Ritter Gluck und andere Geschichten. Эрнст Гофман

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Название Ritter Gluck und andere Geschichten
Автор произведения Эрнст Гофман
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 1809
isbn 978-5-521-06117-4



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von dannen, so daß er in der tiefen Dämmerung, die unterdessen eingebrochen, mehr in das Tal hinabzuschweben als zu gehen schien. Schon war er in der Nähe des Koselschen Gartens, da setzte sich der Wind in den weiten Überrock und trieb die Schöße auseinander, daß sie wie ein Paar große Flügel in den Lüften flatterten und es dem Studenten Anselmus, der verwunderungsvoll dem Archivarius nachsah, vorkam, als breite ein großer Vogel die Fittiche aus zum raschen Fluge. – Wie der Student nun so in die Dämmerung hineinstarrte, da erhob sich mit krächzendem Geschrei ein weißgrauer Geier hoch in die Lüfte und er merkte nun wohl, daß das weiße Geflatter, das er noch immer für den davonschreitenden Archivarius gehalten, schon eben der Geier gewesen sein müsse, unerachtet er nicht begreifen konnte, wo denn der Archivarius mit einem Male hingeschwunden. "Er kann aber auch selbst in Person davongeflogen sein, der Herr Archivarius Lindhorst," sprach der Student Anselmus zu sich selbst; "denn ich sehe und fühle nun wohl, daß alle die fremden Gestalten aus einer fernen wundervollen Welt, die ich sonst nur in ganz besondern merkwürdigen Träumen schaute, jetzt in mein waches reges Leben geschritten sind und ihr Spiel mit mir treiben. – Dem sei aber wie ihm wolle! Du lebst und glühst in meiner Brust, holde, liebliche Serpentina, nur Du kannst die unendliche Sehnsucht stillen, die mein Innerstes zerreißt. Ach, wann werde ich in Dein holdseliges Auge blicken, liebe, liebe Serpentina!" – So rief der Student Anselmus ganz laut. – "Das ist ein schnöder unchristlicher Name," murmelte eine Baßstimme neben ihm, die einem heimkehrenden Spaziergänger gehörte. Der Student Anselmus, zu rechter Zeit erinnert wo er war, eilte raschen Schrittes von dannen, indem er bei sich selbst dachte: wäre es nicht ein rechtes Unglück, wenn mir jetzt der Konrektor Paulmann oder der Registrator Heerbrand begegnete! – Aber er begegnete keinem von beiden.

      Fünfte Vigilie

      Die Frau Hofrätin Anselmus. – Cicero de officiis. – Meerkatzen und anderes Gesindel. – Die alte Lise. – Das Aequinoctium.

      Mit dem Anselmus ist nun einmal in der Welt nichts anzufangen, sagte der Konrektor Paulmann, alle meine guten Lehren, alle meine Ermahnungen sind fruchtlos, er will sich ja zu gar nichts applizieren, unerachtet er die besten Schulstudia besitzt, die denn doch die Grundlage von allem sind. Aber der Registrator Heerbrand erwiderte schlau und geheimnisvoll lächelnd: Lassen Sie dem Anselmus doch nur Raum und Zeit, wertester Konrektor, das ist ein kurioses Subjekt, aber es steckt viel in ihm und wenn ich sage: viel, so heißt das: ein geheimer Sekretär, oder wohl gar ein Hofrat. – Hof – fing der Konrektor im größten Erstaunen an, das Wort blieb ihm stecken. – Still, still, fuhr der Registrator Heerbrand fort, ich weiß, was ich weiß! Schon seit zwei Tagen sitzt er bei dem Archivarius Lindhorst und kopiert, und der Archivarius sagte gestern Abend auf dem Kaffeehause zu mir: Sie haben mir einen wackern Mann empfohlen, Verehrter; aus dem wird was; – und nun bedenken Sie des Archivarii Konnexionen – still – still – sprechen wir uns übers Jahr! – Mit diesen Worten ging der Registrator in fortwährendem schlauem Lächeln zur Tür hinaus und ließ den vor Erstaunen und Neugier verstummten Konrektor im Stuhle festgebannt sitzen. Aber auf Veronika hatte das Gespräch einen ganz eignen Eindruck gemacht. Habe ich’s denn nicht schon immer gewußt, dachte sie, daß der Herr Anselmus ein recht gescheiter, liebenswürdiger junger Mann ist, aus dem noch was Großes wird? Wenn ich nur wüßte, ob er mir wirklich gut ist! – Aber hat er mir nicht jenen Abend, als wir über die Elbe fuhren, zweimal die Hand gedrückt? Hat er mich nicht im Duett angesehen mit solchen ganz sonderbaren Blicken, die bis ins Herz drangen? Ja, ja, er ist mir wirklich gut – und ich – Veronika überließ sich ganz, wie junge Mädchen wohl pflegen, den süßen Träumen von einer heitern Zukunft. Sie war Frau Hofrätin, bewohnte ein schönes Logis in der Schloßgasse oder auf dem Neumarkt, oder auf der Moritzstraße – der moderne Hut, der neue türkische Schal stand ihr vortrefflich – sie frühstückte im eleganten Negligee im Erker, der Köchin die nötigen Befehle für den Tag erteilend. "Aber daß Sie mir die Schüssel nicht verdirbt, es ist des Herrn Hofrats Leibessen!" – Vorübergehende Elegants schielen herauf, sie hört deutlich: "Es ist doch eine göttliche Frau, die Hofrätin, wie ihr das Spitzenhäubchen so allerliebst steht!" – Die geheime Rätin Ypsilon schickt den Bedienten und läßt fragen, ob es der Frau Hofrätin gefällig wäre, heute ins Linkesche Bad zu fahren? – "Viel Empfehlungen, es täte mir unendlich leid, ich sei schon engagiert zum Tee bei der Präsidentin Tz." – Da kommt der Hofrat Anselmus, der schon früh in Geschäften ausgegangen, zurück; er ist nach der letzten Mode gekleidet; "wahrhaftig schon zehn," ruft er, indem er die goldne Uhr repetieren läßt und der jungen Frau einen Kuß gibt: "wie geht’s, liebes Weibchen, weißt Du auch, was ich für Dich habe?" fährt er schäkernd fort und zieht ein Paar herrliche, nach der neuesten Art gefaßte Ohrringe aus der Westentasche, die er ihr statt der sonst getragenen gewöhnlichen einhängt. "Ach, die schönen niedlichen Ohrringe!" ruft Veronika ganz laut und springt, die Arbeit wegwerfend, vom Stuhl auf, um in dem Spiegel die Ohrringe wirklich zu beschauen. "Nun, was soll denn das sein?" sagte der Konrektor Paulmann, der, eben in Cicero de officiis vertieft, beinahe das Buch fallen gelassen, "man hat ja Anfälle wie der Anselmus." Aber da trat der Student Anselmus, der wider seine Gewohnheit sich mehrere Tage nicht hatte sehen lassen ins Zimmer, zu Veronikas Schreck und Erstaunen, denn in der Tat war er in seinem ganzen Wesen verändert. Mit einer gewissen Bestimmtheit, die ihm sonst gar nicht eigen, sprach er von ganz andern Tendenzen seines Lebens, die ihm klar geworden, von den herrlichen Aussichten, die sich ihm geöffnet, die mancher aber gar nicht zu schauen vermöchte. Der Konrektor Paulmann wurde, der geheimnisvollen Rede des Registrators Heerbrand gedenkend, noch mehr betroffen und konnte kaum eine Silbe hervorbringen, als der Student Anselmus, nachdem er einige Worte von dringender Arbeit bei dem Archivarius Lindhorst fallen gelassen und der Veronika mit eleganter Gewandtheit die Hand geküßt, schon die Treppe hinunter, auf und von dannen war. "Das war ja schon der Hofrat," murmelte Veronika in sich hinein, "und er hat mir die Hand geküßt, ohne dabei auszugleiten oder mir auf den Fuß zu treten, wie sonst! – er hat mir einen recht zärtlichen Blick zugeworfen – er ist mir wohl in der Tat gut." – Veronika überließ sich aufs neue jener Träumerei, indessen war es als träte immer eine feindselige Gestalt unter die lieblichen Erscheinungen, wie sie aus dem künftigen häuslichen Leben als Frau Hofrätin hervorgingen, und die Gestalt lachte recht höhnisch und sprach: "das ist ja alles recht dummes ordinäres Zeug und noch dazu erlogen, denn der Anselmus wird nimmermehr Hofrat und Dein Mann; er liebt Dich ja nicht, unerachtet Du blaue Augen hast und einen schlanken Wuchs und eine feine Hand." – Da goß sich ein Eisstrom durch Veronikas Inneres und ein tiefes Entsetzen vernichtete die Behaglichkeit, mit der sie sich nur noch erst im Spitzenhäubchen und den eleganten Ohrringen gesehen. Die Tränen wären ihr beinahe aus den Augen gestürzt und sie sprach laut: "Ach, es ist ja wahr, er liebt mich nicht und ich werde nimmermehr Frau Hofrätin!" "Romanstreiche, Romanstreiche!" schrie der Konrektor Paulmann, nahm Hut und Stock und eilte zornig von dannen. – Das fehlte noch, seufzte Veronika und ärgerte sich recht über die zwölfjährige Schwester, welche, teilnahmslos an ihrem Rahmen sitzend, fortgestickt hatte. Unterdessen war es beinahe drei Uhr geworden und nun gerade Zeit das Zimmer aufzuräumen und den Kaffeetisch zu ordnen; denn die Mesdemoiselles Oster hatten sich bei der Freundin ansagen lassen. Aber hinter jedem Schränkchen, das Veronika wegrückte, hinter den Notenbüchern, die sie vom Klavier, hinter jeder Tasse, hinter der Kaffeekanne, die sie aus dem Schrank nahm, sprang jene Gestalt wie ein Alräunchen hervor und lachte höhnisch und schlug mit den kleinen Spinnenfingern Schnippchen und schrie: er wird doch nicht Dein Mann, er wird doch nicht Dein Mann! Und dann, wenn sie alles stehen und liegen ließ und in die Mitte des Zimmers flüchtete, sah es mit langer Nase riesengroß hinter dem Ofen hervor und knurrte und schnurrte: er wird doch nicht Dein Mann! "Hörst Du denn nichts, siehst Du denn nichts, Schwester?" rief Veronika, die vor Furcht und Zittern gar nichts mehr anrühren mochte. Fränzchen stand ganz ernsthaft und ruhig von ihrem Stickrahmen auf und sagte: "Was ist Dir denn heute, Schwester? Du wirfst ja alles durcheinander, daß es klippert und klappert, ich muß Dir nur helfen." Aber da traten schon die muntern Mädchen in vollem Lachen herein und in dem Augenblick wurde nun auch Veronika gewahr, daß sie den Ofenaufsatz für eine Gestalt und das Knarren der übel verschlossenen Ofentür für die feindseligen Worte gehalten hatte. Von einem innern Entsetzen gewaltsam ergriffen, konnte sie sich aber nicht so schnell erholen, daß die Freundinnen nicht ihre ungewöhnliche Spannung, die selbst ihre Blässe, ihr verstörtes Gesicht verriet, hätten bemerken sollen. Als