Название | Der Secretair der Marquise Du-Deffand |
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Автор произведения | Александр Дюма |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Meine Mutter, eine gute und liebenswürdige Frau, hatte nur einen Fehler, und dieser bestand in ihrer Schwachheit, ein Fehler, der ihr selbst und andern schrecklich war. Er vernichtete vortreffliche Eigenschaften, er machte sie unfähig Gutes zu thun, obgleich man einige Neigung dazu hatte, und autorisierte das Böse geschehen zu lassen, worüber man seufzte, weil man nicht die Kraft hatte, es zu verhindern.
Durch meine Mutter war ich mit den Choiseuls verwandt, und dieser Umstand bewirkte eine innige Freundschaft mit dem Minister und seiner so vollendeten Gattin, wovon zu sprechen ich noch oft Gelegenheit haben werde.
Ich hatte eine Schwester und zwei Brüder; einer von ihnen war älter, der andere war jünger als ich. Meine Schwester war die älteste. Ich bin mit ihr wenig in meinem Leben in Berührung gekommen, da wir nicht zu einander paßten.
Meine ersten Jahre verlebte ich in Chamrond. Ich ward verzogen, denn ich war ein sehr hübsches Kind, und man fand mich geistreich.
Ich erinnere mich alles dessen nicht sehr genau mehr; ich war nur wenig bei meinen Eltern. Man ließ uns auf den großen Wiesen spielen, wo wir nach Gefallen laufen und springen konnten, während mein Vater ein Anhänger der Freiheit und der Bewegungen jener Zeit war. Diese grünen und blühenden Wiesen von Chamrond sind eine jener Luftspiegelungen von einst, die mich am meisten verfolgen. Ich habe viel andere Auen gesehen, ich habe so manchen Duft eingeathmet – ich habe sie leider vergessen, wie man Alles vergißt. Aber jetzt, wo sich eine ewige Nacht um mich verbreitet hat, finde ich sie in meiner Erinnerung noch eben so frisch, eben so reizend, als in den Tagen der Unschuld, wo die Zukunft sich so lang und so süß eröffnet. Diese Zukunft hat eins, ihrer Versprechen gehalten, aber dies ist das grausamste für mich! Die erste Erziehung meiner Brüder und meiner Schwester war ungenügend, trotz der beiden Abbe's und einer Art von Gouvernante, die man ihnen gab. Mich bestimmte man für ein Kloster, in das ich sobald als möglich eintreten sollte, da man wünschte, daß ich mich der Religion widmen möge.
Mein Vater kannte einige heilige Seelen unter den Frömmlern in Paris, obgleich er selbst nichts weniger als fromm war und es ihm sauer ankam, sich den nöthigen Erfordernissen zu unterwerfen.
Er ging mitunter nach Versailles, um dort seine Aufwartung zu machen; er stieg in die Carossen Seiner Majestät, wie dies sein Recht war, und kam nach Chamrond zurück, das meine Mutter niemals verließ.
Wir hatten eine Tante, die wie ich Fräulein von Chamrond hieß, eins der interessantesten Mädchen, die ich je kennen gelernt habe.
Sie hat sich nicht verheirathet, zunächst weil sie nicht viel Männer finden sonnte, und dann, weil sie wenig danach gesucht hat.
Man wollte eine Stiftsdame aus ihr machen; aber sie widersetzte sich dem, denn sie zog es vor, frei zu bleiben und ihren Bruder nicht zu verlassen, für den sie eine Art Leidenschaft hegte.
Fräulein von Chamrond war bucklig, auffallend bucklig, aber sie hatte ein liebliches Köpfchen und die schönsten Augen in der Provinz. Sie war unendlich geistreich, und schrieb fast eben so gut als Frau von Sevigné, was auch Herr Walpole, der enthusiastische Verehrer von der, die er unsere Frau von Livry nennt, davon sagen möge. Wenn er zu ihrer Zeit gelebt hätte, so weiß ich nicht, was von der göttlichen Marquise noch hinzugekommen wäre, aber er würde diese so gepriesene Tugend gewiß angegriffen haben.
Meine Tante war nun zwar nicht Frau von Sevigné, aber sie hatte sie gekannt und unterhielt eine ziemlich unausgesetzte Verbindung mit Bussy-Rabutin, dessen ich mich noch sehr deutlich erinnere. Beide waren aus unserer Provinz.
Frau von Sevigné war in dem Jahre meiner Geburt gestorben, aber ihr Cousin überlebte sie.
Ich sehe ihn von hier aus. Er hatte sich in seinem Alter noch einen stolzen Gang, einen zurückgeworfenen Schnurrbart, einen groben Ton und die Manieren eines spanischen Kapitains bewahrt, welche der Jugend Anlaß zum Lachen gaben. Dessen ungeachtet galt er viel bei den bejahrten Leuten; er hatte Erinnerungen von mehr als einer Art, er erzählte sie gut, und seine Unterhaltung war eine sehr angenehme, wenn man die Uebertreibung in seinen Redensarten und die gute Meinung, die er von sich selbst hegte, davon wegnahm.
Seine Tochter, Frau von La Riviere, hatte tausend sehr bekannte Abenteuer. Man klagt ihn an, daß er in sie verliebt und eifersüchtig gewesen sei.
Ich weiß nicht, ob dies wahr ist, und meine Tante glaubt durchaus nicht daran; sie duldet nicht, daß man in ihrer Gegenwart davon spricht. Außer ihrer Freundschaft und ihrer geistigen Beziehung zu Herrn von Rabutin, hat meine Tante noch einen Grund, um auf diese Familie Etwas zu halten.
»… Um bucklig zu sein, bleibt man nichts destoweniger doch Frau.«
Seit achtzehn Jahren hegte sie eine romantische Leidenschaft zu einem schönen Grafen von Toulongeon, den Cousin Bussy's. Eine solche Leidenschaft findet man nur in den Büchern, sie hat fast immer einen traurigen Ausgang.
Sie sahen sich oft, da sie Nachbarn und Verbündete waren. Herr von Toulongeon war ebenfalls noch sehr jung, er vergaß über dem schönen Gesichte, dem feinen Geiste und dem sanften Charakter meiner Tante den Buckel. Er verliebte sich in sie, und wollte sie heirathen.
Aber Fräulein von Chamrond war kein gewöhnliches Mädchen, sie besaß die übertriebenen Ideen einer frommen und zärtlichen Seele, die an Exaltation grenzten. Sie weigerte sich hartnäckig, obgleich beide sich darüber ein Wenig grämten.
Vergebens bat er sie, vergebens ließ er sie durch seine Verwandten und Freunde bitten – sie blieb unbeugsam.
– Ein Mädchen wie ich, sagte sie, verheirathet sich nicht, um in ihrem Geschlechte eine bejammernswerthe Gebrechlichkeit fortzusetzen, um ein Gegenstand der Lächerlichkeit zu werden, und diese Lächerlichkeit auch auf den Mann zurückfallen zu lassen, dessen Namen sie trägt. Je theuerer er ihr ist, je weniger darf sie ihn, einen solchen Makel aufbürden. Es ist wahr, ich liebe Herrn von Toulongeon, und ich bin die unglücklichste Person von der Welt, daß ich ihm diesen Schmerz aussprechen muß. Um so schlimmer für mich, wenn mein Herz thöricht fühlt, es wird dafür bluten müssen.
– Aber, mein Fräulein, antwortet man ihr, diese schöne Widersetzlichkeit wird Einen wie den Andern der Verzweiflung preisgeben.
– Gewiß, wir werden verzweifeln; aber nur für kurze Zeit. Er wird für das, was er verliert, Besseres finden und sich trösten. Ich, ich werde ihn immer lieben, und diese Liebe wird genügen, mich glücklich zu machen. Ich werde mich mit ihm beschäftigen, werde das Glück genießen, dessen er sich erfreut, und dies wird mir viel mehr sein, als ob ich es selbst besäße.
– Sehen Sie denn nicht, daß er Sie anbetet, mein Fräulein, und daß Sie Nichts wagen, wenn Sie ihn erhören?
– Ich sehe, daß er nicht gemacht ist, um über seine Frau zu erröthen, und daß es leicht dahin kommen wird, mich nicht mehr zu lieben, oder darüber zu leiden, daß er mich weniger liebt. Sprechen Sie nicht mehr davon.
Da meine Tante keine Frau werden konnte, ward sie ein Engel, dessen Leben Andern gehörte; sie weihte sich dem Glücke Aller.
Sie liebte uns und behandelte uns besser als unsere Mutter, so gut diese auch war. Sie sorgte für die Armen, indem sie ihnen von ihrem Vermögen gab; sie besuchte die Kranken, betete zu Gott, ohne Ostentation, und nie hat es wohl eine duldsamere Frömmigkeit gegeben, als die ihrige. Ihre Beziehungen zu dem Grafen von Toulongeon blieben gleich freundschaftlich und wohlwollend.
Sie wohnte seiner Verheirathung bei und besuchte sehr oft die Gräfin und ihre Kinder, ohne je die Gefühle zu verbergen, die sie bewahrte.
Das ganze Land verehrte sie wie eine Heilige. Sie war um so bescheidener dafür.
Als ich das sechste Jahr vollendet hatte, führte mich diese gute Tante nach Paris in das Kloster Madeleine du Traisnel, wo man sagte, daß ich aufgenommen werden solle, um zu prüfen, wozu ich berufen sei. Fräulein von Chamrond war nicht der Ansicht, daß man mich einsperrte, aber mein Vater wollte es durchaus, und das beste Mittel, ihn von seinem Willen zurückzubringen war, sich ihm vor der Hand zu fügen. Ich folgte also der über mich geschlossenen Bestimmung, bis es mir gestattet sein würde, eine andere nach meinem Gefallen