Saukatz. Kaspar Panizza

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Название Saukatz
Автор произведения Kaspar Panizza
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839251287



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rot-weißen Absperrband, das den Zugang zum Innenhof verwehrte, und als er gewohnheitsmäßig darunter durchschlüpfte, wurde er von einem Polizisten in Uniform aufgehalten.

      »Passt schon, Karl, das ist der neue Oberkommissar von der Mordkommission«, sagte eine junge Kollegin, die er flüchtig aus dem Büro kannte. Steinböck ging auf sie zu und blickte kurz auf ihr Namensschild.

      »Hallo, Hasleitner! Was ist passiert?«

      Der ältere Kollege drängte sich dazwischen und antwortete für sie.

      »Schaut nach Mord aus. Ein Mann. Erschossen. Sag mal, so schnell war ja von der Mordkommission noch nie einer am Tatort.« Steinböck zuckte grinsend mit den Achseln.

      »Das Haus da im Hof?«, fragte er dann.

      »Ja, im Parterre.«

      Er stieg die drei Stufen zur Eingangstür hinauf und ging auf die geöffnete Wohnungstür zu, wo ein weiterer Uniformierter stand. Er zeigte kurz seinen Ausweis, dann trat er ein. Eine helle Wohnung mit hohen Decken, vermutlich Ende der 60er Jahre gebaut. Die Einrichtung war ein Mix aus allen erdenklichen Stilrichtungen, aber von guter Qualität. Die Leute von der Spurensicherung waren bereits da. Einer von ihnen arbeitete an der Balkontür, die offensichtlich aufgebrochen worden war. Der andere saß auf einem Stuhl vor der Wohnzimmertür und versuchte sich fluchend eine Mullbinde um seine blutende Hand zu wickeln.

      »Was ist denn mit dir passiert?«, fragte Steinböck.

      Der Mann im weißen Overall deutete mit dem Daumen der gesunden Hand über seine Schulter.

      »Bitte, die Leiche gehört dir. Oskar Hacker. Vermutlich erschossen. Aber ich würde vorsichtig sein, wenn ich du wäre.« Schließlich wandte er sich wieder seiner Mullbinde zu, die er weiterhin ungeschickt um seine Hand wickelte. Steinböck griff sich ein paar Plastiksocken und zog sie sich über die Schuhe. Dann betrat er den Raum. Er hatte in seinem Leben schon viele Leichen gesehen, meistens war es ein recht widerlicher Anblick. Aber dieses Mal musste er lächeln. Der tote Mann lag auf dem Rücken, Hände und Beine weit von sich gestreckt. Ein bisschen wie ein Hampelmann. Aber dies allein hätte ihn nicht zum Schmunzeln gebracht, säße da nicht diese große schwarze Katze auf der Brust des Toten, die Steinböck mit ihren gelben Augen anstarrte. Noch einmal ging er zu dem Mann von der SpuSi und deutete auf dessen Hand.

      »War das die Katze?«, fragte er interessiert.

      »Sei bloß vorsichtig, die Saukatz ist unberechenbar. Der Hundefänger ist in einer halben Stunde da.«

      »Du hast den Hundefänger angefordert wegen einer Katze?«, fragte Steinböck verblüfft.

      »Du glaubst gar nicht, zu was dieses Biest fähig ist. Ich freu mich schon auf die Vorstellung«, sagte er hämisch und erhob sich, um dem Kommissar zu folgen.

      *

      »Eindeutig macht der Mann im Tweedsakko einen kompetenteren Eindruck als dieser Hänfling in seinem weißen Schlafanzug. Es wird auch Zeit, dass ich hier runterkomme. Keine schöne Sache, wenn du auf der Brust deines toten Mitbewohners sitzt. Und dann dieses hässliche Loch in der Stirn. Nicht dass ich jetzt sentimental werde, aber ich mochte Oskar wirklich. Schließlich hat er mich mit der Flasche großgezogen. Sicherlich wäre ich auch ohne ihn zurechtgekommen. Auch wenn er immer wieder allen erzählte, wie er mich in dieser Nacht während des schrecklichen Unwetters gefunden hatte. Ohne Mutter, noch blind und mit Nabelschnur. Vermutlich maßlos übertrieben. Wie ich schon sagte, ich hätte es bestimmt auch alleine geschafft. Als mallorquinische Wildkatze. Man möchte sich ja nicht mit irgend so einem dahergelaufenen tibetischen Zimmerpupser vergleichen lassen. Womöglich auch noch mit Stammbaum. Bei Gott, jegliche Art von Rassismus liegt mir fern. Aber man spürt doch, wenn man etwas Besonderes ist. Gerade als Migrant. Ich hatte ja auch keine Wahl. Oskar hat mich einfach in einen Käfig gesperrt und mich dann in den Flieger gesetzt. Gut, die Mäuse sind in Deutschland fetter. Aber das Wetter! Verdammt, nur ein bisschen Sonne und alles, was zwei oder vier Beine hat, eilt nach draußen. Und das zum Teil im einstelligen Temperaturbereich. Aber was soll man auch von einem Volk erwarten, deren Stammesmitglieder Wurstmasse in Katzendarm pressen und sie dann mit süßem Senf essen. Zumindest zeigt der Neue etwas Respekt. Hoffentlich versteht er auch sein Fach. Irgendjemand hat Oskar getötet, und ich habe keine Ahnung, wer. Und dieser seltsame Geruch aus seinem Mund.«

      In diesem Moment griffen kräftige Hände nach ihr und hoben sie hoch. Widerstandslos ließ sich die Katze von Steinböck auf den Arm nehmen. Mit dem Kopf stupste sie gegen seinen Dreitagebart und begann laut zu schnurren.

      »Das kann doch nicht wahr sein«, keifte der Mann von der SpuSi und hob seine eingewickelte Hand der Katze vors Gesicht. Sekunden später hing sie mit ihren Krallen in der Mullbinde, und mit ihrem Fauchen gab sie ihm eindeutig zu verstehen: »Du nicht, Hänfling.« Der Kommissar hakte vorsichtig die Pfote aus dem Verband und stellte bewundernd fest, dass die Krallen es wieder bis zur Haut geschafft hatten.

      »Oh diese verdammte Saukatz, ich bring sie um.«

      »Jetzt mal langsam, eine Leiche reicht im Moment«, sagte Steinböck grinsend.

      »Wie meinst du das?«, giftete er zurück.

      »Ganz ruhig, Brauner, da kommt der Gerichtsmediziner. Lass dir von ihm deine Hand verbinden und dann sag dem Hundefänger ab, sonst machst du dich zum Gespött des gesamten Reviers.« Dann wandte er sich ab und schlurfte, die Katze immer noch auf dem Arm, zurück zur Leiche. Steinböck ging in die Hocke und betrachtete den Toten genauer.

      »Einschuss mitten auf der Stirn, erstaunlich wenig Blut. Die Kugel ist offenbar nicht wieder ausgetreten. Keine Kampfspuren«, murmelte er vor sich hin. Dann beugte er sich nach vorne und roch am Mund des Toten.

      »Seltsamer Geruch!«

      »Sprichst du mit der Katze?«, fragte eine Stimme hinter ihm.

      Steinböck richtete sich auf und grinste Thomas Klessel an.

      »Das ist normal in meinem Alter.«

      Klessel fuhr der Katze über den Kopf und kraulte sie hinter den Ohren.

      »Sie hat Staller so zugerichtet?«, fragte er lachend und deutete dabei mit dem Kopf nach hinten.

      »Ist es denn so schlimm?«

      »Wie ich Staller kenne, lässt der sich zwei Wochen krankschreiben.«

      »Mensch, Thomas, schön, dich zu sehen. Du bist bisher der einzige Lichtblick in diesem Haufen.«

      »Du hast dich ja in der letzten Zeit in den höheren Etagen nicht besonders beliebt gemacht.«

      »Ich habe nur versucht, meinen Job zu machen.«

      »Und bist dabei den falschen Leuten auf die Füße getreten.«

      »Das passiert eben, wenn die auf zu großem Fuß leben«, sagte Steinböck verbittert.

      »Okay, dann überlass mir mal den Toten. Irgendetwas, worauf ich achten soll?«

      »Er riecht so komisch aus dem Mund. Vielleicht kannst du das überprüfen.«

      Klessel schaute ihn verblüfft an.

      »Wie bist du denn darauf gekommen?«

      »Keine Ahnung, es war einfach so eine Idee.«

      In diesem Moment klingelte Steinböcks Handy. Es war der Dezernatsleiter. Er setzte die Katze auf den Boden und drückte das Handy ans Ohr.

      »Hallo, Steinböck. Hasleitner hat mir gerade berichtet, dass Sie schon am Tatort sind. Ich dachte, Sie besichtigen eine Wohnung.«

      »Die liegt nahe beim Tatort. Reiner Zufall, dass ich hier bin.«

      »Gut, können Sie den Fall gleich übernehmen?«

      »Kein Problem, bin schon dabei.«

      »Aber ich kann Ihnen im Moment niemanden zur Unterstützung schicken.«

      »Was ist mit Hasleitner?«

      »Na ja, eigentlich ist die noch ein bisschen jung und steckt mitten