Название | Besonderes Verwaltungsrecht |
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Автор произведения | Группа авторов |
Жанр | |
Серия | C.F. Müller Lehr- und Handbuch |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783811472297 |
Nicht mehr zum Bauleitplanverfahren gehört die Verpflichtung der Gemeinden zur Überwachung der erheblichen Umweltauswirkungen bei der Durchführung der Bauleitpläne gemäß § 4c BauGB[365]. Damit nimmt der Gesetzgeber die Phase nach dem Inkrafttreten des Plans in den Blick. Dies ist insofern sachgerecht, als sich die Wirkungen von Plänen nur beschränkt vorhersehen lassen, die Umsetzung eines Plans also durchaus Anpassungen erforderlich machen kann. § 4c BauGB verlangt demgemäß, dass insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen zu ermitteln sind. Zugleich öffnet er den Blick auf zu ergreifende Maßnahmen, die etwa in einer Änderung der Pläne liegen können. Allerdings schafft § 4c BauGB keine zwingende Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen. Liegt also etwa die Änderung des Bauleitplans als Maßnahme zur Abhilfe nahe, steht es im durch § 1 Abs. 3 BauGB umrissenen Ermessen der Gemeinde, diese Änderung zu verfolgen[366]. § 4c BauGB ist sehr eng an die europarechtliche Vorgabe angelehnt und gibt den Spielraum bei der Ausgestaltung des Monitorings an die Gemeinden weiter[367]. Dies hat allerdings zur Folge, dass das Monitoring inhaltlich und insbesondere im Hinblick auf den Verfahrensablauf sehr schwach determiniert ist, was den Gemeinden die Entwicklung einer entsprechenden Konzeption abverlangt. Diese wird zumindest teilweise in das Bauleitplanverfahren vorverlegt, indem der Umweltbericht gemäß Nr. 3 lit. b Anlage 1 zum BauGB die Beschreibung entsprechender Maßnahmen enthalten muss[368]. Insgesamt dürfen die Anforderungen des Monitorings nicht unterschätzt werden. Dieses erfordert zunächst die Beschaffung erforderlicher Informationen, also die Ermittlung der erheblichen Umweltauswirkungen. Diese Informationen müssen bewertet und schließlich in Form der Vorbereitung von Maßnahmen verarbeitet werden[369]. Entlastung erhalten die Gemeinden hierbei im Prozess der Informationsbeschaffung. § 4 Abs. 3 BauGB verpflichtet andere Behörden, die Gemeinden zu unterrichten, wenn sie Kenntnis von nachteiligen Umweltauswirkungen der Durchführung der Bauleitpläne erhalten[370].
III. Materiell-rechtliche Anforderungen
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Die Bauleitplanung ist geprägt von einem weitreichenden politischen Gestaltungsspielraum der Gemeinden[371]. Dies kommt deutlich in der zentralen materiell-rechtlichen Anforderung des Abwägungsgebots (§ 1 Abs. 7 BauGB) und der diesem korrespondierenden planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinde zum Ausdruck.[372] Vor allem im Zusammenhang mit § 1 Abs. 5 und 6 BauGB zeigt sich, dass den Gemeinden nicht eine bestimmte Städtebaupolitik vorgeschrieben wird. Sie werden lediglich einem final strukturierten Entscheidungsprogramm unterworfen, das die Berücksichtigung der betroffenen Belange und die Schaffung eines verhältnismäßigen Ausgleichs verlangt, die Planung inhaltlich jedoch kaum determiniert[373]. Selbstverständlich ist das Abwägungsgebot nicht die einzige materiell-rechtliche Vorgabe für die Planung. Auch das Bauplanungsrecht kennt zwingende Regelungen, die der planerischen Gestaltungsfreiheit strikte Grenzen setzen. Dazu gehört die Anforderung des § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB, wonach die Planung städtebaulich erforderlich sein muss, ebenso wie die Pflicht zur Anpassung an Ziele der Raumordnung des § 1 Abs. 4 BauGB[374]. Auch außerhalb des BauGB finden sich zwingende materiell-rechtliche Vorgaben. Da die Bestimmung der Bodennutzung weitreichende Auswirkungen für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hat, die Gemeinden mit dem Instrument der Bauleitplanung also durchaus auch „Politik“ betreiben können[375], zugleich aber die inhaltlichen Vorgaben des BauGB nicht sehr weitreichend sind, ist es umso wesentlicher, die materiell-rechtlichen Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit der Gemeinden zu bestimmen[376].
1. Städtebauliche Erforderlichkeit
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Aufgrund ihrer Grundrechtsrelevanz tragen raumrelevante Planungen im Allgemeinen ihre Rechtfertigung nicht gleichsam in sich selbst; sie sind kein Selbstzweck. Vielmehr ist zu verlangen, dass sie einen in dem Planungsgesetz beschriebenen Zweck verfolgen[377]. Diesen für das Planungsrecht allgemein geltenden Grundsatz der Planrechtfertigung hat das Bundesverwaltungsgericht gleichsam als „Einstieg“ in das materiell-rechtliche Prüfprogramm für Pläne definiert[378]. Dabei sind die Anforderungen an diese Prüfungsstufe allgemein nicht sehr hoch. Ihr kommt eher die Funktion einer Plausibilitätsprüfung zu[379]. Auch deshalb ist in der planungsrechtlichen Literatur zum Teil gefordert worden, auf diese Prüfungsstufe ganz zu verzichten. Eine Planung, die sich auf keinen in diesem Sinne rechtfertigenden Gesichtspunkt stützen kann, ist auch nicht in der Lage, in der Abwägung entgegenstehende Belange zu überwinden und wäre damit in jedem Fall abwägungsfehlerhaft.[380]
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Für die Bauleitplanung ist das Erfordernis der Planrechtfertigung in § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB geregelt. Die Vorschrift verlangt, dass Bauleitpläne aufzustellen sind, „sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist“. Die städtebauliche Erforderlichkeit setzt voraus, dass mit dem Plan ein städtebaulich begründbares Interesse verfolgt wird[381]. Welche solche Interessen sind, lässt sich positiv abschließend nicht beschreiben. Einen Anhaltspunkt liefern aber jedenfalls die in §§ 1 Abs. 5 und 6, 1a BauGB aufgezählten Grundsätze und Belange, aus denen sich städtebauliche Ziele ableiten lassen[382]. Diese Kataloge sind jedoch nicht abschließend.
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Nach § 1 Abs. 3 S. 1 BauGB haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit dies erforderlich ist. Zwar legt die Formulierung das Verständnis von einem gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff nahe[383]. In jedem Fall schlägt aber der planerische Gestaltungsspielraum auch bereits auf die Beurteilung der Erforderlichkeit der Bauleitplanung durch. Maßgeblich ist hierfür die planerische Konzeption der Gemeinde[384]. Der Gemeinde kommt demgemäß ein weites planerisches Ermessen zu, in dessen Rahmen sie Städtebaupolitik betreiben kann[385]. Die Erforderlichkeit setzt nicht voraus, dass ein konkreter Bedarf für die mit der Festsetzung ermöglichte Nutzung besteht[386].
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Eine Fallgruppe, in der die städtebauliche Erforderlichkeit in Zweifel gezogen wird, sind sogenannte Negativ- oder Verhinderungsplanungen[387]. In der Behandlung dieser Fallgruppe durch die Rechtsprechung kommt zum Ausdruck, dass die Gemeinde mit der Aufstellung eines Bebauungsplans ein positives planerisches Konzept verfolgen muss. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Verhinderungswirkung ausgeschlossen ist. Positive Planungsziele können durchaus auch durch Negativfestsetzungen angestrebt werden[388]. Die für das Verständnis der Wirkungsweise von Bebauungsplänen zentrale Regelung des § 30 Abs. 1 BauGB – wonach ein Vorhaben nicht etwa dann zulässig ist, wenn es dem Bebauungsplan entspricht, sondern wenn es seinen Festsetzungen nicht widerspricht – legt es sogar nahe, die Hauptwirkung der Festsetzung eines Bebauungsplans im Ausschluss von Vorhaben zu sehen[389]. Auch muss der Bauleitplan nicht immer eine Entwicklung im Sinne eines auf Veränderung gerichteten Prozesses anstreben. Die Bewahrung der gegebenen städtebaulichen Situation unter Ausschluss von Veränderungen kann ebenso der Zweck eines Bauleitplans sein[390]. Entscheidend ist allein, dass die Bauleitplanung Ausdruck der tatsächlichen, von städtebaulichen Motiven getragenen planerischen Konzeption der Gemeinde ist[391]. Demgegenüber sind vorgeschobene Bauleitpläne, mit denen außerhalb der Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 BauGB liegende Zwecke verfolgt werden, unzulässig[392]. Dies gilt auch für Bauleitpläne, mit denen allein private oder fiskalische Interessen verfolgt werden[393]. Weitere Fallgruppen, in denen die Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB fehlt, sind Pläne, deren Verwirklichung auf unabsehbare Zeit rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen[394].
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§ 1 Abs. 3 BauGB verbietet nicht nur im beschriebenen Sinne nicht erforderliche Planungen, sondern beinhaltet seinem Wortlaut nach auch ein Gebot. Grundsätzlich umfasst das planerische Ermessen – jedenfalls im Hinblick auf den Bebauungsplan[395] – neben dem „Wie“ der Planung auch die Entscheidung, ob überhaupt und wann Bauleitpläne aufgestellt werden. Demgemäß kann die Gemeinde auch planerische Zurückhaltung üben und, soweit die städtebauliche Situation dies zulässt,