Название | Dr. Norden Jubiläumsbox 9 – Arztroman |
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Автор произведения | Patricia Vandenberg |
Жанр | Языкознание |
Серия | Dr. Norden Box |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740934224 |
Als die Tür laut krachend ins Schloss fiel, zuckte Danny zusammen und erwachte aus seiner Erstarrung. Doch das änderte nichts daran, dass er hilflos zusehen musste, wie Tatjana draußen einem Taxi winkte und sich zurück in die Bäckerei fahren ließ.
*
Dr. Daniel Norden hatte die Mittagspause dazu genutzt, in die Behnisch-Klinik zu fahren, um sich vor Ort ein Bild über Herrn Herwegs Zustand zu machen. Von Janine hatte er davon gehört, dass sein Patient jede weitere Behandlung verweigerte, und er wollte nichts unversucht lassen, um den alten Herrn doch noch umzustimmen.
»Ach, gut, dass Sie kommen, Doktor«, wurde er wider Erwarten freundlich begrüßt. Doch die Freude währte nicht lange. »Wann werde ich entlassen?«, fuhr der Patriarch gleich fort.
Ungläubig stand Dr. Norden an seinem Bett und blickte auf ihn hinab.
»Ohne Behandlung kommen Sie noch nicht mal von hier bis zur Tür.« Daniel wusste, dass es keinen Sinn hatte, den alten Sturkopf mit Samthandschuhen anzufassen. »Wo wollen Sie also hin?«, fragte er, als sich die Tür öffnete und Janine mit einem Packen Papier in den Armen hereinkam.
Stunden hatte sie damit verbracht, nicht nur Kopien für Carl Herweg anzufertigen. Sie hatte sich auch um alle möglichen anderen Aufgaben gekümmert. Noch wusste sie nichts von dem Gespräch, das Lorenz mit seinem Vater geführt hatte, und sie wirkte sichtlich erschöpft.
»Oh, Entschuldigung. Ich wollte nicht stören«, bemerkte sie und wollte sich wieder zurückziehen, als Dr. Norden ihr ein Zeichen machte zu bleiben. Dann wandte er sich wieder an seinen Patienten.
»Sie stören nicht, Janine. Und ich denke, Sie können demnächst in die Praxis zurückkehren. Herr Herweg möchte nämlich nach Hause gehen.«
»Das werde ich auch tun«, bekräftigte der Firmenchef stur wie eh und je. »Wer weiß, vielleicht bin ich ja gar nicht so krank, wie Sie behaupten. Bei einem Siebzigjährigen funktioniert eben nicht mehr alles so wie bei einem Vierzigjährigen.«
Dr. Norden runzelte die Stirn.
»Das hat aber in Ihrem Fall nichts mit dem Alter zu tun«, sprach er auf den uneinsichtigen Mann ein.
Carl Herwegs Blick wanderte hinüber zu Janine, die neben ihrem Chef am Fußende des Bettes stand.
»Da muss ich Ihnen ausnahmsweise mal recht geben«, fuhr er mit verwaschener, schwerfälliger Stimme fort. »In meinem Fall ist es eine Frage des Formats.« Er fixierte Janine, die sich gar nicht wohl fühlte in ihrer Haut und das Zimmer am liebsten verlassen hätte. Wie Halt suchend klammerte sie sich an den Packen Papier in ihren Armen. »Es geht darum einzusehen, wann es Zeit ist aufzuhören. Wenn man weitermacht, ist man entweder dumm oder größenwahnsinnig.« Wen Herweg mit diesen Worten wirklich meinte, war unschwer zu erkennen.
Doch das wusste Dr. Norden natürlich nicht.
»Und wenn man Hilfe ablehnt, was ist das dann?«, fragte der Arzt herausfordernd.
Ein spöttisches Lächeln spielte um Carl Herwegs Lippen, als er antwortete:
»Tut mir leid, aber ich möchte mich nicht mehr mit Ihnen unterhalten. Nicht mit Ihnen und auch nicht mit dieser Dame hier. Schicken Sie mir Schwester Elena. Außer mit ihr will ich mit niemandem mehr etwas zu tun haben.«
Während sich Dr. Daniel Norden noch fragte, was er auf diese Worte erwidern konnte, hatte Janine ihren eigenen Entschluss gefasst.
»Ganz wie Sie wünschen!«, erwiderte sie steif, legte die Unterlagen auf den Stuhl, der neben der Tür stand, und verließ das Zimmer.
Carl Herweg lächelte süffisant.
»Und Sie? Worauf warten Sie noch?«, fragte er den Arzt.
Diese Frechheit war auch Dr. Norden zu viel. Ohne ein Wort des Grußes wandte auch er sich ab und ging hinaus, ohne sich noch einmal umzudrehen.
*
Als Lorenz Herweg seine Freundin Janine an diesem Abend in der familieneigenen Wohnung erwartete, die er seit seiner Rückkehr aus Atlanta bewohnte, fürchtete er einen Streit, der sich gewaschen hatte. Immerhin hatte er Janines Wunsch missachtet und seinem Vater von der Beziehung erzählt. Um ihren Zorn zu besänftigen, hatte er ein besonderes Abendessen vorbereitet. Aufgeregt lief er zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her und prüfte ein ums andere Mal, ob alles für seinen Gast gerichtet war, als sich endlich der Schlüssel im Schloss drehte.
»Janine, da bist du ja!« Ein zärtliches Lächeln auf den Lippen begrüßte Lorenz seine Freundin, die sich erfreulich zugänglich zeigte.
»Lorenz.« Sie umarmte und küsste ihn innig und schien zum ersten Mal seit Tagen wieder guter Dinge zu sein, sodass Lorenz entschied, mit der Wahrheit bis nach dem Essen zu warten.
»Komm, ich hab was für dich vorbereitet.« Er nahm seine Freundin an der Hand und führte sie ins von Kerzen erhellte Wohnzimmer und an den liebevoll gedeckten Tisch.
»Das ist ja wunderschön!«, hauchte Janine ergriffen. Das Kerzenlicht spiegelte sich in ihren Augen, während sie Lorenz‘ Werk bewunderte. »Womit hab ich das verdient?«
Das Herz des Unternehmers war schwer, als er ihr den Stuhl zurecht rückte und darauf wartete, dass sie sich setzte.
»Das ist nur ein hilfloser Versuch, dir für all das zu danken, was du für meinen Vater, für mich, meine Familie getan hast.«
Janine lachte freudlos.
»Aber letztlich bin ich auch gescheitert. Dein Vater hat mir heute zu verstehen gegeben, dass er mich nicht mehr sehen will.« Sie faltete die Serviette auseinander und legte sie auf den Schoß. »Das sieht ja ganz köstlich aus. Was ist das?«
»Lachs-Crostinis, gefüllte Zucchiniblüten, Parmesantaler mit Olivencreme«, zählte Lorenz auf.
Der Korken des Weins rutschte mit einem Plopp aus dem Flaschenhals. Lorenz schenkte ein und setzte sich Janine gegenüber. Er hob sein Glas und prostete ihr zu.
»Mir hat er die Freundschaft auch aufgekündigt, der beste Beweis dafür, dass du recht hattest.«
»Recht womit?« Janine stellte das Glas zurück auf den Tisch und sah ihren Freund fragend an.
Betreten blickte Lorenz auf seinen Teller. Obwohl er sich die Worte im Laufe des Tages immer und immer wieder zurecht gelegt hatte, wollten sie ihm nicht über die Lippen kommen.
Über seinem beharrlichen Schweigen wurde Janine nervös.
»Lorenz, was ist los? Bitte sag es mir«, verlangte sie zu wissen.
»Ich… ich habe meinem Vater von uns erzählt«, gestand er endlich heiser und wagte kaum, seiner Freundin in die Augen zu sehen. »Ich wollte es nicht, Janine, das musst du mir glauben. Aber der alte Tunichtgut hat mich einfach bis auf’s Messer gereizt.«
Im ersten Moment wollte die ehemalige Krankenschwester aus der Haut fahren. Doch dann besann sie sich eines Besseren. Schließlich hatte Lorenz‘ Geständnis eine ganz besondere Konsequenz für sie gehabt. Endlich konnte sie wieder in die Praxis zu ihren Kollegen zurückkehren.
»Und? Wie hat er es aufgenommen?«, fragte sie und schluckte ihren Ärger über Lorenz‘ eigenmächtiges Handeln herunter.
Lorenz zwar irritiert.
»Du bist nicht sauer?«, fragte er nach und atmete auf, als Janine den Kopf schüttelte.
»Es war nicht gerade angenehm, für ihn zu arbeiten. Trotzdem würde mich interessieren, wie er es aufgenommen hat.«
»Gar nicht«, gestand Lorenz wahrheitsgemäß. »Er hat mich und meine Worte schlicht und ergreifend ignoriert.«
»So was in der Art habe ich befürchtet. Und eigentlich wollte ich genau das vermeiden.«
»Jetzt mach du mir bitte nicht auch noch Vorwürfe.« Lorenz‘ Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, sodass jedes Wort einer Kritik gleichkam.