … hat die Verzögerung einen Unterschied gemacht?«

      Jonah blickte von der Abschrift auf, die er mitgebracht hatte. »Schwer zu sagen«, erwiderte er neutral. »Es hätte vielleicht einen kleinen Unterschied machen können.«

      Aidans Kiefer verspannten sich, als er sich nickend abwandte.

      »Zoe war also Ihre Freundin?«, fragte Jonah, als Aidan stumm blieb. Der Dozent nickte, und Jonah fuhr fort: »Sie müssen mir erzählen, was Sie gesehen haben. So genau wie möglich.«

      »Ja«, sagte Aidan. Sein Kinn blieb angespannt, und Jonah konnte förmlich spüren, wie er die Zähne aufeinanderbiss.

      Aidan erzählte alles noch einmal, wobei sein Tonfall vor Nervosität zwischendurch immer wieder schrill wurde. Der Skype-Anruf. Der Eindringling, den er gehört hatte. Die Geräusche eines Kampfes.

      Für Jonah klang seine Schilderung nicht einstudiert. Immer wieder entstanden Pausen, in denen Aidan seine Worte genau wählte. Und die waren es, die Jonah tatsächlich am meisten interessierten.

      »Deshalb haben Sie die Polizei angerufen?«

      »Ja.« Er sah Jonah ein wenig verzweifelt an. »Aber ich habe es nicht besonders gut hingekriegt zu erklären, was sie tun mussten, und das … das bereue ich wirklich.«

      Seine Stimme verlor sich. Jonah beobachtete ihn genau, dann sagte er: »Sie wissen, dass es sich um eine Mordermittlung handelt. Deshalb sind andere Erwägungen weniger wichtig als sonst.«

      Aidan wich instinktiv vor ihm zurück.

      »Ich muss wissen, was Sie mir verschweigen«, fuhr Jonah fort.

      Aidan schüttelte den Kopf. »Sie ist … Studentin.« Er verzog das Gesicht. »Ich bin Dozent. Wir haben unsere Beziehung geheim gehalten, weil es sie eigentlich nicht hätte geben dürfen. Die Universität würde es ohne Frage missbilligen, und wenn ihr etwas zugestoßen ist und ich darin verwickelt bin …«

      Jonah sah ihn lange fest an. Aidan erwiderte den Blick kurz und wandte sich dann wieder ab.

      »Haben Sie Grund zu der Vermutung, dass jemand Zoe etwas antun wollte?«, fragte Jonah leise.

      »Ich weiß nicht«, antwortete er. »Aber ich frage mich immer wieder, ob sie jemanden kennengelernt hatte, wissen Sie? Ob es einen anderen gab und das der Grund war, warum sie nicht zu erreichen war … Vielleicht wollte sie es mir an dem Abend sagen. Könnte er sie umgebracht haben? Wenn es einen anderen gab? Jemanden, dem sie den Schlüssel gegeben hatte.«

      »Sie hat nie etwas in der Richtung angedeutet?«

      Aidan schüttelte den Kopf und fügte dann zögernd hinzu: »Aber es gab, Sie wissen schon … Interessenten. Vor allem einen. Ihr Kumpel Victor, der mit ihr in dem Café gearbeitet hat.«

      »Wie kommen Sie darauf, dass er in sie verliebt war?«

      »Das konnte jeder Blinde sehen«, sagte Aidan, und seine Stimme klang wieder ein wenig kräftiger. »Als ihm klar wurde, dass wir zusammen waren, wollte er auf mich losgehen, und dann hat er meinen Laptop ruiniert. Man hätte ihn verdammt noch mal feuern sollen. Danach hat er zwei Monate lang nicht mehr mit uns gesprochen, und er hat mich ganz offensichtlich gehasst.«

      Jonah sah Aidan nachdenklich an und fragte: »Kennen Sie Zoes Adresse?«

      Er bemerkte, dass Aidan leicht errötete.

      »Nicht ihre neue«, sagte er.

      »Wann ist sie dorthin gezogen?«

      »Ich … vor etwa vier Monaten vielleicht.«

      Jonah sah ihn einfach weiter an, und Aidan ließ den Blick wieder sinken.

      »Ich weiß, es klingt ein bisschen seltsam. Als wir uns vor einer Weile getrennt hatten, ist sie weggezogen, weil sie neu anfangen wollte. Aber als es dann wieder losging mit uns, haben wir es so gemacht wie ganz am Anfang. Wir haben uns verabredet und sind jedes Mal in meinem Hotel gelandet …« Er schloss kurz die Augen. »So … so hört sich das wirklich schrecklich an. Aber das war es nicht. Es war … wunderbar.«

      Der schimmernde Glanz in seinen Augen quoll über, und Aidan wischte sich verlegen die Tränen weg. Jonah beschloss, es fürs Erste dabei zu belassen. Er hatte das starke Gefühl, dass Aidan Poole