Название | Die Krise der Banken |
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Автор произведения | Dr. oec. Fabian Brunner |
Жанр | Отраслевые издания |
Серия | |
Издательство | Отраслевые издания |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347068827 |
Am weitesten fortgeschritten ist die beschriebene Disruption allerdings in der Volksrepublik China. Die führenden chinesischen Internetgiganten Alibaba und Tencent dominieren mit ihren Online-Payment-Diensten Alipay bzw. WeChatPay den chinesischen Zahlungsverkehr und sind ebenso führend in Produktkategorien wie dem Konsumentenkredit. Der entscheidende Katalysator dafür ist die Allgegenwart von mobilen Endgeräten im chinesischen Alltag. Bereits im Jahr 2018 tätigten chinesische Kunden ihre Zahlungen zu 83 Prozent über mobile Endgeräte.12 Viele Menschen haben gar keine physische Währung mehr bei sich. In der Abwicklung des Zahlungsverkehrs hat der chinesische Markt das Kreditkartenzeitalter weitgehend umgangen und sich von einer bargeldbasierten zu einer digitalen, von Mobiltelefonen dominierten Wirtschaft entwickelt.
Was das in anderen Volkwirtschaften für das Bankgeschäft der Zukunft konkret bedeuten kann, lässt sich leicht prognostizieren. In China scannen Kunden mittlerweile einfach einen sogenannten QR-Code (Quick Response Code) mit ihrem Mobiltelefon in Geschäften, Hotels, Restaurants, Taxen, sogar bei den Straßenverkäufern, also generell überall dort, wo Waren und Dienstleistungen im Land verkauft werden.13 Diese Technik zu replizieren und als Standardanwendung zu etablieren, scheint eine Frage der Zeit. Zumal die Technologieunternehmen bereits heute bedienen, was viele Kunden erwarten, nämlich Geschwindigkeit, Zugänglichkeit und nahtloser Service.14 Die ethischen Grundwerte des Bankgeschäfts, Sicherheit und Verlässlichkeit, werden dabei vom Kunden als gegeben vorausgesetzt.
Als Verstärker kommt ein weiterer Effekt hinzu: Seit einiger Zeit drängt eine kleine aber lautstarke Gruppe von Kunden und Aktionären in den reifen Volkswirtschaften sehr vehement darauf, dass Unternehmen sozial und ökologisch verantwortungsbewusster handeln. Unabhängig davon, dass die Bedeutung und Grenzen von verantwortungsbewusstem Handeln extrem schwer zu fassen und mögliche Nebeneffekte bestimmter konkreter Verhaltensänderungen wissenschaftlich noch nicht ausgeleuchtet sind, wird diese Botschaft von den Medien bereits jetzt enorm verstärkt und damit zu einem bedeutsamen Thema auf der politischen Agenda.
Was im ersten Moment harmlos klingt, führt in der Konsequenz dazu, dass Banken in die Selbstbeschränkung gehen und damit schleichend ihr Selbstverständnis, ihre Dienstleistungen und Produkte sowie ihr Geschäftsmodell ändern. Es ist richtig, dass Banken wie jedes andere Unternehmen auch, im Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten eine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Verantwortung tragen. Außerdem ist es richtig, dass sich Ansprüche und Erwartungen der verschiedenen Stakeholder beziehungsweise der Gesellschaft als Ganzes im Zeitverlauf ändern. Insofern ist es legitim, diese sich verändernden Erwartungshaltungen an Banken in den jeweiligen Unternehmensentscheidungen angemessen zu reflektieren.
Gleichwohl entsteht für Banken ein echtes Dilemma, wenn – so berechtigt Themen wie beispielsweise der Klimawandel auch sein mögen – von ebenjenen kleinen gesellschaftlichen Gruppen ganz konkrete Forderung definiert werden, wie die, keine Kohlekraftwerke mehr zu finanzieren.15 Banken die zuerst auf solche Forderungen reagieren, können damit einen echten Vorteil generieren, während andere Häuser Schwierigkeiten haben, diesem Beispiel zu folgen. Die sogenannte Generation Z ist in solchen Fragen sensibler geworden, als es noch die Millennials waren. Perspektivisch werden davon besonders diejenigen Banken profitieren, die über eine gute Unternehmenskommunikation ein modernes Medien- und Sozialprofil sowie sozialbewusste Geschäftspraktiken suggerieren. Technologiefirmen wie beispielsweise Amazon, Apple, Alibaba oder Google arbeiten bereits heute mit viel Aufwand an eben dieser Reputation und genießen entsprechend auf der ganzen Welt ein hohes Maß an Markentreue und Vertrauen. Das gesamte Geschäftsmodell der BigTechs basiert auf der zielgruppengerechten Kommunikation. Deshalb werden es höchstwahrscheinlich auch die kleinen und mittleren Banken sein, die sich in dieser Frage gegenüber der neuen Konkurrenz hier schwertun.
Das Timing dieser Disruption zu prognostizieren ist schwierig. Kein Zweifel besteht jedoch daran, dass sich Banken auf dieses Szenario einrichten und dringend darauf eine angemessene Reaktion entwickeln müssen. Zweifelsohne bleibt diese Entwicklung auch für den ökonomischen Wert von Banken nicht folgenlos. Es werden sich vermutlich schlicht nicht mehr so hohe Bewertungsniveaus erreichen lassen. Viel schwerwiegender ist jedoch, dass im Zuge dessen die Sinnfrage bei Geschäftsbanken zunehmend lauter gestellt wird. Die Bargeldabschaffung wird ernsthaft diskutiert, damit wäre der politisch gewünschte gläserne Bürger perfekt. Kryptowährungen verlieren ihren Exotenstatus.16 Veränderte Erwartungen der Kunden an Servicelevel und unternehmerische Verantwortung gehörten zu den Entwicklungen, die die geldpolitischen Grundfunktionen von Banken – Losgrößen-, Fristen- und Risikotransformation – berühren.
Da nimmt es nicht wunder, dass sich die Bankwirtschaft weltweit fieberhaft darum bemüht, das eigene strategische Profil an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Damit verbunden ist die Notwendigkeit zur fortwährenden Transformation und Innovation in sämtlichen Facetten der Branche. Von einigen Banken eine Zeit lang als echte Bedrohung gefürchtet, sind FinTechs mit ihrer innovativen Kraft und Technologieoffenheit mittlerweile echte Impulsgeber für das Bankgeschäft. Angetreten um das Bankgeschäft zu revolutionieren, sind zahlreiche FinTechs zudem nun selbst um eine Banklizenz oder zumindest einen Zugang dazu bemüht. Entsprechend sind diese auch eher im Kooperationsmodus statt im Konkurrenzkampf mit den etablierten Banken.
Nichtsdestotrotz wird es das Bankgeschäft in seiner jetzigen Form in Zukunft nicht mehr geben. Wie viel Wahrheit in dem von Bill Gates stammenden Satz Banking is necessary, banks are not aus dem Jahr 1994 heute steckt, werden die nächsten Jahre zeigen. Die damals wahrscheinlich eher provokativ gemeinte Aussage ist heute jedoch wahrer denn je.17
Weiteres Vorgehen
An dieser Stelle knüpft das vorliegende Buch an und ist zu diesem Zweck in zwei Teile gegliedert:
Im ersten Teil geht es darum, eine theoretische Basis zu schaffen, um darauf aufbauend eine fundierte Zukunftsprognose abgeben zu können. Die detaillierte Darstellung der bankwirtschaftlichen Wirkzusammenhänge im ersten Teil des Buches soll also vor allem den Boden für die präsentierten Schlussfolgerungen im zweiten Teil bereiten. Im Rahmen des Kapitels Sonderfall Bankbewertung (Teil 1) werden die Besonderheiten sowie die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Bewertung einer Bank herausgearbeitet und außerdem verschiedene Bewertungsmethoden vorgestellt.
Ausgehend von den sich abzeichnenden tief greifenden Veränderungen in den Strategien und Geschäftsmodellen der Bankwirtschaft, erklärt das Kapitel Bankwirtschaftliche Geschäftsmodelle (Teil 1) den Einfluss von Strategie und Regulatorik auf den ökonomischen Wert einer Bank. Dabei werden verschiedene Möglichkeiten skizziert, wie Strategien für die Unternehmensbewertung greifbar gemacht werden können.
Im Mittelpunkt des zweiten Teils des Buches steht dann die Bewertung und Einordnung der in den beiden vorangegangenen Kapiteln gewonnenen theoretischen Erkenntnisse. Hierfür wird im Kapitel Strategie und Wettbewerb (Teil 2) zunächst die Attraktivität des als Beispiel dienenden deutschen Bankenmarktes untersucht und in ein Chancen-Risiko-Profil überführt. Vorgestellt werden außerdem Wettbewerbsposition und Struktur der im Rahmen dieses Buches als Fallbeispiel dienenden Institute Commerzbank und Deutsche Bank, sowohl auf Gesamtbank- als auch auf Geschäftsfeldebene.
Das Kapitel Wertschöpfungsanalyse am Fallbeispiel (Teil 2) stellt dann den Zusammenhang zwischen der individuell gewählten Strategie und dem ökonomischen Wert einer Bank her. Wie ausgeprägt unter anderem der Einfluss von Strategie und Regulatorik auf Wettbewerbsintensität und den erzielbaren Wettbewerbsvorteil tatsächlich ist, wird dabei anhand einer vom Autor durchgeführten Umfrage demonstriert.
Abschließend werden im Kapitel Schlussbetrachtung