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noch Aberglauben genug, kännte er jedoch diejenigen seiner Unterthanen gewiß, die nur Scheinchristen wären und heidnischem Aberglauben anhingen, so würde er es ihnen nicht hingehen lassen; im übrigen trage gerade der Deutsche Orden die meiste Schuld daran, wenn für die Sache des Christentums noch viel zu wünschen übrig bleibe, denn nie habe ihm der Orden Ruhe gelassen, um der Förderung der christlichen Religion noch erfolgreicher obliegen zu können.«

       Als der Dominikaner Johann von Falkenberg auf Anstiften und im Interesse des Deutschen Ordens Mord und Empörung gegen die polnische Nation und Jagiello predigte, wandte sich dieser (1416) mit einer Beschwerde an das Konzil von Konstanz, das die Schrift Falkenbergs mit großer Entrüstung verwarf. Von nun ab begann Ansehen und Einfluß des Ordens rasch zu sinken; er verlor 1457 durch Verrat der eigenen Leute sogar Marienburg und verlegte den Hochsitz nach Königsberg, woselbst der Hochmeister Albrecht von Brandenburg und mit ihm viele Ordensritter offen zum Protestantismus übertraten. Durch listige und gewaltsame Förderung und Einführung der neuen Lehre in seinen Landen wurde der Orden schließlich seinem ursprünglichen Zweck völlig entfremdet.

       Zu dem Zeitpunkt, in welchem Sienkiewicz uns die »Kreuzritter« vorführt, waren nicht nur Ruhm und Macht des Ordens schon stark im Niedergang begriffen, sondern auch die Disciplin und der ritterliche Geist von ehedem hatten in den ewigen Fehden große Einbuße erlitten. In den Prophezeiungen der hl. Birgitta von Schweden (1302-72) werden dem Orden deshalb schwere Vorwürfe gemacht und sein Schicksal drohend vorausverkündet. So stimmt das Urteil der Geschichte und hervorragender Zeitgenossen über die Kreuzritter aus jener Zeit mit dem Urteil des polnischen Autors, wie es in der Darstellung konkrete Gestalt angenommen hat, im wesentlichen überein, mag Sienkiewicz auch, wie übrigens leicht begreiflich, eine gewisse Einseitigkeit der national-polnischen Stimmung und Auffassung nicht völlig überwunden haben.

       Die Handlung unseres Romans setzt um das Jahr 1399 ein. Die Königin Hedwig, eine Tochter des Königs Ludwig von Ungarn, seit 1386 in kinderloser Ehe mit Jagiello verbunden, sieht zum erstenmal einem für ihr eheliches Glück und die Zukunft des neuen Königreiches hochbedeutsamen Ereignis entgegen. Die Kunde davon ist weit in die Lande gedrungen, und Tausende froher Menschen strömen schon seit Tagen und Wochen in dem festlich gestimmten Krakau zusammen.

       Unter den Ankömmlingen befinden sich auch zwei Ritter, Macko von Bogdaniec und dessen Neffe Zbyszko (sprich Sbisko), die in dem Wirtshause in Tyniec mit der masovischen Fürstin Anna Danuta zusammentreffen. Hier begegnet Zbyszko der lieblichen Danusia, einer Tochter des grimmen Jurand von Spychow, um deretwillen er mit den Kreuzrittern in ernste, spannende Verwicklungen und Abenteuer hineingerät. Diese Verwicklungen und Abenteuer nehmen das Hauptinteresse des Romans in Anspruch, während die großen geschichtlichen Wandlungen zwar kräftig und bildmäßig in die Erscheinung treten, aber doch in der Hauptsache nur die Bedingungen abgeben, unter denen die planvoll angelegte Handlung ihren Verlauf nimmt. Sienkiewicz ist eben nicht nur ein mit dem poetischen Handwerkszeug keck ausgerüsteter Geschichtserzähler, sondern eine von den feinsten historischen Instinkten geleitete Künstlernatur. Anstatt geschichtlicher Belehrung über Staatsaktionen und Lebensumstände hervorragender Persönlichkeiten, wodurch der historische Roman eine Zeit lang in gerechten Verruf gekommen, giebt er somit nur historisch bedingte Menschenschicksale und Einzelerlebnisse auf der möglichst echten Grundlage einer gegebenen Zeit und höchstens in Anlehnung an markante Begebenheiten.

       So kommt es, daß man zum Genuß und Verständnis seiner Schöpfungen keiner besonderen historischen Kenntnisse bedarf. Die notwendigen Voraussetzungen erfährt der Leser aus dem natürlichen Gang der Handlung, und dem übrigen folgt er mit jener schlicht menschlichen Teilnahme und jenem künstlerischen Genießen, die an kein Kopfwissen und an keine geschichtliche Gelehrsamkeit gebunden sind.

       Karl Muth.

      Erstes Kapitel.

      In Tyniec, in dem zur Abtei gehörenden Wirtshause »Zum wilden Auerochsen« saßen einige Leute und lauschten der Erzählung eines erfahrenen Kriegers, der, aus fernen Landen angelangt, von seinen Abenteuern im Krieg und auf der Reise berichtete.

       Es war ein bärtiger Mann, in den besten Jahren, breitschultrig und von riesenhaftem Wuchse, seine Haare waren durch eine netzförmige, mit Glasperlen benähte Haube zusammengehalten, er trug ein Lederkoller, auf dem der Panzer ganze Streifen zurückgelassen hatte, darüber einen Gürtel aus Kupferringen, worin ein Messer in einer Hornscheide steckte, und ein kurzes Schwert an der Seite.

       Dicht bei ihm am Tisch saß ein Jüngling mit langen Haaren, der froh in die Welt hinaus schaute, offenbar sein Gefährte, vielleicht auch sein Knappe, denn er war ebenfalls für die Reise angethan und auf seinem Lederkoller zeigten sich ähnliche Spuren von der Rüstung. Die übrige Gesellschaft bestand aus zwei Landleuten aus der Umgegend von Krakau und drei Städtern in roten, gefältelten Mützen, deren dünne Enden an der Seite bis zu den Ellbogen herabhingen.

       Der Wirt, ein Deutscher, welcher den Kragen seiner fahlgelben Kapuze bis über das Kinn heraufgezogen hatte, goß ihnen aus einer Kanne nahrhaftes Bier in die Thonkrüge und lauschte aufmerksam den Berichten der Krieger.

       Noch aufmerksamer aber lauschten die Städter. Die Feindschaft, welche seit der Zeit der Lokietek's zwischen den Städtern und den Landedelleuten geherrscht hatte, war beinahe erloschen, und die Bürgerschaft trug ihr Haupt weit höher als dies in späterer Zeit der Fall war. Damals wurde sie noch »des allerdurchlauchtigsten Kuniges und Herren« genannt, ihre Bereitwilligkeit » ad concessionem pecuniarum« wurde auch besonders geschätzt, und daher kam es zuweilen vor, daß in den Wirtshäusern die Edelleute mit den Kaufleuten tranken. Diese wurden sogar gern gesehen. Hatten sie doch stets bares Geld in Händen und zahlten sie doch häufig für die Träger der Wappenschilder.

       So saßen sie auch jetzt plaudernd beisammen, indem sie von Zeit zu Zeit dem Wirte winkten, auf daß er ihnen die leeren Becher fülle.

       »Ihr habt wohl schon ein großes Stück von der Welt bereist, edler Ritter,« sagte einer der Kaufleute.

       »Ja, nur wenige von denen, welche jetzt von allen Seiten in Krakau zusammenströmen, haben schon soviel gesehen,« antwortete der vor kurzem angelangte Ritter.

       »Und gar viele strömen dort zusammen,« fügte der Bürger hinzu. »Große Festlichkeiten giebt's ja, und große Glückseligkeit herrscht im Königreiche. Man sagt, und ich glaube es auch, daß der König befahl, der Königin Prunkbett mit perlenbesetztem Brokat auszupolstern und den gleichen Baldachin darüber anzubringen. Und allerlei Spiele und Turniere werden veranstaltet, wie sie die Welt bisher noch nie gesehen hat.«

       »Gevatter Gamroth, unterbrecht den Ritter nicht,« bemerkte der zweite Kaufmann.

       »Ich unterbreche ihn nicht, Gevatter Eiertreter, ich denke mir nur, er wird auch gern wissen, was man sagt, weil er gewiß selbst nach Krakau reist. Und ich kehre heute nicht mehr in die Stadt zurück, weil die Thore so früh geschlossen werden, und bei Nacht lassen mich die Amphibien, welche in den Hobelspänen entstehen, doch nicht schlafen, also haben wir Zeit für alles.«

       »Und auf ein Wort gebt Ihr zwanzig zurück, Ihr werdet alt, Gevatter Gamroth.«

       »Und doch bin ich noch im stande, ein Stück feuchten Tuches unter einem Arm zu tragen.«

       »Ach was! Vielleicht eines, das so dünn wie ein Sieb ist!«

       Ein weiterer Streit wurde durch den fremden Kriegsmann unterbrochen, welcher sagte: »Ich werde sicher in Krakau bleiben, weil ich von den Wettkämpfen gehört habe und froh bin, wenn ich meine Kraft innerhalb der Schranken erproben kann – und meinem Bruderssohn hier geht es ebenso, denn obgleich er noch jung und ein rechter Milchbart ist, hat er schon manchen Panzer