Название | Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt |
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Автор произведения | Jacob Burckhardt |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027213764 |
Die ganze Grenze wurde nun mit Festungen und Garnisonen versehen. Es folgte eine Zeit der Ruhe für Vorderasien, welche fast vierzig Jahre, bis gegen das Lebensende Constantins hin, dauerte. Die siegreichen Kaiser ahnten wohl nicht, dass sie auch mit diesen grossen Erfolgen wesentlich der ruhigen Verbreitung des verhassten Christentums die Wege geebnet hatten.– Wie übrigens Persien durch seinen Manichäismus und durch mannigfachen Aberglauben auch in entgegengesetztem Sinne auf das Römische Reich einwirkte, wird unten berührt werden.
Die Bevölkerung und ihre Sitten sind durch alle neuern Mischungen, selbst durch den schiitischen Mohammedanismus und die von ihm bedingte Bildung hindurch noch teilweise so zu erkennen, wie Ammian im vierten, Agathias im sechsten Jahrhundert sie schildern. Der zweideutige Blick unter den rundgewölbten, in der Mitte zusammenlaufenden Augbraunen, der schön gepflegte Bart sind den Persern geblieben; gewisse Anstandsregeln gelten noch wie damals; von dem alten Ruhm der Mässigkeit wenigstens ein Rest; die sonderbare Mischung von weichlicher Ausschweifung und grossem persönlichem Mut ist noch heute charakteristisch für sie, ebenso das freche Prahlen und die selbstsüchtige Arglist. Auch die weite, bunte Kleidung und der flimmernde Putz fiel schon den Römern auf196. Was von der Religion abhing, hat sich natürlich nur da erhalten können, wo noch jetzt Parsismus existiert, wie zum Beispiel das Preisgeben der Leichen an Hunde und Vögel. Vielen Aberglauben hat der Mohammedanismus ausgerottet oder im Märchen fixiert; dem Perser der Sassanidenzeit war das ganze tägliche Leben, ja Weg und Steg voll drohenden oder lockenden Zaubers, und das heilige Feuer der Pyreen selbst musste fortwährend Orakel spenden. Der grosse Sapor II. begnügte sich damit nicht; unter den eigentlichen Magiern gab es auch Nekromanten, welche ihm in wichtigen Augenblicken Schatten beschwören mussten, selbst den des Pompeius197.
Es ist oft bemerkt worden, wie sehr dieses sassanidische Wesen an das abendländische Mittelalter wenigstens in einzelnen Zügen erinnert. So schon die klösterliche Abstinenz der Magier; ihre Stellung neben dem Adel als eine Art von Klerus. Es ist nur zu bedauern, dass hierüber nichts Näheres bekannt ist, und dass selbst die Art, wie sie sich in dieser Zeit als Stand fortpflanzten, im Dunkel bleibt. Ganz besonders abendländisch erscheint aber der Adel selbst mit seiner rohen Ritterlichkeit. Zum Könige stand er wahrscheinlich in einem förmlichen Lehnsverhältnis, dessen Hauptleistung in der Kriegspflicht bestand. In den Bildwerken gleichen diese persischen Streiter in ihren Harnischen und gefederten Helmen, mit ihren Lanzen und Schwertern, mit dem prächtigen Geschirr ihrer Pferde durchaus den Rittern unseres Mittelalters. Die Seele ihres Treibens war ganz wie bei diesen das Abenteuer, sei es im Krieg oder in der Liebe, und die Sage hat schon früh eine Gestalt wie Bahram-gur zu einem glänzenden Vorbilde dieser Art umgeschaffen, während sie damals auch ihre Helden aus der mythischen Zeit, einen Rostem und Feridun, bereits hoch in Ehren hielt. Diese Romantik steht im entschiedensten Gegensatz gegen das römische Leben, wie alles Planlose.
Schauen wir noch auf Armenien zurück. Dieses Land, mit seiner tapfern, bildungsfähigen Nation, hatte bis jetzt immer Einflüssen und Eindrücken von aussen gehorcht, auch eine verhältnismässig nur geringe Kultur zutage gefördert, und bald sollte neue, dauernde Not und Knechtschaft hereinbrechen. Dazwischen liegt als lichte Episode diese Zeit des Tiridates, welche zugleich die Zeit der Bekehrung zum Christentum war; dieses aber sollte, als armenische Kirche gestaltet, einst die Hauptstütze des armenischen Volkstums werden.
Folgendes erzählt der Chronist des Volkes, Moses von Chorene198:
Gregor der Erleuchter (Illuminator), abstammend von einem Nebenzweige des arsacidischen Königshauses, wurde durch eine sonderbare Verkettung von Umständen schon als Kind nach dem römischen Kappadocien gebracht und daselbst von einer christlichen Familie erzogen, später auch mit einer Christin, Maria, verheiratet. Nach einer dreijährigen Ehe trennten sie sich, um in freiwilliger Enthaltsamkeit Gott zu dienen; von ihren beiden Söhnen wurde der jüngere Anachoret, der ältere pflanzte die Familie fort. Gregor kehrte dann mit dem noch heidnischen Tiridates nach Armenien zurück und begann die Bekehrung des Landes unter grossen Gefahren. – Aus andern Quellen erfährt man, dass neben ihm auch eine heilige Frau, Ripsime, tätig war und sogar den Märtyrertod erlitt, dass aber die Bekehrung doch rasch vorwärts ging; noch vor der diocletianischen Verfolgung, im Jahre 302, taufte Gregor den Tiridates selbst und einen grossen Teil des Volkes. Er überlebte noch die Zeit des nicänischen Konzils, welches er jedoch aus Demut nicht besuchen wollte, und brachte sein Alter vom Jahr 332 an als Einsiedler in dem Gebirge zu, welches die »Mania-Höhle« heisst; zu seinem Nachfolger im Bistum oder Hohenpriestertum hatte er selber seinen Sohn Aristaces eingesetzt. Er starb unbekannt; Hirten begruben ihn; erst lange hernach wurde seine Leiche wieder entdeckt und feierlich in Thordan bestattet. – Tiridates überlebte noch den Constantin und starb durch Vergiftung von Seiten einer Adelspartei im Jahre 342. Bald brachten Bürgerkriege und Interventionen von aussen sowohl das arsacidische Königtum als das ebenfalls erbliche arsacidische Hohepriestertum in Not und Verwirrung199. Allein der Eindruck der Bekehrung blieb unter all den folgenden Fremdherrschaften, und das später allerdings im Monophysitismus versteinerte Christentum vereinigt bis heute die weit bis nach Österreich verbreiteten Armenier, mit Ausnahme der Römisch-Unierten, welche gegenwärtig die Besten und Gebildetsten der Nation in ihren Reihen haben möchten.
Dieses war der Zustand der befreundeten und der feindlichen Nachbarländer Roms im Osten. Die asiatischen Provinzen des Reiches selbst genossen in der Zeit Diocletians und Constantins eine Ruhe, welche nur kurz durch die grossen Reichskriege unterbrochen wurde. Ein Lebensbild von Syrien und Kleinasien in dieser Zeit würde der Gegenstand einer eigenen, beträchtlichen Forschung sein. Wir beschränken uns, auf einen wunden Fleck hinzuweisen, der Jahrhunderte hindurch dem Körper des Reiches Schande machte, auf das Räuberland Isaurien, welches in allen Geschichten der römischen Kaiserzeit einen stehenden Artikel bildet.
Viel berühmter ist allerdings der frühere, beim Sinken der Diadochenreiche in Schwung gekommene Seeraub und Sklavenhandel der Cilicier, weil sie in dem denkwürdigen letzten Jahrhundert der Republik von dem grossen Pompeius besiegt wurden, nachdem sie der Piraterie des ganzen Mittelmeeres lange Zeit Anhalt und Zuflucht gewährt hatten. Schon damals200 wird als eines der Raubnester des Binnenlandes das uralte Isaura genannt, nach welchem dann die ganze hinter dem eigentlichen Cilicien gelegene Gegend den Namen Isaurien erhielt; ein rauhes Bergland vulkanischer Formation mit hohen Gipfeln, dessen Städte eher als Kastelle gelten konnten201.