Die Ahnen. Gustav Freytag

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Название Die Ahnen
Автор произведения Gustav Freytag
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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springen, du hörtest, wie der Bergwind weht und wie das junge Volk der Thüringe unsere Reigen auf dem Anger singt. Was weißt du mir zu sagen aus den Waldlauben?«

      »Noch rinnen die Quellen vom Rennstieg zu Tale, und die Waldaxt klingt an den Baumstämmen. Aus Erfurt, dem großen Markte, ritt mein Reiseherr Reinhard nach der Zelle unserer Brüder in Ordorf, auf dem Wege rasteten wir in einem Edelhofe.«

      Eine heiße Röte fuhr dem Schüler über das Gesicht, und mit heller Stimme rief er, die Hand gen Osten hebend: »Ich meine, das war der Hof meiner Väter.«

      »Wir wurden wohl empfangen von der edlen Hausfrau.«

      »Das war meine Mutter«, schrie der wilde Knabe und wandte sein Antlitz von dem Mönche ab, weil ihm Tränen über die Wangen liefen. »Sprich mir von ihr«, fuhr er nach einer Weile fort und kehrte sich wieder dem Mönch zu.

      »Sie erschien mir als eine heilige Frau, und einer Fürstin sah sie gleich, obgleich sie schmucklos in Witwentracht vor uns stand.«

      »Mein Vater starb an seiner Wunde im fernen Land, und der Sohn vermochte ihn nicht zu rächen. In den Kerker bin ich gesteckt. Unselig ist die Hand, die das Rauchfaß schwingt statt des Eisens.«

      »Mehr hilft deiner Seligkeit der Rauch am Altar als die wilden Worte«, mahnte der Mönch.

      »Du freilich trägst geduldig die braune Schafwolle, die sie dir gesponnen haben.«

      »Mich hat meine Mutter, da ich ein Kindlein war, dem Heiligen auf den Altar gelegt, weil sie das Liebste dem Himmel weihen wollte, und meine Heimat ist seitdem im Gotteshause.«

      »Auch mich haben sie, da ich noch ein Knabe war, zum Dienst des Altars bestimmt, obgleich ich das erstgeborene Kind war und ein Recht hatte, das Banner meines Vaters zu führen. Aber dem Vater wurde der Vorsatz leid, denn du weißt ja wohl, meine Fäuste sind nicht gemacht, Feder und Gebetbuch zu halten, sondern Schildrand und Rosseszügel. Zu einem Kriegsmann wurde ich erzogen, obgleich der Mutter Böses ahnte, bis mein Vater mit dem jungen Kaiser Otto nach Italien zog und in die Gefangenschaft der treulosen Griechen geriet. Da kam die Angst in unseren Hof, schöne Hufen mußte die Mutter dem Kloster verkaufen, um das Lösegeld für den Vater zu finden, und nicht die Hufen allein, auch den Sohn rieten die frommen Väter zu spenden, damit die erzürnten Heiligen sich des Vaters wieder erbarmten. Ich trug damals mein erstes Panzerhemd, jetzt trage ich dies mißfarbige Kleid eines dienenden Schülers und fahre in dieser großen Mausefalle wie eine gefangene Ratte längs den Brettern dahin. Den Vater haben die Heiligen doch nicht heimgeleitet, ich aber bin gefesselt.«

      »Wie mochten sie ein Opfer gnädig empfangen,« antwortete der Mönch traurig, »das so unwillig sich gegen den Altar sträubte.«

      »Zu Rosse wäre ich für sie geritten bis an das Ende der Welt, aber auf den Knien gleiten über den glatten Stein, das kann ich nicht. Denn meine Ahnen dachten hoch, und ich stamme aus einem Geschlecht von Kriegern.«

      »Und doch sollte deine Dienstbarkeit mild sein, du Begehrlicher, der immer an die Freuden der Welt denkt. Nicht Mönch solltest du werden, sondern ein üppiger Kanonikus, der seidenes Gewand trägt, hoch zu Rosse sitzt und mit den Frauen kost wie ein anderer.«

      »Warum trage ich nicht das weiße Gewand?« fragte Immo zornig, »andere, die noch jünger sind in der Klosterschule, werden dadurch doch ein wenig getröstet. Doch ich weiß wohl, teuer ist solche Gunst, und niemand von den Meinen zahlt einem Bischof den Preis für die weiße Leinwand. Aber hätte ich auch, was du für mich ersehnst, du weißt, die Fledermaus ist ein unholdes Tier, sie ist nicht Maus, nicht Vogel; und ich bin von dem Geschlecht, welches bei Sonnenschein sich über die Flur schwingt. Was sahst du noch, Rigbert, in unserer Halle?«

      »Von dem Söller wies Frau Edith meinem Reiseherrn die Kapellen der Umgegend; und als die Glocken hier und da läuteten, weil die Sonne im Mittag stand, brach aus dem Gehölz eine Schar Reiter, alle auf hellen Rossen.«

      »Das waren meine Brüder,« rief Immo, »das ist unsere Zucht.«

      Der Mönch nickte bestätigend: »Frau Edith sprach freudig zu dem Priester: Sieh, Reinhard, das sind meine sechs Nestlinge. Sie kommen, das Futter zu picken. Ist‘s nicht ein kräftiger Flug?«

      »Und die Dohle sitzt hier im Turmloch«, rief Immo dazwischen.

      »Sie rauschten heran, wie durch die Luft getragen, sechs feurige Reiter, wild flog ihr Haar durch die Luft, waren sie mit Vögeln zu vergleichen, so waren sie doch nicht als Waldsänger zu erkennen, denn scharf stachen ihre Augen.«

      Immo lachte erfreut. »Mich verdrießt‘s nicht, wenn du die Männer meines Geschlechtes mit Habichten vergleichst; ich hoffe, die Knaben werden ihre Fänge erweisen. Sahest du das Roß, auf dem mein jüngster Bruder ritt, der kleine Gottfried, den wir Friedel nennen? Ein Knabe war Friedel, da ich vor sechs Jahren von Hause scheiden mußte, er schlang die kleinen Arme um meinen Hals und weinte bitterlich, und als ich von der Schwelle wich, rannte er mir schluchzend nach und zog an meinem Gewand, mich festzuhalten. Ich hob ihn auf das Roß, das mir gehörte, gab den Zügel in seine Hand und raunte dem Hengste zu, daß er dem Kleinen zugetan sei. Niemand hat mir gesagt, wie das Roß ihm dient. Du mußt es gesehen haben, Rigbert, wenn du auch ein Mönch bist. Es ist ein sächsisches Pferd aus der Zucht des Königshofes, die Farbe ist ganz weiß, und Mähne und Schweif glänzen wie Silber. Sahst du das Roß, Rigbert, so sprich.«

      »Wohl sah ich das seltene Tier.«

      »Zwölfjährig ist es jetzt,« fuhr Immo eifrig fort, »und es mag meinen Friedel noch tragen, wenn er das erstemal in die Schlacht reitet; denn ein altes Roß und ein junger Held, sagt das Sprichwort, gehören zusammen. Wie saß das Kind auf meinem Rosse?«

      »Sah ich recht, so trug das Roß den ältesten deiner Brüder, den sie Odo nennen.«

      Immo sprang wie ein wildes Tier aus der Luke hinab auf die Stiege und packte den Mönch. »Odo, sagtest du, der jetzt Erbe ist an meiner Statt. Mir nahm er die Hufen und die Herrschaft im Lande, jetzt entwendet er auch dem Bruder mein letztes Geschenk. Vergessen bin ich, und verachtet ist mein Gedächtnis, und im Knechtdienst lebe ich wie einer, den sie im Kriege gefangen haben.« Er warf seinen Leib dröhnend gegen die Holzwand, ein krampfhaftes Schluchzen erschütterte ihm die Glieder.

      »Ganz töricht gebärdest du dich, Immo. Wie darfst du den Bruder schelten? Nicht er hat dich zu uns gebracht, und ein Zufall kann gewesen sein, daß er das Pferd tauschte.«

      Immo aber antwortete nicht, und der Mönch harrte schweigend, bis der heftige Anfall vorüber war. Endlich richtete sich Immo auf und fragte ruhiger: »Bringst du mir Botschaft von der Mutter?«

      »Den Segen deiner Mutter trägt dir der Vater Reinhard zu, wenn der Herr Abt es gestattet. Achte darauf, Immo, daß du dem Fremden gefällst, denn wisse, als Meister der Schule ist er in dies Kloster gesendet, und von morgen ist er dein Herr.«

      »Er wird widerwillige Diener finden in der äußeren Schule. Ist er ein Geselle wie der arge Tutilo?«

      Der Mönch sah unruhig um sich. »Du sprichst lauter, als in Klosterwänden geziemt,« und bittend fuhr er fort: »Immo, du hast mir Güte erwiesen, seit du unter den Dächern des heiligen Wigbert umherfährst, und du hast mir erlaubt, dein Geselle zu sein, soweit ich aus der Klausur dir die Hand durch den Zaun zureichen durfte; laß dich jetzt mahnen an unsere Treue in der Schule. Liebst du dein Leben und dein Glück, und wünschest du Gutes für die Tage deiner Zukunft, so füge dich dem neuen Lehrer; denn soweit ich ihn erkenne, ist er von mildem Herzen, aber von der strengen Zucht, und ich meine, es kommt eine andere Zeit auch für die Höfe des heiligen Wigbert. Vieles hörte ich raunen in den Zellen der Brüder, als wenn wir alle hier zu wenig nach der Regel lebten.«

      Immo lachte. »Sage das den Vätern. Ich sah vorhin durch das Schalloch, wie sie um die Heuhaufen im Reigen sprangen, und sie hielten die Mägde des Dorfes an der Hand.«

      »Schweig,« raunte der Mönch, »war das Tun nicht gut, darüber im Kloster zu sprechen ist Frevel, nicht uns allein steht Fasten und Rutenschlag bevor; mit den Scholastikern werden sie anfangen.«

      »Unsere Fleischkost ist mager,« spottete Immo, »wollen sie uns gebieten, zu fasten, so müssen wir den alten Katerweg über die Dächer wandeln,