Название | Dienstvereinbarungen nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG-EKD) |
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Автор произведения | Christian Warns |
Жанр | |
Серия | Schriftenreihe zum kirchlichen Arbeitsrecht |
Издательство | |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783784134178 |
Für die Verhältnisbestimmung von Staat und Kirche sowie ihrer Rechtsordnungen bietet es sich zunächst an, aus der jeweiligen Perspektive das Verhältnis näher zu betrachten. Begonnen wird mit der staatlichen Perspektive, im Anschluss wird der Blick auf die kirchliche Perspektive gelenkt.
I. Staatliche Perspektive
Die Sichtweise des Staates auf die Rechtsetzung der Kirchen wird maßgeblich durch das Verfassungsrecht bestimmt. Als zentrale Vorschrift, die das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen anerkennt, ist die durch Art. 140 GG in das Grundgesetz inkorporierte Vorschrift des Art. 137 Abs. 3 WRV zu betrachten:
„Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“
1. Staatskirchenrechtlicher Kompromiss der Weimarer Reichsverfassung
Art. 137 Abs. 3 WRV ist Teil eines historischen Kompromisses in der Frage um die Trennung von Staat und Kirche, den die verfassungsgebende Nationalversammlung mit den Staatskirchenartikeln der Weimarer Reichsverfassung umgesetzt hat. Einigkeit bestand in der Nationalversammlung jedenfalls im Grundsatz darüber, dass parteiübergreifend die Abgeordneten eine Trennung47 von Kirche und Staat befürworteten.48 Gestritten wurde allerdings darüber, wie weitgehend diese Trennung vorzunehmen sei. Es waren vor allem die Vertreter der SPD und der USPD, die forderten, die Religionsgemeinschaften den privaten Vereinen vollständig gleichzustellen und kirchliche Privilegien umfänglich abzubauen.49 Nur am Rande wurde indes auch eine staatliche Einmischung in das Selbstverwaltungsrecht der Kirche gefordert.50 Demgegenüber wollten die Vertreter der bürgerlichen Parteien (DVP, DDP, DNVP) und des Zentrums an einigen Privilegien der Kirchen wie dem Körperschaftsstatus oder dem Besteuerungsrecht festhalten. Insbesondere die Diskussion51 um den – damals noch hoch umstrittenen und ungeklärten – Körperschaftsstatus verdeutlicht, dass einerseits eine Einflussnahme des Staates auf die Kirche,52 andererseits aber auch die Möglichkeit eines behördlichen Tätigwerdens der Kirchen befürchtet wurde.53 Dass schließlich eine privilegierte Stellung der Kirchen gegenüber privaten Vereinen in der Weimarer Verfassung ihren Niederschlag finden konnte, war zum einen der Anerkennung der Kirchen als Träger gesellschaftlicher Verantwortung – insbesondere im Wohltätigkeitsbereich –54 und zum anderen der Ermöglichung des privilegierten Status auch für andere Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsverbände geschuldet55. Dass die besondere Rechtsposition der Kirchen jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen des staatlichen Rechts gewährleistet werden sollte, darüber bestand ebenfalls Einigkeit, sodass die Schrankenformel in den Wortlaut aufgenommen wurde, ohne dass jedoch der Begriff des für alle geltenden Gesetzes näher diskutiert worden wäre.56
2. Regelung des Staatskirchenrechts unter dem Grundgesetz
Ebenso wurde auch bei der Entstehung des Grundgesetzes diskutiert, wie die Trennung von Staat und Kirche nach den Erfahrungen des Nationalsozialismus57 verankert werden könne.58 So waren insbesondere in zwei Anträgen zunächst weitreichende Kirchenartikel durch die Fraktionen der CDU/CSU, des Zentrums und der Deutsche Partei vorgeschlagen worden. So formulierte der erste Antrag noch: „Die Kirchen werden in ihrer Bedeutung für die Bewahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen und staatlichen Lebens anerkannt und vom Staat geachtet und geschützt. Aus eigenem Recht ordnen und verwalten sie ihre Angelegenheiten selbstständig und dürfen in ihrer freien Entfaltung nicht beschränkt werden.“59 Im zweiten Antrag hieß es sodann in abgeschwächter Form: „(1) Die Kirchen werden in ihrer Bedeutung für die Wahrung und Festigung der religiösen und sittlichen Grundlagen des menschlichen Lebens anerkannt. […] (2) Die Kirchen und Religionsgemeinschaften ordnen ihre Angelegenheiten selbständig aus eigenem Recht. […]“60
Diese Anträge stießen insbesondere bei SPD und FDP auf Bedenken und erwiesen sich nicht als konsensfähig. Grund dafür war die Frage nach der bundesrechtlichen Kompetenz; so sollte die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche den Ländern vorbehalten bleiben. Ungeklärt war zudem, welche Konsequenzen sich aus einer Abweichung von den Weimarer Vorschriften für das Verhältnis von Kirche und Staat ergeben könnten.61 Zustimmung erfuhr schließlich der Kompromissvorschlag, dass die in der Weimarer Verfassung getroffene Regelung zum Staatskirchenrecht auch im Grundgesetz ihren Niederschlag finden solle.62 Einigen konnte man sich auf die vom Fünfer-Ausschuss vorgeschlagene Fassung des Art. 140 GG. Nach einigen kleineren Änderungen wurde dieser Artikel in der noch heute geltenden Fassung durch den Hauptausschuss beschlossen.63 Der konkrete Inhalt von Art. 137 Abs. 3 WRV wurde hingegen nicht mehr beraten.64
Trotz des „eigentümlichen parlamentarischen Entstehungsvorgangs“65 ist nicht zu verkennen, dass die Staatskirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung durch Art. 140 GG als unmittelbares und gleichwertiges Verfassungsrecht einbezogen sind.66 Mit Blick auf die Auslegung von Art. 137 Abs. 3 WRV und das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen haben die bereits zur Weimarer Zeit bestehenden antagonistischen Standpunkte durch die Inkorporation auch unter dem Grundgesetz weiter ihre Bedeutung. Durch die „Einbettung in das gesamte Wertsystem des Grundgesetzes“67 ist der Antagonismus jedoch nicht allein innerhalb der Vorschrift aufzulösen, sondern es muss immer das gesamte Grundgesetz als Wertentscheidung in den Blick genommen werden.68
Der Antagonismus hat auch heute noch seine volle Bedeutung; nach der Wiedervereinigung hielt die Gemeinsame Verfassungskommission – trotz geäußerter Bedenken in einzelnen Parteien – eine Änderung der Staatskirchenartikel nicht für notwendig.69 Die Bedeutung der Kirchen in der Gesellschaft mag zwar abgenommen haben, ihre verfassungsrechtlichen Gewährleistungen haben dadurch aber – jedenfalls bisher – nicht an Kraft verloren.70
3. Verhältnis von Selbstbestimmungsrecht und Religionsfreiheit
Der veränderte Stellenwert71 der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG garantierten Religionsfreiheit unter dem Grundgesetz im Verhältnis zur Ausgestaltung in der Weimarer Zeit durch Art. 135 WRV könnte allerdings zur Folge haben, dass die aus der Weimarer Verfassung ins Grundgesetz übernommenen Staatskirchenartikel nunmehr durch die Religionsfreiheit vollständig überlagert werden. Ausgangspunkt dieser Überlegung ist die Entwicklung der Grundrechtsdogmatik: So wird durch Art. 4 GG nach einhelliger Auffassung auch ein korporatives Grundrecht garantiert.72 Die Kirche hat als Zusammenschluss der einzelnen Gläubigen Anteil an der durch die einzelnen Kirchenmitglieder vermittelten Religionsfreiheit und übt in ihrem Handeln diese Religionsfreiheit wiederum aus. Vor diesem Hintergrund könnte es naheliegen, dass die grundrechtliche Gewährleistung der Religionsfreiheit auch eine Garantie zugunsten einer umfassenden Selbstbestimmung der Institution Kirche beinhaltet.73
Bereits der besondere historische Entstehungsprozess des Selbstbestimmungsrechts lässt jedoch daran zweifeln, dass Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV keinen eigenen Bedeutungsgehalt mehr gegenüber der Religionsfreiheit haben soll. Die Diskussionen um das Selbstbestimmungsrecht zeigen, dass die Vorschrift des Art. 137 Abs. 3 WRV nicht ausschließlich zur Abgrenzung solcher Regelungsbereiche dienen sollte, die zugleich Ausdruck der Religionsausübung sind. So wird schwerlich die Erhebung von Kirchensteuern, die Verwaltung von Grundvermögen oder aber auch die schlichte Organisation von Arbeitsabläufen bereits unmittelbar eine Religionsausübung darstellen.74 Unberührt bleibt, dass es sich hierbei um Tätigkeiten handelt, die eine ungehinderte Religionsausübung fördern können. Sie stellen aber keine notwendige Bedingung für die Religionsausübung dar und müssen nicht zwingend den Religionsgemeinschaften zur eigenen Regelung überlassen werden. Gleichwohl gibt es allerdings auch Bereiche, in denen