Название | Tahiti: Roman aus der Südsee. Zweiter Band. |
---|---|
Автор произведения | Gerstäcker Friedrich |
Жанр | Книги о Путешествиях |
Серия | |
Издательство | Книги о Путешествиях |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Ganz und gar nicht, Kamerad,« sagte der aber trocken, und während er sein Primchen Kautabak im Munde aus einer Backe in die andere wechselte, »ganz und gar nicht, wenn Du die Wahrheit hören willst.«
»Hahaha,« lachte aber der Ire, ohne sich im mindesten darüber beleidigt zu fühlen, »verdamme mich wenn das nicht ehrlich von der Leber weggesprochen ist; leid thut mir's nur bei der Sache, daß ich das nämliche – nicht von Euch auch sagen kann.«
»Dann werd' ich mein Möglichstes thun, das für mich so unglückliche Vorurtheil bei Euch zu zerstören,« antwortete der Seemann ruhig.
»Donnerwetter Ihr seid grob!« rief aber der Ire, der nun einmal entschlossen schien jetzt Nichts übel zu nehmen, obgleich der ganze kräftige Bau seines Körpers wie ein ziemlich entschlossener Zug um den Mund, wohl glauben ließ daß er sonst eben eine wirkliche Beleidigung nicht so leicht einstecken würde, »aber das schadet Nichts, Kamerad, wir werden schon noch näher mit einander bekannt werden und ich bin wie der Wein – ich gewinne durchs Liegen. Und nun Ihr da, Ihr Mädchen,« wandte er sich zu diesen in ihrer eigenen Sprache, »laßt das verdammte Suchen sein und kommt her – morgen wird sichs schon finden was ihr verloren habt – beim Auskehren vielleicht – und wo ist Amiomio heute? hol der Henker die kleine Wetterhexe, sie geht immer fort und kommt niemals wieder.«
»Naha-hio!« riefen da einige der Mädchen, die sich auf den Anruf umgedreht, erstaunt und untereinander aus – »O-fa-na-ga wieder hier? – und wo hat Dich Oro's Zorn so lange umhergetrieben?«
»O-fa-na-ga« spottete ihnen aber der Ire nach, »bei Jäsus, meine Herzchen, Ihr habt den Namen noch immer nicht aussprechen lernen und übersetzt meiner Mutter Sohn auf eine merkwürdige Weise ins Tahitische. Was würde ould father O'Flannagan sagen, wenn sie ihn so zu Tische gerufen hätten – ha, meine namataruas, Ihr beiden unzertrennlichen Sterne, seid Ihr auch hier? und wo ist ipo Anoënoë, mein schlankes Mädchen von Bola-Bola, die tollste in Eurer tollen Schaar?«
»Anoënoë ist fromm geworden« lachte eines der Mädchen, die er namataruas nach einem Zwillingsgestirn jener Zone genannt – »sie lacht nicht mehr und trägt keine Blumen mehr im Haar und hinter den Ohren.«
»Hahahaha« lachte der Ire, »Anoënoë fromm geworden das ist gut, das ist vortrefflich, das ist – hahahaha – das ist beim Teufel zum Todtschießen komisch!«
Der Bootsmann – eine schlanke, kräftige, ja selbst edle Gestalt, mit ächt französischen Zügen, krausem dunkelen Barte und dunkelen Augen, jeder Zoll ein Seemann, der englischen Sprache übrigens vollkommen mächtig, hatte den Begrüßungen des Fremden mit den Mädchen und Frauen des Platzes, die er alle kannte und bei Namen nannte, schweigend und etwas erstaunt mit zugesehen, aber weiter kein Wort hineingeredet und schien nur etwas ungeduldig und mit untergeschlagenen Armen das Ende dieser Erkennungsscene zu erwarten. Er trug, trotz dem warmen Wetter, seine blautuchene dicht mit kleinen blanken Knöpfen besetzte Jacke, mit weißen Strümpfen und sauber gewichsten Schuhen und schneereinen segeltuchenen selbstgemachten weiten Hosen, die nur dicht über den Hüften fest anschlossen und auflagen; das weiße Hemd hielt ein schwarzseidenes Halstuch mit einem Seemannsknoten locker zusammen, und der leichte feine Panama Strohhut saß ihm fest und trotzig mehr nach vorn in der Stirn, als ihn sonst Matrosen gewöhnlich zu tragen pflegen.
Endlich mochte ihm aber die Zeit doch zu lang währen und er unterbrach die weiteren freundschaftlichen Erkundigungen des Fremden mit einem nicht eben da einstimmenden:
»I say stranger! – Ihr scheint früher schon einmal auf Korallenboden geankert zu haben – Euerer Physionomie verdankt Ihr die Vertraulichkeit doch nicht.«
»Der Geschmack ist verschieden, Kamerad!« lachte der Ire dagegen, »und Einer liebt Bier, der Andere Milchsuppe; aber Ihr habt Recht, ich bin hier zu Hause, und wenn ich auch nicht gerade hier wohne, führt mich meine Straße oft genug vorbei – was Wunder da, daß ich Nachbars Töchter kenne.«
»Ei so laßt Euer In-ge-le-se-Schwatzen doch nun endlich einmal!« rief da eines der Mädchen, zwischen die beiden Männer springend und des Iren Arm ergreifend – »Her zu mir O-fa-na-ga – und dreh deine Taschen um, denn Du hast doch den Boden hier nicht wieder betreten, ohne deiner Maïre Schmuck und Ringe mitgebracht zu haben; wo ist der Ring von perú, den Du mir so lange versprochen?«
»Maïre!« rief der Ire erstaunt sie betrachtend – »das ist Maïre? was zum Wetter ist denn mit Dir vorgegangen Mädchen, ich kenne Dich ja gar nicht mehr, wo sind deine Locken?«
»Die hat der Mitonare abgeschnitten,« sagte die Schöne, halb beschämt, halb unzufrieden.
»Der Mitonare – und was zum Henker hat der Mitonare in deinen Haaren zu suchen, Sirrah?«
»Sie sollte fromm werden und keine tollen Streiche mehr treiben,« lachte Ate-Ate, ihr das Kinn emporhebend und zum Lichte drehend.
»Unsinn!« rief aber das Mädchen, – »das ist blos oben, O-fa-na-ga – kehr Dich nicht daran – wo ist der Ring? her damit!«
»Und mir auch – mir auch!« riefen Andere, auf ihn eindrängend, »mir hat er Ohrgehänge versprochen – und mir bunte Federn aus dem Osten – und mir Kattun zu einem neuen Kleid!«
»Zurück Mädchen, zurück!« rief aber der Ire lachend, der sich nur mit Mühe der auf ihn Einstürmenden erwehren konnte – »Ihr hattet recht, Kamerad, die Physionomie thuts bei den Dirnen hier allerdings nicht allein, und sie reißen Einem – Wettermädchen Ihr, wollt Ihr Ruhe geben – die Lumpen vom Leibe; würden sich auch verdammt wenig Gewissen daraus machen, einen armen Teufel von Matrosen gleich bei seinem ersten Ansprung an Land rein auszuplündern und nachher allein sitzen zu lassen und auszulachen. Die braune Haut versteht sich so gut darauf wie die weiße.«
»Von welchem Schiff seid Ihr, Kamerad?« frug jetzt der Bootsmann, »Ihr segelt wohl unter eigener Flagge?«
Der Ire lächelte leise vor sich hin, schüttelte aber mit dem Kopf und erwiederte schmunzelnd:
»Dießmal habt Ihr vorbeigeschossen, so schmeichelhaft die Anspielung auch sein mochte; alt England für immer, ich möchte keine anderen Farben an meiner Gaffel wehen haben, – selbst nicht die rothe;« setzte er mit einem halb spöttischen, halb verschmitzten Seitenblick auf den Bootsmann hinzu – »Um Euch übrigens zu beruhigen kann ich Euch sagen daß ich Harpunier an Bord des Englischen Wallfischfängers, der Kitty Clover bin, die hier zu ihrer Erholung in Papetee liegt, und auch da wohl noch eine Weile zu ihrer Erholung liegen bleiben wird, wenn ihr die sehr verehrte Französische Regierung nichts in den Weg zu legen für nöthig findet und den Aufenthalt noch länger gestattet.«
Der Bootsmann unterdrückte nur mit Mühe einen Fluch auf die ironische Anspielung daß seine Corvette, die früher den Insulanern imponirt, gegenwärtig, durch die ihr überlegenen Engländer im Schach gehalten, Nichts mehr zu sagen und zu befehlen hatte, aber er besann sich eines Besseren und die Lippen nur zusammenpressend sagte er finster:
»Ihr thätet wohl Euch mit der Französischen Regierung auf gutem Fuß zu halten – die guten Leute in Papetee wissen heute noch gar nicht was für Farben morgen Mode sein könnten.«
»Jedenfalls die schwarze,« schmunzelte der Ire, sich die Hände reibend – »jedenfalls die schwarze. Jetzt bestimmen die Missionaire die Moden und das sind liebe, liebe Menschen; haben uns Matrosen auch so gern, als ob wir ihre Brüder wären – was wir ja doch auch eigentlich sind. Es klingt ordentlich erbaulich »Bruder Jim oder Bruder O'Flannagan.«
»Daß sie uns nicht grün sind kann ich ihnen nicht verdenken,« brummte der Bootsmann, »sie haben alle Ursache dazu, denn unsere beiden Interessen laufen einander gerade schnurstracks entgegen. Also Ihr gehört zu dem schmutzigen Wallfischfänger da draußen – habt Ihr Fische bekommen?«
»Ja Mister.«
»Und welchen Port seid Ihr zuletzt angelaufen?«
»Genirt's Euch, wenn Ihr's nicht wißt?« frug der Ire spöttisch.
»Geht