Название | Ehre wem Ehre gebührt |
---|---|
Автор произведения | Морган Райс |
Жанр | Героическая фантастика |
Серия | Der Weg des Stahls |
Издательство | Героическая фантастика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9781094303512 |
TEIL EINS
KAPITEL EINS
Schreie hatten Rea aus dem Schlaf gerissen, und nun saß sie aufrecht und schwitzend in ihrem ärmlichen Bett. Ihr Herz hämmerte in der Dunkelheit wie wild, und sie horchte angespannt in die Nacht hoffend, dass es nichts weiter sein würde als einer jener Alpträume, die sie seit einiger Zeit plagten. Sie umklammerte lauschend die Kante ihrer schäbigen Strohmatratze und betete, dass die Nacht schweigen würde.
Doch wieder durchschnitt ein Schrei die Stille der Nacht, und Rea zuckte zusammen.
Dann wieder.
In immer kürzeren Abständen kamen sie nun immer näher.
Vor Angst erstarrt, saß Rea da und hörte, wie sie sich näherten. Pferdegetrappel drang zunächst schwach durch den Regen an ihr Ohr. Dann der unverkennbare Klang von Schwertern, die aus ihren Hüllen gezogen wurden. Doch keines dieser Geräusche konnte die Schreie übertönen.
Dann kam ein neues Geräusch hinzu, eines das, wenn es überhaupt möglich war, noch grausamer war als die vorherigen: das Prasseln von Flammen. Reas Herz zog sich zusammen als sie erkannte, dass ihr Dorf in Brand gesetzt worden war. Das konnte nur eines bedeuten: der Adel war hier.
Rea sprang aus dem Bett und stieß sich das Knie am Kaminbock – ihrem einzigen Besitz in dem einfachen Häuschen mit nur einem Raum. Sie rannte aus dem Haus und gelangte an die Straße, die der warme Frühlingsregen in eine Schlammlandschaft verwandelt hatte. Der Regen drang durch ihre Kleidung, doch das kümmerte sie nicht. Sie blinzelte in die Dunkelheit noch ganz von ihrem Alptraum benommen. Um sie herum öffneten sich die Fensterläden und Türen, und andere Dorfbewohner traten misstrauisch aus ihren Häuschen. Dort standen sie nun und starrten auf die einzige schmale Straße, die sich durch das Dorf schlängelte. Auch Rea stand dort, starrte und machte langsam einen Schimmer in der Ferne aus. Ihr Herz krampfte sich zusammen. Eine größer werdende Flamme.
Versteckt hinter den verworrenen Labyrinthen des großen Platzes in diesem Teil des Dorfes zu leben, war in Zeiten wie diesen ein Segen: hier würde sie sicher sein. Niemand fand jemals den Weg hierher in den ärmsten Teil der Stadt, zu den notdürftig zusammengenagelten Häuschen, in denen die Bediensteten hausten und in die Straßen, deren Gestank Abschreckung genug war. Es hatte sich schon immer wie ein Ghetto angefühlt, aus dem Rea nicht entkommen konnte.
Doch als sie sah, wie die Flammen immer tiefer in die Nacht drangen, war Rea zum ersten Mal erleichtert, hier in dieser versteckten Ecke zu leben. Den Adligen würde es niemals einfallen, sich durch die labyrinthartigen Straßen und Gassen auf den Weg zu ihnen hinab zu machen. Hier gab es außerdem nichts zu holen.
Rea wusste, dass dies der Grund dafür war, weshalb ihre mittellosen Nachbarn so unaufgeregt vor ihren Häuschen standen und einfach nur glotzten. Es war auch der Grund, weshalb niemand bei den Dorfbewohnern des zentralen Platzes um Hilfe bat. Diese bemittelten Dorfbewohner blickten schon ihr gesamtes Leben auf sie hinab. Sie schuldeten ihnen nichts. Zumindest waren die Armen hier in Sicherheit und es würde ihnen nicht im Traum einfallen, denjenigen zu Hilfe zu eilen, die sie mit Füßen getreten hatten.
Rea stierte in die Nacht. Sie kam nicht umhin, sich über die näherkommenden Flammen und die sich ausbreitende Helligkeit zu wundern. Das Licht breitete sich aus und kroch langsam auf sie zu. Sie blinzelte und fragte sich, ob ihre Augen sie betrogen. Das ergab alles keinen Sinn: die Plünderer kamen anscheinend auf sie zu.
Die Schreie wurden lauter, da war sie sich sicher, und sie wich überrascht zurück, als sich vor ihr aus den windigen Straßen in etwa dreißig Metern Entfernung ein Flammenmeer ergoss. Sie stand wie angewurzelt da. Sie waren auf dem Weg hierher. Aber warum nur?
Sie hatte diesen Gedanken kaum fassen können, da galoppierte schon ein Kriegspferd mitsamt seinem finster dreinblickenden Reiter in schwarzer Rüstung auf den Platz. Sein Visier war heruntergeklappt, und der Helm umschloss seinen Kopf vollständig. Er reckte eine Helmbarte in die Höhe und sah aus wie ein Todesengel.
Kaum war er auf dem Platz angelangt, schon ließ er seine Helmbarte auf einen etwas stämmigen alten Mann, der versucht hatte zu fliehen, niedergehen. Der Mann hatte nicht einmal Zeit zu schreien, da hatte die Helmbarte ihm bereits das Haupt abgetrennt.
Der Regen war stärker geworden, und Blitze zuckten durch den Himmel und Donner grollte als ein dutzend Ritter auf den Platz stürmten. Einer von ihnen trug eine Fahne. Sie erstrahlte im Lichte der Fackeln, und dennoch konnte Rea ihre Insignien nicht erkennen.
Chaos brach aus. Die Dorfbewohner gerieten in Panik und rannten schreiend davon, einige rannten instinktiv zurück in ihre Häuschen, andere flohen durch eine der vielen Hintergassen. Doch auch diese kamen nicht weit, denn brennende Speere bohrten sich in ihre Rücken. Der Tod, dachte sie, würde heute Nacht keinen verschonen.
Rea versuchte nicht zu fliehen. Sie trat Schritt um Schritt ruhig zurück bis sie wieder im Inneren ihrer Hütte stand. Sie zog ihr Schwert hervor, ein Langschwert, das sie vor vielen Jahren bekommen hatte und das ein Meisterstück der Handwerkskunst war. Sein Klang, den es machte, als sie es aus seiner Hülle zog, beschleunigte ihren Herzschlag. Es war ein Meisterstück und sie hatte kein Recht es zu besitzen, denn es hatte ihrem Vater gehört. Sie wusste nicht einmal, wie es eigentlich in seinen Besitz gekommen war.
Rea lief langsam doch resolut auf die Mitte des zentralen Platzes zu. Sie war die einzige der Dorfbewohner, die genug Mut hatte, sich gegen die Angreifer zur Wehr zu setzen. Sie, eine zierliche Siebzehnjährige, hatte allein die Courage sich dem Grauen zu widersetzen. Sie wusste nicht, woher dieser Mut kam. Sie wollte fortlaufen, doch etwas tief in ihr hielt sie zurück. Etwas in ihr hatte sie stets dazu angehalten, sich ihren Ängsten zu stellen. Es lag nicht daran, dass sie keine Angst empfand, das tat sie. Es lag daran, dass ein anderer Teil von ihr, auch unter den schlimmsten Umständen, sie dazu zwang, zu funktionieren. Sie herausforderte stärker als die Angst zu sein.
Rea stand da, ihre Hände zitterten, und sie mahnte sich selbst, sich zu konzentrieren. Und als sich das erste Pferd näherte, hob sie ihr Schwert, brachte sich in Pose, ging in die Knie und hieb dem Pferd die Beine ab.
Es tat ihr in der Seele weh, dieses wunderschöne Tier zu verstümmeln; schließlich hatte sie sich Zeit ihres Lebens um Pferde gekümmert. Doch der Mann hatte seinen Speer erhoben und sie hatte gewusst, dass es um ihr nacktes Überleben ging.
Das Pferd stieß einen entsetzlichen Schrei aus und sie wusste, dass sie es den Rest des Tages nicht würde vergessen können. Es fiel zu Boden, schlitterte mit dem Gesicht auf dem Boden entlang und warf seinen Reiter ab. Die anderen Pferde zertrampelten es stolpernd bis nur noch ein Häufchen von ihm über war.
Kyle wirbelte in einer Wolke aus Staub und Chaos herum. Er blickte sie an und war bereit zu sterben.
Ein einzelner Ritter in weißer Rüstung auf einem weißen Pferd, das sich somit von den anderen unterschied, kam plötzlich auf sie zugeritten. Sie hob ihr Schwert, um sich erneut zur Wehr zu setzen, doch der Ritter war zu schnell. Er bewegte sich so schnell wie der Blitz. Sie hatte kaum ihr Schwert gehoben, da schwang er schon seine Helmbarte und erwischte ihre Klinge mit einer Halbkreisbewegung, die sie entwaffnete. Ihre Waffe flog in einem Halbbogen durch die Luft und landete am anderen Ende des Platzes. Ein Gefühl der Hilflosigkeit strömte durch ihren Arm als sie sich der wertvollen Waffe beraubt sah. Das Schwert hätte genauso gut in einer Millionen Meilen Entfernung liegen können.
Dort stand Rea nun, verblüfft und wehrlos, doch vor allem verwirrt. Der Schlag des Ritters hatte sie nicht töten wollen. Warum?
Noch bevor sie ihren Gedanken zu Ende führen konnte, hatte sich der Reiter noch im Ritt zu ihr hinabgebeugt und nach ihr gegriffen; sie fühlte den metallenen Gantelet, der