Название | Ausgewählte Werke von Selma Lagerlöf |
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Автор произведения | Selma Lagerlöf |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027207015 |
Der Junge sah ihren Schrecken, kam zu sich und entsann sich, wer er war. Und da meinte er, es sei das Ärgste, was ihm widerfahren könne, daß gerade diese Kinder sehen sollten, daß er verhext war. Er war ganz überwältigt vor Kummer und Schrecken, weil er kein Mensch mehr war. Er wandte sich ab und entfloh. Wohin; das wußte er selbst nicht.
Aber als der Junge auf die Heide hinauskam, hatte er eine glückliche Begegnung. Denn mitten im Heidekraut sah er etwas Weißes, und niemand anderes als der weiße Gänserich in Gesellschaft von Daunenfein kam auf ihn zu. Als der Weiße den Jungen in einer solchen Eile laufen sah, glaubte er, daß ihm Feinde auf den Fersen seien. Er warf ihn schnell auf seinen Rücken und flog mit ihm davon.
XVI. Die alte Bauerfrau
Donnerstag, den 14. April.
Drei müde Wanderer waren in der späten Abendstunde ausgezogen, um ein Nachtlager zu suchen. Sie zogen durch einen ärmlichen und schwachbebauten Teil des nördlichen Smaaland, aber daß sie einen Ruheplatz, wie sie ihn sich wünschten, finden könnten, hätte man doch meinen sollen, denn sie waren keine verwöhnten Leute, die weiche Betten und feine Stuben verlangten. »Hätte nur einer dieser langen Bergrücken einen Gipfel, so steil und hoch, daß kein Fuchs an einer der Seiten hinaufklettern kann, so hätten wir einen guten Schlafplatz,« sagte einer von ihnen. – »Wäre da nur kein Eis auf einem der großen Moore, und wäre es nur so sumpfig und naß, daß sich kein Fuchs da hinauf wagte, so wäre das auch ein gutes Nachtquartier,« sagte der zweite. – »Hätte sich nur das Eis auf einem der großen Seen, an denen wir vorübereisen, vom Lande losgelöst, so daß ein Fuchs nicht da hinauf könnte, so hätten wir gefunden, was wir suchen,« sagte der dritte.
Das schlimmste war, daß, sobald die Sonne erst untergegangen war, zwei von den Wanderern so müde wurden, daß sie jeden Augenblick nahe daran waren, umzustürzen. Der dritte, der sich wohl noch halten konnte, wurde immer unruhiger, je näher die Nacht heranrückte. »Es ist doch ein Unglück,« dachte er, »daß wir in ein Land gekommen sind, wo die Seen und Sümpfe zugefroren sind, so daß der Fuchs überall hinkommen kann. An andern Stellen ist das Eis ja schon aufgetaut, aber jetzt find wir scheinbar oben in dem allerkältesten Smaaland, wohin der Frühling noch nicht gekommen ist. Ich weiß wirklich nicht, was ich tun soll, um einen guten Schlafplatz zu entdecken. Wenn ich keine Stelle finde, die gut beschützt ist, so haben wir Reineke Fuchs morgen hier.«
Er sah sich nach allen Seiten um, aber er sah keinen Ort, wo sie einkehren konnten. Und es war ein dunkler, naßkalter Abend mit Wind und Sprühregen. Mit jedem Augenblick, der verging, wurde es unheimlicher und scheußlicher um ihn her.
Es mag wunderlich erscheinen, aber die Reisenden hatten gar keine Lust, auf einem Gehöft um Unterkunft zu bitten. Sie waren schon an vielen Dörfern vorübergekommen, ohne an eine einzige Tür anzuklopfen. Nicht einmal mit den kleinen Hütten am Waldesrande, die arme Wanderer so gern antreffen mögen, wollten sie etwas zu schaffen haben.
Man könnte sich fast versucht fühlen, zu sagen, es schadete ihnen gar nicht, daß es ihnen so schlecht erging, wenn sie nicht um Hilfe bitten wollten, wo Hilfe zu erlangen war.
Aber schließlich, als es so dunkel geworden war, daß der helle Streif am Horizont fast verschwand, und die beiden, die des Schlafes bedurften, sich wie im Halbschlaf bewegten, kamen sie an einen Bauernhof, der ganz allein, weit entfernt von allen Nachbarn lag. Und nicht genug damit, daß er so einsam lag, er sah auch so aus, als sei er ganz unbewohnt. Kein Rauch stieg aus dem Schornstein auf, kein Licht drang durch die Fenster hinaus, kein Mensch war auf dem Hofplatz zu sehen. Als derjenige von den dreien, der sich noch halten konnte, das Haus sah, dachte er: »Jetzt muß es gehen, wie es will, wir müssen versuchen, hier auf dem Gehöft unter Dach zu kommen. Etwas Besseres finden wir gewiß nicht.«
Gleich darauf standen sie alle drei auf dem Hof. Die beiden fielen im selben Augenblick, als sie standen, in Schlaf, der dritte aber sah eifrig um sich, um zu entdecken, wo er unter Dach kommen konnte. Es war keineswegs ein kleines Gehöft. Außer Wohnhaus, Pferdestall und Kuhhaus waren da lange Seitenflügel mit Scheuern und Tennen und Vorratskammern und Geräteschuppen. Aber es sah alles schrecklich heruntergekommen und verfallen aus. Die Mauern waren grau und moosbewachsen und machten den Eindruck, als wenn sie einstürzen wollten. In dem Dach waren gaffende Löcher, und die Türen hingen schief auf zerbrochenen Hangen. Es war offenbar lange her, seit jemand dort auf dem Hofe dran gedacht hatte, auch nur einen Nagel in eine Wand zu schlagen.
Indessen hatte der, der wach war, ausfindig gemacht, welches von den Häusern der Kuhstall war. Er rüttelte seine Reisekameraden auf und führte sie an die Stalltür. Die war glücklicherweise nur mit einer Krampe geschlossen, die er mit einem Stock leicht in die Höhe heben konnte. Er atmete schon erleichtert auf bei dem Gedanken, daß sie bald in Sicherheit sein würden. Aber als die Stalltür mit einem lauten Kreischen aufsprang, hörte er eine Kuh brüllen. »Kommt meine Herrin endlich?« sagte die Kuh. »Ich glaubte nicht, daß ihr noch die Absicht hättet, mir heute abend Futter zu geben!«
Der Wache blieb erschreckt an der Tür stehen, als er merkte, daß der Kuhstall nicht leer war. Aber er sah bald, daß da nur eine einzige Kuh war und drei, vier Hühner, und da faßte er wieder Mut. »Wir sind drei arme Reisende, die gern über Nacht eine Unterkunft finden wollen, wo uns kein Fuchs überfallen und keine Menschen uns fangen können,« sagte er. »Wir möchten gern wissen, ob sich dieser Ort für uns eignen könnte.«– »Ich kann es mir nicht anders denken,« antwortete die Kuh. »Die Wände sind ja freilich schadhaft, aber noch kann der Fuchs nicht da hindurch, und hier wohnt niemand als eine alte Frau, die wahrhaftig keine Kräfte hat, um jemand gefangen zu nehmen. Aber wer seid ihr denn?« fuhr sie fort, indem sie sich in ihrem Stand umdrehte, um die Neuangekommenen zu sehen. – »Ich bin Niels Holgersen aus West-Bemmenhög; ich bin in einen Kobold verwandelt,« erwiderte der erste der Eintretenden. »Und ich habe eine zahme Gans bei mir, auf der ich zu reiten pflege, und eine Graugans.« – »So seltener Besuch ist noch nie über meine Schwelle gekommen,« sagte die Kuh, »und ihr sollt willkommen sein, wenn ich auch lieber gesehen hätte, daß es meine Herrin gewesen wäre, die käme, um mir mein Abendbrot zu geben.«
Der Junge half nun den Gänsen in den Kuhstall hinein, der ziemlich groß war und stellte sie in einen leeren Stand, wo sie augenblicklich einschliefen. Sich selbst machte er ein kleines Bett aus Stroh und hoffte, daß er bald ihrem Beispiel folgen würde.
Aber daraus wurde nun nichts, denn die arme Kuh, die ihr Abendbrot nicht bekommen hatte, konnte keinen Augenblick ruhig sein. Sie rüttelte an der Halskette, bewegte sich in dem Stand hin und her und klagte, daß sie so hungrig sei. Der Junge vermochte kein Auge zu schließen, er lag da und nahm in Gedanken alles durch, was ihm in den letzten Tagen begegnet war.
Er dachte an das Gänsemädchen Aase und an den kleinen Mads, denen er so unverhofft begegnet war, und er ward sich klar darüber, daß das kleine Haus, das er unversehens in Brand gesteckt hatte, ihr altes Heim in Smaaland sein müßte.
Er konnte sich ja auch entsinnen, daß sie ihm von genau so einem Hause und von der großen Heide rings umher erzählt hatten. Nun waren sie daher gewandert, um ihr Heim wiederzusehen, und als sie es erreicht hatten, stand es in hellen Flammen! Es war ja ein großer Kummer, den er ihnen bereitet hatte, und es tat ihm sehr leid. Wenn er jemals wieder ein Mensch wurde, mußte er versuchen, ihnen das Leid und den Schmerz zu vergüten.
Dann wanderten seine Gedanken zu den Krähen, und als er an Fumle-Drumle dachte, der ihm das Leben gerettet hatte und der so bald, nachdem er zum Häuptling gewählt war, den Tod erleiden mußte, wurde er so traurig, daß ihm Tränen in die Augen traten.
Die letzten Tage waren hart für ihn gewesen, aber ein großes Glück war es doch, daß der Gänserich und Daunenfein ihn aufgespürt hatten.
Der Gänserich erzählte, daß, sobald die wilden Gänse sein Verschwinden