Название | Die Ahnen |
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Автор произведения | Gustav Freytag |
Жанр | Зарубежная классика |
Серия | |
Издательство | Зарубежная классика |
Год выпуска | 0 |
isbn |
Ratiz stand betroffen und sprach heftig zu dem Weißbart, der ängstlich schnelle Fragen des Sorben und die Antworten des Mönches deutete. Als Ratiz zur Seite schritt und leise mit seinen Kriegern verhandelte, trat Gottfried zu Ingram: »Was zürnst du mir, armer Mann, wende dich nicht von mir ab, denn treu ist meine Meinung.«
Ingram sah düster auf ihn, aber auch seine Stimme klang weich, als er antwortete: »Du hast mir Unglück gebracht, denn du hast meinen Zornmut erregt. Deine Hilfe begehre ich nicht und fruchtlos ist alles, was du für mich versuchst. Löse das Weib und sage ihr, wenn du willst, daß lieber ich selbst sie gelöst hätte. Nimmer änderst du mein Geschick. Als ein Unsinniger habe ich mich treulosem Volk ergeben, denn Böses weissagt mir der Blick des Sorben und die Freude seines Gesindes. Siehe zu, daß du mir Wolfram, meinen Mann, sendest, denn sie bereiten sich mich zu schatzen; damit ich ihn noch vor eurer Fahrt unterweisen kann, wenn sie redlich an mir handeln. Und werden sie zu Bösewichten an mir, dann sage noch dem Weibe und den Freunden daheim, daß die Weiden der Sorben mich nur binden, solange ich will. Bevor sie mich zum Knechtesdienst zwingen, gewinne ich mir ein blutiges Zeichen auf Haupt oder Brust, damit ich aufwärts fahre und meine Ahnen mich erkennen. Du aber weiche von mir und wandle deinen Pfad, ich suche wohl allein den meinen.«
Der Mönch trat zurück, die Tränen flossen ihm aus den Augen, als er vor sich hin sagte: »Verzeihe ihm, Herr, und erbarme dich seiner.«
Die Beratung der Sorben war zu Ende, Ratiz sprach mit finsterer Miene zu Gottfried: »Damit dein Herr erkennt, daß meine Krieger hochsinnig denken, so nimm das Weib mit der zerrissenen Wange zu dir auf deinen Weg. Große Ursache hast du, Jüngling, meine gute Gesinnung zu rühmen, ziehe hin mit den Gefangenen und laß den Becher des Bischofs zurück. Sprich kein Wort weiter«, fuhr er mit ausbrechendem Zorn fort, »teures Geschenk bezahle ich für deine Reise, fahr‘ dahin und sage deinem Bischof, gleiche Treue erwarte ich von ihm, wenn meine Boten zu ihm kommen.« Er wandte sich mit stolzem Gruß ab und winkte seinem Gefolge. Der Weißbart und Miros blieben zurück, die anderen traten um Ingram. Ohne sich umzusehen, kehrte dieser der Hütte den Rücken, der Mönch sah ihm nach, bis seine hohe Gestalt zwischen den Sorbenkriegern in der Halle verschwand.
4. Die Heimkehr
Auf dem Saumpfad, der dem Waldgebirge zuführte, wallte eine waffenlose Schar. Voran ging ein schlanker Knabe, das Holzkreuz tragend, welches er aus zwei Stäben zusammengefügt hatte, hinter ihm leitete Gottfried den Haufen der Kinder. Das goldene Haar der Kleinen flatterte in der Morgenluft, barfüßig stapften sie vorwärts, die Bäckchen gerötet und die Augen blau wie der Himmel. Über ihnen flogen die Lerchen und zur Seite schwebten die Bienen und Schmetterlinge; alle Wegblumen und Gräser des Tals hoben und neigten sich unablässig grüßend im Winde gegen sie. Hinter den Kindern zogen die Frauen, welche dem Kreuz angehörten, halbentblößte Gestalten, die Häupter gesenkt, die Gesichter vergrämt, manche von ihnen trug auf den Schultern ihr kleines Kind. Mitten darunter saß auf dem Roß des Priesters Walburg, das Antlitz dicht verhüllt. Der Mönch begann eine lateinische Hymne, feierlich zog der Gesang in die wilde Landschaft, die Frauen und Kinder drängten sich näher heran und sangen am Ende jeder Strophe sich tief verneigend, das heilige Kyrie eleison, denn mehr vermochten sie nicht; aber aus bewegten Herzen kam der Anruf, und oft rangen sie die gefalteten Hände. Hinter der Christenheit wandelte ungern die Kuh, der Schatz des Haufens, welchen Miros den Abziehenden mitleidig gespendet hatte. Das Rind schied Christentum und Heidenschaft, denn bei ihm liefen die Heidenfrauen mit ihren Kindern und eine von ihnen, Gertrud, eine hochgeschürzte Magd, hielt zur linken Seite des Rindes den Strick und schwenkte den Stab. Aber die Heidenkinder blieben nicht auf der Bahn, sondern fuhren wild umher und suchten nach Wurzeln auf der Wiese, nach Beeren und Pilzen im Gehölz. Als letzter kam Wolfram geritten, der später als die anderen das Lager des Ratiz verlassen hatte, er scheuchte die Säumigen vorwärts und trabte den Zug entlang bis zur Spitze, Ausschau zu halten. »Ich lobe deine Kunst, dies barfüßige Volk zusammenzuhalten,« begann er zu dem Mönch, »du wirst sie noch gebrauchen. Drei Tage lang fahrt ihr mit Kinderschritten durch die Bergwildnis, und wenn du zu den ersten Häusern der Landsleute kommst, magst du kalten Empfang finden.«
»Ich vertraue deiner Hilfe«, versetzte Gottfried, in das gutherzige Gesicht blickend.
Wolfram räusperte sich stark. »Einer ist hinten geblieben und mir ist die Haut näher als das Hemd.«
»Willst du zu den Sorben zurück und diese im Walde verlassen?« fragte Gottfried erschrocken.
Der Mann beantwortete die Frage nicht. »Er war immer jäh und unbedacht,« sagte er, »und doch lebt keiner, der ihn beim Metkrug überwindet. Einem Betrüger ist er arglos verfallen, der Becher des Ratiz hat ein Geheimnis, die Sorben erzählten es am Feuer und lachten. Wenn der Gaukler mit dem Finger an den Becher drückt, so läuft der Met in eine Höhlung ab, und wenn der Schenk wieder drückt, läuft der verborgene Trank in den Becher zurück. Der eine trank nur die Hälfte, der andere das Ganze. Voll von Listen sind diese schmutzigen Zwerge und durch List haben sie ihn bewältigt. Beim Becher verloren, beim Würfel verloren und mit Weiden gebunden, das ist zu viel für ihn. Manchen Schlag wird er schlagen müssen, bevor er seinen Stolz wieder findet. Und darum will ich zu ihm, hat er gespielt, so spiele ich auch, ihn zu lösen oder ihm zu folgen; denn bei uns ist ein Spruch: wie der Herr, so der Knecht.«
Gottfried wechselte mit ihm einen Blick des Einverständnisses: »Hebe mir einen Zweifel; wenn dir gelingt, dem Unglücklichen die Bande zu lösen, bist du sicher, ob er dir in die Flucht willigen wird? Er selbst hat sich freiwillig der Freiheit entäußert, von einer Schatzung sprach er, die ihn entledigen müsse, und doch sah er aus wie einer, der an seinem Geschick verzweifelt.«
»Mein Wirt hält die Treue, wie wenige im Lande,« antwortete Wolfram, »aber wenn er entrinnen kann, wird er nicht säumen. Weißt du denn nicht, und haben die Sorben dir es verborgen? Ein schmachvolles Urteil haben sie über ihn gefunden, als sie in der Halle Rat hielten. Denn ihr Spruch ist gefallen, daß sie ihn bei ihrem nächsten Hochfest über den Opferstein beugen wollen als Ehrengabe für ihren Gott. Elende Hunde!« rief er zornig, »wer hat je gehört, daß einer, der sich selber in die Knechtschaft gespielt hat, von dem Messer des Opferers entseelt wird?«
»Greulich ist, was du sagst«, rief Gottfried entsetzt.
»Du sprichst ganz über sie, wie sich‘s gebührt«, lobte Wolfram, befriedigt durch den Zorn des Mönches. »Wer sich hingibt, weil er sein Spiel verloren, der kauft sich los von dem Manne, der Gewalt über ihn hat, durch Rinder und Rosse, wenn er sie schaffen kann, und dem Sieger ist es Ehre, ihn niedrig zu schatzen. Ist mein Wirt doch kein kriegsgefangener Mann, denn nur solchem gebührt der Schnitt mit dem Opfermesser, wenn die Götter ein Mannopfer heischen.«
Als Gottfried sprachlos die Hände rang, fuhr Wolfram begütigend fort: »Sei ruhig, mein Wirt wird ihnen diese Hoffnung verderben, er selbst soll sein Messer zurückerhalten, gegen wen er es gebrauchen will. Und darum, Fremder, kurz gesagt, will ich euch verlassen, denn ich merke, die Späher der Sorben folgen nicht mehr in unserer Spur. Bist du des Weges unkundig, wie ich fürchte, so wird die Treiberin Gertrud dir raten, sie ist von unserer Seite des Waldes und weiß Bescheid in den Bergen, wenn ich ihr die nächsten Wegstunden deute.«
»Sage mir noch eins, Wolfram, wenn du magst. Gute Wache halten die Sorben, niemand der größer ist als ein Wiesel vermag den Hügel hinaufzuklimmen, ohne daß sie ihn erspähen. Wie gedenkst du allein durch die Verschanzung zu dringen?«
»Du fragst zu vieles auf einmal,« versetzte Wolfram schlau, »forsche bedächtig, damit ich dir antworte. Ohne Helfer bin ich nicht. Wo das Lager des Ratiz liegt, war sonst ein Gehege meines Volkes, welches sie das Dorf des Ebers nennen. Viele Siedler hat der Räuber erschlagen, andere sitzen noch dort in der Knechtschaft; mehr als einem ist‘s unleidlich, einem Sorbenherrn die Rosse zu striegeln, und ich habe Kundschaft mit ihnen. Du rühmst die Wachen der Sorben, ich fürchte nur ihre Hunde, die struppigen Kläffer; doch ich führe bei mir, was ihnen das Heulen verwehrt.«
»Aber Ratiz und seine Krieger auf der Höhe?« Wolfram drängte sein Roß näher an den Mönch: »Hast du nicht gemerkt, was für ein Kind zu sehen war, daß der Sorbe zu neuem Beutezug rüstet. Er hat dir die Gefangenen verkauft, bevor die Händler heranzogen, obwohl