Die großen Western Staffel 4. Diverse Autoren

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Название Die großen Western Staffel 4
Автор произведения Diverse Autoren
Жанр Языкознание
Серия Die großen Western
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740912383



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ganze Zeit still, sitzt da, als wäre er stumm – und nun redet er – er spricht unsere Sprache wie einer von uns. Por Dios, du glaubst, der Doctor ist ein bisschen verrückt?«

      »Si«, nickte Jericho. »Nicht nur ein bisschen – er ist verrückt – richtig verrückt im Kopf, Don Carlos, mi General! Wer würde es sonst wagen, Su Excelencia, Euer Exzellenz, zu beleidigen – nur ein Idiot, ein Verrückter!«

      Don Carlos, dieser Klotz von Mann, wandte sich um und starrte seine Bravados an.

      »Habt ihr gehört?«, fauchte er. »Das ist ein Gringo, nur ein verdammter Gringo, aber er weiß besser als ihr Tölpel, was sich gehört, wenn man mit mir spricht. Nehmt euch ein Beispiel an ihm, ihr ungebildeten Kerle. Su Excelencia – si, si, das bin ich, so habt ihr mich in Zukunft anzureden, verstanden? Du – Enterrador, wo hast du die Höflichkeit gelernt? In diesem Land redet man von uns wie von Schmeißfliegen, aber nicht so höflich, wie du es getan hast.«

      »Ich habe lange mit einem Mexikaner und dessen Freunden gelebt, der ein Grande war, dessen Vorfahren stolz auf ihre Herkunft waren und reines Blut bewahrten.«

      »Ah, ein Castiliano – war er ein Castiliano?«

      »Ja«, sagte Jericho und log wie gedruckt. »Er kam aus Kastilien, aus einer der vornehmsten Familien. Er war so vornehm, dass er sogar seinen Gegner um Verzeihung dafür bat, dass er ihn umbringen müsste – ein echter Caballero, mi General, Su Excelencia.«

      Reden, dachte Jericho verzweifelt, jetzt hilft nur noch reden, damit ich den Kerl ablenke, sonst bringt er den Doc noch um.

      Du großer Gott, welcher Teufel hat den Doc denn geritten?

      Der stiernackige, schwergewichtige Bravadoboss hatte die Augen geschlossen, schien in sich hineinzuhorchen.

      »Si«, sagte er dann düster. »Ein Caballero mit kastilianischem Blut in den Adern lebt und stirbt als Edelmann. Man stirbt aufrecht und stolz – und wie stirbst du, Hund von Säufer-Doctor – he – wie stirbst du?«

      Er fuhr jäh herum und schrie plötzlich los, dieser unberechenbare Teufel.

      »Pepe – Felipe, packt ihn!«

      »Su Excelencia«, meldete sich Jericho hastig. »Euer Gnaden, mi General, hören Sie …«

      »Du halten der Maul, Leichenbestatter!«, schrie der Don ihn an. »Du still oder tot. Der Hund – er sagen Schweinehund – Canalla – er sagt zu Don Carlos Canalla! Stellt ihn hin!«

      Er schrie es in Amerikanisch und Spanisch, in einem furchterregenden Kauderwelsch und mit solcher Wut, dass Jericho eins begriff: der Halunke war durch nichts aufzuhalten. Mischte sich Jericho noch einmal ein, würde ihn dieser Kerl zum Schweigen bringen, diesmal vielleicht für länger.

      Sie packten Alec Sheppard, rissen ihn von der Bank hoch, hielten ihn rechts und links, diesen alten Mann, von dem sie wussten, dass er wie schreckerstarrt und gelähmt bei ihr ein Auftauchen auf der Bank gehockt hatte. Hochgefahren war er noch. Dann hatten sie ihm einen Stoß gegeben, dass er hintenübergekippt und wieder auf der Bank gelandet war, wobei Rual gehöhnt hatte: »Du – Säufer, du einmal Maul aufmachen, dann … krchzzz!«

      Rual hatte sich mit dem Zeigefinger quer über den Hals gefahren, das hatte genügt für den alten Doc.

      Jetzt stand er, sah in die dunklen Augen von Don Carlos, sah die geröteten Augapfel, diesen seltsamen Perlmuttschimmer, der die Iris zu bedecken schien und wusste, welche Krankheit dieser Mann seit Jahren im Leib haben musste. Die fraß ihn auf, hatte ihn zum Satan gemacht. Der Teufel mochte wissen, wo sich der Halunke angesteckt hatte, während der Krieg drüben in Mexiko getobt hatte.

      »Schweinehund – du nennst mich einen Schweinehund?«

      Das Gewehr, dachte der Doc und sah die Waffe in den klobigen Händen von Don Carlos nach hinten wandern, den Lauf in der Waage stehen, der knallt mir das Gewehr …

      Er spannte die Muskeln seines Kugelbauches an, obgleich er wusste, dass es nicht viel helfen würde.

      Liz, dachte Alec Sheppard, Liz, sieh weg, sieh nicht zu, denn ich werde nicht sehr schön schreien und mich krümmen wie ein Wurm, ich werde … Liz, sieh fort!

      Der Gedanke an seine Frau war das letzte, was er dachte, bevor die Waffe nach vorn zuckte. Und dann hatte er den Lauf im Leib, dachte, die Mündung würde am Rückgrat wieder herauskommen. Seine Luft war wie abgeschnitten, in seinem Bauch war etwas explodiert.

      »Aghhh!«

      Der einzige Ton verstummte, den der Alte noch fertig brachte. Er knickte ein, er war auch nicht gerade leicht, stürzte auf die Knie, wollte vornüberfallen, aber irgendwoher sagte jemand: »Fall nach hinten, Alec, nach hinten!«

      Die Stimme kam ihm bekannt vor. Sie gehörte Captain Charlie Young, den die Apachen umgebracht hatten. Charlie war ein Held gewesen und zu den anderen in den Heldenhimmel gekommen. Und nun sprach er zu ihm – war das verrückt!

      Nach hinten, dachte Alec und kippte wirklich auf den Rücken.

      Er krachte hin, stieß die Beine zuckend aus, röchelte, bekam kaum Luft. Und doch arbeitete seltsamerweise sein Gehirn ziemlich klar. Es befahl ihm, sich an die Wand und die Bank zu schieben, indem er seine schiefgelatschten Stiefelabsätze gegen die Dielen rammte.

      »Och – öch – oaaghhh!«

      Das Stöhnen war grausig anzuhören, es schien sogar die beiden Halunken rechts und links zu beeindrucken. Sie bückten sich nicht nach ihm, sie hatten ihn losgelassen und starrten auf ihn hinab. Dann sahen sie hoch, denn einer begann zu lachen, er hatte ein Pferdelachen, ein bösartiges Gewieher für den Mann am Boden, der sich wie ein Wurm krümmte.

      »Hiiiach – hiaaach – hiaaach! Da hast du Schweinehund, da hast du, Sauf-Doctor. Tut dir gut, ja, si, si? Ist schön, nicht wahr, ist dir eine wahre Freude, stimmt es? Hiaaach hiaaach, wie er sich krümmt, der Wurm, der elende, wie er grunzt, dieses Schwein, dieses menschliche. Du vergisst Don Carlos nie, du nicht, wetten? Ah, das tut dir wohl in deinen Gedärmen, was? Dir werde ich zeigen, mich zu beleidigen, du Kröte, du fettbäuchige, hässliche!«

      »Mein Kreuz«, lallte der alte Alec. »Mein Kreuz …, oach, mein Kreuz!«

      »Das machst du jedes Mal krumm, wenn du mich in Zukunft siehst!«, brüllte Don Carlos. »Verbeugen wirst du dich, sobald ich komme, verstanden? Mit der Nase berührst du Hund den Boden, wenn ich mich nähere. Und dann grüßt du mich, hast du gehört? Su Excelencia wirst du mich grüßen – guten Morgen, Su Excelencia, mi General, verstanden? Das hast du zu sagen. Und wenn du verlauster Hund es nicht sagst, dann erlebst du die Hö… Hö…« Don Carlos riss die Augen entsetzt auf, er sagte nichts mehr, sondern starrte auf die Rechte des Säufer-Doctors, die der zuerst in den Rücken gedrückt hatte, die nun nach vorn kam, während sich der Alte mit der Linken abstemmte.

      »Atencion! Vorsicht!«

      Der Schrei kam von irgendwoher, jemand bewegte sich rasend schnell: Rual Sastre.

      Rual sah die Rechte des Alten, sah den Revolver in ihr und begriff es im ersten Moment nicht, woher der Alte die Waffe haben sollte. Jemand musste ihn doch durchsucht haben – oder? Er, Rual, war mit Don Carlos und Juan, dem bulligen Bravado, nach oben geschlichen. Pepe und Felipe hatten draußen gesichert, danach den Alten bewacht und …, und was hatten sie getan? Ihn etwa nicht durchsucht, diesen Säuferdoctor?

      »Atencion!«

      »Schweinehund!«, zischte Alec Sheppard. »Schweinehund!«

      Er sah das runde Gesicht mit dem Kinnbart zucken, in den Augen des Halunken Carlos die nackte Furcht. Dabei hatte der das Gewehr, hätte es schwenken und feuern können, aber er blieb wie gelähmt stehen, glotzte auf den Revolver, sah den Hammer hochwandern, den Daumen des Alten sich heben und …

      Carlos ist der Kopf, dachte der Alte, den Kopf muss man zertreten. Wie bei einer Schlange, die tödlich giftig ist.

      Rumms!

      Das Brüllen war da und zerriss seine Gedanken. Der Schlag traf Alec