Dr. Daniel Staffel 2 – Arztroman. Marie Francoise

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Название Dr. Daniel Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740908058



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Sommer lächelte. »Das ist fein. Also komm, Robert, Margit wird sich auch freuen, dich zu sehen.«

      Doch Dr. Daniel zögerte. »Ich will euch nicht zur Last fallen.«

      »Unsinn«, wehrte Dr. Sommer forsch ab. »Du fällst uns nie zur Last.« Dann grinste er. »Willst du wissen, wie sich deine Tochter macht?«

      »Ich hoffe, gut.«

      »Ausgezeichnet!« betonte Dr. Sommer. »Robert, ich sage dir, das wird mal eine hervorragende Ärztin!«

      Dr. Daniel seufzte. »Hoffentlich sattelt sie nach sechs Semestern nicht wieder um.« Doch im Grunde war das momentan sein kleinstes Problem. Tief im Innern wußte nämlich auch er, daß Karina eine große Liebe zur Medizin hatte – nicht erst seit Wolfgang in ihr Leben getreten war.

      »Was ist denn los, Robert?« wollte Dr. Sommer jetzt wissen. »Du siehst ziemlich mitgenommen aus.«

      Dr. Daniel nickte. »Das bin ich auch. In den letzten Tagen war einiges los.« Er sah seinen Freund an. »In der CHEMCO hat es einen tödlichen Unfall gegeben.«

      Dr. Sommer erschrak.

      »Es war schrecklich«, erklärte Dr. Daniel. »Der Mann erlitt schwerste Verätzungen und Verbrennungen, und der Schock verlief tödlich.«

      Dr. Sommer runzelte die Stirn. »Er starb am Schock? Das ist doch nicht möglich!«

      »Leider doch. Der Krankenwagen aus dem Kreiskrankenhaus traf zu spät ein.« Dr. Daniel seufzte tief auf. »Und ein fünfzehnjähriges Mädchen ist jetzt Vollwaise. Der Tote war alleinerziehender Vater.«

      Dr. Sommer war zutiefst erschüttert. »Kommt das Kind… in ein Heim?«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht. Ich habe das Sorgerecht beantragt, weil ich Carmen praktisch von Geburt an kenne. Lieselotte Brück hat damals zu Hause entbunden, und ich war dabei. Zehn Jahre später kam sie bei einem Autounfall ums Leben. Und jetzt…« Er brachte den Satz nicht zu Ende.

      »Das ist ja fürchterlich«, murmelte Dr. Sommer bestürzt.

      Dr. Daniel atmete tief durch. »Wolfgang und ich sind nun auf die Barrikaden gegangen. Wir wollen durchsetzen, daß in Steinhausen endlich eine Klinik gebaut wird, damit solche Unfälle in Zukunft nicht tödlich verlaufen müssen.« Er zuckte die Schultern. »Im Augenblick beißen wir aber noch auf Granit, weil wir die Finanzierung nicht sichern können. Und die Gemeinde ist anscheinend nicht bereit, uns entgegenzukommen.«

      »Diese lächerliche Bürokratie!« brauste Dr. Sommer auf, dann nahm er Dr. Daniel beim Arm. »Wenn du Hilfe brauchst… du kannst jederzeit zu mir kommen. Notfalls könnte ich schon etwas Geld lockermachen.«

      »Das ist lieb von dir, Schorsch«, meinte Dr. Daniel gerührt. Auf seinen Freund hatte er sich ja schon immer verlassen können. »Deswegen habe ich dir das allerdings nicht erzählt.«

      »Weiß ich«, erwiderte Dr. Sommer, dann sah er den Freund forschend an. »Aber mir scheint, das war noch nicht alles.«

      Dr. Daniel seufzte. »Nein. Der Kollege Gerber hat wieder mal zugeschlagen. Er hat eine seiner gewagten Krebsprognosen gestellt – und wie jedes Mal so, daß man ihm nichts anhaben kann.«

      »Irrtum«, erklärte Dr. Sommer lächelnd. »Dr. Gerber wurde letzten Freitag die Approbation entzogen.«

      Fassungslos starrte Dr. Daniel ihn an. »Wie bitte? Aber… dann muß ja ein Verfahren gegen ihn gelaufen sein.«

      Dr. Sommer nickte. »So ist es. Der gute Gerber hat einer Frau gesagt, sie wäre unheilbar an Brustkrebs erkrankt, woraufhin diese Selbstmord begangen und seine Worte in einem Abschiedsbrief festgehalten hat. Die Obduktion hat dann ergeben, daß die Frau nur an harmlosen Kalkablagerungen litt. Gerber ist von seiner Diagnose aber so überzeugt gewesen, daß er sie sogar im Krankenblatt seiner Patientin notiert hatte. Im Laufe des Verfahrens kamen dann noch einige Dinge heraus, die an seine Fähigkeiten als Arzt zweifeln ließen.«

      »Woher weißt du denn das alles so genau?« fragte Dr. Daniel erstaunt.

      Da hob Dr. Sommer abwehrend beide Hände. »Von mir hast du nichts erfahren!«

      Dr. Daniel lächelte. »Ich verstehe schon. Und wichtig ist ja nur, daß dieser Kurpfuscher keinen Schaden mehr anrichten kann.«

      *

      Seit dem Unfall in der CHEMCO war Rainer Bergmann nur noch ein Schatten seiner selbst. Er aß kaum und konnte nachts nicht mehr schlafen. Seine Frau Anke machte sich entsetzliche Sorgen um ihn, stand der ganzen Angelegenheit aber schrecklich hilflos gegenüber, denn Rainer weigerte sich, auch nur ein Wort darüber zu sprechen.

      Schließlich hielt Anke es nicht mehr aus. Sie packte die kleine Claudia in den Kinderwagen und fuhr mit ihr zur Praxis von Dr. Daniel.

      »Frau Bergmann, das ist aber schön, daß Sie mich mal besuchen«, erklärte Dr. Daniel lächelnd. Dann betrachtete er das Baby, das ihm aus dem Kinderwagen heraus ein zahnloses Lächeln schenkte. »Mir scheint, die kleine Claudia gedeiht prächtig.«

      Anke nickte zerstreut. »Ja, sie ist ein richter Goldschatz, aber… Herr Doktor, deswegen bin ich nicht hier. Es geht um Rainer.« Sie senkte den Kopf. »Ich weiß natürlich, daß Sie ihm als Arzt nicht helfen können, aber Sie kennen ihn doch schon so lange und…«

      Fürsorglich begleitete Dr. Daniel die junge Frau in sein Sprechzimmer.

      »Jetzt setzen Sie sich erst mal«, bot er an, dann nahm auch er Platz. »Was ist denn mit Rainer?«

      »So genau weiß ich das nicht«, gestand Anke, »aber ich glaube, er gibt sich die Schuld am Tod von Gerold Brück.«

      Nachdenklich rieb sich Dr. Daniel das Kinn. »Ich fürchte, daran ist Wolfgang nicht ganz unschuldig. Er muß Rainer unmittelbar nach dem Unglück schwere Vorwürfe gemacht haben, die mit Sicherheit unberechtigt waren.«

      Anke schüttelte den Kopf. »Wolfgang ist sein Freund, und egal was er vorher gesagt hat – als er Rainer an dem Tag nach Hause brachte, war er sehr besorgt um ihn. Aber Rainer ist in den letzten Wochen immer depressiver geworden. Er ißt kaum noch, und ich merke, daß er nachts nicht schlafen kann. Und vor allen Dingen – er spricht nicht mit mir. Er versucht, mit dieser ganzen Geschichte allein fertig zu werden, und ich spüre, daß er das nicht schafft. Rainer ist nicht wie sein Vater. Der Tod dieses Mannes bringt ihn noch um.«

      Dr. Daniel nickte. »Ich werde mit ihm sprechen. Und ich werde auch Wolfgang mitbringen. Gemeinsam gelingt es uns vielleicht, Rainer davon zu überzeugen, daß ihn an Gerold Brücks Tod keine Schuld trifft.«

      *

      Voller Freude sah Cornelia Schalk ihrer Entlassung aus der Thiersch-Klinik entgegen. Die Operation war gut verlaufen, und Professor Thiersch hatte ihr versichern können, daß der Eingriff keinen Einfluß auf ihre Fruchtbarkeit haben würde. Sie sollte sich in den ersten Wochen zwar noch schonen und nach Möglichkeit auch nicht gleich eine Schwangerschaft provozieren, aber sie würde nicht ihr Leben lang auf Kinder verzichten müssen.

      Und dann war es endlich soweit! Cornelia hatte die abschließende Untersuchung durch Professor Thiersch hinter sich und ihre Entlassungspapiere in der Hand. Rasch packte sie ihre Sachen zusammen, doch in ihrem Zimmer hielt es sie nicht mehr länger. Sie trat auf den Flur, um dort auf ihren Mann zu warten.

      Es dauerte auch nicht lange, bis er aus dem Lift stieg und mit einem zärtlichen Lächeln auf sie zukam. Liebevoll nahm er sie in die Arme.

      »So, mein Liebling, jetzt aber nichts wie nach Hause«, meinte er. »Ich kann es gar nicht erwarten, dich endlich wieder bei mir zu haben. Die Wohnung war wie ausgestorben ohne dich.«

      Erstaunt sah Cornelia ihn an. »Davon hast du nie etwas gesagt. Eine Weile dachte ich sogar, du kämst ohne mich fast noch besser zurecht.« Wie sehr dieser Gedanke sie geschmerzt hatte, verschwieg sie ihm.

      Da küßte Günter sie voller Zärtlichkeit. »Ich konnte dir das doch nicht sagen, sonst wäre dir der Aufenthalt hier in der Klinik noch schwerer gefallen.