Die Ahnen. Gustav Freytag

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Название Die Ahnen
Автор произведения Gustav Freytag
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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beifälliges Gebrumm ging um die Bänke.

      »Wohlan,« entschied der Graf, »da du dich vor meinen Mannen nach Gebühr zu entschuldigen weißt, so will auch ich heut an die Ehren deines Vaters gedenken. Siehe zu, ob du meine Tochter Hildegard erbitten kannst, daß sie deinen Stuhl in ihrer Nähe leidet, denn sie ist gleich dir vor kurzem aus der Klosterschule geschlüpft, und sie soll dir wie ein Abt in Latein dein Urteil sprechen. Wir anderen aber wollen ruhig zuschauen, wenn sie über dem Scholastikus zu Gericht sitzt.«

      Das Mädchen saß unbeweglich und sah errötend vor sich hin.

      »Sei mir hold,« bat Immo, »da du doch aus der Schule bist.«

      Ein freundlicher Blick des Einverständnisses fiel auf ihn, dann sah sie wieder vor sich hin.

      »Hast du das Sprechen verlernt, Hildegard?« fragte der Graf unwillig. »Sechs teure Rosse haben die frommen Frauen genommen, um dich in ihrer Zucht zu unterweisen, obgleich ich das Gewieher der Rosse lieber höre als das unverständliche Murmeln in fremden Zungen. Mich reut meine Spende, wenn du dem dreisten Schüler nicht zu antworten vermagst.«

      »Cave ne iram augeas«, sprach das Mädchen leise, ohne den Schüler anzusehen.

      »Nur dürftig rinnen die Worte wie aus versiegendem Quell, was hast du ihm gesagt, Mädchen?« fragte der Graf.

      »Sie hat mich gemahnt,« antwortete Immo, sich erhebend, »daß ich mit ehrerbietiger Bitte Euch nahen soll. Darum flehe ich, Graf Gerhard, daß ihr mir, wenn ich auch Euer Gefangener bin, den Sitz gestattet und mich nicht von Eurem Tische sendet. Denn um Euch alles zu sagen, gar nicht reichlich war heut die Mittagskost im Kloster, und der Ritt zwischen den Rossen Eurer Reisigen war auch einem fröhlichen Imbiß sehr ungleich, und gern würde ich Heil für Euch und die Jungfrau trinken, wenn ich es vermöchte.«

      Da der Graf an dem beifälligen Murmeln seiner Dienstmannen erkannte, daß diesen die Art des Jünglings wohlgefiel, so lachte er und rief über die Bänke: »Wahrlich, dieser Schüler versteht nicht nur sich selbst, auch anderen Ehre zu geben. Darum gefällt mir, daß heut die beiden Lateiner zusammensitzen. Fülle deinen Becher, Hildegard, und biete ihm den Trunk, rücke ihm auch deinen Teller hin, denn als dein Geselle soll er heut von deinem Teller essen und aus deinem Becher trinken.«

      Das Mädchen schob den Teller zögernd nach dem Fremden hin.

      »Ich merke,« sagte Immo ärgerlich, »daß dir dein Geselle unwillkommen ist.«

      »Wundere dich nicht, Immo,« spottete der Graf, »du bist wie ein Frosch aus dem Klosterweiher herangehüpft. Ihr aber geht es wie der Königstochter, welcher auch ein Frosch zum Gesellen gesetzt war, stolz sah sie auf den Quaker, kalt erschien ihr sein Fell, und nur mit zwei Fingern griff sie ihn an.«

      »Ja, so tat sie, Herr,« versetzte Immo dreist, »aber zuletzt wurde der Quaker doch ihr Gemahl.«

      Der Graf und seine Bankgenossen lachten laut. »Mißfällt dir auch seine ungefüge Stimme,« gebot der Graf ergötzt der Jungfrau, »so fülle ihm doch den Becher.«

      »Trinke mir zu,« mahnte Immo, »dies ist mein Recht, da ich dein Geselle bin.«

      Hildegard berührte den Becher mit ihren Lippen, schob ihm den Becher hin und sagte leise: »Stille ein wenig den lauten Gesang, denn der Reiher schwebt über dir.«

      »Sieh zu, Frau Reiherin, ob meine Hand kalt ist wie eine Froschhand«, versetzte Immo, ihre Hand fassend.

      »Du wirst dreist, Herr Frosch,« antwortete das Mädchen, die Hand zurückziehend, »tauche zurück in deinen Quell.« Sie hob die Kanne und goß ihm den Becher voll.

      »Sei bedankt, Geselle«, sprach Immo. »Komme ich einmal aus dem Kloster, so sende ich auch dir etwas, das dir Freude macht.«

      »Du weilst ungern im Kloster, mir aber wurde das Scheiden bitter,« begann Hildegard zutraulicher, »denn selig waren die Tage meiner Jugend unter den frommen Frauen, und wilde Reden höre ich hier unter den Männern.«

      »Manches Vöglein, das aus dem Bauer kam, duckt sich furchtsam auf dem Aste, zuletzt lernt es doch unter dem blauen Himmel fliegen«, tröstete Immo.

      »Als mir die Mutter starb, fand ich unter den frommen Frauen getreue Pflege.«

      »Waren sie streng in der Schule?« fragte Immo teilnehmend.

      »Am Vormittag durften wir nur lateinisch reden,« erklärte Hildegard, »und wir lasen im St. Augustinus und die Verse im Virgilius: › Conticuere omnes‹.«

      »Infandum regina jubes renovare dolorem,« rief Immo, »manchmal hat mir der Heide den Kopf heiß gemacht«, und beide lachten vergnügt einander an.

      »Auch andere Kunst lernten wir,« fuhr Hildegard mutig fort, »denn im Schreiben war Mutter Mechthild sehr geschickt, und sie vergönnte mir, daß ich die Hymnen für mich schrieb. Ich habe auch das Buch genäht, ich habe es auch selbst in Holz gebunden, und der Schmied hat acht Edelsteine in die Ecken gesetzt.«

      »Diese Kunst vermag ich nicht zu üben«, versetzte Immo.

      »Auch mit der Nadel lernten wir Bilder sticken aus Purpur und bunten Seidenfäden. Sogar Goldfäden für die Kunstreichen fehlten selten im Kloster. Sieh her, das habe ich mir selbst gestickt«, und sie wies ihm die Verzierungen am Ärmel ihres Gewandes.

      Immo sah bewundernd darauf. »Dir ist es besser gelungen als mir. Aber beide sind wir Waisen, ich kam in das Kloster, weil mir der Vater starb, jetzt fürchte ich, daß bald einmal die Schere knipst, um mir das Haar zu scheren.«

      »Du meinst wohl, es sei schade um deine Locken«, spottete Hildegard, aber sie sah doch teilnehmend auf sein Haar, welches im Lichte glänzte und länger herabhing, als strenge Klosterzucht sonst den Schülern gestattete. »Wenn der Mutter Mechthild einmal die Goldfäden fehlen, so kann sie deinen Haarschopf dazu verspinnen.«

      »Lieber wäre mir, wenn dir gefiele, für mich einen Goldfaden aus deinem Gewande zu ziehen. Hier ist mein Finger, binde ihn mit deinem zusammen, da du doch heut mein Geselle bist. Denn wisse, das ist Brauch in der Welt.«

      »Das ist übler Brauch,« versetzte das Mädchen errötend, »ich vermöchte dich doch nicht bei mir festzuhalten. Auch habe ich vernommen, daß treue Gesellen solche Gewohnheit haben, sie sitzen beieinander auf demselben Zweige und singen dieselben Lieder. Deine Weise aber ist, wie ich merke, sehr ungleich der meinen.« Sie neigte das Haupt ein wenig auf die Seite und lud ihn durch einen lustigen Blick zum Wortkampf ein. »Mir gefällt‘s, wenn das Glöcklein im Kloster klingt, dann singen wir fromme Hymnen.«

      »Mir aber gefällt‘s, wenn das Waldhorn tönt,« antwortete Immo ebenso, »dann bellen die Hunde, dann springen die Hirsche, und lustig reitet der Jäger im wilden Wald. Was sagst du dazu, mein Geselle?«

      »In deinem grünen Wald heult der Wolf und haust der wilde Bär, im Kloster aber ziehen wir mit Kreuz und Fahne und danken dem Himmelsherrn.«

      »Mühselig ist es, immer den Kopf zu neigen und mit langsamem Fuße zu schleichen. Ich lobe mir den grünen Anger und bunten Klee, dort werfen die Knaben und Mädchen den Ball und springen den Reigen. Wie gefällt dir das, mein Geselle?«

      »Beim wilden Reigen sah ich die Knaben das Messer ziehen, und blutige Streiche störten den Tanz; ich lobe mir, wenn das junge Geschlecht im Kreise sitzt und die Vorleserin Gutes aus den Büchern verkündet.«

      »Leicht kommt der Schlaf, wenn man tatlos kauert. Viel lieber schwinge ich selbst den Speer und das Schwert und reite im Eisenhemd über die Heide. Was sagst du dazu, mein Geselle?«

      »Ein Kriegsmann willst du werden,« rief das Mädchen erschrocken, »sie werden dich töten«, und sie vergaß das Redespiel.

      »Wenn sie das vermögen; ich aber will sorgen, daß es ihnen nicht gelinge.«

      Die Jungfrau sah scheu aus ihren großen Augen auf den Nachbar. Daß er nicht geistlich werden wollte, störte ihr die Sicherheit, sie schob ihr Gewand zusammen und schwieg.

      Immo achtete in seinem Übermut nicht auf ihre Bewegung und rief: »Mir ist heut manches schlecht gelungen, die Schwertleute haben sich an mich gehängt und mich