Gabriele. Александр Дюма

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Название Gabriele
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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selbst wieder zu verhindern und zu zerstören ist; es ist eine unbekannte Gewalt: es ist noch nicht die Liebe, aber das Vorgefühl derselben. Das unbefangene Kind und der gelangweilte junge Mann hatten einen Augenblick diesen unwillkürlichen Eindruck Beide empfunden; er versöhnte den jungen Mann mit dieser Heirath, an die er früher nur mit Widerstreben dachte, und bei dem jungen Mädchen weckte er eine lebhafte freudige Theilnahme an den Plänen ihrer Mutter, und in diesem Augenblicke erfüllten sich die stolzen Pläne zweier liebenden Mütter durch einen sympathetischen Zug zweier liebender Herzen.

      Die Marquise stand auf: ihr mütterliches Herz empfand mit weiblicher Feinheit, daß sie ihrem Enkel den Einfluß der sanften Worte Gabrielens bewahren müsse, und sie endete die Zusammenkunft durch einen Gruß an Madame Rémond, in welchen sie die möglichste Freundlichkeit zu legen suchte, um ihr dadurch zu erkennen zu geben, daß die Heirath beschlossen sei. Es blieben nur noch die einzelnen Umstände und die Zeit zu bestimmen. Also vereinigten sich die Bestrebungen Simons, der große Hochmuth der Madame Rémond und die Pläne der Marquise zu Einem Resultate, und das wilde Mädchen sollte Herzogin von Mauléon werden. Von dem Grafen von Rhinville geführt und von ihrem Enkel gefolgt, verließ die Marquise von Fontenoy-Mareuil den Salon, und Madame Rémond tröstete sich durch den Eindruck, den ihr reicher Putz unfehlbar gemacht haben mußte, über die wenige Gelegenheit, die sie gehabt hatte, die Fülle ihrer Beredsamkeit zu ergießen. Die Priorin des Klosters, die den Austritt der Marquise aus dem Salon abgewartet hatte, kam ihr im Hofe entgegen, um sie bis zum Wagen zu begleiten; während sie einige höfliche Redensarten wechselten, hafteten die Augen des jungen Mannes an einem Fenster des zweiten Stockwerkes, und als die Marquise fortgehen wollte, mußte sie ihren Enkel zweimal rufen, um ihn der Beobachtung, die ihn mitten auf dem Hofe festhielt, zu entziehen.

      Hinter einem Fenster zeigte sich nämlich ein von blonden Locken umwalltes, blasses, schwermütiges Gesicht, das ihn verstohlen betrachtend und eine Thräne trocknend sich herabneigte; und dieses Gesicht war das der sanften, bleichen Elénore, des furchtsamen, zitternden jungen Mädchens, das die ausgelassene Gabriele, bei der Ankunft der Marquise, aus einen Augenblick in den Salon gezogen hatte.

      In dem Augenblicke, als die Thür sich öffnete. um der Marquise den Durchgang zu gewähren, erschien statt der Equipage des Grafen von Rhinville eine elegante Kalesche vom neuesten Geschmack, in die soeben mit Hilfe eines Bedienten eine noch junge Dame stieg, deren zierliche jugendliche Toilette den eigenthümlichen Pariser Anstrich hatte, dessen unnachahmlicher Reiz schwer zu zergliedern ist. Sie erblickend, sagte die Marquise voll Verwunderung:

      »Frau von Savigny hier, zu dieser Stunde!«

      Diese bemühte sich, einige Ueberraschung bei Erblickung der Marquise und ihres Enkels zu zeigen; aber bei genauer Beobachtung konnte man leicht errathen, daß ihr deren Aufenthalt in diesem Kloster wohl bekannt war, und daß es nicht bloßer Zufall war, daß sie beiderseits zu gleicher Zeit das Kloster verließen. Es lag sogar in dem gezwungenen, unzufriedenen Blicke, mit dem sie den jungen Mann maß, eine ganze Folge von Fragen oder vielmehr Vorwürfen über die Veranlassung dieses Besuches. Indessen wechselten sie einige unbedeutende verbindliche Redensarten, durch die Frau von Savigny der Marquise in Erinnerung brachte, daß sie in diesem Kloster erzogen war, und wobei sie ihr anbot, in ihrem Wagen mit nach Hause zu fahren; diese aber wollte den Grafen, durch dessen Gefälligkeit sie hergekommen war, nicht verlassen, und ungeachtet sich in den Augen der Frau von Savigny der lebhafte Wunsch, von Herrn von Mauléon begleitet zu werden, aussprach, so wagte sie doch nicht, dem jungen Manne diesen Vorschlag zu machen. Dieser schien überdem sehr bemüht, jede Gelegenheit, ihr einige Worte insgeheim sagen zu können, zu vermeiden. Frau von Savigny stieg allein in ihren Wagen, ließ den an ihrem weißen Hute befindlichen Spitzenschleier über ihr schon etwas verblühtes Gesicht fallen, lehnte oder vielmehr versenkte sich in die Kissen, faltete ihre zarten Hände mit Resignation, und vertiefte sich in jene Art von Träumereien, deren trübe Bitterkeit nicht ohne Reize ist, obgleich Leiden sie veranlassen und Entmuthigung ihnen folgen.

      Sie war dreißig Jahre alt.

      In dem Alter von dreißig Jahren hat alle Klugheit und Einsicht, die der Himmel einer Frau gegeben hat, den höchsten Grad ihrer Stärke und ihres Umfanges erreicht; dieses Alter ist das der höchsten physischen und moralischen Kraft; es ist der Punkt der vollendeten Entwickelung aller bis dahin im Wachsen und der Ausbildung begriffenen Fähigkeiten, und ist auch das Alter, wo die Schönheit die höchste Gewalt hat und den mächtigsten Reiz ausübt. Wie kommt es denn, daß man auf den umwölkten Stirnen so vieler Frauen dieses Alters einen Ausdruck von Schwäche, ja selbst von bitterem Schmerz sieht? Warum zeigen ihre abgemagerten Züge, ihre schon verblühten Wangen, die Spuren tausend heftiger innerer Bewegungen? Warum scheinen ihre, gebrechlichen Körper Leidende Seelen zu umschließen? Hat eine Frau in dem Alter schon die Freuden und Gefahren der Welt, die Wonnen und Schmerzen des Herzens, die Vorzüge und die Nachtheile der Schönheit kennen gelernt? Weiß sie schon, was die Gesellschaft Ehrenvolles und Nichtswürdiges bietet, was sie für Opfer verlangt und welches ihre Entschädigungen sind? Und diese verschiedenen Bilder verdrängen und verlöschen in der Seele die einfachen, reinen und trostreichen Eindrücke, die der Himmel der Jugend zur Stütze ihrer Schwäche gewährt! Die Fesseln der Moral und der Religion sind in den Stürmen der Leidenschaften zerbrochen! Die Leidenschaften sind zuletzt auch entflohen und alle süßen Täuschungen mit ihnen, und haben nichts zurückgelassen, als den Ueberdruß an der Vergangenheit, die Furcht vor der Zukunft, die Überzeugung von der Unbeständigkeit dieses und die Ungewißheit im Betreff des zukünftigen Lebens.

      Frau von Savigny schien alle diese traurigen Einflüsse erlitten zu haben, denn ihr melancholisches Wesen zeigte noch den Eindruck derselben. Sie legte also den Weg von der Poststraße bis zu der Universitätsstraße, wo sie wohnte, traurig und sorgenvoll zurück, während die Marquise in dem Wagen des Grafen zurückkehrend, zufrieden genug mit der Tochter war, um die Mutter darüber zu vergessen, und während Yves, um durch Bewegung die seinen Geist beunruhigenden tausend widerstreitenden Gedanken zu bannen, zu Fuß nach Hause ging. bewegte sich nicht Alles vor dem Spiegel seiner Seele! Das bleiche Gesicht Elénorens, die heiteren, frischen Farben Gabrielens, das traurige Lächeln der Frau von Savigny! Die Erinnerung an Simon, diesen sonderbaren Mann, der diese Heirath für ihn eingeleitet hatte; die Hoffnungen seiner Großmutter, seine eigenen Pläne – oder vielmehr das Nichtvorhandensein aller eigenen Pläne, das ihn dem Willen Anderer unterwarf! Es waren eine Menge Erinnerungen – Bande, die ihn an die Vergangenheit fesselten, ohne ihm auch nur einen Wunsch, eine Hoffnung, ein Interesse für die Zukunft zu lassen, die die verächtliche Gleichgültigkeit, die seinen Zügen eingeprägt war, hätten verscheuchen können. Er hatte viel gelebt, das heißt, er hatte in wenig Jahren sich mit einer Menge Empfindungen und Verhältnissen umgeben, die sich nur gebildet hatten, um schnell zerstört zu werden; er hatte Wesen in sein Geschick verflochten, um sie bald wieder aus seinem Herzen und Gedächtniß zu verstoßen! Er hatte viel gelebt, weil er in wenigen Jahren eine Menge Freuden genossen hatte, die hingereicht hätten, manchem Anderen seine ganze Lebenszeit zu schmücken; weil er seine Freunde und seine Geliebten gewechselt hatte; weil er Alles versucht, Alles genossen hatte, ohne Vortheil für sich oder Andere daraus zu ziehen; weil er seine Zeit vergeudet hatte, um seine Genüsse zu verderben, seine Wünsche abzunutzen, seine Täuschungen zu zerstören: kurz, es blieb seiner Seele weder eine schone Hoffnung, noch eine wahrhafte Empfindung; er hatte keinen heiligen Glauben, keine kindliche Unbefangenheit mehr. Und das nannte er viel gelebt haben!

       Drittes Kapitel

      Yves von Mauléon

      Um den aus sehr verschiedenen Nuancen zusammengesetzten Charakter des jungen Herzogs Yves von Mauléon beurtheilen zu können, muß der Leser wissen, wie er bisher gelebt hatte.

      Ein Tag war wichtig in seinem Leben: der fünfundzwanzigste July 1830.

      Es war für ihn ein wirklich sehr schöner Tag.

      Um fünf Uhr Morgens war er schon aufgestanden, obgleich er die Nacht wenig geschlafen hatte; die Gedanken, die sich in seinem Geiste drängten, erregten ihn zu sehr, aber alle diese Gedanken waren beglückend, glänzend und heiter.

      Yves von Mauléon war eben achtzehn Jahr alt geworden; er kam aus der Militairschule, er war Offizier! An diesem Tage sollte er seine Uniform zum ersten Male anprobiren und dem Kriegsminister seinen Dank