Im Sonnenwinkel Classic 39 – Familienroman. Patricia Vandenberg

Читать онлайн.
Название Im Sonnenwinkel Classic 39 – Familienroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Im Sonnenwinkel Classic
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740962913



Скачать книгу

du meinst doch wohl, dass sie besser zu mir gepasst hätte?«

      »Nein, seit heute weiß ich, dass du dich dazu gar nicht geeignet hättest, Manja«, erwiderte Bob sehr nachdenklich.

      Das Blut schoss ihr in die Wangen, und sie senkte den Blick.

      »Ich habe Kinder sehr gern«, gestand sie ein. »Ja, ich hätte gern ein Kind, damit du es weißt. Ich habe nur nicht den Mann gefunden, den ich gern als Vater dieses Kindes sehen möchte.«

      »War René nicht der Mann?«, entfuhr es ihm.

      Manja blickte an ihm vorbei, erhob sich wortlos und ging. Er war so bestürzt, dass er ihr nicht folgte.

      *

      »Sie heißt Manja und ist sehr nett«, verkündete Bambi am Mittagstisch.

      »Wer heißt Manja?«, fragte Professor Auerbach.

      »Die Filmschauspielerin«, erklärte Bambi. »Sie ist nicht so blöd wie die im Fernsehen. Sie ist gar nicht geziert. Man kann richtig mit ihr reden.«

      »Schauspieler sind auch Menschen«, äußerte Werner Auerbach nachsichtig. »Im Film oder auf der Bühne müssen sie ihre Rolle spielen, aber im Leben sind sie auch aus Fleisch und Blut.«

      Bambi nickte dazu. »Du hast ja immer recht, Papi. Manja war sehr lieb zu Toni. Sie will auch gar nicht, dass er im Film mitspielt. Ich bin sehr gespannt, was für ein Kind sie finden.«

      »Na, bei uns bestimmt keins«, mischte Hannes sich ein.

      »Hab’ ich auch nicht gesagt«, pflichtete Bambi ihm bei. »Bob wollte Jonny gern für den Film haben, aber da habe ich auch gleich abgewinkt.«

      Werner und Inge Auerbach tauschten einen verständnisinnigen Blick. Sie wussten, dass ihre Jüngste da keinerlei Hemmungen hatte und kurzen Prozess machte.

      »Ideen haben die Leute«, brummte Hannes. »Wer ist denn Bob?«

      »Der Regisseur. Habe ich das richtig gesagt? Da bricht man sich ja die Zunge ab.«

      »Was bereitet dir schon Schwierigkeiten, Bambi«, meinte Hannes neckend. »Wann geht der Trubel denn los? Hoffentlich verziehen sie sich bald wieder.«

      »Ach, Manja kann ruhig noch bleiben. Ich unterhalte mich gern mit ihr. Da kann man auch was lernen.«

      »Hoffentlich kommst du nicht auf den Gedanken, auch zum Film zu gehen«, bemerkte Hannes anzüglich.

      »Ich doch nicht«, erklärte Bambi fest.

      »Was sagst du eigentlich zu der Filmerei, Papi?«, fragte Hannes seinen Vater.

      »Solange sie uns in Ruhe lassen, ist es mir egal«, erwiderte Werner Auerbach. »Warum sollen wir Sturm laufen. Dabei kommt doch nichts heraus. Und unser Opi ist ganz stolz, wenn die Felsenburg gefilmt wird.«

      »Waas?«, fragte Bambi gedehnt. »Da macht Opi mit?«

      »Es bringt Geld, mein Schätzchen. Du bist doch auch immer darauf bedacht, dass Geld für die Felsenburg einkommt.«

      Da gab es nichts zu widersprechen, denn es stimmte.

      *

      Die Kirchenglocken läuteten den Sonntagmorgen ein. Bald war die Kirche bis auf den letzten Platz besetzt, und Orgelklänge erfüllten den Raum.

      Da wurde die Tür noch einmal leise geöffnet, und eine junge Dame kam herein. Auf der hintersten Bank rückte man zusammen, und das schlanke Mädchen bekam noch einen Platz.

      Sie war fremd in Erlenried, nur wenige hatten sie schon einmal gesehen. Es war Gabi Gerlach, und sie war so andächtig im Gebet versunken, dass sie Ted Ludolf nicht bemerkte.

      Ihn hätte sie in der Kirche wohl auch kaum erwartet. Er Gabi jedoch auch nicht, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass sie schon heute zurück sein würde.

      Er saß auch auf der letzten Bank, jedoch auf der anderen Seite des Ganges, und er konnte der warmherzigen Predigt des jungen Pfarrers Frerichs kaum folgen, weil er immerzu an Gabi denken musste und sich fragte, warum sie nun doch schon zurück sei.

      Als der Gottesdienst zu Ende war und Gabi die Kirche schnell verlassen wollte, folgte er ihr.

      »Gabi«, rief er sie leise an.

      Ihr Kopf fuhr herum. Fast entsetzt blickte sie ihn an. Ihre Lippen bebten, und ihre Augen schlossen sich.

      »Du warst in der Kirche?«, fragte sie stockend.

      »Jagt dir das solchen Schrecken ein?«, entgegnete er scherzend. »Du starrst mich wie einen Geist an.«

      »Ich habe nicht damit gerechnet, dich hier zu treffen«, erwiderte sie gepresst.

      »Und ich wähnte dich in Luzern!«

      »Ich bin früher zurückgekommen«, sagte sie überstürzt.

      »Wieso?«

      »Manja war so eigenartig, als ich mich von ihr verabschiedete. Ich bin gerade erst gekommen, und da hörte ich die Glocken läuten.«

      Wie in Trance sprach sie, als wäre sie mit ihren Gedanken weit entfernt.

      »Dann bist du ziemlich früh weggefahren«, bemerkte er gedankenvoll. »Hast du überhaupt schon gefrühstückt?«

      »Nein, ich war noch gar nicht im Seeblick, antwortete sie hastig.

      »Wie ich Manja kenne, wird sie noch schlafen«, sagte Ted. »Komm doch mit auf den Fohlenhof, Gabi. Es ist sehr hübsch dort. Ich glaube nicht, dass du dir Sorgen um Manja machen musst. Sie war gestern Abend ganz vergnügt. Wir haben noch beisammengesessen. Die Atmosphäre hier tut ihr gut. Sie hat sich schon mit ein paar Kindern angefreundet und ist ganz aufgekratzt. Sie schläft bestimmt noch.«

      Gabi überlegte ein paar Sekunden.

      »Na schön, dann komme ich mit.«

      *

      Manja schlief nicht mehr, denn eine ganz ungewohnte Unruhe war in dem Gasthof.

      Sie hörte erregte Stimmen und das Weinen eines Kindes. War es Tonis Weinen? War ihm etwas passiert?

      Manja fuhr sich mit der Bürste durch das Haar und schlüpfte in ihren Morgenmantel. Sie öffnete ihre Zimmertür und konnte nun die erregten Stimmen verstehen.

      »Aber das Kind kann doch nicht allein hierhergekommen sein«, hörte sie Anton Richter sagen.

      »Schüchtere sie doch nicht noch mehr ein«, erwiderte Carla darauf. »Wein doch nicht, Kleines. Wir werden deine Mutti schon finden.«

      Manja blickte über das Treppengeländer und sah ein kleines Mädchen auf einem Stuhl sitzen. Carla beugte sich zu ihr hinab.

      Manja lief die Treppe hinab.

      »Was ist denn?«, fragte sie aufgeregt.

      Zwei tränenerfüllte Kinderaugen blickten sie an.

      Dann legten sich kleine, nicht ganz saubere Hände wieder vor das tränenüberströmte Gesichtchen.

      »Das Kind saß hier in der Halle«, erklärte Carla atemlos. »Es saß einfach da.«

      Fassungslos sah sie Manja an.

      »Wir wissen nicht, zu wem sie gehört. Ist es vielleicht das Kind, das in dem Film mitspielen soll, Frau Corby?«

      »Ich habe keine Ahnung«, entgegnete Manja. Dann legte sie ihren Arm um das kleine Mädchen. »Sagst du mir, wie du heißt?«

      »Mädi«, erwiderte die Kleine flüsternd.

      »Und wie noch?«, fragte Manja mit weicher Stimme.

      Das Kind ließ die Hände sinken und sah Manja aufmerksam an.

      »Weiß nicht«, kam die Antwort.

      »Wer hat dich denn hergebracht?«, fragte Manja weiter.

      »Weiß auch nicht. Hab’ geschlafen.«