Название | Die Fünf und Vierzig |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Diesmal hatte der Diener sein Gesicht völlig in seine Capuce gehüllt.
»Es ist diesen Morgen sehr kalt,« sagte er, um seine geheimnißvolle Vorsicht zu verbergen oder zu entschuldigten.
»Ein eisiger Nordwind, mein Nachbar,« erwiederte Chicot, der sich stellte, als schaute er den andern nicht an, um es ihm bequemer zu machen.
»Ich höre, mein Herr,« sprach der Unbekannte.
»Ich verreise,« sagte Chicot.
»Ihr habt mir schon die Ehre erwiesen, mir dies mitzuteilen.«
»Ich erinnere mich dessen vollkommen; aber indem ich abreise, lasse ich Geld zurück.«
»Desto schlimmer, mein Herr, desto schlimmer, nehmt es mit.«
»Nein, der Mensch ist schwerfälliger und minder entschlossen, wenn er seine Börse zugleich mit seinem Leben zu retten sucht. Ich lasse all mein Geld wohl verborgen hier, so wohl verborgen, daß ich nur das Unglück eines Brandes zu befürchten habe. Wenn mir das begegnete, wollt das Verbrennen eines gewissen dicken Balken beobachten, von dem Ihr dort rechts das in Gestalt eines Drachenkopfes geschnitzte Ende erblickt… beobachtet, sage ich, und sucht in der Asche.«
»In der That, mein Herr,« entgegnete der Unbekannte mit sichtbarer Unzufriedenheit, »Ihr belästigt mich ungemein. Diese vertrauliche Mittheilung wäre besser bei einem Freunde angebracht, als bei einem Mann, den Ihr gar nicht kennt, den Ihr nicht kennen könnt.«
Während er diese Worte sprach, befragte sein glänzendes Auge die häßliche Grimasse von Chicot.
»Es ist wahr,« sprach dieser, »doch ich habe großes Zutrauen zu den Physiognomien, und ich finde, daß Eure Physiognomie die eines ehrlichen Mannen ist.«
»Bedenkt, mein Herr, welche Verantwortlichkeit! Ihr mir aufbürdet. Kann nicht diese ganze Musik meiner Gebieterin eben so ärgerlich sein, als sie Euch ärgerlich gewesen ist, und können wir nicht deshalb die Wohnung verändern?«
»Nun wohl! dann ist Alles abgethan, und ich werde mich nicht an Euch halten, Nachbar.«
»Ich danke für das Vertrauen, das Ihr einem armen Unbekannten beweist,« sagte der Diener sich verbeugend, »ich werde mich desselben würdig zu zeigen suchen.«
Und er grüßte Chicot und ging wieder hinein.
Chicot grüßte ihn seinerseits liebevoll und sprach, als er sah, daß die Thüre wieder hinter ihm geschlossen war:
»Armer junger Mann, diesmal ist es ein wahres Gespenst, und ich habe ihn doch so heiter, so lebendig, so schön gesehen!«
Drittes Kapitel
Die Priorei der Jacobiner
Die Priorei, welche der König Gorenflot geschenkt hatte um ihn für seine redlichen Dienste und besonders für seine glänzende Beredtsamkeit zu belohnen, lag ungefähr zwei Büchsenschüsse jenseits der Porte Saint-Antoine.
Es war damals ein sehr vornehm besuchtes Quartier, das Quartier der Porte Saint-Antoine, der König kam häufig nach dem Schlosse von Vincennes, das man in jener Zeit Bois de Vincennes nannte.
Einige kleine Häuser von vornehmen Herren mit reizenden Gärten und prächtigen Höfen bildeten auf dem Wege dahin gleichsam eine Zugehör des Schlosses und man gab sich hier viele Rendezvous, wobei trotz der Manie, sich mit Staatsangelegenheiten zu beschäftigen, welche damals der geringste Bürger hegte, die Politik streng ausgeschlossen war.
Folge der Hin- und Herfahrten des Hofes war, daß diese Straße verhältnißmäßig die Wichtigkeit hatte, welche heut zu Tage die Champs-Elisées haben.
Man muß gestehen, es war dies eine schöne Lage für die Priorei, welche sich stolz rechts vom Wege nach Vincennes erhob.
Diese Priorei bestand aus einem Viereck von Gebäuden, das einen ungeheuren, mit Bäumen bepflanzten Hof enthielt, und es gehörten dazu außer dem Gemüsegarten, der hinter dem Viereck lag, eine Menge von Gebäulichkeiten und Gartenstücken, die der Priorei die Ausdehnung eines Dorfes gaben.
Zweihundert Jacobinermönche bewohnten die Schlafsäle, welche im Hintergrunde des Hofes parallel mit der Straße lagen.
Auf der Vorderseite verliehen vier Fenster, mit einem einzigen eisernen, an diesen Fenstern hinlaufenden Balcon, den Gemächern der Priorei Luft, Licht und Leben.
Einer Stadt ähnlich, von der man annimmt, sie könnte in Belagerungszustand versetzt werden, fand die Priorei in sich alle ihre Mittel auf den zinspflichtigen Grundgebieten von Charonne, Montreuil und Saint-Mandé. Ihre Weiden machten eine stete vollzählige Herde von fünfzig Ochsen und neun und neunzig Schafen fett; die religiösen Orden durften, war dies nun Ueberlieferung oder geschriebenes Gesetz, nichts zu hundert besitzen.
Ein eigener Palast beherbergte auch neun und neunzig Schweine von einer besonderen Gattung, welche mit Liebe und hauptsächlich mit Eigenliebe ein von Dom Gorenflot erwählter Fleischer auszog.
Diese ehrenvolle Wahl hatte der Fleischer den ausgezeichneten farcirten Ohren, den Fleischwürsten und den Blutwürsten mit Zipollen9 zu danken, welche er einst dem Gasthause zum Füllhorn lieferte. Erkenntlich für die guten Mahle, die er bei Meister Bonhomet gemacht hatte, trug Dom Modeste so die Schulden von Gorenflot ab.
Es ist nicht nöthig, von den Officen und vom Keller zu sprechen. Das Spalier der Priorei gab, gegen Osten und Süden liegend, unvergleichliche Pfirsiche, Aprikosen und Trauben; überdies wurden Conserven von diesen Früchten und Zuckerteige von einem gewissen Bruder Eusèbe bereitet, der den berühmten Confectfelsen verfertigt hatte, den das Stadthaus von Paris den beiden Königinnen bei seinem letzten Festmahl angeboten.
Den Keller hatte Gorenflot, alle die von Burgund leerend, selbst versorgt, denn er hegte die allen wahren Trinkern angeborene Vorliebe, welche sich auf ihre Behauptung gründet, der Burgunder sei derjenige Wein, den man wahrhaft Wein nennen könne.
Im Schooße dieser Priorei, einem wahren Paradies der Müßiggänger und der Wohlschmecker, in der kostbaren Wohnung, deren Balcon auf die Straße geht, finden wir Gorenflot wieder, geschmückt mit einem Kinn mehr und mit jenem ehrwürdigen Ernste, welchen die beständige Gewohnheit der Ruhe und des Wohlbehagens auch den gemeinsten Gesichtern verleiht.
In seinem schneeweißen Gewande, mit dem schwarzen Kragen, der seine breiten Schultern warm hält, hat Gorenflot nicht mehr so viel Freiheit der Bewegung, als in seinem einfachen grauen Mönchkleide, aber er hat mehr Majestät.
Breit wie eine Schöpfenkeule, stützt sich seine Hand auf einen Quartanten, den sie völlig bedeckt; seine dicken Füße drücken einen Wärmer nieder und seine Arme sind nicht mehr lang genug, um einen Gürtel für seinen Bauch zu bilden.
Es hat so eben halb acht Uhr geschlagen. Der Prior, ist zuletzt aufgestanden; er pflegt die Regel zu benützen, welche dem Obersten eine Stunde Schlaf mehr gestattet, als den Mönchen, doch er setzt seine Nacht ruhig und gemüthlich in einem Lehnstuhle mit Ohren fort, der so weich ist wie Eiderdun.
Die Ausstattung des Zimmers, worin der würdige Abt schläft, ist mehr weltlich als religiös: ein Tisch mit gedrehten Füßen und mit einem reichen Teppich bedeckt, religiöse Gemälde galanter Art, eine seltsame Mischung von Liebe und Devotion, welche man nur in jener Zeit in der Kunst findet, kostbare Gefäße für die Kirche oder die Tafel auf Schenktischen, an den Fenstern große Vorhänge von venetianischem Brokat, trotz ihres Alters glänzender, als die theuersten neuen Stoffe, dies sind im Einzelnen die Reichthümer, deren Besitzer Dom Gorenflot durch die Gnade Gottes, des Königs und besondere Chicot’s geworden war.
Der Prior schlief also in seinem Lehnstuhl, während ihm der Tag seinen gewöhnlichen Besuch machte und mit seinen silbernen Lichtern die purpurnen und perlmutterartigen Töne auf dem Gesichte des Schläfers liebkoste.
Die Stubenthüre öffnete sich sachte und zwei Mönche traten ein, ohne den Prior aufzuwecken.
Der Erste war
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Zwiebeln