Название | Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Фридрих Вильгельм Ðицше |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962815295 |
Wie dächte ein solcher Mensch an die ewige Wiederkunft?
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56.
Perioden des europäischen Nihilismus
Die Periode der Unklarheit, der Tentativen aller Art, das Alte zu conserviren und das Neue nicht fahren zu lassen.
Die Periode der Klarheit: man begreift, daß Altes und Neues Grundgegensätze sind: die alten Werthe aus dem niedergehenden, die neuen aus dem aufsteigenden Leben geboren –, daß alle alten Ideale lebensfeindliche Ideale sind (aus der décadence geboren und die décadence bestimmend, wie sehr auch im prachtvollen Sonntags-Aufputz der Moral). Wir verstehen das Alte und sind lange nicht stark genug zu einem Neuen.
Die Periode der drei großen Affekte: der Verachtung, des Mitleids, der Zerstörung.
Die Periode der Katastrophe: die Heraufkunft einer Lehre, welche die Menschen aussiebt … welche die Schwachen zu Entschlüssen treibt und ebenso die Starken –
II. Zur Geschichte des europäischen Nihilismus.
a) Die moderne Verdüsterung.
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57.
Meine Freunde, wir haben es hart gehabt, als wir jung waren: wir haben an der Jugend selber gelitten, wie an einer schweren Krankheit. Das macht die Zeit, in die wir geworfen sind – die Zeit eines großen inneren Verfalles und Auseinanderfalles, welche mit allen ihren Schwächen und noch mit ihrer besten Stärke dem Geiste der Jugend entgegenwirkt. Das Auseinanderfallen, also die Ungewißheit ist dieser Zeit eigen: nichts steht auf festen Füßen und hartem Glauben an sich: man lebt für morgen, denn das Übermorgen ist zweifelhaft. Es ist alles glatt und gefährlich auf unserer Bahn, und dabei ist das Eis, das uns noch trägt, so dünn geworden: wir fühlen alle den warmen unheimlichen Athem des Thauwindes – wo wir noch gehen, da wird bald Niemand mehr gehen können!
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58.
Wenn das kein Zeitalter des Verfalls und der abnehmenden Lebenskraft ist, so ist es zum Mindesten eines des unbesonnenen und willkürlichen Versuchens: – und es ist wahrscheinlich, daß aus einer Überfülle mißrathener Experimente ein Gesammt-Eindruck wie von Verfall entsteht: und vielleicht die Sache selbst, der Verfall.
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59.
Zur Geschichte der modernen Verdüsterung.
Die Staats-Nomaden (Beamte u. s. w.): ohne »Heimat« –.
Der Niedergang der Familie.
Der »gute Mensch« als Symptom der Erschöpfung.
Gerechtigkeit als Wille zur Macht (Züchtung).
Geilheit und Neurose.
Schwarze Musik: – die erquickliche Musik wohin?
Der Anarchist.
Menschenverachtung, Ekel.
Tiefste Unterscheidung: ob der Hunger oder der Überfluß schöpferisch wird? Ersterer erzeugt die Ideale der Romantik. –
Nordische Unnatürlichkeit.
Das Bedürfnis; nach Alcoholica: die Arbeiter-»Noth«.
Der Philosophische Nihilismus.
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60.
Das langsame Hervortreten und Emporkommen der mittleren und niederen Stände (eingerechnet der niederen Art Geist und Leib), welches schon vor der französischen Revolution reichlich präludirt und ohne Revolution ebenfalls seinen Weg vorwärts gemacht hätte, – im Ganzen also das Übergewicht der Heerde über alle Hirten und Leithämmel – bringt mit sich 1. Verdüsterung des Geistes (– das Beieinander eines stoischen und frivolen Anscheins von Glück, wie es vornehmen Kulturen eigen ist, nimmt ab; man läßt viele Leiden sehn und hören, welche man früher ertrug und verbarg);
2. die moralische Hypokrisie (eine Art, sich durch Moral auszeichnen zu wollen, aber durch die Heerden-Tugenden: Mitleid, Fürsorge, Mäßigung und nicht durch solche, die außer dem Heerden-Vermögen erkannt und gewürdigt werden);
3. eine wirkliche große Menge von Mitleiden und Mitfreude (das Wohlgefallen im großen Beieinander, wie es alle Heerdenthiere haben – »Gemeinsinn«, »Vaterland«, Alles, wo das Individuum nicht in Betracht kommt).
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61.
Unsere Zeit mit ihrem Streben, den zufälligen Nöthen abzuhelfen, vorzubeugen und die unangenehmen Möglichkeiten vorweg zu bekriegen, ist eine Zeit der Armen. Unsere »Reichen« – das sind die Ärmsten! Der eigentliche Zweck alles Reichthums ist vergessen!
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62.
Kritik des modernen Menschen: – »der gute Mensch«, nur verdorben und verführt durch schlechte Institutionen (Tyrannen und Priester); – die Vernunft als Autorität; – die Geschichte als Überwindung von Irrthümern; – die Zukunft als Fortschritt; – der christliche Staat (»der Gott der Heerschaaren«); – der christliche Geschlechtsbetrieb (oder die Ehe); – das Reich der »Gerechtigkeit« (der Cultus der »Menschheit«); – die »Freiheit«.
Die romantische Attitüde des modernen Menschen: – der edle Mensch (Byron, Victor Hugo, George Sand); – die edle Entrüstung; – die Heiligung durch die Leidenschaft (als wahre »Natur«); – das Parteinehmen für die Unterdrückten und Schlechtweggekommenen: Motto der Historiker und Romanciers; – die Stoiker der Pflicht; – die »Selbstlosigkeit« als Kunst und Erkenntniß; – der Altruismus als verlogenste Form des Egoismus (Utilitarismus), gefühlsamster Egoismus.
Dies Alles ist achtzehntes Jahrhundert. Was dagegen nicht sich aus ihm vererbt hat: die insouciance, die Heiterkeit, die Eleganz, die geistige Helligkeit. Das Tempo des Geistes hat sich verändert; der Genuß an der geistigen Feinheit und Klarheit ist dem Genuß an der Farbe, Harmonie, Masse, Realität u. s. w. gewichen. Sensualismus im Geistigen. Kurz, es ist