Im Reiche des silbernen Löwen I. Karl May

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Название Im Reiche des silbernen Löwen I
Автор произведения Karl May
Жанр Зарубежная классика
Серия
Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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doppelbreite Gestalt mit langem, schwarzem Vollbarte? Hm! Da habt Ihr Euch wirklich an Eurer langen Nase spazierenführen lassen, Mr. Snuffle. Old Shatterhand ist nie in Fort Clark gewesen. Der, welchen Ihr soeben beschrieben habt, ist ein aus Iowa gebürtiger Fallensteller Namens Stoke, welcher sich allerdings verschiedenemal und an verschiedenen Orten für Old Shatterhand ausgegeben hat, bis ihm dieses Handwerk gelegt wurde.«

      »Von wem?«

      »Von dem wirklichen Old Shatterhand.«

      »Also von Euch?«

      »Ja.«

      »Ah! Wie ist das denn zugegangen, Sir? Bin wirklich neugierig, es zu hören.«

      »Das ging sehr glatt und klar zu. Es war auch in einem Fort, aber nicht Fort Clark, sondern Fort Randall, auch am Missouri. Ich kam dorthin, um meine Munition zu ergänzen, und fand im Store eine Gesellschaft von Männern, welche um ihn saßen und mit Begierde seinen Flunkereien lauschten. Ich fragte ihn, ob er wirklich Old Shatterhand sei, und als er diese Frage bejahte, erklärte ich, daß ich der einzige Mann sei, der das Recht besitzt, diesen Namen zu führen. Da er mich hierauf einen Lügner nannte, führte ich den Beweis, daß ich die Wahrheit gesagt hatte.«

      »Den Beweis? Wie denn?«

      »Ich gab ihm die Faust an den Kopf, daß er augenblicklich zusammenbrach.«

      »Well! Wollt Ihr die Güte haben, uns jetzt einmal diese Faust zu zeigen?«

      »Hier ist sie.«

      Ich hielt ihm meine Hand hin. Er nahm sie in die seinige, betrachtete sie, befühlte sie, drückte sie und erklärte dann lachend:

      »Ihr seid wirklich ein ganz außerordentlicher Spaßvogel. Das ist ja eine Frauenhand. So weiche Finger hatte unsere Tante selig. Ich weiß das sehr genau, denn ich habe manche tüchtige Backpfeife von ihr bekommen, bin aber nicht davon umgefallen oder gar ohnmächtig geworden. Und mit diesen Fingern schlagt Ihr einen Menschen nieder?«

      »Ja.«

      »Daß er die Besinnung verliert?«

      »Sogar daß er gar nicht wieder aufwacht, wenn ich will.«

      »Well! Seid doch so freundlich, und gebt mir jetzt einen solchen Hieb! Ich bitte Euch sehr darum, denn ich möchte gar zu gern einmal wissen, wie es ist, wenn man ohne Besinnung ist.«

      Er hielt mir lachend seinen Kopf hin. Es juckte mich förmlich in der Hand, zuzuschlagen, aber ich bezwang mich und antwortete,

      »Das dürft Ihr nicht von mir verlangen, Mr. Snuffle, denn bei Euch wären ganz sicher zwei Hiebe nötig.«

      »Warum?«

      »Für die Nase extra einen.«

      »Ah so! Habt Euch nicht übel herausgewunden, doch wissen wir, woran wir mit Euch sind. Wäret Ihr wirklich Old Shatterhand, so würdet Ihr jetzt zugeschlagen haben, denn dieser Mann läßt sich nicht ungestraft einen Spaßvogel nennen.«

      »Zumal dieses Wort hier eigentlich Lügner bedeutet,« fügte ich ruhig hinzu. »Ihr seid so gütig, Euch eines weniger ärgerlichen Ausdruckes zu bedienen. Aber eben diese Eure Freundlichkeit verbietet mir, Euern Wunsch zu erfüllen.«

      »Wieder eine sehr gute Ausrede! Wißt Ihr vielleicht, was für Gewehre Old Shatterhand besitzt?«

      »Natürlich!«

      »Nun?«

      »Einen Bärentöter und einen Henrystutzen.«

      Ich muß bemerken, daß ich wegen des Regens, der in der letzten Nacht gefallen war, meinen Stutzen, um ihn nicht feucht werden zu lassen, in den Ueberzug geknöpft hatte. Jim Snuffle deutete auf die Büchse, welche neben mir lag, und fragte:

      »Wollt Ihr etwa behaupten, daß diese alte, ungefüge Kanone der Bärentöter Old Shatterhands sei?«

      »Gewiß.«

      »Dann kann man eine Haubitze aus Washingtons Zeiten als Salonrevolver taufen! Und das Sonntagsgewehr, welches Ihr hier so zart eingebunden habt, ist wohl der Henrystutzen?«

      »Ja.«

      »So zeigt ihn einmal her! Möchte ihn gar so gern betrachten!«

      »Hat Euch der andere Old Shatterhand auf Fort Clark seine Gewehre gezeigt?«

      »Nein.«

      »Warum nicht?«

      »Wer wagt es, einen solchen Mann zu inkommodieren!«

      »Mich aber inkommodiert Ihr ganz getrost! Hatte er denn einen Bärentöter und einen Stutzen bei sich?«

      »Weiß es nicht. Ist auch gar nicht nötig, es zu wissen. Ich sage Euch, er war der Richtige: breitkrämpiger Hut, Jagdrock aus Elenhaut, Jagdhemd aus Hirschleder, hirschlederne Leggins und lange Wasserstiefel; so geht Old Shatterhand; anders kann und darf man ihn sich gar nicht vorstellen. Nun aber seht Euch dagegen an! Euer Hut ist das einzige an Euch, was zu dem Worte Jäger oder Westmann paßt; alles andere gehört hinter den Ackerpflug oder in den Kaninchenstall. Und was die Hauptsache ist: Old Shatterhand ist gar nicht hier in dieser Gegend, kann überhaupt jetzt nicht hier sein.«

      »Warum?«

      »Weil er sich droben in den Gros Ventre-Bergen befindet.«

      »Das könnt Ihr so fest behaupten?«

      »Ja. Ihr wißt natürlich gar nicht, was da droben geschehen ist. Habt Ihr einmal von Winnetou gehört?«

      »Dem Häuptling der Apatschen? Was wißt Ihr von ihm?«

      »Daß er tot ist. Ja, denkt Euch, dieser herrliche Mann ist tot! Die Sioux-Ogellalah haben ihn im Hancockberge erschossen, und Old Shatterhand ist natürlich hinter ihnen her, um den Tod seines berühmten Freundes und Bruders blutig zu rächen. Ich sage Euch, daß kein einziger von ihnen mit dem Leben davonkommen wird! Old Shatterhand vergießt nie unnütz Blut; in diesem Falle aber wird er nicht ruhen und rasten, bis diese Kerls bis zum letzten Manne ausgelöscht sind. Wollt Ihr nun noch immer behaupten, Old Shatterhand zu sein?«

      »Ja.«

      »So erzählt uns doch einmal, was dort am und im Hancockberge geschehen ist!«

      »Habe genug daran, es erlebt zu haben; mag nicht auch noch Worte darüber machen.«

      »Well! Immer eine Ausrede, die nicht übel klingt! Mann, Ihr gefallt mir sehr. Entweder seid Ihr übergeschnappt und haltet Euch für einen, der Ihr gar nicht seid; da müssen wir uns Euer annehmen, damit Ihr Euch nicht zuletzt gar noch für den Sultan der Türken oder für den Kaiser von China haltet. Oder Ihr treibt nur so Euern Scherz, und da seid Ihr ein Gesellschafter, der sehr gut zu uns paßt, da wir Leute sind, die sich auch gern einen Spaß machen. Wenn Ihr gleichen Weg mit uns hättet, würden wir Euch mitnehmen.«

      »Wirklich? Wolltet Ihr mir diese Ehre erweisen?«

      »Ehre oder nicht; wir lachen gern. Woher kommt Ihr?«

      Von den Gros Ventre-Bergen herunter.«

      »Well! Ihr bleibt in Eurer Rolle. Und wo wollt Ihr hin?«

      »Zu den Apatschen.«

      »Wetter! Was wollt Ihr bei ihnen?«

      »Ihnen den Tod Winnetous melden.«

      »Mann, Ihr fallt wirklich nicht aus Eurer Rolle! Aber wenn Ihr diese Absicht wirklich hättet, so würdet Ihr diesen gefährlichen Weg umsonst machen, denn die Apatschen wissen jedenfalls schon, daß Winnetou tot ist.«

      »Sehr richtig! Ich konnte nicht gleich fort, sondern wurde durch die Umstände zurückgehalten, und so ist mir die Fama weit vorausgeflogen; man weiß ja, wie schnell sich hier im Westen ein Gerücht oder eine Nachricht verbreitet. Aber trotzdem muß ich hin. Die Apatschen müssen einen Augenzeugen hören.«

      »Augenzeugen! Ihr seid wirklich ein kostbarer Kerl! Wenn Ihr bei uns bleiben wolltet, das wäre für uns das Höchste der Gefühle. Wir wollen nämlich über den Canadian hinüber und dann nach Santa Fé hinauf. Das ist für einige Zeit auch Eure Richtung. Wollt Ihr Euch zu uns gesellen?«

      »Ja, denn Ihr gefallt mir auch.«

      »Well!