Das Vermachtnis des Inka. Karl May

Читать онлайн.
Название Das Vermachtnis des Inka
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
isbn



Скачать книгу

man ihr nachkommen mußte. Die Toreadores kamen nach kurzer Zeit in der schon beschriebenen Weise herein, um den Kampf mit diesem letzten und gefährlichsten Gegner aufzunehmen. Dieses Mal war nur ein Espada vorhanden, nämlich Crusada aus Madrid, doch kam nach einigen Minuten Antonio Perillo nach. Er hinkte infolge seiner Verwundung, die allerdings nur eine leichte war, hielt es aber für ein Gebot der Ehre, trotz dieser Verletzung an dem Schauspiele mit teilzunehmen.

      Der Bison wurde zunächst von den Picadores umringt. Er blieb liegen, als ob sie gar nicht vorhanden wären. Da schleuderte einer von ihnen seine Lanze nach ihm. Sie fuhr einige Zoll tief in den Höcker. Da er sich so gleichgültig gezeigt hatte, hielten die Picadores es nicht für nötig, sich nach diesem Lanzenwurfe schnell zurückzuziehen; sie hatten sich geirrt. Kaum fühlte er die Verwundung, so sprang er zu gleichen Beinen und viel schneller auf, als man es bei seinem schwerfälligen Körperbau hätte für möglich halten können, und schoß auf den Angreifer los. Ehe dieser Zeit fand, sein Pferd zu wenden, hatte dieses die Hörner des Bison schon in den Weichen und wurde aufgehoben und so zur Seite geworfen, daß es auf seinen Reiter zu liegen kam. Mit derselben Schnelligkeit machte der Büffel eine Seitenbewegung, um auf den nächsten Picador einzudringen. Dieser floh; aber es zeigte sich, daß sein Pferd nicht schneller als der Bison war. Dieser stürmte hinterdrein, ohne auf die andern Picadores und Banderilleros zu achten, welche ihn mit ihren Lanzen und Stäben stören wollten. Er erreichte das Pferd und stieß ihm das eine Horn in die Seite, so daß es zum Stürzen kam und den Reiter aus dem Sattel warf. Der Büffel hatte es mehr auf den Mann als auf das Pferd abgesehen; ehe sich derselbe aufraffen konnte, war er erreicht, schwebte auf den Hörnern des ergrimmten Tieres, wurde in die Luft geworfen, wieder aufgefangen, abermals emporgeschleudert und dann unter den Füßen zerstampft. Der Mann schrie nicht, sondern brüllte um Hilfe; man wollte sie ihm bringen, aber der Büffel achtete nicht auf die neuen Angreifer und auf die Lanzen, die ihm durch die dicke Haut drangen; er ließ nicht vom dem Picador ab, bis dieser eine formlose Leiche war. Dann trat er um einige Schritte zurück und stieß ein Gebrüll aus, gegen welches dasjenige des Jaguars ein Kindergeschrei zu nennen war.

      Von allen Seiten wurde ihm Beifall zugerufen. Wer noch eine Blume hatte, warf sie ihm zu, und das Klatschen so vieler Hände machte einen beinahe betäubenden Eindruck auf die wenigen Personen, welche sich durch eine so wilde und blutige Scene abgestoßen fühlten.

      Der Bison schüttelte die Speere ab und sah sich nach einem neuen Opfer um. Er fand es nur zu bald und leicht. Der erste Picador war von einigen Banderilleros unter seinem Pferde hervorgezogen worden; er sollte fliehen, konnte es aber nicht, da er das Bein gebrochen hatte. Man mußte ihn, um ihn zu retten, forttragen. Drei Banderilleros hoben ihn auf, um sich schnell mit ihm zu entfernen; aber noch schneller war der Büffel hinter ihnen drein, und was nun folgte, geschah in noch viel kürzerer Zeit, als man zur Beschreibung desselben bedarf. Man sah den wütenden Stier mit Kopf und Nacken in die Gruppe fahren und dieselbe auseinander schleudern; dann folgten Hörnerstöße nach rechts und links, ein schrecklich zu vernehmendes Stampfen der Füße – einer der Banderilleros vermochte sich zu retten; zwei blieben liegen, und auch der Picador war tot. Ein junger, mutiger Banderillero riß einem Picador die Lanze aus der Hand und sprang von hinten auf den Büffel ein, um sie ihm in den Leib zu rennen. Das Tier aber hatte seine Absicht bemerkt, warf sich blitzschnell herum und senkte den Kopf zum Stoße. Die Lanze glitt an dem eisenfesten Hörnergrunde ab, und im nächsten Augenblicke wurde der tapfere Fechter in die Luft geschleudert, um dann unter die Hufe des Siegers zu kommen.

      Dann rannte der Bison im Galopp, und nach neuen Opfern brüllend, in der Arena umher. Entsetzen packte die Toreadores. Sie flohen nach allen Seiten. Wer nicht durch das rasch geöffnete Thor entkommen konnte, schwang sich auf und über die Rettungswand. Die Toreadores warfen sich von ihren Pferden, die armen Tiere preisgebend, um nur sich in Sicherheit zu bringen. Einige Pferde entkamen durch das Thor; die übrigen wurden niedergerannt. Dazu das Beifallsgebrüll der hochbegeisterten Menge. So einen toro hatte man noch nicht gehabt, überhaupt noch nie gesehen. Daß seine Tapferkeit und ungeheure Stärke so viele Opfer gefordert hatten, wurde nicht beklagt, sondern bejubelt; man gab sich mit seinem bisherigen Erfolge keineswegs zufrieden, sondern die erregte Zuschauermenge schrie in einem fort:

      »Los espadas, los espadas; fuera, adelante los espadas – die Espadas, die Espadas; heraus, vorwärts die Espadas!«

      Es waren, wie erwähnt, nur zwei Espadas erschienen, Antonio Perillo und der berühmte Crusada aus Madrid; die andern waren vorher kampfunfähig gemacht worden. Crusada hatte sich durch die Thür geflüchtet, und Perillo war, durch seine Verwundung an schnellem Laufen verhindert, auf die Holzwand geklettert. Dort saß er jetzt und entgegnete, als man seinen Namen rief und dann auf seine Antwort wartete:

      »Este bufalo es un demonio; el diablo debe combatir contra. esta bestia, mas yo eso no – dieser Büffel ist ein Dämon; der Teufel mag mit ihm kämpfen, aber ich nicht!«

      Ein verächtliches Gelächter war sein Lohn; dann rief man nach Crusada, dieser war noch unverletzt und mußte sich sagen, daß sein Ruhm dahin sei, wenn er sich jetzt als ein Feigling zeige. Aber ganz allein konnte er sich unmöglich an den Büffel wagen; er mußte Helfer haben, welche die Aufgabe hatten, im Falle der Gefahr die Aufmerksamkeit des Tieres von ihm ab und auf sich zu lenken. Aber nur gegen das Versprechen einer hohen Belohnung ließen sich drei Banderilleros bereit finden, den schlimmen Gang mit ihm zu wagen.

      Als die vier in die Arena traten, wurden sie mit beifälligen Bravorufen empfangen.

      Der Bison hatte sich noch keineswegs beruhigt. Er ging von einer Tier- und Menschenleiche zur andern, um zu untersuchen, ob etwa noch Leben vorhanden sei, und warf dabei die Körper und Kadaver mit den Hörnern hin und her. Er blutete aus mehreren Wunden, welche jedoch nicht tief und gefährlich waren. Als er die neuen Angreifer sah, richtete er den zottigen Kopf gegen sie, stampfte den Boden mit den Füßen und ließ ein herausforderndes Brüllen hören.

      »Was meinst du, Carlos, was geschehen wird?« wurde Vater Jaguar von seinem Nachbar gefragt.

      »Wer von ihnen nicht flieht, ist verloren,« lautete die Antwort. »Es ist Menschenmord, diese Leute auf den Bison zu hetzen.«

      »Meinst du, daß er unüberwindbar ist?«

      »Nein; aber es gibt hier nur einen einzigen Menschen, der es wagen darf, mit ihm anzubinden.«

      »Wer ist dieser Mann? Meinst du dich selbst?«

      »Vielleicht wirst du nachher sehen, wen ich meine. Jetzt sei aufmerksam, denn sie beginnen eben!«

      Crusada näherte sich von der Seite her mit langsamen, fast zaghaften Schritten dem Büffel. Er hielt die Muleta, den Stab mit dem seidenen Tuche, in der linken, und den blanken Degen in der rechten Hand. Sein kräftiger und schöner Körperbau, welcher durch die reich geschmückte Kleidung noch hervorgehoben wurde, ließ beinahe erwarten, daß er auch jetzt wie schon vorher Sieger bleiben werde. Während die drei Banderilleros sich auf der andern Seite herbeischlichen, hielt der Bison, ohne auf sie zu achten, den Blick nur auf Crusada gerichtet, in dem er seinen eigentlichen Feind erkannte.

      Das Tier war nicht nur stark und mutig, sondern auch schlau. Es schien die Absicht seines Gegners zu ahnen und bewegte sich nicht von der Stelle. Es stand, ohne den Kopf zu senken, da und erwartete den Angriff. Crusada war bis auf nur fünf Schritte herangekommen und fühlte sich, da ihm dies gelungen war, des leichten Sieges gewiß. Er sah die breite Brust des Stieres nahe vor sich, ein Ziel, welches nun gar nicht zu verfehlen war. Er schwang also die bunte Muleta, um das Auge des Büffels von sich ab und auf diese zu lenken und sprang auf das Tier ein; es war ein Sprung ins Verderben, in den Tod. Der Stier achtete der Muleta nicht, sondern nur des Mannes. Als der gezückte Degen ihm in die Brust fahren sollte, senkte er den Kopf und fing den Stoß zwischen den Hörnern auf; eine kurze, kaum bemerkbare Bewegung seines Kopfes, und das eine Horn saß dem Espada tief im Leibe; Crusada wurde empor und nach hinten geschleudert. Die drei Banderilleros wollten aus dieser Richtung auf den Bison eindringen; dieser aber machte Kehrt, um Crusada von neuem zu packen, erblickte sie und senkte die Hörner; da rannten sie laut schreiend davon; der Bison aber nahm Crusada nochmals auf die Hörner und schleuderte ihn in die Höhe, um ihn dann unter die Füße zu treten.

      »Vaya, quita, soga! Que cobardia, que bajeza, que infamia – pfui, pfui, pfui, welche