Warum Gott?. Timothy Keller

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Название Warum Gott?
Автор произведения Timothy Keller
Жанр Религиозные тексты
Серия
Издательство Религиозные тексты
Год выпуска 0
isbn 9783765570377



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eine universale Wahrheit, die alle Menschen akzeptieren. Wenn Sie in den Nahen Osten gehen und dort sagen: „Es kann nicht bloß eine wahre Religion geben“, würde fast jeder Ihnen antworten: „Warum nicht?“ Der Grund dafür, dass Sie den Glauben A (den der Christen) anzweifeln, ist schlicht, dass Sie von einem anderen Glauben B ausgehen, der sich ebenfalls nicht beweisen lässt. Jeder Zweifel gründet auf einem „Sprung in den Glauben“10.

      Die einzig faire Art, den christlichen Glauben anzuzweifeln, besteht darin, den alternativen Glauben zu erkennen, der jedem Zweifel zugrunde liegt, und sich zu fragen, was für Gründe man für diesen Glauben hat.

      Manche Menschen sagen: „Ich glaube nicht an das Christentum, weil ich nicht die Existenz von absoluten moralischen Werten akzeptieren kann. Jeder sollte über seine Moral selbst bestimmen.“ Ist dies eine Aussage, die man jemandem, der sie nicht teilt, beweisen kann? Nein, sondern sie ist ein Sprung in den Glauben, ein tiefer Glaube, dass es Individualrechte nicht nur in der Politik, sondern auch in der Ethik gibt. Es gibt keinen empirischen Beweis für diese Position; der Zweifel daran, dass es absolute moralische Werte gibt, ist ein Glaube.

      Vielleicht antworten Sie jetzt: „Meine Zweifel gründen nicht in einem Glaubenssprung! Ich glaube überhaupt nichts über Gott, weder so noch so. Ich habe keinen Bedarf an Gott und habe kein Interesse daran, über ihn nachzudenken!“ Aber unter diesem Denken verborgen liegt der sehr moderne Glaube vieler Zeitgenossen, dass mir die Existenz Gottes egal sein kann, solange sie nicht meine emotionalen Bedürfnisse berührt. Das setzt voraus, dass es keinen Gott gibt, der jemand, der ihn nicht braucht, für das, was er glaubt und tut, zur Verantwortung ziehen wird. Dies mag stimmen oder nicht, aber in jedem Fall ist es ein Sprung in den Glauben.11

      Die einzig richtige und faire Art, den christlichen Glauben anzuzweifeln, besteht darin, den alternativen Glauben zu erkennen, der jedem Zweifel zugrunde liegt, und sich zu fragen, was für Gründe man für diesen Glauben hat. Woher weiß ich denn, dass mein Glaube wahr ist? Es wäre inkonsequent, bei der Prüfung des christlichen Glaubens die Messlatte höher zu hängen als bei seinem eigenen Glauben, aber genau das passiert sehr häufig. Wir müssen lernen, unsere eigenen Zweifel anzuzweifeln. Meine These ist, dass jemand, der erkennt, was für Glaubenspositionen seinen Zweifeln am Christentum zugrunde liegen, und der dafür genauso viele Beweise verlangt wie für die Positionen des Christentums, erkennen wird, dass seine Zweifel durchaus nicht so unerschütterlich sind, wie es ihm zunächst erschien.

      Ich möchte meinen Lesern zwei Denkübungen empfehlen. Die Skeptiker möchte ich bitten, sich dem „blinden Glauben“, auf dem ihr Zweifel aufbaut, zu stellen und zu erkennen, wie schwierig es ist, diesen Glauben jemandem, der ihn nicht teilt, plausibel zu machen. Und den Gläubigen möchte ich Mut machen, sich ernsthaft mit den persönlichen und kulturellen Einwänden gegen den Glauben auseinanderzusetzen, die es in ihrer Umgebung gibt. Am Ende dieser beiden Prozesse werden Sie vielleicht immer noch der alte Skeptiker oder Gläubige sein, aber Sie werden Ihre Position mit mehr Deutlichkeit und mehr Demut vertreten und so zu einem Verständnis, Einfühlungsvermögen und Respekt gegenüber der anderen Seite kommen, wie Sie sie bisher nicht hatten. So werden aus Feinden, die sich nur wüst beschimpft haben, Gesprächspartner, die begründet verschiedener Meinung sein können. Das geht dann, wenn jede der Parteien gelernt hat, die Position der anderen in ihrer stärksten und positivsten Form darzustellen. Erst dann verfügt sie über die nötige Gelassenheit und Fairness, sie zu kritisieren. So entsteht eine Atmosphäre der Höflichkeit in einer pluralistischen Gesellschaft, was kein kleiner Erfolg ist.

      Ein dritter Weg?

      Der Rest dieses Buches ist der Extrakt aus den zahlreichen Gesprächen, die ich im Laufe der Jahre mit Zweiflern geführt habe. In meinen Predigten wie im persönlichen Umgang habe ich versucht, Skeptikern behutsam zu helfen, sich ihre eigenen Glaubenspositionen anzuschauen, und gleichzeitig meinen Glauben ihrer harten Kritik ausgesetzt. Im ersten Teil dieses Buches werden wir uns die sieben größten Einwände gegen das Christentum anschauen, die ich im Laufe der Jahre von den Menschen gehört habe. Und wir werden uns die Glaubenspositionen anschauen, die diesen Einwänden zugrunde liegen. Im zweiten Teil wollen wir uns dann den Gründen zuwenden, die hinter den Glaubensaussagen des Christentums stehen.

      Der respektvolle Dialog zwischen traditionellen Konservativen und säkularen Liberalen ist ein hohes Gut, und ich hoffe, dieses Buch wird ihn fördern. Aber meine Erfahrungen als Pastor in New York lassen mich dieses Buch noch aus einem anderen Grund schreiben: Als ich in New York ankam, merkte ich bald, dass die Situation bezogen auf Glaube und Zweifel in der Stadt nicht dem entsprach, was die Experten annahmen. Die älteren weißen Bürger, die die Kulturszene der Stadt bestimmten, waren eindeutig säkular geprägt. Aber unter den zunehmend multiethnischen jüngeren Akademikern und den Immigranten aus der Arbeiterschicht gab es eine reiche, in keine Schubladen passende Vielfalt starken religiösen Glaubens, und das Christentum wuchs hier sehr schnell.

      Ich glaube, dass diese jungen Christen die Vorhut einer neuen religiösen, sozialen und politischen Struktur in Amerika sind, die die alte Version der Kulturkämpfe bald zum Auslaufmodell machen könnte. Nachdem sie mit Zweifeln und Einwänden gegen das Christentum gekämpft haben, kommen viele von ihnen auf der anderen Seite mit einem fest gegründeten, „orthodoxen“ Glauben heraus, der aber quer zu den gegenwärtigen politischen Kategorien (hier die „liberalen“ Demokraten, dort die „konservativen“ Republikaner) liegt. Viele erkennen, dass in dem „Kampf der Kulturen“ ja beide Seiten die individuelle Freiheit und das persönliche Glück höher stellen als Gott oder das Gemeinwohl. Der Individualismus der Liberalen verrät sich in ihren Positionen zu Abtreibung, Sex und der Ehe, der der Konservativen in ihrem tiefen Misstrauen gegenüber der öffentlichen Hand und ihrer Sicht von Armut als selbst verschuldet. Das neue, rasant wachsende multiethnisch-„orthodoxe“ Christentum in den amerikanischen Großstädten engagiert sich viel mehr für die Armen und die soziale Gerechtigkeit, als die Republikaner es je getan haben, und viel mehr für die klassische christliche Moral und Sexualethik, als die Demokraten es je getan haben. Während die erste Hälfte dieses Buches den Weg beschreibt, den viele dieser Christen durch den Dschungel des Zweifels gegangen sind, ist die zweite Hälfte eine mehr positive Darstellung des Glaubens, den sie in ihrem Alltag ausleben. Als Einstieg möchte ich Ihnen drei Glieder unserer Gemeinde vorstellen:

      June hatte an einer Elite-Universität studiert und wohnte und arbeitete jetzt in Manhattan. Die Gedanken über ihre Figur ergriffen so stark Besitz von ihr, dass sie Essstörungen bekam und medikamentensüchtig wurde. Sie erkannte, dass sie dabei war, sich zugrunde zu richten, aber auch, dass sie eigentlich keinen Grund hatte, das zu stoppen. Was hatte ihr Leben denn schon für einen Sinn? Sie begann, in unsere Gemeinde zu gehen und Gottes Gnade und die Erfahrung seiner Gegenwart zu suchen. Ein Seelsorger half ihr, die Verbindung zwischen der Gnade Gottes und ihrem scheinbar unstillbaren Bedürfnis nach Anerkennung herzustellen. Sie wagte es schließlich und suchte eine Begegnung mit Gott selber. Sie kann nicht Tag und Uhrzeit nennen, aber zum ersten Mal in ihrem Leben erlebte sie sich „bedingungslos geliebt als eine echte Tochter Gottes“. Nach und nach wurde sie frei von ihrer Selbstzerstörung.

      Jeffrey war ein Musiker aus New York, der in einer konservativen jüdischen Familie aufgewachsen war. Seine Eltern wurden beide schwer krebskrank, die Mutter erlag dem Krebs. Da er seit seiner Jugend oft selber krank gewesen war, studierte und praktizierte er die chinesische Heilkunst sowie taoistische und buddhistische Meditation. Körperliche Gesundheit wurde sein Ein und Alles. Als ein Freund begann, ihn mit in unsere Gottesdienste zu schleppen, hatte er eigentlich keinen „religiösen Bedarf“. Er mochte die Predigten, „bis auf das Ende, wenn dieser Jesus-Kram kam“ und er regelmäßig abschaltete. Aber bald wurde er neidisch auf die Freude und Zukunftshoffnung seiner christlichen Freunde, die er so noch nirgends erlebt hatte. Er fing schließlich an, sich auch das Ende der Predigten anzuhören – und erkannte, dass dort eine Herausforderung für sein Denken lag, der er sich nicht hatte stellen wollen. Dann erlebte er zu seiner Überraschung, wie bei seinen Meditationen „die Augenblicke der totalen, reinen Stille immer wieder durch Bilder von Jesus am Kreuz unterbrochen wurden.“ Er begann, zu dem Gott der Christen zu beten, und erkannte bald, dass der rote Faden seines Lebens der Versuch gewesen war, das Leiden um jeden Preis zu meiden. Jetzt merkte er, wie nutzlos dieses Lebensziel war. Als er begriff, dass Jesus