Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма

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Название Die Zwillingsschwestern von Machecoul
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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sagte der General, »und die einzige genaue Auskunft, die wir erhalten haben, hat der Bauer mit dem Brotkuchen gegeben.«

      »Aber die Anderen?«

      »Ich würde meine Generalsepauletten gegen eine Unterlieutenantsepaulette wetten, daß uns die Anderen von irgend einem Schlaukopf, der den Maire mit uns sprechen sah, auf den Hals geschickt worden sind. Wir müssen unser Augenmerk auf Souday richten, lieber Herr Unterpräfect, wir werden sonst unverrichteter Sache zurückkommen.«

      »Bravo!« sagte der Beamte erfreut, »ich fürchtete einen Mißgriff gemacht zu haben, aber Ihre letzten Worte beruhigen mich.«

      »Was haben Sie gethan?«

      »Der Bauer – ich habe hier seinen Namen, er heißt Courtin – ist Maire eines kleines Dorfes, Namens La Logerie.«

      »Ich kenne es; vor sechsunddreißig Jahren hätten wir dort Charette beinahe gefangen.«

      »Der Bauer nannte nur einen Menschen, der uns als Führer dienen könnte und dessen Verhaftung rathsam sey, um seine Rückkehr ins Schloß zu verhindern.«

      »Wer ist der Mann?«

      »Der Intendant des Marquis, oder eigentlich sein Waldhüter. Hier ist seine Personenbeschreibung.«

      Der General nahm einen Zettel und las: »Haare kurz und mit grau gemischt, Stirn glatt, klugen schwarz und lebhaft, Augenbrauen buschig, auf der Nase eine Warze, Backenbart bis unter das Kinn; Jacke, Weste und Hosen von Sammt, Kamaschen und Gürtel von Leder. Besondere Kennzeichen: Der zweite Schneidezahn links fehlt. Hat einen braunen Hühnerhund bei sich.«

      »Das ist mein Haferverkäufer Zug für Zug,« setzte der General hinzu. »Terrien? Er heißt so wenig Terrien, wie ich Barrabas heiße.«

      »Sie können sich bald davon überzeugen, Herr General.

      « »Wie so?«

      »Er wird in wenigen Minuten hier seyn.«

      »Er kommt hierher?«

      »Ja wohl.«

      »Freiwillig?«

      »Freiwillig oder gezwungen.«

      »Gezwungen?«

      »Ja, ich habe Befehl gegeben, ihn zu verhaften, und es muß bereits geschehen seyn.«

      »Tausend Donnerwetter!« fluchte der General und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Was haben Sie da gemacht?«

      »Ich glaubte, Herr General, einen so gefährlichen Menschen auf der Stelle unschädlich machen zu müssen.«

      »Gefährlich! Jetzt ist er weit gefährlicher, als er vor einer Viertelstunde war.«

      »Aber wenn er verhaftet ist?«

      »Er hat gewiß Zeit gehabt, seinen Freunden einen Wink zu geben. Die Prinzessin wird gewarnt werden, ehe wir eine Stunde Weges von hier entfernt sind. Wir können uns noch glücklich schätzen, wenn sie uns nicht die ganze Bevölkerung auf den Leib gehetzt haben, so daß wir hier keinen Mann der Garnison entbehren können.«

      »Vielleicht ist es noch Zeit,« sagte der Unterpräfect, an die Thür eilend.

      »Ja, laufen Sie! Mille tonnerres! es ist nicht mehr Zeit!« Man hörte wirklich ein immer lauter werdendes dumpfes Getöse, welches bald zum furchtbaren Geschrei wurde.

      Der General öffnete das Fenster.

      Hundert Schritte vom Gasthofe bemerkte er die Gendarmen, welche Jean Oullier gebunden in ihrer Mitte herführten.

      Die schreiende, drohende Menge strömte von allen Seiten herbei, so daß sich die Gendarmen nur langsam und mit Mühe durchdrängen konnten.

      Sie hatten indes von ihren Waffen noch keinen Gebrauch gemacht; aber es war keine Minute zu verlieren.

      »Es ist jetzt nicht mehr zu ändern,« sagte der General, indem er schnell seinen Ueberrock ablegte und seine Uniform anzog. »Mein Pferd, mein Pferd!« rief er seinem Secretär zu. »Sie, Herr Unterpräfect, lassen Sie die Nationalgarde ausrücken – wenn’s hier eine gibt – aber es darf ohne meinen Befehl kein Gewehr gesenkt werden.«

      Ein Capitän erschien.

      »Sie, Herr Capitän,« fuhr der General fort, »stellen Sie Ihre Leute im Hofe auf. Meine zwanzig Reiter sollen aufsitzen. Jeder Mann erhält Lebensmittel auf zwei Tage und fünfundzwanzig Patronen. Halten Sie sich bereit, auf das erste Zeichen auszurücken.«

      Der alte General, der sein ganzes Jugendfeuer wieder gefunden hatte, ging fluchend in den Hof hinunter, und ließ das Hausthor öffnen.

      »Wie,« sagte der Unterpräfect, »Sie wollen den wüthenden Menschen doch nicht allein entgegentreten?«

      »Allerdings. Morbleu! ich muß ja meine Leute aus der Klemme ziehen. Platz da! es ist jetzt nicht Zeit zu sentimentalen Reden.«

      Sobald das Hausthor offen war, gab der General seinem Pferde die Sporen und sprengte hinaus, mitten in das Gewühl.

      Das plötzliche Erscheinen des stattlichen, muthigen, alten Kriegers in der glänzenden Uniform wirkte wie ein elektrischer Schlag auf die Volksmenge. Das Schreien und Toben hörte auf, die hocherhobenen Stöcke senkten sich, die dem General zunächst stehenden Bauern nahmen die Hüte ab, die dichtgedrängten Reihen thaten sich auf, und der General konnte den Gendarmen entgegenreiten.

      »Was gibts denn?« fragte er so laut, daß man’s aus dem ganzen Markte hören konnte.

      »Sie bringen den Jean Oullier gebunden,« sagte eine Stimme.

      »Und Jean Oullier ist ein braver Mann!« rief eine andere Stimme aus der Menge heraus.

      »Man soll nur Spitzbuben und keine ehrlichen Leute verhaften,« sagte ein Dritter.

      »Still!« sagte der General mit seiner dröhnenden Commandostimme. »Wenn Jean Oullier ein braver, ehrlicher Mann ist, so wird er wieder frei gelassen; wenn er einer von denen ist, die Euch betrügen und eure guten, biederen Gesinnungen mißbrauchen wollen, so wird er bestraft. Haltet Ihr es denn für ungerecht, die zu bestrafen, welche das Land wieder in so schrecklichen Unglück stürzen wollen, wie die alten Leute unter Euch schon erlebt haben?«

      »Jean Oullier ist ein friedlicher Mann, der Niemand etwas zu Leide thut,« sagte eine Stimme.

      »Was fehlt Euch denn?« fuhr der General fort, ohne sich um die Unterbrechung zu kümmern, »eure Religion ist ja die unserige, eure Priester stehen, wie eure Güter, unter dem Schutze der gemeinsamen Gesetze; noch nie ist euer Wohlstand so blühend gewesen.«

      »Das ist wahr,« sagte ein junger Bauer.

      »Hört daher nicht auf die schlechten Franzosen, welche, um ihre selbstsüchtigen Leidenschaften zu befriedigen, alle Schrecken des Bürgerkrieges auf das Land herabbeschwören wollen. Soll man Euch an die schon erduldeten Leiden und Drangsale erinnern? Soll man von der Ermordung eurer Greise, Mütter, Weiber, Kinder, von der Verwüstung eurer Felder, von dem Niederbrennen eurer Hütten sprechen?«

      »Das haben die Blauen gethan!« rief eine Stimme aus der Menge.

      »Nein, nicht die Blauen, fuhr der General fort, »es ist die Schuld derer, die Euch zu jenem unsinnigen Kampfe getrieben haben. Damals war der Kampf unsinnig, jetzt wäre er frevelhaft; damals gab es wenigstens einen Vorwand, der jetzt ganz fehlt.«

      Dabei trieb der General sein Pferd immerfort auf die Gendarmen zu, welche ihrerseits alle Kräfte aufboten, um zu dem General zu gelangen.

      Dies wurde ihnen um so eher möglich, da seine Worte einen sehr merklichen Eindruck auf einige Bauern machten. Einige schauten stumm vor sich nieder, andere theilten ihren Nachbarn ihre dem Anscheine nach beifälligen Bemerkungen mit.

      Aber je weiter der General in dem Kreise vordrang, der die Gendarmen und ihren Gefangenen umgab, fand er die Haltung der Landleute drohender. Die zunächst stehenden waren sehr zornig; dies waren offenbar die Bandenführer, die Hauptleute von Pfarrbezirken.

      Diesen gegenüber wäre alle Redekunst fruchtlos geblieben; sie waren fest entschlossen, keinen Vorstellungen Gehör zu geben, und dies auch den Andern unmöglich zu machen: sie schrien