»Es wird alles gut«, tröstete er sie unbeholfen. »Wir haben ja das Amulett. Es wird Ihnen schon helfen. Das meinst du doch auch, Tammy?« wandte er sich an seine große Freundin.
»Dem Bösen wird die Macht genommen, Glück dem, der auserwählt ist« sagte Tammy feierlich. »Ja, ich glaube, daß es Veronique helfen wird.« Mit liebevoller Gebärde legte sie dem jungen Mädchen das herrliche Amulett um den Hals.
»Das kann ich doch nicht annehmen«, flüsterte Veronique betroffen.
»Das haben schon viele gesagt«, meinte Tammy lächelnd. »Es soll so sein. So ist es dem Amulett bestimmt. Für uns ist alles gut geworden. Danny hat ganz recht. Nun müssen wir uns von ihm trennen.«
»Meinst du, daß für uns alles gut geworden ist, Tammy?« fragte Fabian später. »Sind keine Wünsche mehr offen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Etwas müssen wir schließlich auch selber tun«, sagte sie innig. »Wir werden uns lieben und verstehen, dann bleibt uns das Glück treu.«
Dafür küßte er sie zärtlich und dankbar.
*
Als sie Veroniques Sachen aus ihrem Zimmer abholten, fanden sie einen Brief von Mario Olivera vor, in dem er sie beschwor, sich noch einmal mit ihm zu treffen.
»Du kannst nicht gehen, Vero«, schrieb er. »Ich liebe Dich doch. Ich werde einen Weg finden für unsere gemeinsame Zukunft.«
»Er hat den guten Willen«, seufzte Veronique. »Er ist nicht leichtsinnig, er ist nur zu schwach, um sich gegen seinen Vater aufzulehnen. Warum mußte ich mich ausgerechnet in ihn verlieben? Ich hätte mir doch sagen müssen, daß es nicht gutgehen kann.«
Tammy hatte vollstes Verständnis für sie. Einem Herzen konnte man nicht befehlen. Sie hatte es selbst erfahren, nur hatte sie mehr Glück gehabt als Veronique.
»Ich muß meinen Weg allein gehen«, sagte das Mädchen bitter. »Es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen. Er wird mich vergessen und eine Frau heiraten, die seinem Vater gefällt. Dieser tyrannische alte Mann unterjocht die ganze Familie. Sie haben ja erlebt, wozu er fähig ist, nur um seinen Willen durchzusetzen.«
Nun ließ Veronique sich wenigstens überreden, noch ein paar Tage zu bleiben. Sie verbrachte sie damit, Danny zu malen, um wenigstens einen kleinen Dank abzustatten, daß man ihr so viel Verständnis entgegengebracht hatte.
Für Danny wurde es ein Ereignis ersten Ranges. Mäuschenstill saß er, und als das Werk vollendet war, war er sprachlos vor Staunen.
»Ich wußte gar nicht, daß ich so malen kann«, stellte Veronique verlegen fest, als sie allgemein gelobt wurde.
»Mit Ihrer Kunst können Sie noch zu Ruhm und Reichtum gelangen, Vero«, sagte auch Fabian, der das meisterhafte Werk mit Kennermiene begutachtete. »Ich glaube, wir werden eines Tages noch von Ihnen hören.«
Das würden sie auf jeden Fall. Veronique versprach es bewegt. Zuerst wollte sie nach Frankreich zu ihrer Schwester gehen. Ihre Eltern lebten seit langen Jahren getrennt, was einen düsteren Schatten auf ihre Jugend geworfen hatte.
Aber nun hatte sie neuen Mut gefunden. Sie war jung und begabt. Sie konnte sich überall ihr Geld verdienen. Nur ihr Herz würde sie so rasch nicht mehr verlieren, das hatte sie sich geschworen.
»Der Schlüssel zum Glauben ist das Vertrauen«, sagte ihr Tammy zum Abschied, »und der Schlüssel zum Vertrauen ist die Hoffnung.«
»Ich habe nur noch die Hoffnung«, flüsterte Veronique.
»Und das Amulett«, erinnerte Danny und sah sie mit leuchtenden Augen an. »Das ist ganz wichtig, denn es hilft allen.«
*
Nach diesem Erlebnis hatten Fabian und Tammy nun doch beschlossen, in der Heimat zu heiraten. Die Wochen gingen schnell dahin. Der Herbstwind brauste über das Land, als sie heimkehrten.
Holger hatte eine Stellung als leitender Konstrukteur einer großen Automobilfirma gefunden und war nun auch in der Lage, seiner jungen Frau ein schönes Haus zu bauen, das selbstverständlich Fabian entwerfen mußte.
So blieben sie alle in der Nähe, konnten sich treffen, wann immer sie wollten. Das Glück blieb ihnen treu, obgleich das Amulett nicht mehr bei ihnen war. Es hatte seinen Zweck erfüllt.
Danny war ein froher kleiner Junge mit einem glücklichen Elternpaar, und er fand sich auch damit ab, als sich nach einem Jahr ein Zwillingspärchen einstellte.
»Gleich zwei auf einmal«, war sein ganzer Kommentar. Aber dann fand er es sehr lustig, weil die beiden sich zum Verwechseln ähnlich sahen, obgleich sie doch ein Bub und ein Mädchen waren.
Sie wurden auf die Namen Andreas und Felicitas getauft. Für Danny waren sie von Anfang an »Andy« und »Fee«, und während sie, zärtlich geliebt, ins Leben hineinwuchsen, erkämpfte sich weit von ihnen entfernt Veronique Cramer auf vielen Umwegen ihr Glück, beschützt von der Macht des Amuletts, die sich wieder einmal einem guten Menschen offenbarte.
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