Название | Karin Bucha Classic 39 – Liebesroman |
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Автор произведения | Karin Bucha |
Жанр | Языкознание |
Серия | Karin Bucha Classic |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740962937 |
Mit einem langen Blick voller Zweifel umfängt Bernd die schmale Mädchengestalt. Doch je länger er in ihre bangen, ehrlichen Augen schaut, desto mehr hellen sich seine Züge auf.
Bernd erhebt sich, reicht Charlotte mit herzlicher Bewegung die Hand. »Ich will es mit Ihnen versuchen, Fräulein – Fräulein Teilhaber.«
»Gewonnen!« jubelt sie auf und legt ihre kleine Hand fest in die seine. »Sie wissen nicht, wie glücklich Sie mich damit machen, Bernd!«
*
Die Gäste haben Bernds Landhaus verlassen, in dem man in kleinstem Kreis Charlottes Eintritt in die Imhoff-Werke gefeiert hatte.
Frau Hanna Imhoff steht noch ein paar Minuten in der Diele, lauscht auf die dunkle, wohllautende Mädchenstimme, hört ein warmes Auflachen; ein Wagenschlag wird zugestoßen, und ein Motor summt auf.
Langsam wendet sie sich herum, ein zufriedenes Lächeln liegt auf ihrem lieben Gesicht. Sie steigt die Stufen hinan und sucht das Kinderzimmer auf, in dem Ingrid und Monika schlafen.
Nachdenklich läßt sie sich an Ingrids Bett nieder. Sanft fährt ihre Hand über das wirre Haar der Kleinen. Tief und fest, mit rosigen Wangen, schläft das Kind.
Eine Szene steigt vor ihrem geistigen Auge auf, die sich vor knapp einer Stunde hier im Kinderzimmer abgespielt hat. Charlotte wollte durchaus die Kinder sehen und versprach, sich so lautlos wie möglich zu bewegen. Dennoch war Ingrid aufgewacht, hatte die Ärmchen um den Hals des überglücklichen Mädchens geschlungen, und Charlotte hatte so lieb und herzig mit dem Kinde gescherzt und gelacht, daß der alten Frau das Herz darüber vor Rührung aufgegangen war.
Wie von schwerer Last bedrückt, neigt sie die Schultern nach vorn. Sie würde ihr verantwortungsvolles Amt freudig in die Hand einer Jüngeren legen – und sie weiß auch, wer wie keine andere Mutterstelle an den beiden herzigen Kindern vertreten könnte…
Noch einen sanften Kuß haucht sie auf die reine Kinderstirn, dann verläßt sie das Zimmer und geht wieder hinunter.
Frau Hanna findet Bernd in Gedanken versunken im Herrenzimmer vor.
An seinen Schläfen schimmert es weiß. Er hat viel gelitten. Doch er hat sich durchgesetzt, hat bis zu einem gewissen Grade sogar überwunden. An vielen kleinen Anzeichen hat sie das erkannt.
Ihre Gedanken eilen zu dem blonden Mädchen, das so regen Anteil an dem wieder hoffnungsfreudigen Strahlen dieser hellen Männeraugen hat.
»Charlotte wäre die beste Mutter für deine Kinder, Bernd.«
»Mutter! Wie kannst du mir so etwas zumuten? Schon lange wehre ich mich gegen zwecklose Überlegungen, die sich mir immer wieder aufdrängen. – Nun hast du alles wieder in mir erweckt! – Zwar weiß ich, daß jedes Gericht meine Ehe mit Maria sofort scheiden würde. Doch ich will das nicht! Unlöslich fühle ich mich mit ihr verbunden – durch meine nie verlöschende Liebe!«
Frau Hanna hat den ersten Schrecken schnell überwunden. Selbst eine wilde Erregung fürchtet sie nicht mehr. Sie lächelt nur verständnisinnig. »Es gibt aber eine Vernunft, Bernd, die auch echter Liebe noch genügend Raum läßt.«
»Was soll ich dieser Vernunft noch alles opfern?« begehrt er leidenschaftlich auf.
»Wer spricht von opfern, Bernd? Es gibt zweierlei Art Menschen«, fährt Frau Hanna sofort fort, und ihre Stimme hat etwas Beruhigendes, Wohltuendes; es ist wie das Streicheln linder, zarter Frauenhände. Fast gegen seinen Willen wird Bernd gezwungen, ihr zu lauschen. »Du bist nicht die Natur, die immer nur zuerst an sich und das eigene Glück denkt; denn du kannst erst dann restlos glücklich sein, wenn die Menschen, die dir lieb und wert sind, es auch sein können. Trotz alledem – du wirst dich zu einem zweiten Glück durchkämpfen müssen!«
»Ohne Maria gibt es für mich kein Glück!« stößt Bernd leidenschaftlich hervor.
»Aber Maria ist dir nun einmal genommen!« wirft sie mit schmerzlich zuckendem Munde ein.
»Mutter, du quälst mich!«
Bernd erhebt sich. Er geht ein paarmal hin und her und bleibt dann am geöffneten Fenster stehen.
Hoch über ihm glitzert und gleißt es. Millionen Sterne stehen und leuchten am nächtlichen Himmel. Die Welt ist schön! geht es ihm durch den Sinn. – Ja, sie ist schön! Doch nicht für ihn!
Seit dieser Aussprache zur nächtlichen Stunde ist Bernd von auffallender Zurückhaltung gegen Charlotte.
Er ist ein guter und gründlicher Lehrmeister und Charlotte eine eifrige Schülerin. Mit viel Geschick und Gewandtheit lebt sie sich in ihren neuen Pflichtenkreis ein, und Bernd kann ihr seine ehrliche Bewunderung nicht versagen. Mit der Besprechung des Geschäftlichen ist jedoch ihr Gesprächsstoff erschöpft, sehr zum Leid Charlottes.
Sie hat sich eine gut Kameradschaft vorgestellt – und nun sieht sie, wie Bernd sich immer weiter von ihr entfernt. Sie besprechen des Morgens gemeinsam die eingegangene Post. So lernt Charlotte am besten Art und Gang der Geschäfte kennen. Dann nimmt sie regelmäßig das für sie bestimmte Aktenbündel unter den Arm und sucht ihr Arbeitszimmer auf, das dem Bernds gegenüberliegt.
Um über all das Neue, über das Grübeln hinwegzukommen und zu vergessen, stürzt sie sich mit wahrem Feuereifer in ihre Arbeit.
»Sie nehmen es mit Ihren Pflichten viel zu ernst«, sagt sie einmal zu Charlotte.
»Pflichten kann man nie ernst genug nehmen«, widerspricht diese sofort. »Sie vergessen, daß jetzt die Hälfte der Verantwortung auf meinen Schultern ruht, liebe Delian.«
»Schön, das wollte ich gelten lassen, wenn ich wüßte, daß Sie restlos glücklich dabei sind, Charlotte.« Dabei forschen die Augen der alten Dame in ihrem jungen, ernsten Gesicht.
Charlotte sieht träumend vor sich hin.
»Restlos glückliche Menschen findet man selten, meine liebe Delian, und das ist gut so. Eine kleine Sehnsucht muß man in sich tragen, sonst verliert das Dasein seinen Reiz.«
*
Einige Wochen sind vergangen. Bernd und Charlotte haben den Posteingang und die zu ergreifenden Maßnahmen besprochen, als er sich plötzlich an seine Mitarbeiterin wendet: »Ich muß für ein paar Tage verreisen, Charlotte.«
»Gibt es noch etwas zu besprechen?« fragt sie.
»Ich glaube nicht.« Er rafft sich zusammen. »Doch – danken möchte ich Ihnen noch einmal, Charlotte, weil –«
»Wofür danken?« unterbricht sie ihn erstaunt.
»Für – für Ihre selbstlose Güte.« Er stockt, ist zum ersten Male ihren klaren tiefblauen Augen gegenüber verlegen. »Ich wollte Sie noch um eines bitten«, lenkt er schnell ab, da er einen abweisenden Zug um ihren schönen Mund bemerkt.
»Bitte, sprechen Sie, Bernd«, ermuntert sie ihn. Ihre Blicke schweifen ab und heften sich abwartend auf die vor ihr liegenden Akten. Sie will Gelassenheit vortäuschen, während das unruhige Spiel ihrer Hände ihre innere Unruhe verrät.
Lächelnd beobachtet er ihre Verlegenheit. »Ich möchte Sie bitten, Ihre Besuche in meinem Hause wieder aufzunehmen, meine Mutter vermißt Sie schmerzlich.«
Sekundenlang schließt Charlotte die Augen. Sie glaubt nicht, sich genügend beherrschen zu können. Mit wie großer Freude erfüllt sie seine Bitte!
Bernd wartet geduldig auf ihre Antwort. Als diese jedoch ausbleibt, dreht er sie zu sich herum und sieht – ihre Augen schwimmen in Tränen. »Charlotte!« ruft er entsetzt. »Habe ich Ihnen Anlaß zum Weinen gegeben?«
Sie senkt den Kopf, um ihre Tränen vor ihm zu verbergen, und in Ermangelung eines Taschentuches fährt sie sich rasch mit dem Handrücken über die Augen. Es ist eine verlegene, hilflose Bewegung, die ihn seltsam berührt.
Dann kommt ihm mit einem Male