Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman. Marie Francoise

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Название Dr. Daniel Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Marie Francoise
Жанр Языкознание
Серия Dr. Daniel Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740948535



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auf die Uhr. Kurz vor sieben. Das bedeutete, daß er seit Stefans und Karinas Eintreffen nur knapp drei Stunden geschlafen hatte. Mühsam quälte er sich aus dem Bett, hob den Hörer ab und meldete sich.

      »Ich bin’s, Robert, Georg Sommer«, gab sich der Anrufer zu erkennen. »Stefan soll sofort hierher kommen. Fräulein Felber liegt im Sterben.«

      »O mein Gott«, stöhnte Dr. Daniel leise auf. »Ich bringe ihn gleich nach München.«

      Er legte auf und sah zu der halbgeöffneten Tür, durch die Stefan in diesem Moment schlaftrunken heraustorkelte.

      »Ich habe das Telefon gehört«, murmelte er. »Ist es Onkel Schorsch?«

      »Ja, Stefan, zieh dich rasch an.«

      Der junge Mann erstarrte. »Saskia… ist sie…«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, aber…« Er brachte es nicht über sich, die Worte seines Freundes zu wiederholen. »Beeil dich, Stefan. Es steht schlimm um sie.«

      Nur knapp zehn Minuten später saßen sie in Dr. Daniels Auto und waren auf dem Weg nach München. Für einen Augenblick dachte Dr. Daniel an seine Praxis und an die Patientinnen, die für heute angemeldet waren. Doch er konnte seinen Sohn in dieser Situation unmöglich allein lassen.

      »Was ist mit Saskia?« fragte Stefan, aber sein Vater schüttelte nur den Kopf.

      »Verdammt noch mal, du weißt es doch!« brauste Stefan auf.

      Dr. Daniel warf ihm einen kurzen Blick zu. »Ja, ich weiß es, aber du kannst nicht von mir verlangen, daß ich dir das eiskalt so ins Gesicht sage. Himmel noch mal, Stefan, du bist mein Sohn! Und da kann ich nicht…« Er schaffte es nicht, den Satz zu beenden.

      Stefan senkte den Kopf und schwieg. Der Ausbruch seines Vaters war deutlich gewesen. Saskia lag im Sterben. Das war es, was sein Vater ihm nicht sagen konnte.

      Dr. Daniel stellte das Auto auf dem Parkplatz ab, dann machten sie sich im Laufschritt auf den Weg zur Intensivstation. Dr. Sommer erwartete sie bereits, und in Stefan war die entsetzliche Angst, er könnte schon zu spät gekommen sein.

      »Ist sie… tot?« brachte er mühsam hervor.

      Dr. Sommer schüttelte den Kopf. »Nein, Stefan, aber… es gibt keine Hoffnung mehr. Wir haben getan, was wir konnten.« Er nahm den jungen Mann am Arm. »Komm mit. Allerdings… ich fürchte, sie wird nicht mehr zu Bewußtsein kommen. Du kannst nur noch bei ihr bleiben, bis…« Er stockte. Wenn er so hilflos war, dann konnte er seinen Beruf regelrecht hassen!

      Flüchtig reichte er seinem Freund die Hand.

      »Robert«, sagte er nur. »Ich wünschte, wir hätten uns unter erfreulicheren Umständen gesehen.«

      Raschen Schrittes begaben sie sich in die Intensivstation. Und dann standen sie am Bett des jungen Mädchens und konnten mit eigenen Augen erkennen, wie schlecht die Werte waren… wie es mit ihr weiter und weiter bergab ging.

      »Meine Güte, Schorsch, können wir denn nichts tun?« fragte Dr. Daniel verzweifelt. »Wir sind doch Ärzte! Müssen wir hilflos zuschauen, wie sie stirbt?«

      »Es gibt Situationen, in denen wir…«, begann Dr. Sommerbedauernd, doch Dr. Daniel hörte nicht mehr zu, denn in diesem Moment sah er den dünnen Blutfaden, der aus Saskias Mund kam.

      Innere Blutungen! durchfuhr es ihn.

      Mit einem Ruck wandte er sich Dr. Sommer zu.

      »Sie hat innere Blutungen«, erklärte er hastig. Dr. Sommer schüttelte den Kopf. »Das ist praktisch unmöglich.«

      Aber Dr. Daniel ließ sich nicht beirren. »Schau sie dir doch an, Schorsch. Ich bin vollkommen sicher…«

      »Selbst wenn es so wäre«, fiel Dr. Sommer ihm ins Wort. »Was soll ich noch dagegen tun?«

      Der Blick, mit dem Dr. Daniel seinen Freund anschaute, war zwingend.

      »Du könntest sie noch mal operieren«, erklärte er.

      Dr. Sommer sah ihn an, als habe er den Verstand verloren. »Robert, das ist doch aussichtslos! Selbst wenn ich diesem Wahnsinn zustimmen würde – das Mädchen hätte nicht die geringste Chance, die Operation zu überleben.«

      »Hat sie ohne Operation eine Chance?« fragte Dr. Daniel, obwohl er die Antwort kannte.

      Dr. Sommer senkte den Kopf. »Nein.«

      In diesem Moment mischte sich Stefan ein, der die Diskussion bis jetzt schweigend verfolgt hatte. Fast ein bißchen hastig griff er nach dem Arm des Chefarztes.

      »Onkel Schorsch, ich flehe dich an – mach doch diese Operation!«

      Dr. Sommer sah ihn an und seufzte. »Sie wird sterben, Stefan.«

      »Sie wird so oder so sterben, aber dann haben wir wenigstens alles versucht«, drängte Stefan. »Bitte, Onkel Schorsch.«

      Ein Blick in Stefans flehende Augen sagte Dr. Sommer, daß er ihm diese Bitte nicht abschlagen durfte. Dann sah er in Dr. Daniels Gesicht und erkannte auch hier das stumme Drängen.

      »Also schön, versuchen wir’s«, stimmte er seufzend zu.

      »Und ich will, daß Papa dabei ist«, verlangte Stefan.

      Doch Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Ich bleibe bei dir, Stefan.«

      »Ich brauche dich nicht! Geh in den OP und rette Saskias Leben!«

      Und noch bevor Dr. Daniel ein zweites Mal widersprechen konnte, mischte sich nun Dr. Sommer ein.

      »Ich wäre froh, dich an meiner Seite zu haben, Robert.«

      Dr. Daniel atmete tief durch.

      »In Ordnung.« Er wandte sich stefan zu. »Aber ich verlange, daß du ans Telefon gehst und versuchst, Karina zu erreichen. Ich will nicht, daß du jetzt allein bist, Stefan.«

      »Versprochen«, stimmte sein Sohn sofort zu.

      In der Zwischenzeit hatte Dr. Sommer veranlaßt, daß Saskia in den Operationssaal gefahren wurde. Dorthin folgte ihm nun auch Dr. Daniel.

      „Es ist dir hoffentlich klar, daß das Mädchen überhaupt keine Chance hat«, meinte Dr. Sommer, während sie sich die Hände wuschen.

      »Für mich besteht erst dann keine Hoffnung mehr, wenn der Patient tot ist«, entgegnete Dr. Daniel mit unerschütterlicher Ruhe.

      »Eine lobenswerte Einstellung, die ich selbst normalerweise auch habe, allerdings… ich fürchte, bei Saskia Felber wird dieser Zustand nicht mehr lange auf sich warten lassen.« Dr. Sommer warf seinem Freund einen prüfenden Blick zu. »Hast du während der Zeit bei Professor Thiersch schon mal einen Patienten auf dem Tisch verloren?«

      Dr. Daniel schloß sekundenlang die Augen. Exitus. Das Schrecklichste, was einem Chirurgen passieren konnte. Dann schüttelte er den Kopf.

      »Bisher ist es mir glücklicherweise erspart geblieben.«

      »Dann stell’ dich darauf ein, daß du heute diese Erfahrung machen wirst«, erklärte Dr. Sommer, bevor er den Operationssaal betrat.

      *

      Stefan hatte Glück. Er erreichte seine Schwester gerade noch, als sie zur Uni fahren wollte.

      »Ich weiß, wie wichtig die Vorlesungen sind, aber Papa hat gesagt…«, begann Stefan, doch Karina unterbrach ihn.

      »Also hör mal, du bist mir doch allemal wichtiger als diese blöden Vorlesungen! In einer halben Stunde bin ich bei dir.«

      Und wieder hielt Karina ihr Wort.

      »Ich wäre gleich mit nach München gefahren«, erklärte sie, während sie sich neben Stefan auf die Kunststoffbank setzte. »Aber mir hat ja keiner etwas gesagt.«

      Stefan zuckte die Schultern. »Der Anruf von Onkel Schorsch kam so früh und…« Er schluchzte auf. »Sie lag im Sterben.«

      Karina