Название | Der beiden Quitzows letzte Fahrten |
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Автор произведения | Karl May |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Das Benehmen Werners von Holzendorf seinem Freunde und langjährigen Waffengefährten Dietrich von Quitzow gegenüber hatte nicht nur die vollständige Billigung der widerstrebenden Adelspartei, sondern selbst die Freunde des Markgrafen mußten sich sagen, daß er gehandelt habe, wie es einem treuen Verbündeten gezieme. Er hatte Alles, was er besaß, redlich auf das Spiel gesetzt, um sein ritterliches Wort zu lösen, und besaß die Theilnahme des größten Theiles der Bevölkerung. Und diese Theilnahme ward um so größer, als ein jeder Verständige einsehen Mußte, daß das Urtheil des nach Berlin verlegten Gerichtes, dem er unter den gegebenen Verhältnissen unmöglich widerstehen könne, ihn unbedingt in den Verlust seiner Güter und Besitzungen erklären werde. Doch sah man sehr wohl nicht nur die Nothwendigkeit, sondern auch die Gerechtigkeit dieser Maßregel vollständig ein und hegte die Hoffnung, daß die allbekannte Milde und Freundlichkeit des Fürsten die Härte des Augenblicks später nach Kräften lindern werde.
Aehnliche Gedanken hatten auch die beiden Männer, welche am Tage nach dem Lehngerichte auf der Straße von Spandau nach Brandenburg dahinritten und die gestrigen Ereignisse zum Gegenstande ihrer Unterhaltung gemacht hatten. Es war Hans von Uchtenhagen, welchen wir in dem Kreise der Schöppen bemerkt haben, mit seinem jüngeren Bruder Karl.
Der Erstere wurde trotz seiner Jugend zu den hervorragendsten Rittern des Landes gezählt, und der Letztere versprach, ihm in Allem ein würdiges Ebenbild zu werden. Von jeher schon hatten sich die Uchtenhagens eines ausgezeichneten Rufes erfreut; die Mannen ihres Geschlechtes hatten bei allen großen und eingreifenden Ereignissen stets mit an der Spitze gestanden; reich an Tugenden und Ehren, waren sie immerfort bemüht gewesen, ihrer ruhmreichen Vergangenheit eine gleich glänzende Zukunft anzureihen, und weit über die Grenzen des Landes hinaus erklang bei Mahnruf und Ritterschlag das Wort: »Steh’ fest und werde wie ein Uchtenhagen!«
Hans war von untersetzter, breitschulteriger Figur und bot in seiner graden, strammen Haltung, mit den scharfen, blitzenden Augen und links und rechts weit über das gebräunte Gesicht hinausragendem Schnurrbarte einen gar stattlichen, achtungweckenden Anblick. Karl war schlanker gebaut als er; noch keimte der männliche Bart nur als leichter Flaum auf seiner Lippe, und in seiner Haltung und seinen Bewegungen lag etwas Weiches, welches auch mit der gewohnten Milde seiner Redeweise vollständig harmonirte; doch wer ihn deshalb für einen Knaben gehalten hätte, der wäre mit seinem Urtheile auf einem sehr großen Irrwege gewandelt und hätte sich vielleicht damit gar die Veranlassung zugezogen, seinen Irrthum schwer und bitter zu bereuen, denn der junge Mann war gar schnellen und kühnen Sinnes, hatte sich schon öfters als tüchtiger Kämpfer gezeigt und bei solchen Gelegenheiten stets bewiesen, daß sich mit der Gewandtheit und elastischen Ausdauer seines Körpers ein Scharfblick und eine Geistesgegenwart vereine, welche Schreck, Furcht und Angst bei ihm zur Unmöglichkeit machte.
Mit fröhlichem Sinne trabten sie neben einander dahin und die Wechselrede flog gar rasch und lebendig herüber und hinüber. Sie fühlten gegenseitig eine wahrhaft brüderliche Liebe zu einander, und es gab keine Regung des Herzens und keine Richtung des Gedankens, welche der Eine vor dem Andern hätte verbergen können. Darum vermochten sie nicht lange schweigend neben einander zu sein, und unter dem Reize des Gespräches verging eine Stunde nach der andern. Schon hatten sie Wustermark und Tremmen hinter sich und bogen nun in die Richtung auf Zachow ein, welche sie in die dichten Waldungen führte, die zwischen der Havel und den sich von Plaue bis nach Bähnitz erstreckenden Seen liegen.
Die Brüder hatten sich mit ihrem Ritte nicht sehr beeilt, und zudem war ihnen durch die für die Pferde so nothwendige Ruhe so viel Zeit verloren gegangen, daß es jetzt stark zu dunkeln begann und sie sich auf eine nächtliche Irrfahrt gefaßt machen mußten. Damals waren die Fluren Deutschlands noch lange nicht der Kultur unterworfen, welche in der jetzigen Zeit Thal und Hügel ebnet, Gebirge übersteigt, Flüsse und Seen überbrückt, Sümpfe austrocknet und die unwegsamste Wildniß nach und nach in ihren segensvollen Bereich zieht, sondern die menschlichen Wohnstätten lagen weit auseinander, und waren sie durch Wege oder Straßen verbunden, so durfte man doch an die letzteren nicht den jetzt gewöhnlichen Maaßstab legen. Ein Ritt des Nachts durch eine von Flüssen, Sümpfen und Morästen eingefaßte und durchzogene Gegend war kein ganz gewöhnliches Unternehmen, und ein Jeder, der sich diesem nicht entziehen konnte, sah sich zur Vorsicht und Aufmerksamkeit veranlaßt.
Die Unterhaltung war verstummt; man hatte auf sich selbst und die Umgebung Acht zu geben, und die Sinne mußten angestrengt werden, um jede Gefahr schon im Nahen zu erkennen und ihr gerüstet gegenüber zu treten. So ging es schweigend vorwärts; die Zeit dehnte sich lang und immer länger und fast wollte den Reitern nun die Geduld ausgehen, als ihre Aufmerksamkeit plötzlich durch ein Ereigniß in Anspruch genommen wurde, welches alle ihre Kräfte in Beschlag nahm. Es verbreitete sich nämlich mit einem Male ein glänzender Lichtschein um sie her, und zu gleicher Zeit flog ein Reiter an ihnen vorüber, dessen Nahen sie weder vorher gesehen, noch sonst auf irgend eine Weise bemerkt hatten. Er saß auf einem dunklen Rosse, dessen lange Mähne sich im Fluge wie eine Fahne nach hinten legte, ein langer Mantel wehte gespenstisch von seiner Schulter, und ein Strahlenmeer ging von ihm aus über die Umgebung hin. Schnell wie der Gedanke war er aufgetaucht und schnell wie der Gedanke war er wieder verschwunden – woher und wohin, es war nicht zu sagen, auch hatten die beiden Männer keine Zeit, darüber nachzudenken, denn das Pferd des älteren Bruders war durch das Erscheinen der helldunklen Gestalt scheu geworden, hatte dem für den Augenblick fassungslosen Reiter die Zügel entrissen und jagte nun in rasender Eile über Stock und Stein mit ihm dahin.
Karl konnte natürlich nichts Anderes thun, als auch sein Thier zur möglichsten Eile anzutreiben, um Hans nicht aus dem Auge zu verlieren, doch war dieses Bestreben vergeblich, denn bald war der Letztere im Dunkel der Nacht verschwunden, die Hufschläge seines Pferdes verhallten, und der Nachfolgende sah sich außer Stande, ihn einzuholen. Er zügelte also den Lauf seines Gaules und ritt in langsameren Schritten weiter. Er gab die Hoffnung, den Bruder wieder zu finden, keinesweges auf; dieser war ein sehr guter Reiter und hatte gewiß Alles gethan, sich vor einem Unfall zu bewahren; ein Sturz vom Pferde ist zwar nie ungefährlich, war aber schon so oft glücklich überstanden worden, daß man im Wiederholungsfalle nur lachend aufsprang und sich ruhig wieder aufsetzte. Zudem trug Hans keine Rüstung, ein Umstand, welcher ohne besondere Angst an einen Fall denken ließ.
An diesen Fall denkend, wäre Karl bald selbst zu Falle gekommen, denn sein Pferd stolperte plötzlich, raffte sich aber, da es nur im Schritte gegangen war, glücklicher Weise wieder empor, und zu gleicher Zeit drangen eine Anzahl dunkler Gestalten auf den jungen Mann ein, der im Augenblicke sein Schwert aus der Scheide hatte, um dem unvermutheten Angriffe mit demselben kraftvoll zu begegnen. Es war ein eigenthümlicher, wortloser Kampf. Keiner der Angreifenden sprach ein Wort, auch Karl erkannte, daß gegen diese Leute ein tüchtiger Hieb das beste Wort sei, und so riß er sein Pferd im Kreise herum, um von den Händen derer, welche die Zügel gefaßt hatten, loszukommen, und führte dann die Klinge mit solchem Nachdrucke, daß er sich bald als Sieger auf der Wahlstatt sah.
Jetzt stieg er ab, um nach den Gefallenen zu sehen, und stieß bei dieser Gelegenheit auf das Hinderniß, über welches sein Pferd gestolpert war. Es bestand in einem groben Baststricke, welcher von einer Seite der Straße nach der andern gespannt war, und da sein Auge sich während des Abends so ziemlich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, so gewahrte er gar bald einen dunklen Gegenstand, welcher zwischen zwei Büschen am Wege lag. Er schritt hin, um ihn zu untersuchen, und fand, daß es das Pferd seines Bruders sei. Es lag in einer Lache Blutes, welches aus einer klaffenden Brustwunde auf die Erde lief, und war also erstochen worden. Nun war ihm Alles klar: Der gespenstische Reiter hatte keine andere Aufgabe gehabt, als ihre Pferde scheu zu machen; die im Galoppe dahinsausenden Thiere sollten mit dem Seile zu Falle gebracht werden, und mit den überraschten Reitern war dann leicht fertig zu werden.
Aber von wem war dieses Unternehmen ausgegangen? Persönliche Feinde hatten die Brüder hier nicht, und zudem war ihre Reise durch diese Gegend Jedermann unbekannt, da sie von ihrer Absicht, nach Brandenburg zu gehen, zufälligerweise gegen Niemanden Erwähnung gethan hatten; es war also eher zu vermuthen,