Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen (Illustrierte Ausgabe). Hans Christian Andersen

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Название Die schönsten Märchen von Hans Christian Andersen (Illustrierte Ausgabe)
Автор произведения Hans Christian Andersen
Жанр Книги для детей: прочее
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Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9788027208142



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kalte graue Bleidecke uns zur Erde drückt, zur kalten, nassen Erde, die einst auch unsern Sarg drücken wird.

      In des Großherzogs Schloßgarten, unter einem Piniendach, wo tausend Rosen zur Winterszeit blühen, hatte ein kleiner zerlumpter Knabe den ganzen Tag gesessen, ein Knabe, der ein Bild Italiens abgeben konnte, hübsch, lächelnd und dabei doch leidend. Es hungerte und durstete ihn, aber Niemand reichte ihm eine Gabe, und als es dunkelte und der Garten geschlossen werden sollte, jagte der Pförtner ihn hinaus. Lange stand er träumend auf der Brücke, die über den Arno führt, und blickte die Sterne an, die im Wasser zwischen ihm und der prächtigen Marmorbrücke della Trinità erglänzten.

      Er schlug den Weg zum Metallschweine ein, kniete halb nieder, schlang seine Arme um dasselbe, legte seinen Mund an dessen glänzenden Rüssel und trank das frische Wasser in großen Zügen. Dicht daneben lagen einige Salatblätter und ein Paar Kastanien; sie wurden seine Abendmahlzeit. Kein Mensch außer ihm war auf der Straße; sie gehörte ihm allein, und getrost setzte er sich auf des Metallschweins Rücken, bog sich vorn über, so daß sein lockiges Haupt auf dem des Thieres ruhte, und ehe er sich dessen bewußt war, umfing ihn der Schlaf.

      Es war Mitternacht, das Metallschwein regte sich, er hörte es deutlich sagen: »Du kleiner Knabe halte dich fest, denn nun laufe ich,« und fort lief es mit ihm; es war ein wunderbarer Ritt. – Zuerst gelangten sie auf die Piazza del granduca, und das metallene Pferd, welches des Herzogs Statue trägt, wieherte laut auf, die bunten Wappen auf dem alten Rathhause erschienen wie transparente Bilder, und Michael Angelo's David schwang seine Schleuder; es regte sich ein seltsames Leben! Die Metallgruppen, welche Perseus und den Raub der Sabinerinnen darstellen, standen da, als seien sie lebendig; ein Schrei der Todesangst entströmte ihnen und scholl über den prachtvollen Platz dahin.

      Beim Palazzo degli Uffizi im Bogengänge, wo der Adel sich zur Carnevalsfreude versammelt, hielt das Metallschwein an.

      »Halte Dich fest,« sagte das Thier, »halte Dich fest, denn nun geht es die Treppe hinan!« Der Kleine sagte noch kein Wort, halb zitterte er, halb war er glücklich.

      Sie betraten eine lange Galerie, er war schon früher hier gewesen; die Wände prangten mit Malereien: hier standen Statuen und Büsten, alles im schönsten Lichte, als sei es heller Tag; aber am prächtigsten war es, als die Thüre eines der Seitengemächer sich öffnete; ja der Herrlichkeit dort erinnerte sich der Kleine; doch in dieser Nacht war Alles in seinem höchsten Glänze.

      Hier stand ein nacktes, schönes Weib, so schön, wie nur Natur und des Marmors größter Meister es formen konnten; es bewegte die schönen Glieder, Delphine sprangen zu seinen Füßen, Unsterblichkeit leuchtete aus seinen Augen. Die Welt nennt es die mediceische Venus. An ihren Seiten prangen Marmorbilder, bei welchen des Geistes Leben den Stein durchdrungen hat; es sind nackte, schöne Männer, der eine wetzte das Schwert, der Schleifer wurde er genannt; die ringenden Gladiatoren bildeten eine andere Gruppe; das Schwert wurde gewetzt, es wurde gekämpft für die Göttin der Schönheit.

      Der Knabe war von diesem Glänze wie geblendet; die Wände strahlten von Farben, Alles war dort Leben und Bewegung. Das Bild der Venus zeigte sich verdoppelt, die irdische Venus so hingebend, so feurig, wie Titian sie an sein Herz gedrückt. Es war wunderbar zu schauen. Sie waren zwei schöne Weiber; ihre herrlichen, unverhüllten Glieder streckten sich auf den weichen Polstern, ihre Brüste hoben und ihre Köpfe bewegten sich, so daß die reichen Locken auf die runden Schultern herabfielen, während die dunkeln Augen des Blutes glühende Gedanken aussprachen; aber keins der Bilder wagte doch ganz aus dem Rahmen herauszutreten. Die Schönheitsgöttin selbst, die Gladiatoren und der Schleifer blieben an ihrem Platze, denn die Glorie, welche von Madonna, Jesus und Johannes ausstrahlte, bannte sie. Die heiligen Bilder waren keine Bilder mehr, sie waren die Heiligen selbst.

      Welcher Glanz und welche Schönheit von Saal zu Saal! Der Kleine sah sie alle; das Metallschwein ging ja Schritt vor Schritt durch all' diese Pracht und Herrlichkeit. Ein Anblick verdrängte den andern; nur ein Bild prägte sich tief in seine Seele ein, und das besonders durch die frohen, glücklichen Kinder, welche es zeigte, – der Kleine hatte sie einst im Tageslichte begrüßt.

      Viele gehen gewiß achtlos an dem Bilde vorüber, und doch umschließt es einen Schatz von Poesie, es ist Christus, der hinabsteigt in die Unterwelt; aber es sind nicht die Verdammten, welche man um ihn her sieht, nein, es sind Heiden. Der Florentiner Angiolo Bronzino hat dieses Bild gemalt! Am herrlichsten ist der Gesichtsausdruck der Kinder, das volle Vertrauen, daß sie in den Himmel kommen werden; zwei Kleine umarmen sich schon, ein Kleiner streckt die Hand nach einem andern, tiefer stehenden aus und zeigt auf sich, als sage er: »Ich werde in den Himmel kommen!« Die älteren stehen ungewiß, hoffend, oder beugen sich demüthig anbetend vor dem Herrn Jesus. Länger als auf einem der andern weilte des Knaben Blick auf diesem, das Metallschwein stand davor still; ein leiser Seufzer wurde gehört; kam er vom Bilde oder aus des Thieres Brust? Der Knabe erhob seine Hände zu den lächelnden Kindern; – da lief das Thier mit ihm fort, fort durch den offenen Vorsaal. »Dank und Segen Dir, Du herrliches Thier!« sagte der kleine Knabe und liebkoste das Metallschwein, welches die Treppen mit ihm hinabsprang.

      »Dank und Segen Dir selbst!« sagte das Metallschwein. »Ich habe Dir, und Du hast mir geholfen, denn nur mit einem unschuldigen Kinde auf dem Rücken erhalte ich die Kraft zum Laufen! Ja, siehst Du, ich darf sogar unter die Strahlen der Lampe vor das Madonnenbild treten, nur nicht in die Kirche! Aber von außen, wenn Du bei mir bist, kann ich durch die offene Thür hineinsehen. Steige nicht von meinem Rücken herunter; thust Du es, dann liege ich todt, wie Du mich am Tage siehst, in der porta rosa!«

      »Ich bleibe bei Dir, mein theures Thier!« sagte der Kleine, und so ging es in sausender Eile durch die Straßen von Florenz, hinaus auf den Platz vor der Kirche Santa Croce.

      Die Flügelthüre sprang auf, Lichter strahlten von dem Altare durch die Kirche hinauf auf den einsamen Platz.

      Ein wunderbarer Lichtglanz entströmte dem einen Grabmonumente in dem linken Seitengange, tausend bewegliche Sterne bilden gleichsam eine Glorie um dasselbe. Ein Wappenzeichen prangt auf dem Grabe, eine rothe Leiter im blauen Grunde, die wie Feuer zu glühen scheint, es war Galilei's Grab. Das Monument ist einfach, aber die rothe Leiter in dem Grunde ist ein bedeutungsvolles Zeichen, es ist, als sei es das der Kunst, denn hier führt der Weg immer eine glühende Leiter hinan, aber zum Himmel. Alle Propheten des Geistes eilen zum Himmel, wie der Prophet Elias.

      Rechts im Gange der Kirche schien jede Bildsäule auf den reichen Sarkophagen Leben erhalten zu haben. Hier stand Michael Angelo, dort Dante mit dem Lorberkranze um die Schläfen, Alfieri, Macchiavelli, Seite an Seite ruhen hier die großen Männer, Italiens Stolz. Es ist eine prächtige Kirche, weit schöner, wenngleich nicht so groß, als der Marmordom zu Florenz.

      Er war, als regten sich die marmornen Gewänder, als erhöben die großen Gestalten ihre Häupter höher und schauten, unter Gesang und Tönen, hinauf zu dem bunten, strahlenden Altar, wo weißgekleidete Knaben goldene Rauchfässer schwingen; der starke Duft strömte aus der Kirche auf den freien Platz.

      Der Knabe streckte seine Hand nach dem Lichtglanz aus, und im Nu eilte das Metallschwein fort; er mußte sich fest anklammern, der Wind sauste ihm um die Ohren, er hörte die Kirchthüre in den Angeln kreischen, indem sie sich schloß, aber in dem Augenblicke schien ihn das Bewußtsein zu verlassen, er fühlte eine eisige Kälte – und schlug die Augen auf.

      Es war Morgen, er saß, halb hinabgeglitten vom Metallschweine, welches da stand, wo es immer in der Straße porta rosa zu stehen pflegte, noch auf dem Rücken desselben.

      Furcht und Angst erfüllte den Knaben bei dem Gedanken an die, welche er Mutter nannte, und die ihn gestern ausgesandt hatte, um Geld herbeizuschaffen; er hatte nichts, ihn hungerte und dürstete. Noch einmal umfaßte er des Metallschweins Hals, küßte es auf den Rüssel, nickte ihm zu, wanderte dann fort in eine der engsten Gassen, kaum breit genug für einen bepackten Esel. Eine große eisenbeschlagene Thür war halb angelehnt, hier stieg er eine gemauerte Treppe mit schmutzigen Wänden und einem Seile, das als Geländer diente, hinan, und gelangte in eine offene Galerie, mit Lumpen behängt; von hier führte eine Treppe in den Hof hinab, wo vom Brunnen große Eisendräthe nach allen