Название | Der beiden Quitzows letzte Fahrten |
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Автор произведения | Karl May |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
»Ihr seid von dem Herrn Markgrafen abgesandt, wie Ihr mir sagen ließet?« frug Suteminn, das Gespräch beginnend.
»So ist es, und da Ihr mich sonder Zweifel noch nicht gesehen habt, so erlaubt, daß ich Euch meinen Namen nenne! Er heißt: Henning von Bismarck.«
Ueber das Angesicht des Hörers flog ein Zug freudiger Ueberraschung, und schneller vielleicht als gewöhnlich streckte sich seine Hand zum herzlichen Willkommen aus.
»Henning von Bismarck, Herrn Clausens Bruder, den ich kenne? Er ist ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn, so wie auch Ihr; viel Gutes habe ich von Euch gehört, und zwar aus hohem Munde. Seid willkommen und macht es Euch behaglich!«
Während er ihm den breiten Lehnstuhl hinschob, blieb er selbst mit über die Brust geschlagenen Armen erwartungsvoll vor ihm stehen. Bismarck nahm mit jener Unumständlichkeit, die den selbstständigen Character kennzeichnet, auf dem alten Sessel Platz, streckte, sich dehnend, die in gewaltigen Stiefeln steckenden Beine von sich und warf dabei einen prüfenden Blick auf die Umgebung.
»Das also ist das Zauberhaus,« begann er endlich, »vor dem das ganze Land sich fürchtet! Herr Ritter, könnt Ihr wirklich hexen?«
Mit lächelnder Miene hatte der Gefragte das ungenirte Benehmen seines Gastes verfolgt; bei dieser aufrichtigen Frage wurde das Lächeln zum leisen, kurzen Lachen.
»Was nennt Ihr hexen, Herr? Zur Erreichung gewisser Zwecke Kräfte gebrauchen, welche Anderen unbekannt, ja furchtbar sind, und die sie deshalb übernatürliche nennen? Ja, dann kann ich hexen.«
»Gut, so macht einmal aus der alten schweinsledernen Gelehrsamkeit hier auf dem Tische so rasch wie möglich einen Imbiß mit einem guten, kräftigen Schlucke irgend einer Flüssigkeit! Ich bin gar weit geritten, und die Bismarck’s haben sich mit Fasten und Kasteiung nie befreundet.«
Statt aller Antwort ergriff Suteminn den mächtigen Folianten, schob ihn unter den Tisch und zog statt seiner den unter der Tischplatte angebrachten Kasten hervor, den er an die Stelle des Buches placirte. Er enthielt einen Laib schwarzen Brodes, einen hölzernen Teller mit einem umfangreichen Stücke Schinkens, ein Gefäß mit Salz und Pfeffer und alle zum Essen nothwendigen Schneid-, Hieb— und Stechwerkzeuge.
»Das trockne Element ist Eurem Zauberspruche gehorsam,« lachte Henning, nach dem Messer greifend; »das nasse – — —«
»Wird mir ebenso gehorsamen,« fiel ihm der Wirth in die Rede, »sobald ich in die Unterwelt hinabsteige.«
Er langte nach einem vielverheißenden irdenen Kruge, welcher in brüderlicher Eintracht mit den Büchern auf dem Brette stand, und verschwand durch eine kleine Thür, die in der Nähe des Heerdes abwärts führte. Bismarck griff, wie um das augenblickliche Alleinsein auszufüllen, nach einer neben ihm an der Wand stehenden Pergamentrolle, die er unwillkürlich entfaltete. Kaum aber hatte er den ersten Blick darauf geworfen, so stieß er einen Ruf des Erstaunens aus. Er hatte einen Namen gelesen, der vor nicht langen Jahren in Schweden und Dänemark viel genannt worden war, und welchen eine auch in Mecklenburg ansässige Familie trug.
»Moltke – sollte dieser räthselhafte Mann vielleicht derselbe Moltke sein, welcher —« er unterbrach sein Selbstgespräch und stellte die Rolle eilig an ihren früheren Platz zurück. »Der Zufall führt mich auf die Spur des Geheimnisses, und ich werde mir den Faden nicht wieder entreißen lassen!«
Als Suteminn mit dem gefüllten Kruge wieder in die Stube trat, verrieth keine Miene Bismarcks, daß seine Theilnahme für ihn seit einigen Sekunden eine doppelte sei; er nahm den gastlich credenzten Trunk in Empfang und machte sich mit einem Eifer über das Essen her, als habe er seit Wochen gehungert, oder müsse seinen Körper für lange Zeit mit Proviant versorgen. Suteminn leistete ihm dabei – »nach löblichem Schick und Brauch,« wie er bemerkte – Gesellschaft, und es dauerte eine geraume Weile, bis die beiden Männer ihre gastronomische Thätigkeit einstellten und sich zur Fortsetzung ihres von Herrn Henning so drastisch unterbrochenen Gespräches anschickten.
»So,« begann dieser; »dem Leibe ist sein Recht geschehen, und ich kann Euch zuschwören, daß der alte verzauberte Foliant mir ganz prachtvoll gemundet hat. Uebrigens liegt Schweinsleder und Schinken nicht sehr weit auseinander, und ich hatte Euch also eine nicht sehr schwierige Aufgabe gestellt. Vielleicht gelingt es mir, Euch mit einer andern in Verlegenheit zu setzen.«
Bei diesen Worten überflog er die Gestalt Suteminns mit einem rasch prüfenden Blicke, den dieser gleichmüthig aushielt.
»Ihr habt über diese Aufgabe schon mit dem Markgrafen gesprochen?«
»Ja, vor Friesack.«
»Und über ihre Ausführung nachgedacht?«
»Nein; ich erwarte erst nähere Weisungen.«
»Die ich Euch zu überbringen habe!«
»Nun wohl, ich bin bereit, sie zu hören.«
»Habt Ihr schon gehört von der Eule zu Rom?«
»Nein.«
»Aber Ihr wißt, daß Balthasar Cossa, welcher trotz seiner Abscheulichkeit unter dem Namen Johann XXIII. den päpstlichen Thron bestiegen hat, jüngst ein Concilium nach Rom berief, weil er den beiden Gegenpäpsten gegenüber die Nothwendigkeit erkannte, dem allgemeinen Wunsche nach Verbesserung der Kirche eine, wenn auch nur scheinbare Beachtung zu schenken. Daß diese Versammlung nichts als eine leere Spiegelfechterei bedeute, war leicht einzusehen, und so erschienen auch nur wenig Prälaten, welche es nicht weiter als zu zwei erfolglosen Sitzungen brachten. Bei der ersten erschien eine große Eule in der Kirche, setzte sich grad vor den Papst hin und blickte ihn starr an. Ihr könnt Euch denken, welches Entsetzen ihn und die Versammlung ergriff, als der unheilverkündende Schuhu in die von dem heiligen Geiste regierte Versammlung einbrach. Er wurde zwar mit Mühe verscheucht, aber die heiligen Väter fühlten sich von diesem unglückseligen Omen so angegriffen, daß sie auseinander gingen. Vor der nächsten Sitzung wurde das Gotteshaus einer sorgfältigen Durchsuchung unterworfen, und da keine Spur des Vogels zu finden war, so nahten sich die furchtsamen Patres mit der Hoffnung eines besseren Resultates. Kaum aber hatte seine Heiligkeit das Wort ergriffen, so vernahm man von dem Hochaltar her einen markerschütternden Ruf und der Vogel flog herbei, setzte sich wie vorher vor den Stellvertreter Gottes auf Erden und blickte ihn, ängstlich die Flügel schlagend, starr mit den großen, nächtlichen Augen an. Da bemächtigte sich Grausen und Entsetzen der frommen Versammlung, und Alle, Johann an der Spitze, stürzten nach der Thür, um der Unglück weissagenden Erscheinung zu entgehen. Zwar wurde der Vogel später gefangen und erschlagen, und dadurch der Beweis geliefert, daß man es nicht mit einem überirdischen Wesen zu thun habe, aber das Vorkommniß gilt doch als ein böses Zeichen und wird auf das Schicksal des Papstes beim Concile zu Costnitz gedeutet.
»Hängt diese Mähr mit Eurem Auftrage zusammen?«
»Vielleicht. Die Herren Prälaten sind in Rom mit dem Bemerken auseinander gegangen, daß der heilige Geist unter ihnen in einer seltsamen Gestalt erschienen sei, und wenn die Fürsten der Kirche sich einer solchen Gotteslästerung schuldig machen, so ist es kein Wunder, wenn die weltlichen Herren und Leute es müde werden, einen Mann an der Spitze der Christenheit zu sehen, von dem man nichts als Laster und Verbrechen zu berichten hat. Der König Ladislaus von Neapel, von ihm in den Bann gethan, ist unvermuthet mit seinen Schaaren vor Rom erschienen, hat die Stadt erobert und den Papst vertrieben, welcher sich nach Oberitalien flüchtete. Dort hat ihn der Kaiser gezwungen, eine allgemeine Kirchenversammlung nach Costnitz zu berufen, wo die vorhandenen Wirren geschlichtet und geordnet werden sollen. Und dort – dort,« fuhr er mit sinkender Stimme fort, »will der rothe Adler der Marken über ihn herfallen und seine starken Fänge um ihn schlagen, um der Welt zu zeigen, daß der Schuhu nicht falsch geweissagt habe!«
Es entstand eine Pause, während welcher die beiden Männer sich ernsten Gedanken hingaben. Endlich nahm Henning wieder das Wort:
»Seid Ihr nicht erfüllt von Bewunderung über die Größe und Kühnheit dieses Gedankens? Ein kleines, unscheinbares Burggräflein kommt herbei, wirft sich binnen wenigen Wochen den trotzigen, kraftvollen und weit überlegenen