La San Felice. Александр Дюма

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Название La San Felice
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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Erste, welchem das von uns so eben ausgeplauderte Geheimniß klar ward, war Don Antonio. Die Hartnäckigkeit, mit welcher der angehende Sattler, sobald er mit seiner Arbeit fertig war, an dem Fenster stand, welches auf die Terrasse, den Hof und den Garten des Stellmachers ging, schien diesem ein Umstand zu sein, welcher seine ganze Aufmerksamkeit verdiente. Er untersuchte die Richtung der Blicke seines Nachbars. Diese in Francesca’s Abwesenheit unbestimmten und ausdruckslosen Blicke wurden von dem Augenblicke an, wo sie die Bühne betrat, so aufmerksam und beredt, daß die Francesca schon seit langer Zeit keinen Zweifel mehr über das Gefühl, welches sie eingeflößt, gelassen und bald auch ihrem Vater keinen mehr ließen.

      Ungefähr sechs Monate waren vergangen, seitdem Fra Michele bei Giansimone in die Lehre getreten, als Don Antonio diese Entdeckung machte.

      In Bezug auf seine Tochter beunruhigte diese Entdeckung ihn weiter nicht, denn er hatte sie deswegen befragt und sie hatte erklärt, sie habe gegen Pezza durchaus nicht zu erinnern, ihre Liebe aber gehöre Peppino.

      Da diese Liebe ganz den Absichten entsprach, die Don Antonio mit seiner Tochter hatte, so erklärte er sich vollkommen damit einverstanden. Nichtsdestoweniger aber glaubte er, Francescas Gleichgültigkeit sei kein genug am sicherer Schutz gegen die Unternehmungen dieses jungen Chierico.

      Er beschloß daher, die Entfernung desselben herbeizuführen.

      Es erschien ihm dies sehr leicht ausführbar.

      Stellmacher und Sattler sind Handwerker, die einander oft in die Hände arbeiten. Uebrigens waren Dom Antonio und Giansimone nicht blos Nachbarn, sondern auch Gevattern, was besonders im südlichen Italien ein großes Freundschaftsband ist.

      Don Antonio suchte daher Giansimone auf, setzte ihm die Lage auseinander und forderte ihn auf, ihm einen nicht wohl zu verweigernden Beweis von Freundschaft zu geben, und Fra Michele fortzujagen.

      Giansimone fand das Verlangen des Vaters seiner Pathe vollkommen gerecht und versprach es bei der ersten Gelegenheit zur Unzufriedenheit, die ein Lehrling ihm geben würde, zu befriedigen.

      Fra Michele schien aber wie Socrates einen vertrauten Genius zu haben, der ihm gute Rathschläge gab.

      Von diesem Augenblicke an ward nämlich Michele, der bis jetzt blos ein guter Lehrling gewesen, ein ganz ausgezeichneter Lehrling. Vergebens suchte Giansimone ihm einen Vorwurf zu machen. An seinem Fleiße gab es nichts auszusetzen. Er war seinem Meister täglich acht Stunden Arbeit schuldig, aber er gab ihm oft acht und eine halbe, zuweilen auch neun.

      Gegen die Arbeit, die er lieferte, ließ sich ebenfalls nichts erinnern. Er machte jeden Tag solche Fortschritte in seinem Handwerke, daß Giansimone höchstens insofern dadurch Ursache zur Unzufriedenheit erhielt, als die Kunden die von dem Lehrling gefertigten Arbeiten denen von dem Meister selbst gefertigten vorzuziehen begannen.

      Auch die Aufführung des Lehrlings war tadellos. Sobald er mit seiner Arbeit fertig war, ging er in seine Kammer hinauf, kam erst zum Abendessen wieder herunter, und ging, nachdem dieses vorbei war, wieder hinauf, um oben zu bleiben bis zum andern Morgen.

      Giansimone dachte daher schon daran, das Guitarrenspiel seines Lehrlings zum Vorwande zu nehmen und ihm zu erklären, daß die Töne dieses Instrumentes nachtheilig auf sein, des Meisters, Nervensystem einwirkten.

      Der junge Mann hörte aber von selbst auf, sich auf seinem Instrumente zu üben, sobald er bemerkte, daß gerade die Person, um derentwillen er spielte, ihm nicht zuhörte.

      Alle acht Tage beschwerte Don Antonio sich bei seinem Gevatter, daß er seinen Lehrling noch nicht fortgejagt, und auf jede dieser Klagen antwortete Giansimone, daß es in der nächstfolgenden Woche geschehen solle.

      Die nächstfolgende Woche verging aber und der Sonntag fand Fra Michele wieder an seinem Fenster und jeden Sonntag aufmerksamer ausschauend, als es am vorhergegangenen der Fall gewesen.

      Endlich entschloß Giansimone, von Don Antonio aufs Aeußerte getrieben, sich eines schönen Morgens, seinem Lehrling anzudeuten, daß sie sich trennen müßten und zwar so bald als möglich.

      Fra Michele ließ sich diese Andeutung zweimal wiederholen, dann heftete er ein klares, entschlossenes Auge auf das trübe und unsichere seines Lehrherrn und fragte:

      »Und warum müssen wir uns trennen?«

      »Nicht übel!« entgegnete der Sattler, indem er eine würdevolle Haltung anzunehmen suchte; »Du stellst mich zur Rede? Der Lehrling fragt den Meister aus!«

      »Dazu habe ich das Recht,« entgegnete Fra Michele ruhig.

      »Das Recht! das Recht!« wiederholte der Sattler erstaunt.

      »Ohne Zweifel. Wir haben ja einen Contract miteinander gemacht.«

      »Wir haben keinen Contract gemacht, unterbrach Giansimone, »ich habe nichts unterschrieben.«

      »Aber deswegen haben wir doch einen Contract miteinander gemacht. Um einen Contract zu machen, bedarf es nicht des Papiers, der Tinte und der Feder; unter ehrlichen Leuten genügt das Wort.«

      »Unter ehrlichen Leuten! unter ehrlichen Leuten!« murmelte der Sattler.

      »Nun, seid Ihr nicht ein ehrlicher Mann?« fragte Fra Michele in kaltem Tone.

      »Ja wohl, das versteht sich,« antwortete Giamsimone.

      »Nun gut denn, wenn wir ehrliche Leute sind, so sage ich nochmals, daß ein Contract zwischen uns besteht, ein Contract, welcher sagt, daß ich Euch als Lehrling dienen soll, daß Ihr eurerseits mich euer Handwerk zu lehren habt und daß Euch, dafern ich Euch nicht Grund zur Unzufriedenheit gebe, nicht das Recht zusteht, mich fortzuschicken.«

      »Ja, wenn Du mir nun aber Ursachen zur Unzufriedenheit gibt, wie dann?«

      »Habe ich Euch deren gegeben?«

      »Du gibst mir deren jeden Augenblick.«

      »Worin bestehen dieselben denn?«

      »Worin sie bestehen? Worin sie bestehen?«

      »Ich will sie Euch suchen helfen, wenn deren wirklich vorhanden sind. Bin ich faul?«

      »Nein, das kann ich nicht sagen.«

      »Bin ich unruhig oder zänkisch?«

      »Nein.«

      »Bin ich ein Säufer?«

      »Ach nein, Du trinkst ja blos Wasser.«

      »Bin ich ein Schwelger?«

      »Ach, das fehlte noch, Unglücklicher!«

      »Nun gut, da ich weder ein Schwelger, noch ein Säufer, noch ein Zänker, noch ein Faulenzer bin, welchen Grund zur Unzufriedenheit kann ich Euch sonst geben?«

      »Unsere Gemüthsarten passen nicht zusammen.«

      »Unsere Gemüthsarten passen nicht zusammen? Es ist jetzt das erste Mal, daß wir nicht einerlei Meinung sind. Uebrigens nennt mir die Fehler, die mein Charakter hat, und ich werde mich bemühen, dieselben abzulegen.«

      »Du willst doch nicht etwa behaupten, daß Du nicht starrköpfig seiest?«

      »Wohl weil ich nicht von Euch fort will?«

      »Du gesteht also, daß Du nicht von mir fort willst?«

      »Allerdings will ich nicht fort.«

      »Wenn ich Dich nun aber fortjage?«

      »Wenn Ihr mich fortjagt, so ist das freilich etwas Anderes.«

      »Dann wirst Du also gehen?«

      »Ja, aber da Ihr dann an mir eine Ungerechtigkeit begingt, die ich nicht verdient hätte, da Ihr dann mir eine Beleidigung zufügtet, die ich Euch nicht verzeihen würde –«

      »Nun?« fragte Giansimone.

      »Nun,« sagte der junge Mann, ohne seine Stimme auch nur um einen Ton zu erheben, obschon er Giansimone fester und unverwandter anblickte als je, »so wahr ich Michele Pezza heiße, so wahr würde ich Euch dann umbringen.«

      »Ja, er würde es thun!« rief der Sattler, indem er einen Schritt zurückprallte.

      »Nicht wahr, Ihr seid davon