Im Herzen von Afrika. Georg Schweinfurth

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Название Im Herzen von Afrika
Автор произведения Georg Schweinfurth
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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vergeblich suche ich das Gesicht mit meinem Handtuch zu schützen. Wütend schlage ich um mich, aber um so größer wird die Hartnäckigkeit der Insekten. Ich fühle einen wahnsinnigen Schmerz im Auge, und Stich auf Stich fällt mir in das Haar. Die Hunde unter meinem Bett springen wie toll auf und werfen eine Menge Sachen um, ich selbst stürze mich voller Verzweiflung in den Fluß, ich tauche unter: alles vergebens, immer wieder regnet es Stiche auf meinen Kopf. Im Ufersumpf schleppe ich mich durch das Schilfgras, das mir die Hände zerschneidet, und suche das Festland zu gewinnen, um im Wald Schutz zu finden. Da packen mich vier kräftige Arme und schleppen mich gewaltsam zurück, so daß ich im Schlamm zu ersticken glaube. Ich muß wieder an Bord, an Flucht ist nicht zu denken.

      Durch die kühlende Nässe war ich soweit wieder zu mir gekommen, daß ich ein Bettuch aus dem Kasten zu zerren vermochte. Endlich fand ich Schutz, nachdem ich die in das Laken eingeschlossenen Bienen nach und nach zerquetscht hatte. Krampfhaft zusammengekauert, mußte ich drei volle Stunden verharren, während das Summen um mich herum ununterbrochen anhielt und einzelne Stiche noch durch das Laken hindurchdrangen. Lautlose Stille herrschte an Bord, da alle Insassen meinem Beispiel gefolgt waren. Einige Beherzte hatten sich zuletzt ans Ufer geschlichen und setzten das dürre Schilfgras in Brand. Schließlich gelang es, mit Hilfe des Rauchs die Bienen von der Barke zu verscheuchen, diese flott zu machen und dem jenseitigen Ufer zuzutreiben.

      Nun erst konnte man sich den Schaden besehen. Mit Hilfe eines Spiegels und einer Federzange zog ich mir alle Stacheln aus Gesicht und Händen. Diese Stiche blieben auch ohne schädliche Folgen. Unmöglich war es aber, in meiner Kopfhaut die Stacheln ausfindig zu machen; viele waren abgebrochen und erzeugten ebenso viele kleine Geschwüre, die zwei Tage lang empfindlich schmerzten. Ein Unfall wie der unsrige ist auf den Gewässern des Weißen Nil selten erlebt worden. Das Merkwürdigste war, daß alle sechzehn in unserm Kielwasser steuernden Barken an diesem Tage an der gleichen Stelle sich der gleichen Plage ausgesetzt sahen. Am Abend wünschte ich mir lieber zehn Büffel und noch zwei Löwen dazu, als je wieder mit Bienen zu tun zu haben, und die ganze Schiffsgesellschaft stimmte mir lebhaft zu. Ich nahm Chinin und erwachte am Morgen neu gestärkt und munter, während mehrere der arg zugerichteten Leute ein heftiges Fieber hatten. Unter den Mannschaften der uns folgenden Barke hatte es infolge der Verletzungen nachträglich sogar zwei Todesfälle gegeben.

      2. Ein weiblicher Häuptling

      Am 24. Januar 1869 wurde Faschoda erreicht, damals der südlichste Grenzwaffenplatz des ägyptischen Reiches. Heute heißt der Ort Kodok, um die französische Empfindlichkeit zu schonen; in Faschoda hatte nämlich 1898 Frankreich eine schwere Kränkung durch die Engländer erfahren.

      Auf der am 1. Februar angetretenen Weiterreise lernte ich den Kaufmann Mohammed Abd-es-Ssammat kennen, jenen hochherzigen Nubier, der so großen Einfluß auf mein Unternehmen auszuüben bestimmt war und der mehr dafür geleistet hat, als alle Machthaber des Sudan es vermochten. Gleich bei der ersten Begegnung forderte er mich auf, ihn als sein Gast bis zu den entferntesten Völkern zu begleiten, eine Aussicht, die mich auf das freudigste erregte. Mohammed stammte aus dem nördlichsten Teil des nubischen Niltals und war in seiner Art ein kleiner Held, der sich mit dem Schwert in der Hand Ländergebiete erobert hatte, die an Umfang manchen kleinen Staat in Europa übertrafen. Der unternehmende, keine Gefahren, Mühen und Opfer scheuende Kaufmann, der nach den Worten des Horaz »zu den äußersten Indern wandert, um über Meere und Länder der Armut zu entfliehen«, schien gleichsam die geistige Verwandtschaft zu ahnen, die er mit dem Gelehrten teilte, der im Dienst der Wissenschaft ferne Länder durchreist, um die Wunder der Welt zu schauen. »Durchwandert die Welt und erfreut euch der herrlichen Dinge, die ich erschaffen!«, sagt der Koran.

      Wir hatten warten müssen, bis andere Barken zu uns stießen, denn vorher schien die Mannschaft nicht genügend stark zu sein zum Schutz gegen Angriffe des noch nicht unterworfenen Teils der Schilluk. Sie war auch nicht zahlreich genug, um allein die schweren Hindernisse zu überwinden, die der »Ssudd«, die Grasbarre, in Aussicht stellte. Diesen Ssudd habe ich gründlich kennen gelernt, als wir in die Sumpfdickichte der westlichen Zuflüsse des Weißen Nil einbogen.

      Tagelang befand sich die Barke in einem Gewirr von Kanälen und schwimmenden Grasmassen, Papyrus- und Ambatschdickichten, die die ganze Breite des Hauptstroms bedeckten. Papyrus ist das bis zu fünf Meter hohe, aus dem Altertum bekannte Riedgras, von dem das Papier seinen Namen hat, Ambatsch eine Pflanze von außergewöhnlich leichtem schwammigem Holz, die sechs Meter hoch werden kann. Hin und wieder bricht sich in engen Rissen die Gewalt des Wassers Bahn, aber diese Kanäle entsprechen nicht immer den Tiefenlinien des Strombettes und sind daher nur selten für Barken passierbar. Ein beständiges Ziehen und Drängen der Massen verändert sie alljährlich in so hohem Grad, daß selbst der erfahrenste Schiffer sich nicht in ihnen zurechtzufinden weiß. Im Winter muß er bei jeder Fahrt sich aufs neue durch ein labyrinthisches Fahrwasser winden. Im Juli dagegen, wenn der Fluß seinen höchsten Wasserstand erreicht hat, sind für die Talfahrt alle jene Kanäle wohl zu benutzen.

      Dichte Massen einer auf den freien Stellen der Wasserfläche schwimmenden Vegetation von kleinen Kräutern bilden einen grützeartigen Brei, der die Vereinigung der Grasmassen zu vollständigen Decken sehr erleichtert. Wie ein fest verbindender Kitt verstopft dieser Brei von Kräutern alle Spalten und Löcher zwischen den Gras- und Ambatschinseln, die sich an den Stellen der Hinterwasser anhäufen, wo sie den Winden oder der Strömung minder zugänglich sind.

      Am 8. Februar begann der eigentliche Kampf mit dieser Welt von Gras. Den ganzen Tag verbrauchten wir in einem mühsamen Durchzwängen der Barken durch die zeitweilig gebildeten Stromarme. 200 Bootsleute und Soldaten mußten viele Stunden lang im Wasser an Seilen ziehen, um eine Barke nach der andern durchzubringen. Dabei schritten sie selbst auf dem Rande der schwimmenden Grasdecken einher, die streckenweise sogar ganze Rinderherden zu tragen vermochten.

      Es war ein eigentümliches Schauspiel, die zarten wie eingewachsen in diesen Dschungeln von bis zu fünf Meter hohem Papyrus zu erblicken, dazu die nackten Bronzegestalten der schwarzbraunen Nubier die sich aus dem freudigen Grün der Umgebung lebhaft abhoben. Das Geschrei und Gejauchze, mit dem sie sich die Arbeit zu erleichtern glaubten, hallte meilenweit durch die Lüfte. Schnaubend streckten Nilpferde die Köpfe aus dem Wasser. Die Schiffer, in Besorgnis, die Tiere möchten mit der Wucht ihrer Leiber die Schiffswände einrennen, was schon vorgekommen war, entfesselten zur Abwehr die volle Kraft ihrer Kehlen.

      Schon 1863 hatte sich hier die Grasbarre gebildet, die noch im Sommer 1872 in ihrer vollen Stärke angetroffen wurde, und hier war der Schiffahrt wiederholt ein für Monate unüberwindlicher Damm gezogen, ein Umstand, der die Mannschaften mancher Barken der größten Not preiszugeben drohte, sobald die Vorräte verzehrt waren.

      Mühsam arbeiteten wir uns mehrere Tage lang vorwärts. Durch einen vom verstopften Hauptarm sich abzweigenden Seitenarm allein war man imstand, bis zur Einmündung des Gazellenstroms vorzudringen.

      Am 11. Februar ging es im offenen Fahrwasser glücklich weiter. Nicht lange, denn der Hauptarm verzweigte sich von neuem zu einem Wirrsal von Kanälen, und, nach erneuten nutzlosen Versuchen vorzudringen, machten am folgenden Tag alle Barken kehrt, um ihr Heil in einem andern, nach Norden zu sich öffnenden Kanalnetz zu versuchen. Am fünften Tag hatten wir mit Mühe und Not ein großes offenes Becken erreicht und nur noch eine Strecke von 60 Metern zu überwinden, um jenen Sammelplatz sämtlicher Gewässer im obern Nil zu gewinnen, der auf den Karten als No-See sich eingebürgert hat, aber von den Schiffern Magren-el-Bohur, die Mündung der Ströme, genannt wird. Es war das böseste aller Hindernisse, das uns hier die Graswelt entgegenstellte. Die breiten Bäuche der mit Korn belasteten, ungemein massig gezimmerten Barken mußten buchstäblich über das plattgedrückte Gras geschleift werden. Ich blieb als der einzige an Bord zurück. Den vereinigten Anstrengungen aller gelang es, die Überwindung dieser Grasmasse in einem Tag zu erzwingen.

      Mit gutem Wind ging es rasch stromaufwärts, solange die nordwestliche Richtung des Fahrwassers anhielt. Allein der immer mehr sich verschmälernde Hauptkanal beschrieb außerordentlich häufige und kurzabgebrochene Bogenlinien, die durch Stoßen und Schieben der Barken vermittels Stangen überwunden werden mußten. Die scheinbaren Ufer bestehen auch hier aus schwimmenden Grasdecken, weiter landeinwärts dagegen verraten weidende Herden der Dinka das Festland.

      Der