Название | Die Schatzinsel |
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Автор произведения | Роберт Стивенсон |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Fünftes Kapitel
In gewissem Sinne war meine Neugierde stärker als meine Furcht, denn es hielt mich nicht in meinem Versteck, sondern ich kroch wieder auf die Böschung hinauf, von wo aus ich, den Kopf hinter einem Ginstergebüsch verborgen, die Straße vor unserem Tor überblicken konnte. Ich hatte kaum meine Stellung bezogen, als meine Feinde schon herankamen und ihre Schritte schlugen in unregelmäßigen Abständen auf den Boden. Der mit der Laterne war einige Schritte voran. Drei Männer liefen Hand in Hand und ich konnte auch durch den Nebel bemerken, daß der mittlere in diesem Trio der blinde Bettler war. Im nächsten Augenblick hörte ich an seiner Stimme, daß es so war.
„Nieder mit dem Tor!“ schrie er.
„Ja, ja, Herr!“ antworteten zwei oder drei und der „Admiral Benbow“ wurde gestürmt. Der Laternenträger folgte. Dann sah ich sie innehalten und hörte sie in leiserem Tone sprechen, als seien sie überrascht, das Tor offen zu finden. Aber die Unschlüssigkeit dauerte nicht lange, denn der blinde Mann gab wieder seine Befehle. Seine Stimme klang lauter und schärfer, wie von Eifer und Wut befeuert.
„Hinein, hinein, hinein!“ schrie er und fluchte über ihre Langsamkeit.
Vier oder fünf gehorchten sofort, zwei blieben mit dem entsetzlichen Bettler auf der Straße. Eine Weile blieb es still, dann ein Ruf der Überraschung, endlich eine Stimme aus dem Hause:
„Bill ist tot!“
Aber wieder beschimpfte sie der Blinde wegen ihres Zauderns.
„Durchsucht ihn, ein paar von euch, schwatzende Tölpel, die andern hinauf und bringt den Koffer!“ rief er.
Ich hörte ihre Füße unsere alte Treppe hinauftrampeln und das Haus mag da wohl erbebt haben. Bald darauf neue Ausrufe des Erstaunens. Mit einem Krach und Klirren von zerbrochenem Glas wurde das Fenster des Kapitäns aufgestoßen und ein Mann lehnte hinaus und wandte sich an den blinden Bettler auf der Straße.
„Pew,“ rief er, „jemand war früher da als wir und hat den Koffer um und um gedreht.“
„Ist sie da?“ brüllte Pew.
„Das Geld ist da.“
„Der Henker hol das Geld! Flints Faust mein ich.“
„Wir sehen sie hier nirgends“, erwiderte der Mann. „Hallo, ihr da unten, hat Bill sie bei sich?“ rief der blinde Mann wiederum.
Darauf kam ein anderer Bursch, offenbar derjenige, der unten geblieben war, um den Leichnam zu durchsuchen, an das Tor des Wirtshauses. „Bill ist schon durchsucht worden,“ sagte er, „nichts mehr da.“
„Das sind diese Wirtsleute – , das ist der Junge! Ich wollte ich hätte ihm die Augen ausgestochen!“ schrie der blinde Pew. „Noch vor kurzer Zeit waren sie hier – das Tor war verriegelt. Lauft Burschen, und sucht sie.“
„Freilich, sie haben ja ihre Kerze brennen lassen“, rief er aus dem Fenster.
„Auf! Verteilt euch und sucht sie! Stöbert das Haus durch!“ wiederholte Pew und stieß mit seinem Stock auf den Boden.
Dann folgte ein großes Getöse im ganzen Hause, schwere Tritte polterten treppauf, treppab, Einrichtungsstücke wurden umgeworfen, Türen eingeschlagen, daß der Lärm in den Felsen widerhallte, dann kamen die Männer einer nach dem andern auf die Straße hinaus und erklärten, daß wir nicht zu finden seien. Und eben in diesem Augenblick hörte man wieder den Pfiff, der meine Mutter und mich so erschreckt hatte, als wir das Geld des Kapitäns zählten, diesmal in zweimaliger Wiederholung. Ich hatte ihn für das Angriffssignal des blinden Bettlers gehalten, für seine Schlachttrompete sozusagen, die seine Mannschaft zum Sturm rufen sollte. Doch jetzt merkte ich, daß es ein Signal vom Hügel her gegen das Dorf zu bedeutete und aus der Wirkung auf die Piraten konnte ich deutlich schließen, daß es ein Warnungszeichen war, das drohende Gefahr meldete.
„Das ist schon wieder Dirk“, sagte einer. „Noch ein Pfiff. Wir werden verduften müssen, Kameraden!“
„Verduften, du Drückeberger“, schrie Pew. „Dirk war immer ein Narr und ein Feigling dazu, auf den braucht ihr nicht zu hören. Sie müssen in der Nähe sein, weit sind sie nicht gekommen, ihr habt sie in der Hand. Verteilt euch und sucht sie, Hunde. O verflucht,“ rief er aus, „wenn ich nur Augen hätte!“
Dieser Appell schien einige Wirkung zu üben, denn zwei der Leute begannen da und dort im Gesträuch herumzustöbern, doch wie mir schien, ohne rechten Eifer und mehr an die eigene Gefahr denkend, während die übrigen unschlüssig auf der Straße herumstanden.
„Ihr habt Tausende an der Hand, ihr Narren, und ihr schont eure Beine. Ihr könnt reich werden wie Könige, wenn ihr die beiden findet, und ihr wißt das und steht da faul herum. Nicht einer von euch hat sich getraut, Bill entgegenzutreten, nur ich – ein Blinder – , und euretwegen soll ich das Ganze verlieren! Ich soll ein armer, getretener Bettler bleiben, der Rum schmarotzt, statt als reicher Mann in der Kutsche zu fahren. Wenn ihr nur die Courage eines Wurmes hättet, ihr könntet sie fangen!“
„Zum Teufel noch einmal, Pew, wir haben doch die Dublonen!“ brummte einer.
„Sie werden das verdammte Zeug versteckt haben“, sagte ein anderer. „Nimm die Goldstücke, Pew, und hör auf zu brüllen.“
Brüllen war die richtige Bezeichnung dafür, aber Pews Wut wurde darum nur ärger. Schließlich raubte sie ihm ganz die Besinnung und er schlug in seiner Blindheit rechts und links in die Leute hinein und mehr als einer wurde empfindlich vom Stock getroffen.
Die andern wieder fluchten zurück, drohten dem Blinden in schauderhaften Ausdrücken und versuchten vergeblich ihm den Stock zu entreißen.
Dieser Streit war unsere Rettung. Denn während er noch tobte, hörte man vom Hügelabhang an der Dorfseite ein anderes Geräusch: das Getrappel von herangaloppierenden Pferden und fast gleichzeitig aus dem Gehölz einen Pistolenschuß, Blitz und Knall. Das war offensichtlich das äußerste Warnungssignal, denn die Piraten wandten sich schleunigst zur Flucht und rannten in alle Windrichtungen verstreut fort, der eine die Bucht entlang seewärts, ein anderer quer über den Hügel und in einer halben Minute war keiner mehr zu sehen außer Pew. Ihn hatten sie verlassen, ob bloß aus Angst oder aus Rache für seine Schimpfreden und Schläge, weiß ich nicht. Er blieb zurück, tappte wie rasend die Straße auf und ab, tastete herum und schrie nach seinen Genossen. Endlich kam er in die falsche Richtung, lief ein paar Schritte dem Dorf zu, immerfort rufend:
„Johnny, schwarzer Hund, Dirk!“ und andere Namen, „ihr werdet doch den alten Pew nicht verlassen?“ Gerade da ertönte das Rossegetrappel von der Höhe her und vier oder fünf Reiter wurden im Mondlicht oben sichtbar und fegten in vollem Galopp den Abhang hinunter.
Jetzt erst erkannte Pew seinen Irrtum. Mit einem Schrei drehte er sich um und lief gerade in den Graben hinein. Doch in einer Sekunde war er wieder auf den Beinen, machte ganz verwirrt einen zweiten Satz und diesmal kam er mitten unter die Hufe des ersten Rosses.
Der Reiter versuchte das Pferd zurückzureißen, jedoch vergeblich. Mit einem Schrei, der weit in die Nacht hinausgellte, fiel Pew nieder und die vier Hufe zertrampelten und zerdrückten ihn und eilten weiter. Er fiel auf die Seite, dann sank er langsam nach vorn und rührte sich nicht mehr.
Ich sprang auf die Füße und rief die Reiter an. Sie hielten, ohnehin entsetzt über das Unglück, und ich konnte nun sehen, wer sie waren. Der eine, welcher zu hinterst ritt, war ein Bursche aus dem Dorfe, der zu Dr. Livesay geritten war. Die übrigen waren Gendarmerieoffiziere, die er unterwegs getroffen hatte und mit denen er gleich umgekehrt war. Die Gerüchte über den Kutter im Möwenloch hatten ihren Weg zum Oberaufseher Dance gefunden und führten ihn an diesem Abend in die Richtung unseres Hauses. Diesem Umstande verdankten wir, meine Mutter und ich, unsere Rettung.
Pew war tot, mausetot. Meine Mutter brachten, nachdem wir sie ins Dorf getragen hatten, etwas kaltes Wasser und Riechsalz bald wieder auf die Beine, und trotz des Schreckens war sie ganz wohlauf, obwohl sie nicht aufhörte dem Rest ihres Geldes nachzutrauern. Inzwischen ritt der Oberaufseher so rasch er konnte nach dem Möwenloch. Doch mußten seine Leute