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auf Aufrichtigkeit aufgebaut sein«, erklärte Gerlinde.

      Ein heißer Zorn ergriff Katja plötzlich. Sie wusste nicht, wieso dieses Gefühl gerade jetzt kam, aber etwas zwang sie, Jan in Schutz zu nehmen.

      »Ich will das gar nicht wissen!«, stieß sie hervor. »Ich liebe Jan, und nichts wird mich davon abhalten, ihn zu heiraten.«

      Ihre Mutter starrte sie an. Aber Katja sah nur wallende Nebel vor ihren Augen. Sie drehte sich um und lief aus dem Zimmer.

      »Musste das sein, Mama?«, fragte Michael eindringlich.

      Gerlinde Recks Augen funkelten.

      »Ich hasse diesen Kerl!«, schrie sie unbeherrscht. »Er bringt nur Unglück über uns!«

      Michael schöpfte tief Atem.

      »Verwechselst du ihn nicht mit Heinz?«, fragte er mit einem seltsamen Unterton.

      Gerlinde wich zur Wand zurück. Sie sah plötzlich alt aus. Ihre Lippen waren ein dünner Strich.

      »Ich weiß nicht, was du damit sagen willst«, brachte sie mühsam hervor.

      »Doch, das weißt du«, sagte Michael hart. »Aber du hast es ja herausgefordert. Ich würde jetzt lieber bei Onkel Sebastian wohnen, aber ich bleibe um Katjas willen.«

      *

      Eine Hochzeit unter solchen Vorzeichen war kein reines Freudenfest. Katja brauchte viel Kraft, ein lächelndes Gesicht zu zeigen.

      Sie fühlte sich etwas freier, als Stella, Jörg und Bambi eintrafen.

      Bambis kindliche Anmut, ihr umwerfender Charme, der schon so vielen Menschen Freude gebracht hatte, wirkte auf Sebastian Roden wie ein Lebenselixier. »Katja hat mir schon viel von dir erzählt«, begrüßte er die Kleine. »Es freut mich sehr, dass du gekommen bist.«

      »Ich bin das erste Mal ohne Mami und Papi verreist«, berichtete Bambi.

      »Sie hätten doch mitkommen können«, meinte der alte Herr.

      »Jörg hat gesagt, das wäre die reinste Invasion. Stimmt Invasion?«, fragte sie schelmisch.

      »Es stimmt, aber eine solche Invasion hätte ich mir gefallen lassen«, lächelte Sebastian Roden.

      »Magst du Kinder?«, erkundigte sie sich.

      »Ja, sehr. Und kleine Mädchen besonders.«

      »Katja hat mir erzählt, dass sie dich sehr lieb hat, und sie hat sich große Sorgen gemacht, weil du krank warst. Fühlst du dich jetzt wieder wohl?«

      »O ja!«, versicherte er.

      »Wie darf ich dich nennen?« Sie sah ihn schelmisch an.

      »Du kannst ruhig Onkel Sebastian zu mir sagen, Bambi.«

      »Katja sagt jetzt Vater«, meinte Bambi gedankenvoll.

      »Jetzt ist sie mein Töchterchen«, erklärte er.

      »Du freust dich darüber, Onkel Sebastian. Ich kann es an deiner Stimme hören. Freude ist die beste Medizin, sagt meine Omi.«

      Aber alles kann sie nicht heilen, dachte er, und dabei dachte er an einen Brief aus Afrika, der heute Morgen gekommen war und den er ungeöffnet in seine Schreibtischschublade gelegt hatte. Er wollte ihn nicht lesen, nicht heute und nicht morgen. Er war froh, dass Bambi ihn auf andere Gedanken brachte, und sie unterhielten sich so gut, dass seine Wangen sogar ein wenig Farbe bekommen hatten.

      Auch Malwine hatte das Kind deswegen gleich ins Herz geschlossen, obwohl sie ein wenig skeptisch gewesen war, ob es nicht doch zu viel Unruhe ins Haus bringen würde, denn sie war die einzige, die wusste, wie viel Kraft es Sebastian Roden kostete, sich auf den Füßen zu halten. Alle anderen konnte er täuschen.

      Katja und Jan standen in der Tür und hörten den beiden ein Weilchen zu, ohne dass diese es bemerkten.

      »Ist Bambi nicht ein süßes Kind?«, fragte Katja leise.

      Jan hatte seine Hand auf ihre Schulter gelegt.

      »Du magst Kinder. Wie schön!« Seine Stimme hatte einen ganz eigentümlichen Klang.

      Jetzt drehte sich Bambi zu ihnen um und lächelte.

      »Ich unterhalte mich sehr gut mit Onkel Sebastian«, sagte sie, »aber ich glaube, er soll sich lieber ein bisschen ausruhen. Morgen ist ein anstrengender Tag,«

      »Ich habe es aber sehr gern, wenn du mir Gesellschaft leistest, Bambi«, bemerkte Sebastian Roden.

      »Ich kann mich auch an dein Bett setzen und dir etwas erzählen«, erklärte sie, »das mache ich auch, wenn mein Opi sich hinlegen muss.« Das tat sie dann auch.

      *

      Katja verbrachte die letzte Nacht in ihrem Elternhaus. Sie wurde ihr nur erträglich, weil Michael hier war. Ihre Mutter hatte sich strikt geweigert, auch Stella und Jörg aufzunehmen, aber ein Disput darüber erübrigte sich, weil Sebastian Roden ohnehin darauf bestanden hatte, dass sie bei ihm wohnten.

      Den Polterabend, wie er im Sonnenwinkel üblich war, hatte man eingespart.

      Bambi fand das sehr schade, aber sie dachte schon so vernünftig, dass sie von selbst erklärte, dass dies zu viel für Onkel Sebastian würde.

      Während die Erwachsenen noch bei einem Glas Sekt zusammensaßen, ging sie zu Malwine in die Küche.

      »Sehr gut geht es Onkel Sebastian nicht«, äußerte sie nachdenklich. »Es fröstelt ihn dauernd. Hoffentlich ist es in der Kirche nicht kalt.«

      »Du bist ein liebes Kind«, meinte Malwine.

      »Mit unserem Pfarrer Frerichs könnte man ja reden«, sagte Bambi. »Der würde die Heizung dann tüchtig aufdrehen. Habt ihr auch solchen netten Pfarrer?«

      »Doch, er ist sehr nett.«

      »Man sollte aber lieber doch eine Decke für Onkel Sebastian mitnehmen«, erklärte Bambi besorgt.

      »Das wird er nicht dulden, Bambi. Lass ihn nur. Er hat einen starken Willen.«

      »Aber kalte Hände«, bemerkte Bambi sorgenvoll. »Was fehlt ihm eigentlich. Lalli?«

      »Mit dem Herzen hat er es halt«, erwiderte Malwine.

      »Da muss man sehr achtsam sein«, behauptete Bambi. »Mein Opi hat ein gutes Herz. Das ist ein Glück. Er hat es nur manchmal mit dem Ischias. Das kann auch ganz schön weh tun.«

      Malwine wurde es ganz warm ums Herz, wenn sie der Kleinen zuhörte. Zärtlich strich sie ihr mit der Hand über das dichte lockige Haar.

      »Ich werde noch mal nach Onkel Sebastian gucken, ob er auch schläft«, sagte Bambi. »Ich bin ganz leise.«

      Malwine ließ sie gewähren. Wenn er nur morgen noch durchhält, dachte sie und wischte sich schnell die aufsteigenden Tränen aus den Augen. Bambi erschien schon wieder.

      »Onkel Sebastian schläft ruhig«, erklärte sie. »Er hat auch warme Hände. Dein Tee hat ihm gutgetan. Ich glaube, ich bin jetzt auch müde.«

      Bald danach waren Michael und Katja aufgebrochen. Jan begleitete sie hinaus. Seine Wangenmuskeln zuckten, als er sich von Katja verabschiedete.

      »Schlaf gut, Kleinchen«, sagte er leise. »Ich hole dich um neun Uhr ab.«

      »Gute Nacht, Jan«, flüsterte sie und schmiegte sich schnell in seine Arme.

      *

      Nun war auch diese Nacht vorbei. Katja hatte unruhig geschlafen. Sie stand früh auf. Im Haus war es ganz still. Vielerlei Gedanken gingen ihr durch den Sinn, als sie sich ankleidete.

      Für die standesamtliche Trauung hatte sie sich ein zartblaues Kostüm gekauft. Die Farbe stand ihr besonders gut, aber heute wirkte ihr Gesicht durchscheinend zart.

      Sie verließ ihr Zimmer erst, als sie unten Geräusche hörte.

      Ihre Mutter,