Familie Dr. Norden Classic 37 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Familie Dr. Norden Classic 37 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Familie Dr. Norden Classic
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740962890



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hat es mal wieder im Gespür, daß Sie sie brauchen«, murmelte Wendy. »Ich würde aber gern wissen, was sich daraus ergibt.«

      *

      Fee erfuhr nichts von Anouks Besuch. Davon wollte er ihr erst später erzählen. Man konnte nicht sagen, daß Fee eifersüchtig auf Anouk war, aber Fee hatte eine ganz besondere Einstellung zu dieser ungewöhnlichen jungen Frau, die mit unüblichen Methoden große Erfolge erzielte, die auch ihre Bewunderung erregte.

      Da sie an diesem Tag wegen der Zwillinge in den Kindergarten gehen mußte, fiel es ihr nicht so auf, daß Daniel noch früher als geplant das Haus verließ. Sie hatte ihm nicht sagen wollen, daß die Zwillinge mal wieder mit ihrem Eigensinn einigen Ärger verursacht hatten. Sie waren jetzt in einem Alter, in dem es ans Kräftemessen ging, und das ging bei anderen Kindern nicht ohne Tränen ab.«

      Während Fee das nicht so eng sah, nahmen andere Mütter es sehr persönlich.

      Jan und Des hatten ihr in gewohnter Übereinstimmung gesagt, daß ein paar Kinder einfach nur dumm wären und gleich heulen würden, wenn sie hinfielen oder sich sonst mal weh täten und sie würden es immer auf andere schieben.

      Die Zwillinge sagten die Wahrheit, davon war Fee überzeugt, aber sie wollte es genau wissen, da die Kindergärtnerin sie um ihr Kommen gebeten hatte.

      Zwei andere Mütter waren schon dort. Fee kannte sie nicht, aber sie konnte sich auch nicht erinnern, jemals von anderen Müttern mit so giftigen Blicken bedacht worden zu sein. Von Frau Pröll, der Leiterin, wurde sie höflich begrüßt und dann als Frau Dr. Norden vorgestellt.

      Die beiden anderen noch jungen Frauen schienen befreundet zu sein. Sie tuschelten, während Frau Pröll bereits erklärte, daß sie sich darüber beschwert hätten, daß ihre Kinder von Jan und Dési geschlagen würden.

      »So stimmt das aber nicht«, sagte Frau Pröll. »Jana hatte Dési ein Bärchen weggenommen, und Dési wollte es zurückhaben. Dann hat sich Jan eingemischt, um seiner Schwester beizustehen und Marco hat ihn geboxt. Zu Boden hat ihn Jan nicht gestoßen, sondern nur weggeschubst.«

      Frau Kaufmann, die Mutter von Jana, sagte zornig, daß beide Kinder blaue Flecken hätten.

      »Meine haben auch welche, aber das sollte man bei Kindern gewöhnt sein«, warf Fee gelassen ein. »Man braucht doch wegen eines Streites unter Kindern nicht gleich einen wirklichen Streit zu entfachen. Ich habe noch drei größere Kinder und schon einiges mitgemacht, auch als Ärztin. Sie haben wahrscheinlich nur ein Kind und sind noch gewöhnungsbedürftig.«

      »Wir zahlen doch nicht soviel Geld, damit unsere Kinder in schlechte Gesellschaft geraten«, ereiferte sich Frau Kaufmann.

      »Wir wollen mal die Kirche im Dorf lassen«, sagte Frau Pröll. »Wer hat denn angefangen? Das war Jana, als sie Dési ihr Bärchen wegnahm, der ihr persönliches Eigentum ist, und Kinder neigen dazu, ihr Eigentum zu verteidigen.«

      »Dési liebt ihr Bärchen, weil sie das von ihrer größeren Schwester bekommen hat. Sie hat es seit ihrer Geburt und nimmt es überallhin mit«, sagte Fee, um einen versöhnlichen Ton anzuschlagen. Aber damit erreichte sie nichts, denn Frau Kaufmann regte sich noch mehr auf.

      »Meine Tochter hat es nicht nötig, auf einen alten Bären scharf zu sein, sie hat genügend Spielsachen, mehr als genug.«

      »Aber anscheinend kein Spielzeug, das sie besonders liebt«, sagte Fee nachsichtig, »sonst würde sie es auch mit in den Kindergarten nehmen. Aber was ist denn eigentlich schon passiert, daß Sie sich so aufregen?«

      »Ihre Kinder haben zu unseren gesagt, daß sie blöd sind, das brauchen wir uns nicht bieten zu lassen.«

      »Dann entschuldige ich mich für diese Bemerkung«, meinte Fee lächelnd.

      »Wir denken aber, daß Sie Ihre Kinder lieber zu Hause behalten sollten.«

      »Dazu habe ich aber auch noch etwas zu sagen«, erklärte Frau Pröll. »Es ist vor allem Jana, die immer Streit beginnt und nicht nur mit Dési und Jan. Sie schreit wie am Spieß, wenn sie nur ein bißchen angestoßen wird, wenn es auch unabsichtlich ist. Mit Frau Dr. Norden kann man reden, aber mit Ihnen anscheinend nicht, Frau Kaufmann, und deshalb kann ich Ihnen nur empfehlen, Jana zu Hause zu behalten. Sie ist die Unruhestifterin, seit sie hier ist. Dabei ist sie die Älteste und sollte auch entsprechend vernünftig sein. Können Sie erklären, warum sie Dési das Bärchen weggenommen hat?«

      »Wie kann man deshalb nur so ein Theater machen, das ist doch albern!«

      »Aber Sie haben doch darauf bestanden, daß das mit allen Beteiligten geklärt wird. Sie haben aus der Mücke einen Elefanten gemacht.«

      »Wahrscheinlich haben Sie zuviel Zeit, ich habe sie nicht«, sagte nun auch Fee. »Ich rede mit meinen Kindern darüber und wenn sie im Unrecht sind, sage ich Ihnen das. Kinder müssen viel lernen, und es ist gut, wenn man beizeiten damit anfängt, ihnen auch zu sagen, was sie nicht tun sollten. Eine weitere Diskussion scheint mir nicht angebracht zu sein. Guten Tag.«

      Fee reichte Frau Pröll die Hand, sie tauschten einen vielsagenden Blick und Fee ging. Später dachte sie, daß es doch etwas Gutes mit sich brachte, daß sie um diese Zeit unterwegs war, denn sie traf im Feinkostgeschäft Liane Horten, die sich genauso wie sie über diesen Zufall freute. Natürlich nutzte Fee nun die günstige Gelegenheit, gleich ein Gespräch zu beginnen und es auf Lennart van Eicken zu lenken.

      *

      Inzwischen war Anouk Maurus schon in ein sehr ernstes Gespräch mit Dr. Norden vertieft.

      »Sie sind der einzige Mensch, mit dem ich offen über das sprechen kann, was mich so sehr beschäftigt«, sagte sie gedankenverloren. Daniel gewann den Eindruck, daß sie sich wieder in einer visionären Welt befand und so war es auch.

      »Sie wissen von meinen Träumen und meinen Visionen, Daniel, und meistens werde ich selbst ganz gut damit fertig, aber seit ein paar Tagen spielen Sie darin eine so beträchtliche Rolle, daß ich die anderen Bilder nicht zuordnen kann. Ich dachte, daß Sie mir vielleicht die Lösung des Rätsels verraten können.«

      »Mit einem Rätsel kann ich aufwarten, mit der Lösung jedoch nicht. Erzählen Sie mir von den Visionen.«

      »Es sind so unklare Bilder, die mir sagen, daß ich den Menschen noch nicht begegnet bin, nur Sie sind deutlich erkennbar. Sie scheinen mit diesen Menschen zu tun zu haben, und das könnte Gefahr für Sie bedeuten. Deshalb wollte ich Sie sprechen. Sie mögen es für übertrieben halten, aber ich möchte Sie warnen. Es geht um Sie und einen Mann, der in größter Gefahr ist.«

      »Oder war?« fragte Daniel.

      Anouk sah ihn verwirrt an. »Sie denken an einen bestimmten Mann, Daniel?«

      »Ja, an einen ganz bestimmten Mann und ich wollte mit Ihnen über diesen Mann sprechen. Ich wollte Sie bitten, sich mit ihm zu befassen als Therapeutin. Deshalb möchte ich auch nichts weiter über ihn sagen. Sie sollen ganz unbefangen auf ihn eingehen. Ich weiß, wie wichtig das für Sie ist. Vielleicht können Sie seine Persönlichkeit ergründen, durch Hypnose, Handliniendeutung oder durch Ihren sechsten Sinn.«

      »Wenn Sie bereits daran dachten, erklärt es mir, warum ich diese intensiven Visionen hatte, in denen sich alles um Sie drehte.«

      »Sie haben mir früher schon ein paar Mal sehr geholfen, Anouk. Ich bin froh, daß Sie wieder nach München zurückgekehrt sind.«

      »Dieses München muß doch eine ganz besondere Anziehungskraft für mich haben«, sagte sie mit einem rätselhaften aber auch bezaubernden Lächeln. Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich denke, ein Mann wird gleich hier erscheinen, also werde ich jetzt lieber gehen.«

      »Sie verstehen es immer wieder, mich in grenzenloses Erstaunen zu versetzen, Anouk.«

      »Ich überrasche mich selbst, wenn eintrifft, was ich gerade dachte.« Und schon schlug der Türgong an.

      Daniel ging zur Tür, Anouk folgte ihm, und eine Sekunde später stand sie Lennart gegenüber. Daniel beobachtete sie. Es war schade, daß er nicht beide