Butler Parker 113 – Kriminalroman. Günter Dönges

Читать онлайн.
Название Butler Parker 113 – Kriminalroman
Автор произведения Günter Dönges
Жанр Языкознание
Серия Butler Parker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740919399



Скачать книгу

Butler in seiner gewohnt knappen Art. »Mylady bemerken leider sofort, wenn man ihr etwas ausreden möchte.«

      »Könnte man es nicht anders versuchen, Mr. Parker?« schlug Kathy Porter vor. »Sollte man ihr vielleicht Zureden? Vielleicht verliert sie dann ihr Interesse am Guru?«

      »Ein durchaus bemerkenswerter Vorschlag«, räumte der Butler steif und gemessen ein. »So könnte man Mylady möglicherweise beikommen, Miß Porter.«

      »Es gibt noch eine andere Möglichkeit«, erklärte Kathy und lächelte.

      »Daran habe auch ich bereits gedacht, Miß Porter.«

      »Sie wissen, was ich vorschlagen will?«

      »Man müßte diesem ›Erleuchteten‹ nachweisen, daß er das ist, was die Behörden einen Schwindler nennen.«

      »Richtig«, gab Kathy zurück, »ich würde mich zu gern mal in seinem Haus umsehen.«

      »Sie denken hoffentlich an einen ungesetzlichen Besuch, Miß Porter?«

      »Natürlich«, erwiderte sie lächelnd. »Könnten Sie mir dabei etwas Rückendeckung geben, Mr. Parker?«

      »Ich fürchte, Miß Porter«, sagte Parker, »daß es mir sogar ein Vergnügen sein wird.«

      *

      »Hatten Mylady einen vergnüglichen und erholsamen Abend?« erkundigte sich Butler Parker. Er war der älteren Dame entgegengegangen. Sie kam gerade aus dem großen, villenartigen Backsteinbau, der inmitten eines gepflegten Gartens stand. Das Haus befand sich im Westen von London, genauer gesagt in Wimbledon. Parker sah Lady Agatha prüfend an und registrierte in ihren Augen einen äußerst milden Schein. Und genau das verwirrte den Butler noch mehr. Eine kriegerische Lady war ihm bedeutend lieber.

      »Habe ich bisher eigentlich gelebt?« fragte Lady Simpson und schaute ihren Butler verklärt an.

      »Diese Frage möchte ich entschieden bejahen«, antwortete der Butler. »Mylady haben Zweifel?«

      »Ich meine doch nicht dieses banale, biologische Leben«, schwärmte die Detektivin weiter und sah ihren Butler für den Bruchteil einer Sekunde strafend an, um dann allerdings sofort wieder auf Milde umzuschalten. »Ich denke an das Leben an sich.«

      »Aha«, erwiderte der Butler verblüfft.

      »Ich meine ein Leben in seiner geistigen Dimension«, verkündete Lady Agatha nachdrücklich. »Ich denke an ein Leben auf überhöhter Ebene.«

      »Ganz meiner Meinung«, sagte der Butler in seiner höflichen Art und öffnete den hinteren Wagenschlag. »Mylady haben diese höhere Ebene verheißen bekommen?«

      »Der Erleuchtete weiß um die Geheimnisse des Überich«, erwiderte die ältere Dame. »Wir alle sind mehr als wir scheinen und sind.«

      »Sehr wohl, Mylady.«

      »Sie verstehen mal wieder kein Wort, nicht wahr?« Ein wenig Grimmigkeit lag in der Stimme der Sechzigjährigen. Dieser vertraute Ton ließ den Butler freudig aufhorchen.

      »Mylady dürfen davon überzeugt sein, daß auch meine bescheidene Wenigkeit sich nach Erleuchtung sehnte«, gab der Butler zurück und setzte sich ans Steuer. »Hätten Mylady vielleicht die Güte, sich ausführlicher über den Guru zu äußern?«

      »Dieser Mann ist die Erlösung aus den Niederungen des Alltags«, stellte Lady Simpson nachdenklich fest. »Er zeigt den Weg zur Läuterung und Erkenntnis.«

      »Ein bemerkenswerter Mann, wenn ich es so ausdrücken darf.«

      »Ich werde mein Leben radikal umstellen«, verkündete die ältere Dame. Sie sah zu Kathy Porter hinüber, die in der anderen Ecke des Fonds saß.

      »Wie soll dieses Leben aussehen, Mylady?« erkundigte Kathy sich sachlich.

      »Askese und Versenkung, Kindchen.«

      »Askese, Mylady?« Kathy wußte nicht, worauf Lady Simpson anspielte.

      »Ein Leben in Bescheidenheit und Bedürftigkeit.«

      »Wird das nicht ein wenig kompliziert werden, Mylady?« tippte Kathy vorsichtig an. Sie wußte wie Parker, daß Lady Simpson eine mehr als vermögende Frau war. Agatha Simpson gehörte, wie es in den Gesellschaftsblättern nur zu gern hieß, zum Blut- und Geldadel der Insel. Sie konnte sich jeden erdenklichen Luxus leisten, was sie normalerweise allerdings kaum tat. Ihr einziger Luxus war im Grund ihre Tätigkeit als Amateurdetektivin, wozu auch ausgedehnte Reisen gehörten. Darüber hinaus finanzierte sie über eine anonyme Stiftung die Ausbildung und das Studium begabter junger Menschen. Wenn man sie darauf ansprach, reagierte sie unwirsch. Sie wollte nichts davon wissen und bildete sich schon gar nicht darauf etwas ein. Mylady, seit vielen Jahren schon Witwe, war ein skurriler Mensch, zu dem ein Leben in Askese eigentlich überhaupt nicht paßte.

      »Ich werde mein Leben ändern«, versprach die ältere Dame nachdrücklich. »Hinweg mit allem Tand! Nur Besitzlosigkeit macht wirklich reich. Kind, wenn Sie wüßten, wie glücklich ich bin. Wahrscheinlich werde ich alles aufgeben und nach Indien ziehen. Im ›Zentrum der Versenkung‹ wartet auf mich eine bescheidene Klosterzelle.«

      Parker, der aufmerksam zugehört hatte, bekam nun doch einen mittelschweren Schock. Nur durch äußerste Konzentration konnte er gerade noch verhindern, einige am Straßenrand parkende Wagen zu rammen.

      *

      Josuah Parker war fassungslos.

      Er blieb an der Tür zu Lady Simpsons Räumen stehen, die sich im oberen Stockwerk des altehrwürdigen Hauses befanden. Dieses Haus stand im Stadtteil Shepherd’s Market und zeigte noch altes englisches Fachwerk. Es gehörte zu einer Reihe ähnlicher Häuser, die einen kleinen, fast verträumt zu nennenden Platz umstanden. Diese Häuser waren ebenfalls Eigentum von Lady Simpson, die sie an gute Freunde vermietet hatte. Die beiden Fachwerkbauten links und rechts von dem großen Haus, in dem Parkers Herrin residierte, waren nur scheinbar vermietet. In Wirklichkeit gehörten sie zum Wohnkomplex der Lady und standen mit dem Haupthaus auf raffinierte Art und Weise in Verbindung.

      Die Fassungslosigkeit des Butlers hatte damit aber nichts zu tun. Sie hatte einen völlig anderen Grund. Agatha Simpson hatte ihre Räume radikal leeren lassen. Bis auf ein schmales Bett, das ein wenig verloren in ihrem ehemaligen Schlafzimmer stand, gab es kein Stück Möbel mehr.

      Während Parker fassungslos war, machte Lady Simpson einen sehr zufriedenen Eindruck. Sie schritt auf ihren stämmigen Beinen durch die drei leeren Räume und nickte immer wieder nachdrücklich. Dann trat sie ans Fenster und sah hinunter auf den kleinen Platz. Die drei Möbelpacker, die die Zimmer geräumt hatten, fuhren gerade mit dem Mobiliar ab.

      »Mylady sind sicher, daß diese Schlafstätte den Anforderungen genügen wird?« erkundigte sich der Butler und deutete auf das spartanisch einfache Bett.

      »Askese, Mr. Parker«, gab Lady Simpson zurück, »der Körper ist eine leere, unbedeutende Hülle. Was zählt, ist der Geist!«

      »Wie Mylady meinen. Wenn es gestattet ist, möchte ich mich zurückziehen. Haben Mylady noch besondere Wünsche?«

      »Nein, natürlich nicht, Mr. Parker.« Agatha Simpson schüttelte abwesend den Kopf.

      »Wann darf ich das Abendessen servieren, Mylady?«

      »Überhaupt nicht«, entschied die Detektivin. »Bringen Sie mir einen Krug Wasser und ein paar Datteln!«

      »Mylady?« Parker glaubte an eine Sinnestäuschung.

      »Wasser und Datteln«, wiederholte Lady Agatha, »Sie haben schon richtig gehört. Ab sofort werde ich auf die Gifte dieser Zivilisation verzichten, und Sie sollten es ebenfalls tun.«

      »Vielleicht später, Mylady.«

      »Ich werde nur noch vegetarisch leben«, versprach die ältere Dame. »Ich werde mich schon hier dem neuen und besseren Leben, verschreiben.«

      »Wann, wenn man fragen darf, werden Mylady die Fahrt nach Indien antreten?«

      »Das