Название | Aus zwei Welttheilen. Zweiter Band. |
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Автор произведения | Gerstäcker Friedrich |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Keine Furcht, Massa« – sagte der Neger grinsend, »aber welches Mädchen, De Lor' bleß you, ich sehe kein Mädchen zum mitnehmen, Missus Saise?«
St. Clyde sprang die Treppe hinab, schwang sich auf sein Pferd und sprengte mit verhängten Zügeln dem Mississippi zu; Gabriele bog sich schluchzend zu dem armen Kinde nieder und band ihr das eigene Tuch um die blutende Stirn, die beiden Neger aber starrten mit weit von einander gerissenen Lippen bald den Einen, bald den Andern an und konnten das Vorgefallene nicht begreifen, bis sie ihres Vorgesetzten erneuter Ruf und die drohend geschwungene Peitsche an die Erfüllung des gegebenen Befehls erinnerte. Sie hoben die Indianerin vom Boden auf und verschwanden mit ihr bald nachher in einer der niederen, gleichförmigen Negerhütten, die in langen, regelmäßigen Reihen, einer kleinen Stadt nicht unähnlich, das Herrenhaus umgaben. Gabriele zog sich auf ihr Zimmer zurück, die Männer aber – der Overseer wurde heute ebenfalls von seinem Prinzipal eingeladen zu Tisch zu bleiben – ließen sich an der Tafel nieder, und Beaufort schien mit dem eisigen Claret allen Aerger und Verdruß hinunterspülen zu wollen, bedankte sich aber, ehe er sein Lager suchte, noch einmal bei dem Fremden, daß er ihn und sein Haus von der Schande befreit habe, »verdammtes Niggerblut« neben Weißen zu beherbergen.
Mr. Pitwell hatte seine Schlafstelle angewiesen bekommen; da aber die Luft kühl war, wie er sagte, so zog er es vor, noch ein Viertelstündchen mit dem Overseer am Flusse auf- und abzugehen, stieg also mit diesem hinunter, und schritt zwischen einer Allee von China- und Tulpenbäumen hin, dem Eingang der Plantage zu, der durch eine dichte Feigen- und Orangenhecke beschattet wurde.
»Hört einmal, Pitwell« – sagte Duxon, hier stehen bleibend – »habt Ihr wieder einen von Euren alten Streichen ausgeübt, he? Ist das Mädchen ein Nigger oder ist's keiner?«
»Was geht's Euch an?« brummte Pitwell, sich ängstlich dabei umsehend – »es kann uns doch Niemand hier behorchen?«
»Keine Seele – aber kommt – Ihr müßt mir die Sache erzählen; verdammt will ich sein, wenn das mit rechten Dingen zugeht. Oh zum Henker, Mann, seid doch nicht so verschwiegen; von uns Beiden wird doch wahrhaftig keiner den Andern verrathen?«
»Nun gut, Ihr sollt Alles wissen, aber kommt fort von hier, ins Freie hinaus,« flüsterte Pitwell, »hier unter den Bäumen ist mir's so unheimlich und kommt mir immer vor, als ob mich Jemand behorchte.«
Die beiden würdigen Leute schritten mitsammen an das Ufer des Fausse Rivière und wanderten hier Arm in Arm herauf und herunter von der Plantage. Pitwell erzählte nun dem Freunde und Bundesgenossen aufrichtig den ganzen Hergang, erklärte ihm aber auch, daß er, trotz seiner Sicherheit, doch nicht abwarten wolle, bis der junge Laffe – St. Clyde – seine Drohungen wahr machen könne, sondern morgen mit dem Frühsten aufbrechen werde.
»Das trifft sich herrlich!« sagte der Overseer, »ich bin mit Beaufort ebenfalls in Abrechnung begriffen und kann Euch vielleicht, wenn Ihr nur noch ein oder zwei Tage bleibt, begleiten. Ueber die jetzige Nachlese läßt sich dann leicht ein ungefährer Ueberschlag machen. Mir gefällt's nicht mehr hier am Fluß, ich will nach Texas und eine eigene Plantage kaufen.«
»Wie? Schon so viel verdient? Das ist geschwind gegangen,« lachte der Fremde.
»Da müßte Einer ein gewaltiger Thor sein,« meinte der Overseer lächelnd, »wenn er auf einer solchen Pflanzung nicht in drei Jahren ein Capitälchen zurücklegen könnte.«
»Mir wär's recht, so lange zu warten,« sagte Pitwell, »aber ich kann nicht, ich muß machen, daß ich das Ding verkaufe; erstlich fühl ich mich hier nicht so recht sicher, und dann – hab ich sonst noch Arbeit. Das Wiederfinden hätte mir übrigens nicht gelegener kommen können; weiß nur der Teufel, wie das kleine Geschöpf dem Ersaufen entgangen ist; mit meinen eigenen Augen hab ich gesehen, wie es unterging, und noch dazu mit gebundenen Händen.«
»Die Indianer können schwimmen und tauchen wie die Fische;« lachte Duxon; »aber wißt Ihr was, Pitwell, ich kaufe Euch die Kleine ab?«
»Was – Ihr? – Aber jener Creole?«
»Mag zum Teufel gehen, ich übernehme jede weitere Verantwortung.«
»Und kauft Ihr sie so, wie ich sie verkaufen kann?« frug vorsichtig der Yankee, »wollt Ihr den Verlust tragen, wenn die Indianer kämen und sie als die Tochter ihres Häuptlings reclamirten?«
»Ja gewiß,« rief spöttisch der Overseer, »aber dafür muß ich sie auch billig haben – ich gebe Euch zweihundert Dollar.«
»Hallo – das ist zu wenig – bedenkt, das Mädchen ist achthundert werth.«
»Wenn ich Euch im Stiche lasse, keine funfzig Cent,« höhnte Duxon.
»Nein, Mann, zweihundert ist bei Gott zu wenig, da ließ ich es doch lieber selber darauf ankommen; gebt mir drei und sie ist Euer!«
»Topp – kommt mit in mein Haus, schreibt den Kaufbrief auf mich über und nehmt das Geld in Empfang.«
»Und glaubt Ihr, daß ich noch, ohne Gefahr zu laufen, ein paar Stunden hier verweilen kann?«
»Ein paar Jahre, wenn Ihr wollt; hab ich erst einmal das Mädchen, so soll sie mir ganz Louisiana nicht mehr entreißen können; die Gesetze müssen in allen Sklavenstaaten auf meiner Seite sein, und es giebt dann nichts Gefährlicheres auf der Welt, als ihnen, gerade in diesem Punkt, widerstreben zu wollen. Kommt, Pitwell, in zehn Minuten muß die schöne Indianerin mir gehören, und morgen schon mache ich meine Anrechte auf sie geltend; nachher kann ihr ganzer Stamm kommen und schwören – mir gleich.«
Die beiden Männer schritten eilig in das zwischen den Negerhütten stehende, und sich nur durch ein höheres Dach und eine Galerie von diesen unterscheidende Haus des Overseers zurück, und schlossen dort den beredeten Handel ab. Pitwell empfing das Geld und Saise wurde dem Overseer als alleiniges und rechtmäßiges Eigenthum überschrieben. Beaufort selbst sollte am nächsten Morgen seinen Namen als Zeuge daruntersetzen.
St. Clyde hatte indessen sein Pferd mit Sporen und Peitsche so angetrieben, daß es, als er vor des Richters Thür in Point-Coupee anhielt, ein paar Secunden lang hin und her schwankte und dann, matt und aufgerieben, wie es war, zusammenbrach; ohne es aber auch nur eines Blickes zu würdigen, flog er die Treppe hinauf, stürzte in des Richters Zimmer und rief diesen, ihm mit wenigen Worten die Frevelthat erzählend, um Beistand an.
Der Richter war ein wackerer Mann, streng rechtlich und in der Ausübung seiner Pflicht menschlich, aber gar bedenklich schüttelte er mit dem Kopfe, als er von dem nach Form Rechtens ausgestellten Kaufbriefe hörte. Er kannte die Gewalt, die ein solches Schreiben hatte.
»Junger Mann,« sagte er nach langer Pause, während er sinnend, den Kopf in die Hand gestützt, zu dem Creolen aufschaute, »das ist eine böse Sache. Erstlich scheint es mir freilich, als ob Sie das Ganze ein bischen zu romantisch ansähen, dann aber, wäre auch wirklich Alles so, wie Sie es schildern, so sehe ich doch nicht ein, auf welche Art es gehoben werden könnte; wir dürfen nicht gegen die Gesetze handeln und wenn wir wirklich den festen Glauben hätten, dem armen Mädchen geschähe Unrecht.«
»Aber Sie werden doch nicht zugeben, daß eine freie Indianerin aufgegriffen und verkauft wird?« rief St. Clyde erzürnt, »dasselbe könnte ja jedem Weißen begegnen, wenn sich zwei Buben vereinigten, einen Kaufbrief über ihn zu schreiben und zu schwören, daß seine Mutter eine Mestize gewesen sei.«
»Das nun wohl nicht,« lächelte der Richter; »ehe ein Weißer verkauft würde, müßten gewaltige Beweise vorliegen, daß er wirklich aus Negerblut abstamme; aber Sie dürfen auch nicht allen solchen Erzählungen weggelaufener Neger glauben; großer Gott, die lügen Ihnen manchmal das Blaue vom Himmel herunter.«
»Wär es denn nicht möglich, die Indianerin den Händen jenes Mannes zu entziehen, bis man Zeugen aus ihrem Stamm herbeischaffen könnte?«
»Bester Freund, der Stamm