Ehre wem Ehre gebührt. Морган Райс

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Название Ehre wem Ehre gebührt
Автор произведения Морган Райс
Жанр Героическая фантастика
Серия Der Weg des Stahls
Издательство Героическая фантастика
Год выпуска 0
isbn 9781094303512



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Er war nie besonders klug gewesen und die Anderen hatten immer auf ihm herumgehackt, doch sie war immer freundlich zu ihm gewesen. Vielleicht erinnerte er sich daran.

      Sie sah, wie Nick einen Stock hob, und Severn damit seitlich gegen den Kopf schlug. Der ließ von ihr ab.

      Nick trat der Menge entgegen, den Stock in Bereitschaft stellte er sich schützend vor sie.

      „Geh schnell!“ rief er ihr zu. „Bevor sie dich umbringen!“

      Rea blickte ihn voller Dankbarkeit und Schrecken an. Dieser Mob würde ihm dafür jeden Knochen brechen.

      Sie sprang auf ihre Füße und begann zu rennen. Sie rutschte aus, doch sie war entschlossen, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und die Meute zu bringen. Sie floh in eine der Gassen, doch bevor sie darin verschwand, blickte sie sich noch einmal nach Nick um, der wie wild mit den Dorfbewohnern kämpfte und einige von ihnen bereits niedergeknüppelt hatte. Doch einige der Männer preschten nach vorne und rangen ihn zu Boden. Nachdem sie ihn aus dem Weg geräumt hatten, folgten sie ihr.

      Rea rannte. Nach Atem ringend, wand sie sich durch die Gässchen auf der Suche nach einem Unterschlupf. Von schrecklichem Schmerz heimgesucht, wusste sie nicht, wie lange sie noch durchhalten würde.

      Sie erreichte schließlich das eigentliche Dorf mit seinen eleganten Steinhäusern und sie blickte sich ängstlich um. Sie kamen näher und waren keine sechs Meter mehr von ihr entfernt. Sie keuchte, stolperte mehr als sie rannte. Sie wusste, dass sie bald an ihre Grenze kommen würde. Eine neue Wehe nahte.

      Plötzlich vernahm sie ein scharfes Krächzen und Rea sah wie sich eine alte Eichentür vor ihr auftat. Sie erschrak als sie Fioth erblickte, den alten Apotheker, der mit weit aufgerissenen Augen aus seiner kleinen Steinfestung lugte und sie zu sich hineinwinkte. Fioth streckte seine Hand nach ihr aus und griff sie mit einem für sein Alter überraschend festen Griff und schon stolperte Rea über die Schwelle in das prächtige Innere seiner Bleibe.

      Er schlug die Tür zu und verriegelte sie hinter ihr.

      Einen Moment später trommelten Hände und Sicheln dutzender wütender Dörfler gegen die Tür. Doch sie hielt zu Reas Erleichterung den Angriffen stand. Sie war fast einen halben Meter dick und hatte wohl einige Jahrhunderte mehr auf dem Buckel als Rea. Ihre schweren Eisenbolzen krümmten sich keinen Deut.

      Rea atmete tief durch. Ihr Baby war in Sicherheit.

      Fioth drehte sich zu ihr und sah sie eingehend an. In seinem Gesicht stand Mitgefühl, und die Sanftheit seiner Züge beruhigten sie. Niemand in diesem Dorf hatte sie in den letzten Monaten so liebevoll angesehen.

      Er nahm ihr die Felle ab als sie erneut eine Wehe überkam. Es war ruhig hier drinnen, denn das Schneegestöber, das über das Dach fegte, dämpfte allen von außen kommenden Lärm, und es war wohlig warm.

      Fioth führte sie zur Feuerstelle und legte sie auf eine Ansammlung Pelze. Erst jetzt verstand sie, was passiert war: das Davonrennen, der Kampf, der Schmerz. Auch wenn eine Tausendschaft diese Tür niederreißen würde, sie wäre nicht mehr im Stande sich zu rühren.

      Sie schrie als eine spitze Wehe sie zerriss.

      „Ich kann nicht mehr rennen“, keuchte Rea und begann zu weinen. „Ich kann einfach nicht mehr.“

      Er tupfte ihr mit einem kühl-feuchten Lappen über die Stirn.

      „Das wirst du auch nicht müssen“, sagte er mit beruhigender Stimme als wäre er Zeuge der Geschehnisse gewesen. „Ich bin jetzt hier.“

      Sie schrie und stöhnte als ein neuer Schmerz sie durchfuhr. Es fühlte sich an, als würde sie entzweigerissen.

      „Lehn dich zurück!“ ordnete er an.

      Sie sagte wie ihr gesagt – und eine Sekunde später spürte sie den enormen Druck zwischen ihren Beinen.

      Dann folgte ein Geräusch, das sie erschreckte.

      Ein Wimmern.

      Der Schrei eines Babys.

      Ihr wurde vor Schmerz fast Schwarz vor Augen.

      Sie beobachtete die geschulten Griffe des Apothekers während sie zwischen Wachsein und Bewusstseinsverlust pendelte. Er zog das Kind aus ihr und griff nach etwas Scharfem, um die Nabelschnur zu durchtrennen. Sie beobachtete wie er das Baby mit einem Tuch abrieb, Lunge, Nase und Hals öffnete.

      Das Wimmern und Schreien wurde lauter.

      Rea brach in Tränen aus. Dieses Schreien brachte ihr so viel Erleichterung, drang in ihr Herz und trug sogar über das Hämmern der Dorfbewohner hinweg. Ein Kind.

      Ihr Kind.

      Er war am Leben. Gegen alle Widrigkeiten hatte er das Licht der Welt erblickt.

      Rea nahm kaum noch wahr, wie der Apotheker ihn in eine Decke wickelte. Doch dann spürte sie seine Wärme als er ihr ihn in den Arm legte. Sie spürte sein Gewicht auf ihrer Brust und sie drückte ihn an sich während er schrie und weinte. Sie hatte noch nie solche Freude gespürt, Tränen quollen ihr aus den Augen und rannen ihr das Gesicht hinab.

      Plötzlich ein neues Geräusch: das Getrappel von Pferden. Das Klirren von Rüstungen. Dann Schreie. Der blutlechzende Mob verstummte – jetzt waren sie es, auf die man es abgesehen hatte.

      Rea lauschte, verblüfft versuchte sie zu verstehen. Dann spürte sie eine Welle der Erleichterung. Natürlich. Der Adlige war zurück, um sie zu retten. Um sein Kind zu retten.

      „Gott sei dank“, sagte sie. „Die Ritter kommen zu meiner Rettung.“

      Rea spürte Zuversicht in sich aufkeimen. Vielleicht würde er sie schützen können. Vielleicht würde sie ein neues Leben beginnen können. Ihr Junge würde in einem Schloss aufwachsen, ein ehrbarer Herr werden und vielleicht würde sie das auch. Ihr Kind würde ein gutes Leben haben. Sie würde ein gutes Leben haben.

      Rea überkam eine Flut der Erleichterung und Tränen strömten ihr über die Wangen.

      „Nein“, korrigierte sie der Apotheker mit schwerer Stimme. „Sie kommen nicht, um dein Kind zu retten.“

      Sie blickte ihn verwirrt an. „Warum sonst würden sie kommen?“

      Er blickte sie grimmig an.

      „Um es zu töten.“

      Sie starrte ihn angewidert an, ein kalter Schauer des Schreckens überkam sie.

      „Sie vertrauen nicht darauf, dass die Dorfbevölkerung imstande ist, es zu Ende zu bringen“, fügte er hinzu. „Sie wollten sicherstellen, dass es richtig getan wird und mit ihren eigenen Händen.“

      Es war als würde ihr Eis durch die Adern schießen.

      „Aber…“ stammelte sie und versuchte zu verstehen, „… mein Kind gehört dem Ritter. Ihrem Befehlshaber. Warum? Warum würden sie es töten wollen?“

      Fioth schüttelte finster dreinschauend den Kopf.

      „Diese Männer dort draußen gehören nicht zu ihm. Sie sind seine Rivalen. Sie wollen den Tod des Kindes. Sie wollen deinen Tod.“

      Sie sah die Dringlichkeit in seinem Blick und erkannte mit Grauen, dass er die Wahrheit sprach.

      „Ihr müsst beide von hier fliehen!“ drängte er. „Jetzt!“

      Er hatte seine Worte kaum ausgesprochen, da erscholl das dumpfe Geräusch einer Eisenstange, die gegen die Tür gerammt wurde. Dieses Mal waren es nicht die harmlosen Sicheln der Bauern, sondern ein zu diesen Zwecken gebauter Rammbock der Ritter. Als er gegen die Tür donnerte, bebte sie.

      Fioth drehte sich zu ihr mit vor Panik geweiteten Augen.

      „GEH!“ rief er.

      Rea blickte mit Panik im Blick zu ihm zurück und fragte sich, ob sie in ihrem Zustand überhaupt stehen konnte.

      Er griff jedoch nach ihr und stellte sie auf ihre Füße. Sie schrie vor Schmerzen, jede Bewegung war die reinste Qual.

      „Bitte!“ rief sie. „Es tut so weh! Lass mich sterben!“

      „Sieh an, was in deinen