Название | Handbuch des Aktienrechts |
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Автор произведения | Hans-Peter Schwintowski |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Wirtschaftsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811443150 |
ders. Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, 1963
ders. Schutz der Aktionärsminderheit bei einfacher Konzernierung, FS Bruno Kropff, 1997, S. 333
Zöllner/Noack (Hrsg.) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl. 2009 ff.
1. Kapitel Geschichte und Zukunft des Aktienrechts
Inhaltsverzeichnis
II. Entstehung der Rechtsform Aktiengesellschaft
III. Bisherige Entwicklung des Aktienrechts in Deutschland
IV. Ausblick – Was bringen die nächsten 25 Jahre?
1. Kapitel Geschichte und Zukunft des Aktienrechts › I. Wesenselemente
I. Wesenselemente
1
Die AG ist die Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (juristische Person), die kraft ihrer Struktur am besten geeignet ist, große Finanzmittel in kleinster Stückelung in Form von langfristigem, haftendem Eigenkapital auf den Kapitalmärkten aufzunehmen.[1] Die börsennotierte AG kann dank ihrer Flexibilität bei der Kapitalaufnahme am leichtesten die nötige Masse erreichen, die für globales Agieren und globale Präsenz erforderlich ist. Die AG gegenwärtiger Prägung ist ein Kind der industriellen Revolution.[2] Sie ist bedeutendes Adjuvans einer in der Menschheitsgeschichte einmaligen Schaffung von Wohlstand. Die Industrialisierung benötigte Kapital für Maschinen und Anlagen, und dazu bedurfte es Kapitalsammelstellen. Das konnten Banken sein, die Spareinlagen einsammelten und als Fremdkapital zur Verfügung stellten; das waren aber auch die Aktiengesellschaften, die sich mit Eigenkapital am Kapitalmarkt versorgen können. Die AG kann aber auch zu einer gerechten Vermögensverteilung, einer Teilhabe aller am Produktivvermögen und damit zu einer Aufhebung des Gegensatzes von Arbeit und Kapital beitragen. Wären alle unsere Großunternehmungen in privater Hand (wie etwa Bertelsmann), so könnte dies zu sozialen Spannungen und vermehrten Fragen der Verteilungsgerechtigkeit führen. Die börsennotierte AG hingegen eröffnet zumindest theoretisch die Möglichkeit der Beteiligung für Jedermann am Wachsen und Florieren unserer Wirtschaft.
Anmerkungen
Vgl. Hueck S. 181 f.; Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 292; Großkommentar/Brändel § 1 Rn. 9.
K. Schmidt/Lutter/K. Schmidt Einl. Rn. 3.
1. Kapitel Geschichte und Zukunft des Aktienrechts › II. Entstehung der Rechtsform Aktiengesellschaft
II. Entstehung der Rechtsform Aktiengesellschaft
2
Die AG als handelsrechtlicher Kooperationstyp geht nach den Forschungsergebnissen von Karl Lehmann und Gustav Schmoller auf die seit Anfang des 17. Jahrhunderts vor allem in den Niederlanden und in England entstandenen Handelskompanien zurück, mit denen die Schifffahrtsreeder überseeische Unternehmungen verwirklichen wollten.[1] Wer sich an einer solchen Unternehmung zu beteiligen beabsichtigte, leistete eine Aktie. Der Name „Aktie“ ist die niederländische Form des lateinischen Wortes „actio“, also „Anspruch“. Der sich Beteiligende hat Anspruch auf seinen Anteil am Kapital, am Gewinn, aber auch an der Gestaltung der gemeinsamen Belange. Gerade diese drei Faktoren, die die Beteiligung von einem Darlehen unterscheiden, hatten bei den Handelskompanien erhebliche praktische Bedeutung und führten schnell zu ihrer Verbreitung. Während in der Entstehungszeit dieser Gesellschaften den Aktionären noch eine Nachschusspflicht auferlegt war, wenn die Gesellschaft weiteres Kapital benötigte, erfolgte sukzessive ein Abbau dieser Verpflichtung, bis Anfang des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluss des französischen code de commerce von 1807 die Haftungsbeschränkung des Aktionärs auf seine Einlage eingeführt wurde.[2]
Art. 33 dieses für die Rechtsordnung des Aktienrechts in Europa richtungweisenden Gesetzes hat folgenden Wortlaut:
„Les associés (de la société anonyme) ne sont passibles que de la perte du montant de leur intérêt dans la société.“
Anmerkungen
Lehmann Die geschichtliche Entwicklung des Aktienrechts bis zum code de commerce, 1895; Würdinger S. 13 ff.; Großkommentar/Meyer-Landrut Einl. I/1, 3. Aufl.; Hueck S. 175 ff.; Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 12 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 1 Rn. 1.
Großkommentar/Meyer-Landrut Einl. I/1, 3. Aufl.; Würdinger S. 13; Großkommentar/Assmann Einl. Rn. 13, 30 ff.; Münch. Hdb. GesR IV/Hoffmann-Becking § 1 Rn. 3.
1. Kapitel Geschichte und Zukunft des Aktienrechts › III. Bisherige Entwicklung des Aktienrechts in Deutschland
III. Bisherige Entwicklung des Aktienrechts in Deutschland
1. Kapitel Geschichte und Zukunft des Aktienrechts › III. Bisherige Entwicklung des Aktienrechts in Deutschland › 1. Vorläufer des AktG
1.1 Handelsgesetze
3
In den deutschen Staaten sind AG erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts gegründet worden, und zwar auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage im Rahmen von Handelsbräuchen. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurden zur Finanzierung des Eisenbahnbaus[1] die ersten gesetzlichen Bestimmungen erlassen (preußisches Gesetz vom 9.11.1843),[2] wobei die Gründung einer AG staatlicher Genehmigung bedurfte. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) vom 16.3.1861 enthält entsprechende Vorschriften.[3] Dieses Gesetzbuch brachte erstmals eine vollständige Kodifikation des Aktienrechts, auch der inneren Organisation der Organe und ihrer Zuständigkeiten. Erst das Gesetz des Norddeutschen Bundes vom 11.6.1870,[4] das ab 1871 im ganzen deutschen Reich galt, schaffte im Zuge des wirtschaftlichen Liberalismus die staatliche Genehmigung ab.[5] Über die Novelle vom 18.7.1884[6] wurde das Aktienrecht in das Handelsgesetzbuch (HGB) vom 10.5.1897,[7]