Im Reiche des silbernen Löwen II. Karl May

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Название Im Reiche des silbernen Löwen II
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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dieser Erde stammen, und daß man sie sich dienstbar machen kann; ich aber will nichts mit ihnen zu schaffen haben!«

      Halef lächelte befriedigt. Er hatte seinen Zweck erreicht und gab mir das Gewehr zurück.

      Nun galt es, uns mit den Spuren zu beschäftigen. Ich wollte, wie bereits gesagt, sehen, wohin die Schmuggler gestern abend den Safran geschafft hatten. Sie waren fast eine ganze Nacht an diesem Ort geblieben und dann, kurz vor Tagesanbruch, nach dem Kanale zurückgekehrt, denn ich erblickte ihre Kelleks draußen auf dem Wasser; sie ruderten nach Norden zu, woher sie gestern gekommen waren. Das sah ich, ohne aber dem Kol Agasi etwas davon zu sagen. Die Augen des Hadschi aber lenkte ich durch einen verstohlenen Wink auf das, wovon ich nicht sprechen wollte.

      Zunächst führte ich den Offizier auf die Spuren, welche wir am vergangenen Tage bei unserer Ankunft gemacht hatten, dann auf die von dem Kanale herlaufende Fährte der Pascher. Diese war tief eingedrückt, weil die Leute schwer getragen hatten. Wieder zu unsern Fußeindrücken zurückgekehrt und ihnen bis zu den Feuerstätten folgend, erklärte ich ihm alles, was er nicht von selbst zu finden vermochte, und betonte besonders den Umstand, daß unsere Spur erst hier, wo wir gefangen genommen worden waren, auf diejenige der Pascher stieß und wir also nicht mit ihnen verkehrt haben konnten.

      »Ich begreife alles sehr leicht, Emir«, sagte er. »Du kannst überzeugt sein, daß ich dir jedes deiner Worte glaube. Du hast mir bewiesen, daß diese Schmuggler euch vollständig unbekannt gewesen sind und ihr also keine Ahnung davon hattet, daß sie sich hier befinden würden. Ich werde das, wenn du es wünschest, in der Mehkeme sagen.«

      »Ich bitte dich darum.«

      »Du hast nicht zu bitten sondern zu fordern, denn du willst ja einen Bericht an den Seraskier senden. Wenn ich ja vorher noch daran gezweifelt hätte, daß du einen Einfluß bei ihm hast, so würde dieser Zweifel vollständig verschwunden sein, seitdem ich dich zu Pferde sitzen sehe. Wer ein solches Pferd besitzt und es in der Weise wie du reitet, der hat das Zeug dazu, selbst Seraskier zu sein!«

      Fast hätte ich über dieses Lob laut aufgelacht; ich drückte jedoch die Anwandlung dazu nieder. Mein kleiner Hadschi aber blieb nicht still dazu, sondern griff sofort zum Worte:

      »Seraskier? Mein Effendi? Kann ihm nicht einfallen, sogar nicht einmal im Traume einfallen!«

      »Warum?« fragte der Kol Agasi verwundert.

      »Weil er nicht will.«

      »Aber der Seraskier ist doch der Gebieter, der höchste Mann im Heere des Padischah!«

      »Aber wie lange? Er ist bei all seiner Würde ein Diener des Großherrn, der ihn in jedem Augenblick absetzen, fortjagen und sogar aus irgend einem Grunde zum Tode verurteilen kann. Mit ihm tauschen wir nicht; nach seiner Stellung sehnen wir uns nicht. Wir haben es besser als er, denn wir stehen höher. Ich bin der Fürst und Gebieter meiner Haddedihn; wer kann mich absetzen? Und mein Effendi ist auch sein eigner Herr und keines Fürsten Sklave; kein Sultan, kein Schah-in-Schah, kein Kaiser und König kann ihm das rauben, was er ist und was er hat. Nein, wir haben keine Lust, Seraskier zu sein, weder er noch ich!«

      Wir folgten jetzt den Spuren der Schmuggler weiter, von den Feuern weg in südlicher Richtung, bis sie von den Ruinen nach rechts fort in das freie Feld führten. Das sah für den Nichtkenner so aus, als ob sie, immerfort gehend, eine schon vorher beabsichtigte Bogenrichtung eingeschlagen hätten. Ich aber sah ganz deutlich, daß sie da, wo ihre Fährte von dem Gemäuer ablenkte, angehalten hatten. Sie waren hinauf zur Höhe gestiegen, wo die Stelle lag, von welcher unser Bimbaschi in Bagdad gesprochen hatte. Da hinauf hatten sie die Schmuggelware geschafft und dann, wieder herabgekommen, ihren Weg hinaus ins Freie fortgesetzt. Dieser Umweg war notwendig gewesen, weil sie sonst auf die Soldaten gestoßen wären, deren Feuer sie natürlich hatten brennen sehen. Von diesen meinen Gedanken aber erfuhr der Offizier nichts. Wir kehrten an dieser Stelle um, ritten auf unsern eigenen Spuren zurück und schlugen dann den ungefähr dreißig Kilometer langen Weg nach der Stadt ein.

      Der Wirt und der Ghasai-Beduine, welche sich den Soldaten angeschlossen hatten, um unserer Arretur beizuwohnen, hatten wohl nicht geahnt, daß sie auf dem Rückweg selbst gefangen sein würden. Sie waren jetzt nicht mehr gebunden, doch wurden ihre Pferde von je einem Soldaten an den Zügeln geführt, und Halef ritt eng hintendrein, um sie stets im Auge zu haben, während ich mich neben dem Kol Agasi hielt, welcher den Zug anführte.

      Jetzt erfuhr ich auch, warum dieser Offizier nicht hatte glauben wollen, daß wir bloß hergekommen waren, um den Turm zu sehen. Nämlich als wir eine ziemlich lange Zeit still nebeneinander her geritten waren, legte er mir die etwas schüchtern klingende Frage vor:

      »Ist es wirklich wahr, Emir, daß du ein Christ bist?«

      »Es ist wahr.«

      »So sag einmal: Giebt es bei den Christen auch Schmuggler?«

      »Leider, ja.«

      »Du sagst leider; es scheint also, daß du die Schmuggelei für eine Sünde hältst?«

      »Alles, was das Gesetz verbietet, ist von dem Standpunkte dieses Gesetzes aus eine Sünde.«

      »Aber wie komme ich als Türke dazu, zum Beispiel für den Safran, der in Persien viel billiger ist als bei uns, hier so viel mehr zu bezahlen, weil es dem Großherrn gefallen hat, einen Zoll auf dieses Gewürz zu legen?«

      »Ich bin nicht der Großherr und bitte dich also, diese Frage nicht mir, sondern ihm vorzulegen.«

      »Du willst mir ausweichen. Sag mir einmal aufrichtig, ob es Christen geben kann, welche auch anderswo als in ihrem Vaterlande Schmuggel treiben!«

      »Ich halte das nicht für unmöglich.«

      »So ist der Gedanke, den ich hatte, doch nicht so ganz dumm gewesen.«

      »Welcher Gedanke?«

      »Ich hielt dich für den Anführer der Pascher.«

      »Ah! Wirklich?«

      »Ja. Und ich dachte, du seist nur dadurch, daß wir euch fingen, verhindert worden, dich mit ihnen zu entfernen.«

      »Hoffentlich bist du jetzt anderer Meinung?«

      »Ganz anderer. Aber ich gehöre nicht zu den Zollhunden, welche hinter den Paschern hergehetzt werden, und wäre dir, falls du zu ihnen gehört hättest, in Beziehung auf diese Zusammengehörigkeit ganz und gar nicht gefährlich geworden. Das wollte ich dir noch sagen, damit du einsiehst, daß ich nur Soldat und sonst weiter nichts bin.«

      Ich verstand ihn besser, als er dachte. Er war immer noch nicht ganz überzeugt, daß die Pascher mich nichts angingen, und hätte, wenn ich als solcher ertappt worden wäre, gegen ein gutes Bakschisch in Hilleh ganz gern darüber geschwiegen. Das war der versteckte Sinn seiner Rede, auf den ich aber glücklicherweise nicht einzugehen brauchte. Seine Aussage über mich vor der Mehkeme war mir auch ohne Trinkgeld Sicher, weil ich durch die Hoffnung auf meinen Bericht ihn mir zum Freunde gewonnen hatte. Übrigens muß ich erwähnen, daß ich ihn mit dieser Hoffnung nicht etwa belogen hatte, denn ich besaß wirklich die Absicht, etwas für ihn zu thun, selbst wenn ich die Gelegenheit dazu bei den Haaren herbeiziehen mußte. Freilich war ich dabei der Ansicht, daß dies nicht grad durch einen Bericht an den Seraskier zu geschehen brauchte. Bei einem ihm näherstehenden Vorgesetzten war jedenfalls eher etwas zu erreichen, als bei diesem hohen Herrn, dem ein im fernen Hilleh garnisonierender Kol Agasi höchst wahrscheinlich sehr gleichgültig war. Daß man sich den letzteren durch die Verabreichung eines Trinkgeldes nicht zum Todfeind machen würde, konnte man bei seinen armseligen Einkünften leicht denken. Das Einkommen eines Kol Agasi betrug – — wenn es überhaupt gezahlt wurde! – — damals in Hilleh nach unserem Gelde achtzig Pfennige pro Tag, mit welcher Summe er alle seine Bedürfnisse ohne Ausnahme zu bestreiten hatte.

      Unser weiteres Gespräch, bis wir die Stadt erreichten, bezog sich auf unwichtige Gegenstände, doch zeigte die Art und Weise, wie er sich dabei gegen mich benahm, mich fragte oder mir antwortete, daß wir den von uns beabsichtigten Eindruck auf ihn gemacht hatten; er war voller Ehrerbietung und Höflichkeit gegen mich. Daß ich kein Muhammedaner, sondern ein Christ war, schien mir in seinen Augen nichts zu schaden; er kam mit keinem Wort darauf zurück.

      Zweites