Die Oberheudorfer in der Stadt. Siebe Josephine

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Название Die Oberheudorfer in der Stadt
Автор произведения Siebe Josephine
Жанр Книги для детей: прочее
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Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 4064066113551



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zu ihm, dann wandte er sich zu dem Wirt und klärte diesen über seinen Irrtum auf. Der sogenannte Direktor war der Schuldiener Mayer, den die übermütigen Jungen meist spottend »Herr Direktor« nannten. Sie taten es leider, weil sie wußten, daß der Schuldiener sich bitter darüber ärgerte. Der hatte nun wohl gedacht, Kaspar auf dem Berge wolle ihn auch necken, und war darum so bitterböse geworden.

      »Kurioses Volk, die Stadtleute!« murmelte Kaspar auf dem Berge. Er fuhr sich nachdenklich durch die Haare, und als er nun Friede so niedergeschlagen seine Sachen vom Wagen heben sah, sagte er gutmütig: »Mach dir nichts draus, Bube, daß sie dich Friede Pfennig genannt haben, du beißt dich schon durch, und beim Kohlbauern hast es ärger gehabt.«

      Für Friede, den der Spott tief gedemütigt hatte, war dies der rechte Trost. Beim Kohlbauern, zu dem man ihn als armes, verlassenes Waisenbüblein gebracht, hatte er Schläge genug bekommen und Hunger gelitten, nein wirklich, so schlimm würde es hier sicher nicht sein, und ganz getröstet sah er zu dem kleinen, blitzsauberen Organistenhaus hinauf. In ihm sollte er künftig seine Heimat haben.

      Er trug seine Sachen hinein, und drinnen kam ihm Fräulein Wunderlich, des Organisten Schwester, entgegen, eine rundliche, lebhafte kleine Dame. Sie empfing den neuen Hausgenossen aber nicht sonderlich freundlich.

      »Ah, da bist du ja!« rief sie. »Na meinetwegen, mir ist es recht, daß du bleibst, nur das sage ich dir, mit schmutzigen Schuhen darfst du mir nicht in die Zimmer gehen; Maikäfer, Frösche, Mäuse und solche Tiere darfst du nicht fangen und sie in meine gute Stube setzen oder in mein Bett legen. Und Feuer darfst du auch nicht anzünden, daß einem in der Nacht das Haus über dem Kopf zusammenbrennt. So was kann ich nicht leiden!«

      Friede wollte gerade bescheidentlich sagen, daß er alles dies gewiß nicht tun wolle, als die Dame eindringlich fortfuhr: »Mit den Leuten nebenan im großen Hause darfst du auch nicht sprechen, hörst du, sonst werde ich böse. So, und nun geh die Treppe hinauf! Rechts die erste Türe ist offen, das ist dein Zimmer, du kannst gleich deine Sachen auspacken.«

      Husch war die Dame schon über den Flur gelaufen, um draußen mit Kaspar auf dem Berge zu sprechen. Von ihm wollte sie durchaus Hühner kaufen, obgleich der Wirt versicherte, er hätte keine. »Na, das begreife ich nicht,« rief Fräulein Wunderlich, »wie man vom Dorfe sein und keine Hühner haben kann!«

      Kaspar ärgerte sich, er schwieg aber und dachte mitleidig: »Die Städter sind nun mal nicht recht gescheit, aber leid tut's mir um den Friede, er hätte lieber bei uns bleiben sollen.«

      Friede war unterdessen die Treppe hinaufgestiegen, hatte eine Türe offen gefunden und sich etwas erstaunt in dem Zimmer umgesehen. Komisch war das, denn es stand mehr als alles darin, übereinander, untereinander, Möbel, Kisten und Kasten, Einmachbüchsen, eine Waschwanne, alte Blumentöpfe, Bilder mit zerschlagenen Rahmen, und Platz war wahrlich nicht viel, nicht einmal für so einen schmalen Jungen, wie Friede einer war. Der Bube war an einfaches Hausen gewöhnt, immerhin hatte er sich sein Stadtkämmerlein doch anders vorgestellt, wenigstens so sauber und ordentlich, wie es im Häusel der Muhme Lenelies aussah.

      Kaspar auf dem Berge wollte auch sehen, wie der Junge untergebracht war. Er habe das der Muhme versprochen, erklärte er. So stapfte er hinter Friede die Treppe hinauf, während Herr Wunderlich selbst unten auf die Pferde achtgab.

      »Potzhundert!« rief der dicke Gastwirt oben erstaunt, »meiner Seel', ich hätt' nicht gedacht, daß man in der Stadt so kurios die Kammern einrichtet. Hm, hm, nä, wirklich, Friede, meine Frau würde das 'ne Rumpelkammer nennen.«

      »Muhme Lenelies auch,« sagte Friede kleinlaut, »aber da steht 'n Bett und – – –«

      »Junge, sag mir mal, was machst du denn in meiner Schrankstube?« rief plötzlich Fräulein Wunderlich von unten herauf, und dann erkletterte die rundliche Dame eilig die Treppe. »Aber Junge, Junge, doch auf der andern Seite!«

      »Rechts sollte ich – –,« stotterte Friede.

      »Rechts, ach so, ja, ja!« Die Dame brach in ein höchst vergnügtes Lachen aus: »Junge, merk dir das, rechts und links kann ich einmal nicht unterscheiden, und wenn ich rechts sage, meine ich fast immer links, und wenn ich links sage, dann meine ich rechts, das ist mal so!«

      »Ih, nä!« Der Wirt grinste: »So was, das habe ich meiner Lebtage nicht gehört, daß 'n Frauenzimmer so verdreht ist und links sagt und – – –«

      »Erlauben Sie mal,« rief Fräulein Wunderlich entrüstet, »ich bin kein Frauenzimmer! Auf dem Dorfe gibt es Frauenzimmer, in der Stadt gibt es Damen.« Dabei sah sie den dicken Kaspar so von oben herab an, daß dem himmelangst wurde. Er scharrte verlegen mit seinen Füßen auf dem blitzsauberen Fußboden, was Fräulein Wunderlichs erneuten Ärger erregte. Sie sagte aber nichts und öffnete nun links eine Türe zu einem so freundlich eingerichteten Stübchen, daß Friede einen hellen Freudenruf ausstieß. »Hier soll ich wohnen, hier?«

      »Freilich!« Das Fräulein lächelte nun freundlicher; sie strich sogar dem Buben die Wangen und sagte: »Mag's dir gut gehen bei uns in unserem Hause!«

      Kaspar auf dem Berge nickte wohlgefällig, so war's recht; das Stübchen gefiel ihm wohl, und zuletzt schied er mit dem Bewußtsein, dem Friede ginge es so gut, wie es einem in der Stadt gehen kann. So schön wie in Oberheudorf konnte es eben nirgends sein.

      Am Abend erzählte er daheim viel von seiner und Friedes Ankunft, von den Laubfröschen, dem falschen »Drektor« und dem verkehrten Frauenzimmer, und Muhme Lenelies, die in die himmelblaue Ente gekommen war, dachte voll heimlicher, sorgender Angst: »Wie wird es nur meinem Friede ergehen in der fremden, fremden Stadt!«

      Die Oberheudorfer Buben und Mädels redeten am nächsten Morgen mehr vom Traumfriede und der Stadt als von ihrer Schule und ihren Arbeiten. Die Buben besonders beneideten den Kameraden glühend. Es mußte doch wundervoll sein, eine froschgrüne Mütze zu tragen! Allein um dieser Mütze willen wären die meisten gleich bereit gewesen, auch auf das Gymnasium zu gehen. »Und so'ne feine Kammer hat er,« wisperten die Mädels, »der Wirt hat gesagt, seine Fremdenstube wäre nicht schöner. Ach ja, der Friede hat's gut!«

      »Vielleicht geh ich auch noch in die Stadt zur Schule,« sagte Heine Peterle daheim sehr wichtig zu Muhme Rese, »die grüne Mütze ist fein!«

      »Ja,« meinte Muhme Rese, »'ne Mütze tragen und lernen ist halt 'n Unterschied; wieviel Fehler haste heute gehabt?«

      Flugs war der Bube hinaus. Nach seinen Schularbeiten ließ er sich nicht gern fragen, denn darin sind die Erwachsenen komisch; sie schreien über ein paar Dutzend Fehler immer gleich, als wäre das eine ganz schlimme Sache! – – –

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