Название | Unterm Birnbaum |
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Автор произведения | Theodor Fontane |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Du sagst Spottpreis, Ursel. Ja, was ist Spottpreis? Auch Spottpreise können zu hoch sein. Ich hatte damals nichts und hab’ es von geborgtem Gelde kaufen müssen.«
»Das hättest Du nicht thun sollen, Abel, das hättest Du mir sagen müssen. Aber da genirte sich der werthe Herr Gemahl und mußte sich auch geniren. Denn warum war kein Geld da? Wegen der Person drüben. Alte Liebe rostet nicht. Versteht sich.«
»Ach Ursel, was soll das! Es nutzt uns nichts, uns unsere Vergangenheit vorzuwerfen.«
»Was meinst Du damit? Was heißt Vergangenheit?«
»Wie kannst Du nur fragen? Aber ich weiß schon, es ist das alte Lied, das ist Weiberart. Ihr streitet Eurem eignen Liebhaber die Liebschaft ab. Ursel, ich hätte Dich für klüger gehalten. So sei doch nicht so kurz von Gedächtniß. Wie lag es denn? Wie fand ich Dich damals, als Du wieder nach Hause kamst, krank und elend und mit dem Stecken in der Hand, und als der Alte Dich nicht aufnehmen wollte mit Deinem Kind und Du dann zufrieden warst mit einer Schütte Stroh unterm Dach? Ursel, da hab’ ich Dich gesehn, und weil ich Mitleid mit Dir hatte, nein, nein, erzürne Dich nicht wieder … weil ich Dich liebte, weil ich vernarrt in Dich war, da hab’ ich Dich bei der Hand genommen, und wir sind hierher gegangen, und der Alte drüben, dem Du das Käpsel da nähst, hat uns zusammengethan. Es thut mir nicht leid, Ursel, denn Du weißt, daß ich in meiner Neigung und Liebe zu Dir der Alte bin, aber Du darfst Dich auch nicht aufs hohe Pferd setzen, wenn ich vor Sorgen nicht aus noch ein weiß, und darfst mir nicht Vorwürfe machen wegen der Rese drüben in Neu-Lewin. Was da hinging, glaube mir, das war nicht viel und eigentlich nicht der Rede werth. Und nun ist sie lange todt und unter der Erde. Nein, Ursel, daher stammt es nicht, und ich schwöre Dir’s, das alles hätt’ ich gekonnt, aber der verdammte Hochmuth, daß es mit uns was sein sollte, das hat es gemacht, das ist es. Du wolltest hoch hinaus und was Apartes haben, damit sie sich wundern sollten. Und was haben wir nun davon? Da stehen die Sachen, und das Bauernvolk lacht uns aus.«
»Sie beneiden uns.«
»Nun gut, vielleicht oder wenigstens so lang es vorhält. Aber wenn das alles eines schönen Tages fort ist?«
»Das darf nicht sein.«
»Die Gerichte fragen nicht lange.«
»Das darf nicht sein, sag’ ich. Alles andre. Nein, Hradscheck, das darfst Du mir nicht anthun, da nehm’ ich mir das Leben und geh’ in die Oder, gleich auf der Stelle. Was Jammer und Elend ist, das weiß ich, das hab’ ich erfahren. Aber gerade deßhalb, gerade deßhalb. Ich bin jetzt aus dem Jammer heraus, Gott sei Dank, und ich will nicht wieder hinein. Du sagst, sie lachen über uns, nein, sie lachen nicht; aber wenn uns was passirte, dann würden sie lachen. Und daß dann ›Kätzchen‹ ihren Spaß haben und sich über uns lustig machen sollte, oder gar die gute Mietzel, die noch immer in ihrem schwarzen Kopftuch steckt und nicht mal weiß, wie man einen Hut oder eine Haube manierlich aufsetzt, das trüg’ ich nicht, da möcht’ ich gleich todt umfallen. Nein, nein, Hradscheck, wie ich Dir schon neulich sagte, nur nicht arm. Armuth ist das Schlimmste, schlimmer als Tod, schlimmer als …«
Er nickte. »So denk’ ich auch, Ursel. Nur nicht arm. Aber komm’ in den Garten! Die Wände hier haben Ohren.«
Und so gingen sie hinaus. Draußen aber nahm sie seinen Arm, hing sich, wie zärtlich, an ihn und plauderte, während sie den Mittelsteig des Gartens auf und ab schritten. Er seinerseits schwieg und überlegte, bis er mit einem Male stehen blieb und, das Wort nehmend, auf die wieder zugeschüttete Stelle neben dem Birnbaum wies. Und nun wurden Ursel’s Augen immer größer, als er rasch und lebhaft alles, was geschehen müsse, herzuzählen und auseinander zu setzen begann.
»Es geht nicht. Schlag’ es Dir aus dem Sinn. Es ist nichts so fein gesponnen …«
Er aber ließ nicht ab, und endlich sah man, daß er ihren Widerstand besiegt hatte. Sie nickte, schwieg, und Beide gingen auf das Haus zu.
IV
Der Oktober ging auf die Neige, trotzdem aber waren noch schöne warme Tage, so daß man sich im Freien aufhalten und die Hradscheck’sche Kegelbahn benutzen konnte. Diese war in der ganzen Gegend berühmt, weil sie nicht nur ein gutes wagerechtes Laufbrett, sondern auch ein bequemes Kegelhäuschen und in diesem zwei von aller Welt bewunderte buntglasige Kuckfenster hatte. Das gelbe sah auf den Garten hinaus, das blaue dagegen auf die Dorfstraße sammt dem dahinter sich hinziehenden Oderdamm, über den hinweg dann und wann der Fluß selbst aufblitzte. Drüben am andern Ufer aber gewahrte man einen langen Schattenstrich: die neumärkische Haide.
Es war halb vier, und die Kugeln rollten schon seit einer Stunde. Der zugleich Kellnerdienste verrichtende Ladenjunge lief hin und her, mal Kaffee, mal einen Kognak bringend, am öftesten aber neugestopfte Thonpfeifen, aus denen die Bauern rauchten und die Wölkchen in die klare Herbstluft hineinbliesen. Es waren ihrer fünf, zwei aus dem benachbarten Kienitz herübergekommen, der Rest echte Tschechiner: Ölmüller Quaas, Bauer Mietzel und Bauer Kunicke. Hradscheck, der, von Berufs wegen, mit dem Schreib- und Rechenwesen am besten Bescheid wußte, saß vor einer großen schwarzen Tafel, die die Form eines Notenpultes hatte.
»Kunicke steht wieder am besten.« »Natürlich, gegen den kann keiner.« »Dreimal acht um den König.« Und nun begann ein sich Überbieten in Kegelwitzen. »Er kann hexen,« hieß es. »Er hockt mit der Jeschke zusammen.« »Er spielt mit falschen Karten.« »Wer so viel Glück hat, muß Strafe zahlen.« Der, der das von den »falschen Karten« gesagt hatte, war Bauer Mietzel, des Ölmüllers Nachbar, ein kleines aufgetrocknetes Männchen, das mehr einem Leineweber als einem Bauern glich. War aber doch ein richtiger Bauer, in dessen Familie nur von alter Zeit her der Schwind war.
»Wer schiebt?«
»Hradscheck.«
Dieser kletterte jetzt von seinem Schreibersitz und wartete gerad’ auf seine die Lattenrinne langsam herunter kommende Lieblingskugel, als der Landpostbote durch ein auf die Straße führendes Thürchen eintrat und einen großen Brief an ihn abgab; Hradscheck nahm den Brief in die Linke, packte die Kugel mit der Rechten und setzte sie kräftig auf, zugleich mit Spannung dem Lauf derselben folgend.
»Sechs!« schrie der Kegeljunge, verbesserte sich aber sofort, als nach einigem Wackeln und Besinnen noch ein siebenter Kegel umfiel.
»Sieben also!« triumphirte Hradscheck, der sich bei dem Wurf augenscheinlich was gedacht hatte.
»Sieben geht,« fuhr er fort. »Sieben ist gut. Kunicke, schiebe für mich und schreib’ an. Will nur das Porto zahlen.«
Und damit nahm er den Briefträger unterm Arm und ging mit ihm von der Gartenseite her ins Haus.
Das Kegeln setzte sich mittlerweile fort, wer aber Spiel und Gäste vergessen zu haben schien, war Hradscheck. Kunicke hatte schon zum dritten Male statt seiner geschoben, und so wurde man endlich ungeduldig und riß heftig an einem Klingeldraht, der nach dem Laden hineinführte.
Der Junge kam auch.
»Hradscheck soll wieder antreten, Ede. Wir warten ja. Mach’ flink!«
Und sieh, gleich darnach erschien auch der Gerufene, hochroth