Die Räuber. Friedrich von Schiller

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Название Die Räuber
Автор произведения Friedrich von Schiller
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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Ja Vater, aus euren Augen soll er sie wischen. Euer Franz wird sein Leben dran setzen, das eurige zu verlängern. Euer Leben ist das Orakel, das ich vor allen zu Rathe ziehe, über dem, was ich thun will, der Spiegel, durch den ich alles betrachte – keine Pflicht ist mir so heilig, die ich nicht zu brechen bereit bin, wenn's um euer kostbares Leben zu thun ist. – Ihr glaubt mir das?

      D. a. Moor. Du hast noch große Pflichten auf dir, mein Sohn – Gott segne dich für das, was du mir warst und seyn wirst!

      Franz. Nun sagt mir einmal – Wenn ihr diesen Sohn nicht den euren nennen müßtet, ihr wär't ein glücklicher Mann?

      D. a. Moor. Stille, o stille! da ihn die Wehmutter mir brachte, hub ich ihn gen Himmel, und rief: Bin ich nicht ein glücklicher Mann?

      Franz. Das sagtet ihr. Nun habt ihr's gefunden? Ihr beneidet den schlechtesten eurer Bauren, daß er nicht Vater ist zu diesem – Ihr habt Kummer, so lang ihr diesen Sohn habt. Dieser Kummer wird wachsen mit Karln. Dieser Kummer wird euer Leben untergraben.

      D. a. Moor. O! er hat mich zu einem achtzigjährigen Manne gemacht.

      Franz. Nun also – wenn ihr dieses Sohnes euch entäussertet?

      D. a. Moor (auffahrend.) Franz! Franz! was sagst du?

      Franz. Ist es nicht diese Liebe zu ihm, die euch all den Gram macht? Ohne diese Liebe ist er für euch nicht da. Ohne diese strafbare, diese verdammliche Liebe ist er euch gestorben – ist er euch nie gebohren. Nicht Fleisch und Blut, das Herz macht uns zu Vätern und Söhnen. Liebt ihr ihn nicht mehr, so ist diese Abart auch euer Sohn nicht mehr, und wär' er aus eurem Fleische geschnitten. Er ist euer Augapfel gewesen bisher, nun aber, ärgert dich dein Auge, sagt die Schrift, so reiß es aus. Es ist besser einäugig gen Himmel, als mit zwei Augen in die Hölle. Es ist besser kinderlos gen Himmel, als wenn beide, Vater und Sohn, in die Hölle fahren. So spricht die Gottheit!

      D. a. Moor. Du willst, ich soll meinen Sohn verfluchen?

      Franz. Nicht doch! Nicht doch! – Euren Sohn sollt ihr nicht verfluchen. Was heißt ihr euren Sohn? – dem ihr das Leben gegeben habt, wenn er sich auch alle ersinnliche Mühe gibt, das eurige zu verkürzen?

      D. a. Moor. O das ist allzuwahr! das ist ein Gericht über mich. Der Herr hat's ihn geheissen!

      Franz. Seht ihr's, wie kindlich euer Busenkind an euch handelt. Durch eure väterliche Theilnehmung erwürgt er euch, mordet euch durch eure Liebe, hat euer Vaterherz selbst bestochen, euch den Garaus zu machen. Seyd ihr einmal nicht mehr, so ist er Herr eurer Güter, König seiner Triebe. Der Damm ist weg, und der Strom seiner Lüste kann itzt freyer dahinbrausen. Denkt euch einmal an seine Stelle! Wie oft muß er den Vater unter die Erde wünschen – wie oft den Bruder – die ihm im Lauf seiner Excesse so unbarmherzig im Weg stehen. Ist das aber Liebe gegen Liebe? Ist das kindliche Dankbarkeit gegen väterliche Milde? Wenn er dem geilen Kitzel eines Augenblicks zehn Jahre eures Lebens aufopfert? wenn er den Ruhm seiner Väter, der sich schon sieben Jahrhunderte unbefleckt erhalten hat, in einer wollüstigen Minute aufs Spiel setzt? Heißt ihr das euren Sohn? Antwortet! heißt ihr das einen Sohn?

      D. a. Moor. Ein unzärtliches Kind! ach! aber mein Kind doch! mein Kind doch!

      Franz. Ein allerliebstes, köstliches Kind, dessen ewiges Studium ist, keinen Vater zu haben – O daß ihr's begreifen lerntet! daß euch die Schuppen fielen vom Auge! aber eure Nachsicht muß ihn in seinen Liederlichkeiten bevestigen; euer Vorschub ihnen Rechtmäßigkeit geben. Ihr werdet freilich den Fluch von seinem Haupte laden, auf euch, Vater, auf euch wird der Fluch der Verdammniß fallen.

      D. a. Moor. Gerecht! sehr gerecht! – Mein, mein ist alle Schuld!

      Franz. Wie viele Tausende, die voll gesoffen haben vom Becher der Wollust, sind durch Leiden gebessert worden! Und ist nicht der körperliche Schmerz, den jedes Uebermaas begleitet, ein Fingerzeig des göttlichen Willens? Sollte ihn der Mensch durch seine grausame Zärtlichkeit verkehren? Soll der Vater das ihm anvertraute Pfand auf ewig zu Grunde richten? – Bedenkt, Vater, wenn ihr ihn seinem Elend auf einige Zeit preiß geben werdet, wird er nicht entweder umkehren müssen und sich bessern? oder er wird auch in der großen Schule des Elends ein Schurke bleiben, und dann – wehe dem Vater, der die Rathschlüsse einer höheren Weisheit durch Verzärtlung zernichtet! – Nun, Vater?

      D. a. Moor. Ich will ihm schreiben, daß ich meine Hand von ihm wende.

      Franz. Da thut ihr recht und klug daran.

      D. a. Moor. Daß er nimmer vor meine Augen komme.

      Franz. Das wird eine heilsame Wirkung thun.

      D. a. Moor (zärtlich.) Bis er anders worden!

      Franz. Schon recht, schon recht – Aber, wenn er nun kommt mit der Larve des Heuchlers, euer Mitleid erweint, eure Vergebung sich erschmeichelt, und morgen hingeht und eurer Schwachheit spottet im Arm seiner Huren? – Nein, Vater! Er wird freywillig wiederkehren, wenn ihn sein Gewissen reingesprochen hat.

      D. a. Moor. So will ich ihm das auf der Stelle schreiben.

      Franz. Halt! noch ein Wort, Vater! Eure Entrüstung, fürchte ich, möchte euch zu harte Worte in die Feder werfen, die ihm das Herz zerspalten würden – und dann – glaubt ihr nicht, daß er das schon für Verzeihung nehmen werde, wenn ihr ihn noch eines eigenhändigen Schreibens werth haltet? Darum wird's besser seyn, ihr überlaßt das Schreiben mir.

      D. a. Moor. Thu' das, mein Sohn. – Ach! es hätte mir doch das Herz gebrochen! Schreib ihm —

      Franz (schnell.) Dabei bleibt's also?

      D. a. Moor. Schreib ihm, daß ich tausend blutige Thränen, tausend schlaflose Nächte – Aber bring meinen Sohn nicht zur Verzweiflung.

      Franz. Wollt ihr euch nicht zu Bette legen, Vater? Es griff euch hart an.

      D. a. Moor. Schreib ihm, daß die väterliche Brust – Ich sage dir, bring meinen Sohn nicht zur Verzweiflung.

(Geht traurig ab.)

      Franz (mit Lachen ihm nachsehend.) Tröste dich, Alter, du wirst ihn nimmer an diese Brust drücken, der Weg dazu ist ihm verrammelt, wie der Himmel der Hölle – Er war aus deinen Armen gerissen, ehe du wußtest, daß du es wollen könntest – da müßt' ich ein erbärmlicher Stümper seyn, wenn ich's nicht einmal so weit gebracht hätte, einen Sohn vom Herzen des Vaters los zu lösen, und wenn er mit ehernen Banden daran geklammert wäre – Ich hab' einen magischen Kreis von Flüchen um dich gezogen, den er nicht überspringen soll – Glück zu, Franz! Weg ist das Schooskind – Der Wald ist heller. Ich muß diese Papiere vollends aufheben, wie leicht könnte jemand meine Handschrift kennen? (er liest die zerrissenen Briefstücke zusammen.) – Und Gram wird auch den Alten bald fortschaffen, – und ihr muß ich diesen Karl aus dem Herzen reissen, wenn auch ihr halbes Leben dran hängen bleiben sollte.

      Ich habe große Rechte, über die Natur ungehalten zu seyn, und bei meiner Ehre! ich will sie geltend machen. – Warum bin ich nicht der Erste aus Mutterleib gekrochen? Warum nicht der Einzige? Warum mußte sie mir diese Bürde von Häßlichkeit aufladen? gerade mir? Nicht anders, als ob sie bei meiner Geburt einen Rest gesetzt hätte? Warum gerade mir die Lappländersnase? Gerade mir dieses Mohrenmaul? Diese Hottentottenaugen? Wirklich, ich glaube, sie hat von allen Menschensorten das Scheußliche auf einen Haufen geworfen, und mich daraus gebacken. Mord und Tod! Wer hat ihr die Vollmacht gegeben, jenem dieses zu verleihen, und mir vorzuenthalten? Könnte ihr jemand darum hofiren, eh' er entstund? Oder sie beleidigen, eh' er selbst wurde? Warum gieng sie so partheylich zu Werke?

      Nein! Nein! Ich thu' ihr Unrecht. Gab sie uns doch Erfindungsgeist mit, setzte uns nackt und armselig ans Ufer dieses großen Ozeans, Welt – Schwimme, wer schwimmen kann, und wer plump ist, geht unter! Sie gab mir nichts mit; wozu ich mich machen will, das ist nun meine Sache. Jeder hat gleiches Recht zum Grösten und Kleinsten, Anspruch wird an Anspruch, Trieb an Trieb, und Kraft an Kraft zernichtet. Das Recht wohnet beim Ueberwältiger, und die Schranken unserer Kraft sind unsere Gesetze.

      Wohl gibt es gewisse gemeinschaftliche