Kurfürstenklinik Staffel 6 – Arztroman. Nina Kayser-Darius

Читать онлайн.
Название Kurfürstenklinik Staffel 6 – Arztroman
Автор произведения Nina Kayser-Darius
Жанр Языкознание
Серия Kurfürstenklinik Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740934842



Скачать книгу

Idee. Die Flasche trinken wir nach der OP an deiner Patientin. Vorher geht’s leider nicht, ich muß noch kurz nach Brüssel, von dort aus komme ich zu dir nach Berlin.«

      Dr. Winter bedankte sich, sie sprachen noch ein paar Worte, dann war das Gespräch beendet. Adrian überlegte, was er tun könnte, um Susanne optimal auf den Eingriff vorzubereiten, aber er kam zu keinem Ergebnis. Erst als er Visite machte, kam ihm eine Idee…

      »Wie fühlen Sie sich heute, Herr Franzen?« erkundigte er sich bei dem dunkelhaarigen Mann, der mit eingegipstem Bein, einer Halskrause und anderen Verbänden, die man jedoch unter der Decke nicht sehen konnte, im Bett lag.

      »So gut wie unter diesen Umständen möglich«, gab Thorsten zurück. »Beruhigend ist nur die Tatsache, daß ich alles ohne Spätschäden überstehen werde. Das steht seit der letzten Kontrolluntersuchung fest.«

      »Sie haben wirklich ein unheimliches Glück gehabt«, bestätigte Adrian Winter. Er trat noch einen Schritt näher und sah den Mann, der nur wenig jünger war als er selbst, ernst an. »Wissen Sie, Herr Franzen, im Grunde sollten Sie dem Schicksal dankbar sein – und das auch irgendwie zum Ausdruck bringen.«

      Der Architekt sah ihn mit leichtem Stirnrunzeln an. »Wie meinen Sie das denn, Doktor? So was sagen Sie mir doch nicht ohne Grund!«

      Adrian lächelte. »Stimmt. Ich muß zugeben, daß ich eine ganz bestimmte Absicht verfolge.« Er zog sich einen Stuhl neben Thorstens Krankenbett und ließ sich darauf nieder. »Sie sind Architekt, nicht wahr?«

      »Stimmt, aber das wissen Sie ja.«

      »Und Sie besitzen ein eigenes Büro mit mehreren Angestellten?«

      »Auch wieder richtig.«

      Adrian zögerte, dann fuhr er fort. »Kann es sein, daß Sie gerade jetzt jemanden brauchen, der gut zeichnen kann, kreativ ist und…«

      »Wem soll ich helfen?« fiel Thorsten ihm ins Wort. »Machen Sie es nicht so spannend, Dr. Winter. Ich ahne, daß Sie ein Sorgenkind haben, dem nur ich helfen kann. Also – raus mit der Sprache. Wenn ich helfen kann, tue ich das gern.«

      Insgeheim atmete Adrian auf. »Das ist gut zu hören. Es geht um eine junge Frau, die ebenfalls hier liegt – fast bewegungslos, so wie Sie noch vor einigen Tagen. Nur leider sind ihre Aussichten lange nicht so positiv wie die Ihrigen. Sie können davon ausgehen, daß Sie den Unfall gut überstanden haben. Bei der jungen Frau dagegen war der Unfall, den sie hatte, zwar dramatisch, aber infolge von Untersuchungen mit dem CT, das Sie ja auch kennen, haben wir einen Tumor festgestellt. Dieser muß entfernt werden und…« Er brach ab und zog ein Blatt Papier aus der Krankenakte, die er bisher in der Hand gehalten hatte. »Kurz und knapp: Die Prognosen für meine Patientin stehen nicht gut. Aber das soll Sie nicht interessieren, ich will und darf ja auch gar nicht ins Detail gehen. Wichtig ist nur eins: Die junge Frau braucht eine Aufgabe. Irgendeine Beschäftigung, die ihr Mut macht, die sie interessiert… also eine Aufgabe, die reizvoll ist und ihr Interesse weckt.« Er reichte dem Mann im Bett das Blatt Papier. »Das ist für Sie sicher interessant. Denn – die junge Frau ist Malerin. Sehr begabt übrigens, finde ich.«

      Thorsten warf einen flüchtigen Blick auf das Papier – und zuckte zusammen. »Aber das ist ja… Wahnsinn«, stammelte er dann.

      Dr. Winter lächelte. »Wahnsinn würde ich es nicht nennen. Eher ein sehr gelungenes Porträt von Ihnen.«

      »Und wer hat das gemacht?« wollte Thorsten wissen. »Und vor allem – wo?«

      »Irgendwo hier in der Klinik«, erwiderte der Arzt. »Wo genau, kann ich Ihnen nicht sagen, da müssen Sie die Künstlerin schon selbst fragen.«

      »Sofort, wenn’s geht.« Thorsten richtete sich ein wenig im Bett auf. »Bringen Sie sie doch bitte her, Herr Doktor. Diese Skizze ist nicht nur schmeichelhaft für mich, sie zeugt auch von sehr viel Talent. Solch eine Mitarbeiterin kann ich sehr gut gebrauchen. Vor allem, weil ich die kleine Abteilung, die sich mit Innenarchitektur befaßt, ausbauen möchte.«

      Dr. Winter erhob sich ein wenig. »Wenn’s Ihnen recht ist, lasse ich Sie in einer halben Stunde zu der jungen Dame bringen. Umgekehrt geht’s leider gar nicht, denn…«, er zögerte, dann fügte er entschlossen hinzu: »Sie liegt im Bett und kann sich noch viel weniger bewegen als Sie. Ich weiß, daß ich meine Schweigepflicht großzügig auslege, wenn ich Ihnen erzähle, daß Frau Burgmer einen Tumor an der Wirbelsäule hat, der sie zu lähmen droht.«

      »Das ist ja furchtbar«, murmelte Thorsten.

      »Ja, vor allem, weil meine Patientin auch noch seelische Probleme zu bewältigen hat. Und deshalb denke ich, daß Sie ihr helfen können.«

      »Natürlich, Doktor. Sofort, wenn Sie wollen.«

      Adrian streckte dem Architekten die Hand hin. »In einer halben Stunde, wie besprochen. Aber jetzt schon: danke, daß Sie mir helfen wollen.«

      »Nichts zu danken. Sagen Sie mir nur noch, ob die junge Frau Ihnen das Bild überlassen hat – und warum.«

      Der Arzt schmunzelte. »Das ist ein Zufall. Oder Schicksal. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Jedenfalls weiß Frau Burgmer nichts davon, daß ich dieses Bild gesehen habe.«

      Thorsten lächelte. »Sie sind ein Geheimniskrämer, will mir scheinen.«

      »Nur, wenn’s dem Wohl der Patienten dient«, gab Adrian schmunzelnd zurück und dankte im stillen der kleinen Tanja, die dieses Bild versehentlich mitgenommen hatte. Nur so war er darauf gestoßen, daß die schöne Susanne Burgmer heimlich Porträt-Skizzen eines fremden Mannes anfertigte. Adrian fühlte sich sehr beschwingt und positiv eingestellt, als er das Krankenzimmer verließ und hinunter in die Notaufnahme ging.

      *

      »Guten Morgen, Schwester Bea!« Thorsten Franzen lächelte der kessen jungen Lernschwester zu. »Schön, daß Sie heute Dienst haben.«

      »Kann ich nicht behaupten«, erwiderte die Achtzehnjährige und wies zum Fenster hin. »Sehen Sie sich dieses Wetter an… und ich muß schuften, statt mit meiner Clique zum Wannsee hinauszufahren und schwimmen zu gehen.«

      »Sie tun mir leid, ehrlich.« Thorsten winkte das Mädchen näher. »Aber gönnen Sie einem Schwerkranken ein paar egoistische Gedanken. Erstens sind Sie ein erfreulicher Anblick – und zum zweiten würde ich es nicht wagen, Oberschwester Walli um diesen Gefallen zu bitten.« Er schob einen großen blauen Schein über die Bettdecke.

      Bea schüttelte den Kopf. »Ich will das nicht«, wehrte sie ab.

      »Sie wissen doch noch gar nicht, was ich möchte.« Der Architekt zwinkerte übermütig. »Glauben Sie nur nicht, daß ich Sie auf Abwege führen will. Nein, nein, Sie sollen mir nur einen Strauß Rosen besorgen.«

      »Rote Rosen?« Bea schnalzte mit der Zunge, und Thorsten konnte sicher sein, gleich ihre volle Aufmerksamkeit errungen zu haben.

      Er lachte. »Nein, nein, ich will’s ja nicht gleich übertreiben. Gelbe Rosen sind passender. Und bringen Sie sie bitte zu der jungen Patientin, die so gut zeichnen kann… warten Sie, sie heißt glaube ich, Burger. Oder…«

      »Burgmer. Susanne Burgmer.« Bea nickte. »Die ist eine ganz Nette. Und sie tut mir so leid, weil sie ganz offensichtlich großen Kummer hat.« Sie griff nach dem Geldschein. »Das sind die ersten Blumen seit langem. Ich bin sicher, daß sie sich darüber freuen wird.«

      »Danke. Ich meine, etwa zwanzig Rosen würden genügen. Für den Rest des Geldes kaufen Sie sich einen Sommerstrauß, ja?«

      »Danke!« Bea ließ den Schein verschwinden. »Soll ich auch gleich den reitenden Boten spielen oder möchten Sie die Blumen selbst übergeben?«

      Thorsten zuckte mit den Schultern. »Geht ja leider nicht. Ich kann ja immer noch nicht allein gehen.«

      »Ich fahre Sie«, bot Bea an.

      »Sehr nett, wirklich.« Thorsten lehnte sich in den Kissen zurück. Er war gespannt darauf, die junge Frau kennenzulernen, die ein so gutes Portrait von ihm gemacht hatte.

      »Ich