Ein Kampf um Rom. Felix Dahn

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Название Ein Kampf um Rom
Автор произведения Felix Dahn
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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sie eilig. Theodora schrieb und flüsterte der Freundin zu: »Der Präfekt des Hafens ist einer meiner alten Freunde. Er gehorcht mir blind. Lies, was ich schreibe: ‘An Aristarchos, den Präfekten, Theodora, die Kaiserin.

      Wenn Severius, des Boëthius Sohn, das Schiff des Belisarius besteigen will, halt’ ihn, nötigenfalls mit Gewalt, zurück und sende ihn hierher in meine Gemächer: er ist zu meinem Kämmerer ernannt.’ Ist’s recht so, liebe Schwester?« flüsterte sie.

      »Tausend Dank«, sagte diese mit leuchtenden Augen.

      »Aber wie«, rief die Kaiserin laut, plötzlich an ihren Hals fassend, »und die Hauptsache hätten wir vergessen? Mein Amulett, den Mercurius! Bitte, Antonina, dort liegt es.« Hastig wandte sich diese, den kleinen goldnen Merkur, den besten Geleitsmann, der an seidner Schnur an dem Bette der Kaiserin hing, zu holen. Inzwischen aber strich Theodora schnell das Wort »Severinus« mit dem Goldgriffel aus und schrieb dafür »Anicius«. Sie klappte das Täfelchen zusammen, umschnürte und siegelte es mit ihrem Venusring.

      »Hier das Amulett«, sagte Antonina zurückkommend.

      »Und hier der Befehl!« lächelte die Kaiserin. »Du magst ihn selbst im Augenblick der Abfahrt an Aristarchos übergeben. Und jetzt«, rief sie, »jetzt auf: in die Kirche.«

      ZWANZIGSTES KAPITEL

      In Neapolis, derjenigen Stadt Italiens, über welcher die zu Byzanz aufsteigenden Wetterwolken sich zuerst entladen sollten, ahnte man nichts von einer drohenden Gefahr. Da wandelten damals Tag für Tag an den reizenden Hängen, welche nach dem Posilipp führen, oder an den Uferhöhen im Südosten der Stadt, in vertrautem Gespräch, alle Wonnen jugendlich begeisterter Freundschaft genießend, zwei herrliche Jünglinge, der eine in braunen, der andre in goldnen Locken: die Dioskuren, Julius und Totila.

      O schöne Zeit, da es die reine Seele, umweht von der frischen Morgenluft des Lebens, noch unenttäuscht und unermüdet, trunken von der Fülle stolzer Träume, drängt, hinüberzufluten in ein gleich junges, gleich reiches, gleich überschwengliches Gemüt. Da stärkt sich der Vorsatz zu allem Edelsten, der Aufschwung zu dem Höchsten, der Flug bis in die lichte Nähe des Göttlichen wird in der Mitteilung gewagt, in der seligen Gewißheit, verstanden zu sein.

      Wenn der Blütenkranz in unsren Locken gewelkt ist und die Ernte unsres Lebens beginnt, mögen wir lächeln über jene Träume der Jünglingszeit und Jünglingsfreundschaft; aber es ist kein Lächeln des Spottes; es ist ein Ausdruck von jener Wehmut, mit der wir in nüchterner Herbstluft der süßen, berauschenden Lüfte des ersten Frühlings gedenken. —

      Der junge Gote und der junge Römer hatten sich gefunden in der glücklichsten Zeit für einen solchen Bund, und sie ergänzten sich wunderbar. Totilas sonnige Seele hatte den vollen Schmelz der Jugend bewahrt: lachend sah er in die lachende Welt: er liebte die Menschen, und der Glanz seines wohlwollenden Wesens gewann ihm leicht und rasch alle Herzen. Er glaubte nur an das Gute und des Guten Sieg: traf er das Böse, das Gemeine auf seinem Pfad, so trat er es mit dem heilig lodernden Zorn eines Erzengels in den Staub: durch seine sanfte Natur brach dann, den Helden verratend, die gewaltige Kraft, die in ihr ruhte, und nicht eher ließ er ab, bis das verhaßte Element aus seinem Lebenskreis getilgt war. Aber im nächsten Augenblick war dann die Störung, wie überwunden so vergessen, und harmonisch wie seine Seele fühlte er ringsum Welt und Leben. Stolz und froh empfand er die Vollkraft seiner Jugend, und jauchzend drückte er das goldne Dasein an die Brust. Singend schritt er durch die wimmelnden Straßen von Neapolis, der Abgott der Mädchen, der Stolz seiner gotischen Waffenfreunde, wie ein Gott der Freude, beglückend und beglückt.

      Der helle Zauber seines Wesens teilte sich selbst der stilleren Seele seines Freundes mit, Julius Montanus, zart und sinnig angelegt, eine fast weibliche Natur, früh verwaist und von Cethegus’ hochüberlegnem Geist eingeschüchtert, in Einsamkeit und unter Büchern aufgewachsen, von der trostlosen Wissenschaft jener Zeit mehr belastet als gehoben, sah das Leben ernst, fast wehmütig an. Ein Zug zur Entsagung und die Neigung, alles Bestehende an dem strengen Maß übermenschlicher Vollendung zu messen, lag in ihm und mochte sich leicht bis zur Schwermut verdüstern. Zur glücklichen Stunde fiel Totilas sonnige Freundschaft in seine Seele und erhellte sie bis in ihre tiefsten Falten so mächtig, daß seine edle Natur auch von einem schweren Schlage sich wieder elastisch aufrichten konnte, den eben diese Freundschaft auf sein Haupt ziehen sollte.

      Hören wir ihn selbst darüber an den Präfekten berichten:

      »Cethegus, dem Präfekten, Julius Montanus.

      Die kaltherzige Antwort, die du auf den warmgefühlten Bericht von meinem neuen Freundschafts-Glück erteiltest, hat mir zuerst — gewiß gegen deine Absicht — sehr wehe getan, später aber das Glück eben dieser Freundschaft erhöht, freilich in einer Weise, welche du weder ahnen noch wünschen konntest.

      Der Schmerz durch dich hat sich bald in Schmerz um dich verwandelt. Wollte es mich anfangs kränken, daß du meine tiefste Empfindung als die Schwärmerei eines kranken Knaben behandeltest und die Heiligtümer meiner Seele mit bittrem Spott antasten wolltest — nur wolltest, denn sie sind unantastbar —, so ergriff mich doch statt dessen bald das Gefühl des Mitleids mit dir. Wehe, daß ein Mann wie du, so überreich an Kräften des Geistes, darbet an den Gütern des Herzens. Wehe, daß du die Wonne der Hingebung nicht kennst und jene opferfreudige Liebe, die ein von dir mehr verspotteter als verstandner Glaube, den mir jeder Tag des Schmerzes näher bringt, die caritas, die Nächstenliebe, nennt: Wehe dir, daß du das Herrlichste nicht kennst! Vergib die Freiheit dieser meiner Rede: ich weiß, ich habe noch nie in solchen Worten zu dir gesprochen: aber erst seit kurzem bin ich, der ich bin. Vielleicht nicht ganz mit Unrecht hat noch dein letzter Brief Spuren von Knabenhaftigkeit an mir gegeißelt. Ich glaube, sie sind seitdem verschwunden, und ein Verwandelter sprech’ ich zu dir. Dein Brief, dein Rat, deine Arznei hat mich allerdings zum Manne gereift, aber nicht in deinem Sinn und nicht nach deinem Wunsch. Schmerz, heiligen, läuternden Schmerz hat er mir gebracht, er hat diese Freundschaft, die er verdrängen sollte, auf eine harte Probe gestellt, aber, der Güte Gottes sei’s gedankt, er hat sie im Feuer nicht zerstört, sondern gehärtet für immer.

      Höre und staune, was der Himmel aus deinen Plänen geschaffen hat.

      Wie wehe mir dein Brief getan — in alter Gewohnheit des Gehorsams befolgte ich alsbald seinen Auftrag und suchte deinen Gastfreund auf, den Purpurhändler Valerius Procillus. Er hatte bereits die Stadt verlassen und seine reizende Villa bezogen. Ich fand an ihm einen vielerfahrnen Mann und einen eifrigen Freund der Freiheit und des Vaterlandes: in seiner Tochter Valeria aber ein Kleinod.

      Du hattest recht prophezeit. Meine Absicht, mich gegen sie zu verschließen, zerschmolz bei ihrem Anblick wie Nebel vor der Sonne: mir war, Elektra oder Kassandra, Clölia oder Virginia stehe vor mir. Aber mehr noch als ihre hohe Schönheit bezauberte mich der Schwung ihrer unsterblichen Seele, die sich alsbald vor mir auftat. Ihr Vater behielt mich sogleich als seinen Gast im Hause, und ich verlebte unter seinem Dach mit ihr die schönsten Tage meines Lebens. Die Poesie der Alten ist der Äther ihrer Seele.

      Wie rauschten die Chöre des Äschylos, wie rührend tönte Antigones Klage in ihrer melodischen Stimme; stundenlang lasen wir in Wechselrede, und herrlich war sie zu schauen, wann sie sich erhob im Schwung der Begeisterung, wann ihr dunkles Haar, in freie Wellen gelöst, niederfloß und aus ihrem großen runden Auge ein Feuer blitzte nicht von dieser Welt.

      Und — was ihr vielleicht noch tiefen Schmerz bereiten wird — eine Spaltung, die durch all ihr Leben geht, gibt ihr den höchsten Reiz. Du ahnst wohl, was ich meine, da du seit Jahren das Schicksal ihres Hauses kennst. Du weißt wohl genauer als ich, wie es kam, daß Valeria schon bei ihrer Geburt von ihrer frommen Mutter einem ehelosen, einsamen Leben in Werken der Andacht geweiht, dann aber von ihrem reichen und mehr römisch als christlich gesinnten Vater um den Preis einer Kirche und eines Klosters, die er baute, losgekauft worden ist. Aber Valeria glaubt, daß der Himmel nicht totes Gold nehme für eine lebendige Seele: sie fühlt sich der Bande jenes Gelübdes nicht ledig, deren sie ewig, aber nur in Furcht, nicht in Liebe, gedenkt.

      Denn du hattest recht, als du schriebst: sie sei durch und durch ein Kind der alten, der heidnischen Welt. Das ist sie, die echte